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Old 08-30-2016, 10:19 PM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy
Autor: Pauline Réage
Uebersetzung aus dem Franzoesischen von: Simon Saint Honoré & Margaret Carroux


"Geschichte der O" und "Rueckkehr nach Roissy"
1954-1969 by Jean Jacques Pauvert éditeur, Paris
Originaltitel: Histoire d'O uebertragen aus dem Franzoesischen von Simon Saint Honoré
Originaltitel: Retour à Roissy uebertragen aus dem Franzoesischen von Margaret Carroux
8. Auflage 2000 (Das Buch ist nicht zum Verkauf bestimmt!!)

REVERS
Der Kaeufer dieses Buches hat auf einem beigelegten Verpflichtungsschein versichert, dass er das 21. Lebensjahr vollendet hat, auf den Inhalt des Buches vorbereitet war und daran keinen Anstoss nimmt.
Er hat sich weiterhin verpflichtet, es vor Jugendlichen unter 21 Jahren unter Verschluss zu halten und solchen Personen vorzuenthalten, die mit Wahrscheinlichkeit zu einer objektiven Kenntnisnahme nicht in der Lage sind.

---

Index:
Vorwort von Schwarzkorn
Geschichte der O ... Vorwort
DAS GLUECK IN DER SKLAVEREI
I - Buendig wie ein Brief
II - Ein unerbittlicher Anstand
III - Ein seltsamer Liebesbrief
Die Wahrheit ueber den Aufstand

I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 1
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 2
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 3
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 4
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 5
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 6
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 7
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 8
I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 9

II - SIR STEPHEN - Teil 1
II - SIR STEPHEN - Teil 2
II - SIR STEPHEN - Teil 3
II - SIR STEPHEN - Teil 4
II - SIR STEPHEN - Teil 5
II - SIR STEPHEN - Teil 6
II - SIR STEPHEN - Teil 7
II - SIR STEPHEN - Teil 8
II - SIR STEPHEN - Teil 9
II - SIR STEPHEN - Teil 10
II - SIR STEPHEN - Teil 11
II - SIR STEPHEN - Teil 12

III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 1
III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 2
III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 3
III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 4
III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 5
III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 6
III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 7
III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 8

IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 1
IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 2
IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 3
IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 4
IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 5

Rueckkehr nach Roissy - Teil 1
Rueckkehr nach Roissy - Teil 2
Rueckkehr nach Roissy - Teil 3
Rueckkehr nach Roissy - Teil 4
Rueckkehr nach Roissy - Teil 5
Rueckkehr nach Roissy - Teil 6
Rueckkehr nach Roissy - Teil 7
Rueckkehr nach Roissy - Teil 8
Rueckkehr nach Roissy - Teil 9
Rueckkehr nach Roissy - Teil 10
Rueckkehr nach Roissy - Teil 11

Ein verliebtes Maedchen - Teil 1
Ein verliebtes Maedchen - Teil 2

Nachwort von Schwarzkorn

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  #2  
Old 08-30-2016, 11:09 PM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

Vorwort von Schwarzkorn:

Also um euch alles zu geben habe ich auch alles drin gelassen. ...

... Ich habe selbst das unglaublich schlechte Kritiker-gesuelze im Vorwort nicht geloescht um euch zu foltern.
Von dem lyrischen Geschwafel von Jean Paulhan von der Académie Française ist mir schlecht geworden, aber okay jedem seine Sache.
Ich haette jedenfalls nur halb so viel Muell gelabert, wie er.

O-Ton > ... und wenn Sir Stephen sie (-die Folter-) vollzieht, so tut er es, wie man eine Pflicht erfuellt. Ganz offensichtlich finden beide Maenner (-ihr Geliebter und sein Halbbruder-) keinen Spass daran. Sie sind keine Sadisten. ...<
Sorry, hat der Vorwortautor einen anderen Text gelesen wie ich ???

Und dann noch so bescheuerte Anekdoten die nix, rein gar-nix, mit der Geschichte der -O- zu tun haben - kotze-wuerg!

oder O-Ton: > ... denn schliesslich, darueber sind wir uns einig, bleibt O in dieser Art Bordell, wohin die Liebe sie gebracht hat-, sie bleibt dort, und hat es dabei gar nicht so schlecht... ..<.
Na ja, im Edelbordell sich von reichen alten Saecken schlagen und vergewaltigen lassen ist wirklich nicht schlecht, wenn man Hirntod ist.

Egal ... danach sind die bekannten Geschichten dran: > I DIE LIEBENDEN VON ROISSY - II SIR STEPHEN - III ANNEMARIE DIE RINGE - IV DAS KAEUZCHEN <.
Jedoch habe ich alles wegen der Textgroesse wie immer zerstueckelt.
Auch die Erweiterung der Geschichte mit > Rueckkehr nach Roissy < und dem Nachwort der Autorin das - Verliebten Maedchen - hab ich an passenden Stellen unterteilt.
Zudem muss ich zugeben das ich an ganz-ganz wenigen Stellen die Saetze ein wenig korrigiert habe, da sie so unleserlich uebersetzt wurden das da nur ´Kauderwelsch´ herauskam.


Als Kritik an der Autorin -Pauline-Réage- muss ich deswegen auch sagen das sie schreckliche verschachtelte Schlangensaetze geschrieben hat.
Kann ja sein das es der Sprache ihrer Zeit entspricht, aber zum Lesen heutzutage ist es echt Uebel und eine Zumutung.
Zumindest wird es aber, -je laenger die Geschichte erzaehlt wird-, besser, ganz so, wie es oft bei Erstlingswerken von Autoren der Fall ist.

Alles in allem finde ich die Idee super, nur die Ausfuehrung ist nicht so toll, oder die Uebersetzung ins Deutsche ist nicht wirklich gelungen.
Die Autorin wechselt zwischen einer Erzaehlung eines Beobachters und in die Tagebuchartige Gefuehlswelt des weiblichen Haupt-Protagonisten -O-.
Ich haette mir an vielen Stellen gewuenscht naehere Beschreibungen zu lesen und nicht nur ´ein Satz´ der dann mehrere Tage beschreibt.
Dann gibt es verwirrend Zeitspruenge zwischen dem ersten Tag, dann nach sechs Tagen und wieder eine Beschreibung von vor zweiten Tag.
Man merkt das die Konzeptfassung der Geschichte originalgetreu ohne Ueberarbeitung gedruckt wurde.

Immer wenn die Sklavin von ihrem ´liebes-blinden´ Innenleben spricht finde ich die Erzaehlung sehr gut, doch wenn ich von der ueberheblichen Gleichgueltigkeit der Sadisten lese koennte ich kotzen, denn sie scheinen gar nicht zu schaetzen was fuer ein wundervolles Geschoepf sie haben.
Ja, ich weiss ich bin einfach zu ´soft´.

Im zweiten Kapitel merkt man dann das die Autorin Spass am schreiben bekommen hat und viel ausfuehrlicher und auch sehr interessante Hintergrundinformationen, schrieb.
Da ist dann das anfaenglich etwas naive verliebte Maedchen aus dem ersten Kapitel ploetzlich eine selbstbewusste erfolgreiche Modefotografin, die sich selbst als Jaegerin von anderen Frauen sieht.
Das zweite Kapitel ist meines Erachtens viel viel besser gelungen als das erste, welches einfach zu schnell niedergeschrieben worden ist, ohne noch einmal darueber nachzudenken.
(ganz so wie meine unprofessionellen Anmerkungen mit viiiilen Grammatik- und Rechtschreib-Fehlern. *gg*)
Denn offenbar wurde nur die Einleitung ueberarbeitet, wo sie zum Schloss gebracht wurde und der Rest nicht.

Wie schon erwaehnt habe ich jedoch wirklich gerne die Gedankengaenge gelesen die mich sehr beindruckt haben.
Die Selbstluegen und die Rechtfertigung fuer die bittersuesse Selbstausbeutung der Sklavin sind faszinierend.
Diese machen die Geschichte glaubwuerdig.
-O- hasst sich selbst fuer ihr handeln, oder eben ihre passivitaet gegenueber dem was mit ihr gemacht wird, und dennoch liebt sie es.
Die Strafung fuer ihre Suenden, die Hilflosigkeit zwischen Schmerz und Lust in der sie sich verliert.
Fast alle Menschen sehnen sich nach Fuehrung, aber nur wenige lassen es zu sich so fallen zu lassen. Und auch bei der Protagonistin bedarf es anfaenglich Fesseln, ihren Schutzpanzer der Korsage und Peitschungen, bis sie begeift wass es heisst sich vollig aufzugeben und nur noch (zeitlos) ´zu sein´.
Ein ganz und gar devotes Gechoepf der Lust und Begierde, vor deren totalitaet sie sich leider innerlich zerfressen laesst.
Ihre fast krankhafte Fixierung auf ihren Dom, der sie mehr oder minder gleichgueltig missbraucht, staerkt ihren inneren Willen nur noch staerker ihm zu gefallen.
Und dass ganz gleich ob er ihr aus langeweile oder aus eigener Genussucht Scherzen zufuegt.
Schmerzen die sie anfaenglich fuerchtet, hasst und dennoch sehnlichst braucht um wie bei einer Beichte sich von dem Schmutz und Laster der perversitaet, zu reinigen.
Reinigt von der Wollust.
Dem Sex: oral, anal und genital (auch Gruppensex), mit Penis, Zunge Finger oder Faust, auch wenn sie im Text meist nur umschrieben oder angedeutet, nie ausgesprochen werden.

Nie wird im Text von Analsex gesprochen, doch wenn ´ihre Lenden verwundet´ werden, dann heisst das nichts anderes, als das man ihr so brutal in den Arsch gefickt hat, das sie dabei verletzt wurde.
Und wenn sie wie ein Knabe genommen wird, dann wird sie wieder in den Po gefickt.

Der dritte Teil ist am ausfuehrlichsten und sehr angenehm zu lesen, oder ich habe mich schon so an den seltsamen Satzbau gewoehnt, das er mir schon fast nicht mehr aufgefallen ist.
Wenn ihr mich fragt wuerden die meisten jungen Menschen die Geschichte ´scheisse´ finden, allein nur weill der Text so altmodisch geschrieben wurde.

Und auch ich fand den Text wegen seinen Schachtelsaetzen mehr als Anstrengend, sodass ich schon fast soweit war den Text komplett zu ueberarbeiten.
Die Schlangensaetze aufzubrechen und ordentlich formuliert, mit moderner Sprache neu zu schreiben.
Aber so gut finde ich die Geschichte der O nicht, da es eher ein Drama ist, als eine leichte unterhaltsame Lecktuere mit Humor.
Denn das fehlt gaenzlich und so laesst die Geschichte einen Bitteren Nachgeschmack uebrig, von grenzenloser Lust, aber auch von der hilflosen Ohnmacht, der innere Pein und dem Schmerz, den die Sklavin zerreisst...

Schade mir waere eine selbstbewusste, hungrige, glueckliche, froehliche und lebenslustige Sklavinen-Antiheldin lieber und nicht eine depressive, abgestummpfte.
Aber das waere dann eine voellig andere Geschichte.
Offenbar gefallen der Welt mehr die traurigen Dramen um mit der Protagonistin mitzuleiden.
Da wird sich jeder ´Borderliner´ freuen ...

Der vierte Teil endet, nach teilweise sehr ausfuehrlichen Beschreibungen sehr abrupt.
Man hat das Gefuehl da fehlt doch was und brennt darauf zu erfahren wie es im Leben der O weitergeht.
Aber zum Glueck gibt es ja noch die inoffiziellen Teile mit der Rueckkehr nach Roissy, die fuer mich unverstaendlicher weise nicht mit der Geschichte de O gelesen werden soll, den er ist wenigstens leserlich und gut durchdacht.

In der Rueckkehr nach Roissy wird ihr das ganze Ausmass ihrer bittersuessen Selbstausbeutung klar und das sie nichts anderes sucht als Liebe.
Dafuer prostituiert sie sich und laesst sich schlagen peitschen.
Ausgerechnet die Maenner die sie fuer begehrenswert haelt, stellen sich jetzt als das heraus was sie sind:
Ein selbstsuechtiges sadistisches Pack, das nur ihre eigenen Interessen sehen und nicht schaetzen was sie besitzen.
Die Maenner sind Idioten, Deppen, Arschloecher, alte runzlige und ausgefranste !!!!
Sie haben eine Goettin erschaffen und ´lieben´ sie nicht mal ...wie Doof kann man den sein bitteschoen?

Zumindest endet der angefuegte Teil, der viel leserlicher uebersetzt und geschrieben ist, nicht mit ihrem Tod, denn das waere eine noch viel schlimmere Verschwendung.


Mein persoenliche Meinung:
Alles in Allem hat die Geschichte wirklich Potenzial wenn man sie komplett neu und in der heutigen Sprachweise schreiben wuerde.
Doch so, im Original. ist sie, fuer mich zumindest, sehr anstrengend zu lesen gewesen.
(Auch wenn ich gefuehlte zehn-tausend Absaetze eingefuegt habe um es leserlicher zu machen.)

Man koennte einen ordentlichen Anfang schreiben in denen die Personen ein bisschen vorgestellt werden und dann die ausfuehrliche Verwandlung der liebeshungrigen jungend Dame in eine stolze, devote und Sklavin.
Ihre Erziehung, ihren Besitzerwechsel, ihre ausschweifenden Erlebnisse, die Kennzeichnung, wie sie immer mehr zu einer Masochistin wird und schliesslich ihre selbstgewaehltes Exil.


Dennoch viel Spass beim ´Original´ der ´Weltliteratur´ wuenscht Schwarzkorn ... mal was anderes als ´tumbes´ ficken-bumsen-blasen und auch KEIN bis zum letzten Blutstropfen ausfuehrlich beschriebener BDSM.



ps: sorry wenn ich mich in meinem Vorwort wiederhole, aber ich habe es etappenweisse geschrieben.]

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  #3  
Old 08-30-2016, 11:17 PM
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Geschichte der O ... Vorwort
DAS GLUECK IN DER SKLAVEREI
Autor: Jean Paulhan


Ein Aufstand auf Barbados
Ein seltsamer Aufstand forderte im Lauf des Jahres 1838 auf der friedlichen Insel Barbados blutige Opfer.
Etwa zweihundert Schwarze, Maenner und Frauen, saemtlich durch die Maerz-Erlasse in Freiheit gesetzt, suchten eines Morgens ihren frueheren Herrn auf, einen gewissen Glenelg, und baten ihn, sie wieder als Sklaven anzunehmen.
Eine Klageschrift, verfasst von einem Anabaptisten-Pastor, wurde vorgelegt und verlesen.
Dann begann die Diskussion.
Aber Glenelg wollte sich, aus Zaghaftigkeit, Unsicherheit oder einfach aus Furcht vor dem Gesetz, nicht ueberzeugen lassen.
Worauf die Schwarzen ihm zunaechst guetlich zusetzten, ihn dann mit seiner ganzen Familie massakrierten, und noch am gleichen Abend wieder in ihre Huetten zogen, ihre Palaver und gewohnten Arbeiten und Riten wieder aufnahmen.
Die ganze Sache konnte durch das Eingreifen des Gouverneurs MacGregor schnell unterdrueckt werden, und die Befreiung nahm ihren Fortgang.
Die Klageschrift uebrigens wurde nie aufgefunden.

Ich denke manchmal an diese Schrift.
Wahrscheinlich enthielt sie, neben berechtigten Einwaenden gegen die Organisation der Arbeitshaeuser (workhouses), die Abloesung der Pruegelstrafe durch die Gefaengnisstrafe, und das Krankheitsverbot fuer "Lehrlinge" - so nannte man die neuen, freien Arbeiter - zumindest in Umrissen eine Rechtfertigung der Sklaverei.
Zum Beispiel die Bemerkung, dass wir nur fuer die Freiheiten -8- empfaenglich sind, die andere Menschen in eine entsprechende Knechtschaft werfen.
Es gibt niemanden, der sich nicht freuen wuerde, frei zu atmen.
Doch wenn ich mir zum Beispiel die Freiheit nehme, bis zwei Uhr morgens lustig Banjo zu spielen, so verliert mein Nachbar die Freiheit, mich nicht bis zwei Uhr morgens Banjo spielen zu hoeren.
Wenn ich es fertigbringe, nichts zu tun, so muss mein Nachbar fuer zwei arbeiten.
Zudem ist bekannt, dass totaler Freiheitsdrang unweigerlich schon bald nicht minder totale Konflikte und Kriege nach sich zieht.
Dazu kommt noch, dass, kraft der Dialektik, der Sklave sowieso einmal zum Herrn wird, es waere falsch, diese naturgesetzliche Entwicklung forcieren zu wollen.
Ferner: sich ganz dem Willen eines anderen ergeben (wie dies Liebende und Mystiker tun), ermangelt nicht der Groesse und schafft seine eigenen Freuden, so die Freude, sich - endlich! - befreit zu wissen von den eigenen Neigungen, Interessen und Komplexen.

Kurz, diese kleine Schrift wuerde heute, mehr noch als vor hundert Jahren, als Haeresie gelten: als gefaehrliches Buch.
Hier handelt es sich um eine andere Art von gefaehrlichem Buch, genau gesagt, um ein Erotikum.

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  #4  
Old 08-31-2016, 07:59 PM
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Geschichte der O ... Vorwort
I - Buendig wie ein Brief
Autor: Jean Paulhan


uebrigens, warum nennt man diese Buecher gefaehrlich!
Das ist zumindest unklug.
Als haette man es - wir alle fuehlen uns ja gemeinhin recht mutig - geradezu darauf angelegt, dass wir sie lesen und uns so der Gefahr aussetzen.
Es hat schon seinen Grund, wenn die Geographischen Gesellschaften ihren Mitgliedern nahelegen, in ihren Reiseberichten den Akzent nicht auf die bestandenen Gefahren zu legen.
Nicht aus Bescheidenheit, sondern um niemanden in Versuchung zu fuehren (man bedenke nur die Leicht-Fertigkeit der Kriege).
Doch welche Gefahren?

Eine zumindest besteht, und ich sehe sie von meinem Standpunkt aus sehr deutlich.
Eine geringfuegige Gefahr.
Die gehoert ganz offensichtlich zu den Buechern, die ihren Leser praegen - die ihn nicht ganz so zuruecklassen, wie sie ihn vorfanden - oder ihn sogar voellig veraendern:
die von dem Einfluss, den sie ausueben, auf wunderliche Weise selbst erfasst werden und sich mit dem Leser wandeln.

Nach ein paar Jahren sind sie nicht mehr die gleichen Buecher.
So dass die ersten Kritiken bald schon ein bisschen toericht wirken.
Aber sei's drum, ein Kritiker sollte niemals zoegern, sich laecherlich zu machen.
Am besten gestehe ich sogleich ein, dass ich mich hier auf fremdem Gelaende bewege.

Ich taste mich durch die Geschichte der O wie durch ein Maerchen - die Maerchen sind bekanntlich die erotischen Romane der Kinder -, wie durch eines jener Maerchenschloesser, die gaenzlich verlassen scheinen, in denen jedoch die Sessel unter ihren Huellen und die Taburetts und die Himmelbetten sorglich abgestaubt und die Peitschen und Reitstoecke ohnehin, sozusagen von Natur aus, blitzblank sind.
Nicht die Spur von Rost an den Ketten, kein Schmutzhauch an den buntfarbenen Glasscheiben.

Sooft ich an O denke, kommt mir spontan ein Wort in den Sinn: das Wort Anstand.
Ein Wort, das zu schwierig zu begruenden waere.
Lassen wir es also.
Und dieser Wind, der unaufhoerlich blaest, der durch alle Gemaecher streicht.

Es weht auch in O ein undefinierbarer Geist, rein und heftig, ohne Pause, ohne Beimischung.
Ein entschiedener Geist, der vor nichts scheut, weder vor Seufzer noch Greuel, weder vor Ekstase noch Ekel.
Wenn ich ehrlich sein soll, mein Geschmack geht zumeist in eine andere Richtung:
ich mag die Werke, deren Autor gezoegert hat;
bei denen eine gewisse Befangenheit verraet, dass das Sujet ihn zunaechst eingeschuechtert hat;
dass er bezweifelt hat, ob er jemals damit zurechtkommen wuerde.

Die Geschichte der O dagegen ist von Anfang bis Ende durchgefuehrt wie ein bravouroeses Gefecht.
Man denkt eher an eine Rede, als an einen gewoehnlichen Herzenserguss;
eher an einen Brief, als an ein Tagebuch.

Doch an wen ist der Brief gerichtet!
Doch wen will die Rede ueberzeugen!
Wen soll ich danach fragen!
Ich weiss nicht einmal wer Sie sind.

Dass Sie eine Frau sind, bezweifle ich kaum.
Nicht so sehr wegen der Details, bei denen Sie so gern verweilen, den gruenseidenen Kleidern, den Wespentaillen und Roecken, die sich hochrollen lassen (wie Haarstraehnen auf einen Lockenwickler).
Vielmehr: weil O, in dem Augenblick, als Rene sie wieder ihren Peinigern ueberlaesst, noch klar genug denkt, um festzustellen, dass die Pantoffeln ihres Geliebten abgetreten sind, er muss sich neue kaufen.
So etwas scheint mir kaum vorstellbar.
Darauf waere ein Mann niemals gekommen, und wenn, so haette er es nicht zu sagen gewagt.

Und doch stellt O, auf ihre Weise, ein maennliches Ideal dar, jedenfalls ein Maennerideal.
Endlich eine Frau, die es zugibt!
Die was zugibt!
Das, wogegen die Frauen sich allezeit gewehrt haben (und niemals heftiger, als heute).
Das, was die Maenner aller Zeiten ihnen vorgeworfen haben:
dass sie immer nur ihrem Blut gehorchen;
dass alles an ihnen Sexus ist, sogar der Verstand.
Dass man sie unaufhoerlich fuettern muesste, unaufhoerlich waschen und schminken, unaufhoerlich pruegeln.
Dass sie einfach einen guten Herren brauchen, und zwar einen, der sich huetet vor seiner Guete:
denn sobald wir unsere Guete zeigen, beziehen sie daraus allen Elan, alle Freude, alle Leichtigkeit, die sie brauchen, um sich von anderen lieben zu lassen.
Kurz, dass man die Peitsche mitnehmen muss, wenn man zu ihnen geht.

Es gibt wenige Maenner, die nie davon traeumten, eine Justine zu besitzen.
Doch keine einzige Frau hat bisher, soviel ich weiss, davon getraeumt, eine Justine zu sein.
Jedenfalls nicht laut davon getraeumt, mit soviel Stolz auf Klagen und Traenen, soviel stuermischer Gewalttaetigkeit, soviel Leidensgier und soviel Willenskraft, die sich bis zum Bersten spannt.

Eine Frau, sicher, aber eine Frau, die etwas von einem Ritter, von einem Kreuzfahrer hat.
Als truegen Sie beide Naturen in sich oder als waere der Adressat des Briefes
Ihnen in jedem Augenblick so gegenwaertig, dass Sie seine Neigungen und seine Stimme annehmen.
Aber welche Frau, und wer sind Sie?

Wie dem auch sei, die Geschichte der O kommt von weither.
Ich spuere darin vor allem diese Ruhe und den Abstand, den eine Erzaehlung gewinnt, wenn ihr Autor sie lange mit sich herumgetragen hat.

Wer ist Pauline Réage?
Einfach eine Traeumerin, wie es viele gibt?
(Es genuegt, sagt man, auf sein Herz zu hoeren.
Hier ist ein Herz, das vor nichts zurueckschreckt.)

Eine Dame mit Erfahrung, die das alles selbst erlebt hat?
Die es erlebt hat, und sich wundert, dass ein Abenteuer, das so gut begann - oder zumindest so ernsthaft:
mit Askese und Zuechtigung - schlecht ausgeht und in einer ziemlich zweifelhaften Busse endet, denn schliesslich, darueber sind wir uns einig, bleibt O in dieser Art Bordell, wohin Liebe sie gebracht hat-, sie bleibt dort, und hat es dabei garnicht so schlecht.
Dennoch, auch hierbei: ...

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  #5  
Old 09-02-2016, 12:06 AM
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Geschichte der O ... Vorwort
II - Ein unerbittlicher Anstand
Autor: Jean Paulhan


Auch mich ueberrascht dieses Ende.
Sie werden mir nicht ausreden koennen, dass es nicht das wirkliche Ende ist.
Dass Ihre Heldin in Wirklichkeit (wenn ich so sagen darf) bei Sir Stephen durchsetzt, sterben zu duerfen.
Dass er ihre Eisen erst abnimmt, wenn sie tot ist.
Aber es wurde noch nicht alles ausgesprochen, und diese Biene - ich meine Pauline Réage - hat einen Teil ihres Honigs fuer sich behalten.
Wer weiss, vielleicht hat sie, dieses eine Mal, einer Autorenueberlegung nachgegeben:
eines Tages die Fortsetzung von Os Abenteuern zu schreiben.

Auch ist dieses Ende so naheliegend, dass man es nicht zu schreiben brauchte.
Wir finden es muehelos selbst.
Wir finden es, und es setzt uns ein bisschen zu.
Aber Sie, wie haben Sie es gefunden - und wie lautet die Loesung dieses Abenteuers!

Ich muss darauf zurueckkommen, weil ich ueberzeugt bin, dass diese Taburetts und Sprossenbetten und sogar die Ketten, sobald man diese Loesung gefunden haette, sich von selbst erklaerten, dass diese grosse, geheimnisvolle Gestalt, dieses hintergruendige Phantom, sich dann zwischen diesen Dingen bewegen koennte.

Ich muss dabei an all das Unerklaerliche, Unertraegliche denken, das die maennliche Begierde auszeichnet.
Es gibt Steine, in denen der Wind singt, die sich ploetzlich bewegen oder anfangen, Seufzer auszustossen oder Musik zu machen wie eine Mandoline.
Die Leute kommen von weither, um sie zu sehen.
Dennoch moechte in an zunaechst am liebsten die Flucht ergreifen, auch wenn man die Musik noch so sehr liebt.

Sollte die Rolle der erotischen (oder wenn Sie so wollen, der gefaehrlichen) Buecher darin bestehen, uns aufzuklaeren?
Uns dieserhalb zu beruhigen, wie ein Beichtvater es tut?

Ich weiss wohl, dass man sich im allgemeinen daran gewoehnt.
Und die Maenner machen sich auch nicht sehr lange Gedanken deswegen.
Sie werden damit fertig, indem sie sagen, dass sie, die Frauen, selbst damit angefangen haben.
Sie luegen, und, wenn man so sagen darf, die Beweise dafuer liegen auf der Hand: klar, allzu klar.

Auch die Frauen luegen, wird man mir entgegenhalten.
Stimmt, aber bei ihnen faellt es nicht so auf.
Sie koennen immer nein sagen.

Welcher Anstand!
Daher kommt zweifellos auch die Meinung, dass sie das schoenere Geschlecht seien, dass die Schoenheit weiblich sei.
Schoener, davon bin ich nicht ueberzeugt.
Aber zurueckhaltender auf jeden Fall, unauffaelliger, und auch das ist eine Form der Schoenheit.
So denke ich nun schon zum zweiten Mal an den Begriff Anstand im Zusammenhang mit einem Buch, in dem davon kaum die Rede ist...

Aber stimmt es, dass davon kaum die Rede ist!
Ich denke nicht an den faden und verlogenen Anstand, der sich damit begnuegt, sich zu verstellen;
der vor dem Stein flieht und leugnet, gesehen zu haben, wie er sich bewegte.
Hier haben wir eine andere Art von Anstand, unbeugsam und zu Zuechtigungen schnell bereit;
der das Fleisch zutiefst demuetigt, um ihm seine urspruengliche Unschuld zurueckzugeben, es mit Gewalt zurueckzuversetzen in die Tage, als die Be gierde noch nicht lautgeworden war, der Fels noch nicht gesungen hatte.

Ein Anstand, dem man besser nicht ausgeliefert sein sollte.
Denn, um ihm Genuege zu tun, muessen Haende auf dem Ruecken gefesselt, Knie gespreizt, Leiber ausgespannt, Schweiss und Traenen vergossen werden.

Es sieht aus, als sagte ich grauenvolle Dinge.
Mag sein, aber heute ist das Grauen unser taegliches Brot - und vielleicht sind die gefaehrlichen Buecher nur die Buecher, die uns unserer natuerlichen Bedrohung wieder ausliefern.

Welcher Liebende waere nicht entsetzt, wenn er einen Augenblick lang die Tragweite des Schwures ermessen wuerde, mit dem er sich, keineswegs leichtfertig, fuer das ganze Leben bindet.
Welche Liebende, wenn sie eine Sekunde lang waegte, was die Worte:
"ich habe die Liebe nicht gekannt, eh ich dich kennenlernte... mein Herz hat nie gesprochen, eh ich dich traf" besagen, Worte, die sich ihr auf die Lippen draengen.

Oder auch das vernuenftigere - vernuenftig? - :
"Ich moechte mich bestrafen fuer jede Stunde, die ich ohne dich gluecklich war."

Jetzt wird sie beim Wort genommen.
Jetzt bekommt sie, wenn ich so sagen darf, was sie bestellt hat.
Es fehlt daher nicht an Folterungen in der Geschichte der O.
Es fehlt nicht an Peitschenhieben, es fehlt nicht einmal die Brandmarkung mit gluehendem Eisen, garnicht zu reden vom Halsring und der oeffentlichen Zurschaustellung.
Beinah ebensoviele Foltern, wie es im Leben des Wuestenheiligen Gebete gibt.
Nicht weniger sorgfaeltig abgestuft, und wie numeriert - durch kleine Steinchen voneinander getrennt.
Es sind nicht immer vergnuegte, will sagen, mit Vergnuegen verabreichte Foltern.

René weigert sich, sie zuzufuegen; und wenn Sir Stephen sie vollzieht, so tut er es, wie man eine Pflicht erfuellt.
Ganz offensichtlich finden beide Maenner keinen Spass daran.
Sie sind keine Sadisten.

Ja, alles geht so vor sich, als haette O allein von Anfang an verlangt, dass man sie zuechtige, ihren letzten Widerstand breche.
An dieser Stelle wird irgendein Dummkopf von Masochismus schwatzen.
Von mir aus, aber das hat weiter nichts zu sagen, als dass einem echten Mysterium ein falsches zugesellt wird, ein reines Sprach-Klischee.

Was ‹›heisst‹› Masochismus?
Dass der Schmerz zugleich eine Lust ist; und das Leiden eine Freude?
Moeglich.

Es handelt sich dabei um Behauptungen, wie sie bei den Metaphysikern im Schwange sind - so sagen sie zum Beispiel auch, jede Anwesenheit sei eine Abwesenheit; und jedes Wort ein Schweigen - und ich leugne keineswegs (wenn ich sie auch nicht immer verstehe), dass diese Behauptungen ihren Sinn haben moegen, zumindest ihren Nutzen.
Aber einen Nutzen, der sich auf keinen Fall aus der blossen Beobachtung des Falles ziehen laesst, - der mithin nicht Sache des Arztes oder des einfachen Psychologen und schon gar nicht Sache des Dummkopfs ist. -
Nein, sagt man mir, es handelt sich zwar um einen Schmerz, den jedoch der Masochist in Lust verwandeln kann;
um Leiden, dem er, mittels eines nur ihm bekannten alchemistischen Verfahrens, reine Freude abgewinnt.

Welch frohe Botschaft!
Somit haetten die Menschen endlich gefunden, was sie so emsig suchten, in der Medizin, in der Moral, in den Philosophien und Religionen:
das Mittel, den Schmerz zu vermeiden oder zumindest ihn zu ueberwinden:
ihn zu begreifen (und sei es nur, indem sie in ihm die Auswirkung unserer Dummheit oder unserer Fehler sehen).
Besser noch, sie haetten dieses Mittel immer schon gekannt, denn schliesslich gibt es Masochisten nicht erst seit gestern.

Und daher wundere ich mich, dass man ihnen nicht die groessten Ehren erwiesen hat-, dass man nicht versucht hat, hinter ihr Geheimnis zu kommen.
Dass man sie nicht in Palaeste geholt und dort in Kaefige gesperrt hat, um sie besser beobachten zu koennen.
Vielleicht stellen die Menschen sich niemals Fragen, die nicht schon laengst beantwortet sind.
Vielleicht genuegte es, wenn man sie miteinander in Kontakt bringen, sie ihrer Einsamkeit entreissen wuerde (als gaebe es ein einziges menschliches Streben, das nicht reine Schimaere waere).

Nun, hier haben wir wenigstens den Kaefig, und in dem Kaefig haben wir diese junge Frau.
Wir brauchen ihr nur zuzuhoeren.

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  #6  
Old 09-03-2016, 02:28 AM
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Geschichte der O ... Vorwort
III - Ein seltsamer Liebesbrief
Autor: Jean Paulhan


Sie sagt: "Du bist zu Unrecht erstaunt.
Betrachte Deine Liebe genauer.
Sie waere entsetzt, wenn sie begreifen wuerde, dass ich eine Frau bin und lebe.
Du wirst die heissen Quellen Deines Blutes nicht zum Versiegen bringen, indem Du sie vergisst."
"Deine Eifersucht taeuscht Dich nicht.
Sicher, Du gibst mir Glueck und Gesundheit und ein tausendfaeltiges Leben.
Aber ich kann nicht verhindern, dass dieses Glueck sich sofort gegen Dich kehrt.
Auch der Stein singt lauter, wenn das Blut frei stroemt und der Koerper entspannt ist.
Lass mich doch in diesem Kaefig und gib mir kaum Nahrung, wenn Du es wagst.
Alles, was mich der Krankheit und dem Tod naeher bringt, macht mich treu.
Und nur dann, wenn Du mir Schmerzen zufuegst, bin ich nicht gefaehrdet.
Du haettest Dich nicht bereitfinden duerfen, fuer mich ein Gott zu sein, wenn die Pflichten der Goetter Dir Angst machen, jeder weiss, dass SIE nicht weichherzig sind.
Du hast mich schon weinen sehen.
Nun musst Du noch Geschmack an meinen Traenen finden.
Ist mein Hals nicht reizend, wenn er sich gegen meinen Willen baeumt und an einem Schrei erstickt, den ich zurueckhalte.
Es ist nur zu wahr, dass man die Peitsche nicht vergessen darf, wenn man zu uns geht.
Und bei manchen beduerfte es sogar der neunschwaenzigen Katze."
Sie fuegt sofort hinzu: "Welch dummer Scherz.
Aber Du begreifst auch nichts.
Wenn ich Dich nicht wirklich lieben wuerde, glaubst Du, dass ich dann wagte, so zu Dir zu sprechen und meinesgleichen zu verraten!"
Und sagt dann: "Meine Phantasie, meine fluechtigen Traeume, werden dauernd zum Verraeter an Dir.
Nimm mir die Kraft.
Befreie mich von diesen Traeumen.
Liefere mich aus.
Sorge dafuer, dass ich nicht einmal die Zeit habe, daran zu denken, dass ich Dir untreu bin.
Doch lass mich zuerst mit Deiner Nummer zeichnen.
Wenn ich die Spur Deiner Peitsche trage oder Deine Kette oder diese Ringe an meinen Lippen, dann muss allen klar sein, dass ich Dir gehoere. Solange man mich in Deinem Namen schlaegt und mich schaendet, bin ich nur, was Du denkst, was Du wuenschst, was Du begehrst.
Und genau das wolltest Du, glaube ich.
Ich liebe Dich, und deshalb will ich es auch."
"Wenn ich endgueltig aufgehoert habe, ich selbst zu sein, wenn mein Mund und mein Leib und meine Brueste nicht mehr mir gehoeren, dann werde ich zu einem Wesen aus einer anderen Welt, wo alles einen anderen Sinn hat.
Eines Tages weiss ich vielleicht nichts mehr von mir.
Was ist mir von nun an die Lust, was sind mir die Liebkosungen so vieler Maenner, Deiner Abgesandten, die ich nicht unterscheiden - nicht mit Dir vergleichen kann?"
So spricht sie.

Ich hoere ihr zu und merke sehr wohl, dass sie nicht luegt.
Ich versuche ihr zu folgen (die Prostitution hat mir lange zu schaffen gemacht).
Es ist schliesslich moeglich, dass die lodernde Tunika der Mythologien nicht eine simple Allegorie ist; noch die kultische Prostitution eine Kuriositaet der Geschichte.

Es ist moeglich, dass die Refrains der Liebeslieder und die "ich bin sterblich in dich verliebt" keine simplen Metaphern sind.
Noch, was die Huren zu ihren Auserwaehlten sagen: "Ich bin verrueckt nach dir, mach mit mir, was du willst."
(Merkwuerdig, wenn wir uns von einem Gefuehl befreien wollen, das uns verwirrt, dann sprechen wir dieses Gefuehl den Ganoven zu, den Prostituierten.)

Es ist moeglich, dass Heloise, als sie an Abaelard schrieb: "Ich werde Dein Freudenmaedchen sein", nicht einfach nur eine huebsche Phrase machen wollte.

Sicher ist die Geschichte der O der heftigste Liebesbrief, den ein Mann je erhalten hat.
Ich erinnere mich an jenen Hollaender, der so lange auf den Meeren herumirren muss, bis er ein Maedchen findet, das bereit ist, ihr Leben zu verlieren, um seines zu retten; und an den Ritter Guigemar, der, um von seinen Wunden zu genesen, auf eine Frau wartet, die fuer ihn leidet "wie nie eine Frau gelitten hat".

Natuerlich ist die Geschichte der O laenger als ein Liebeslied und ausfuehrlicher als ein einfacher Brief.
Vielleicht musste man auch weiter dazu ausholen.
Vielleicht war es noch nie so schwierig, auch nur zu begreifen, was die Jungen und Maedchen von der Strasse sagen: wahrscheinlich das gleiche, wie die Sklaven von Barbados.

Wir leben in einer Zeit, in der die einfachsten Wahrheiten sich uns nur dann nackt (wie O) praesentieren koennen, wenn sie eine Kaeuzchenmaske aufhaben.
Denn voellig normale und selbst vernunftbegabte Leute sprechen gern von der Liebe als von einem spielerischen Gefuehl, das man nicht ernst nehmen muss.

Man sagt, dass es viel Vergnuegen verschafft, und dass der Kontakt zweier Epidermen nicht ganz ohne Reiz ist.
Man sagt, dass der Reiz oder das Vergnuegen sich dem voll erschliessen, der es versteht, der Liebe ihren willkuerlichen Charme, ihre Kapriziositaet, eben ihre natuerliche Freiheit zu bewahren.

Von mir aus, wenn es Menschen verschiedenen (oder auch gleichen) Geschlechts so leicht faellt, einander Lust zu verschaffen, dann sollen sie sich nur ja nicht genieren.
Nur ein oder zwei Woertchen geben mir dabei zu denken: das Wort Liebe und auch das Wort Freiheit.

Natuerlich trifft das Gegenteil zu.
Liebe bedeutet Abhaengigkeit - nicht nur in ihrem Vergnuegen, in ihrer Existenz und in dem, was vor der Existenz kommt:
in dem Wunsch, zu existieren - von fuenfzig wunderlichen Dingen:
von zwei Lippen (und von der Grimasse oder dem Laecheln, zu dem sie sich verziehen), von einer Schulter (von der Art, wie sie sich hebt oder senkt), von zwei Augen (von einem Blick, der ein wenig weicher, ein wenig haerter ist), schliesslich von einem ganzen fremden Koerper, mit dem Geist oder der Seele, die in ihm sind - von einem Koerper, der in jedem Augenblick strahlender als die Sonne werden kann, eisiger als eine Schneeflaeche.

Es ist keine Freude, das alles an sich zu erfahren, dagegen kommen Ihre Martern mir laecherlich vor.
Man zittert, wenn dieser Koerper sich bueckt, um das Band eines kleinen Schuhs zu knuepfen, und es scheint, dass jeder einem ansieht, wie man zittert.
Lieber die Peitsche und die Ringe im Fleisch!
Was die Freiheit anlangt...

Jeder Mann oder jede Frau, die sie an sich erfahren haben, duerften sich dagegen auflehnen, sie mit Schimpf und Greuel bedrohen.
Sicher, es fehlt nicht an Greuel in der Geschichte der O.
Aber manchmal scheint es mir, dass hier nicht so sehr eine junge Frau als vielmehr eine Idee, eine Meinung gefoltert wird.

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  #7  
Old 09-04-2016, 02:23 AM
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Geschichte der O ... Vorwort
Die Wahrheit ueber den Aufstand
Autor: Jean Paulhan


Merkwuerdig, die Idee vom Glueck in der Sklaverei nimmt sich heutzutage wie neu aus.
In der Familie hat das Oberhaupt kaum mehr das Recht, ueber Leben und Tod zu entscheiden,
in den Schulen und in der Ehe ist die koerperliche Zuechtigung verpoent,
und Maenner, die man in frueheren Jahrhunderten stolz auf oeffentlichen Plaetzen enthauptet hat, laesst man heute jaemmerlich in Kellern verfaulen.

Wir martern nur noch anonym, und Leute, die es nicht verdienen.
Deshalb sind diese Martern auch tausendmal grausamer, der Krieg roestet auf einen Schlag die gesamte Bevoelkerung einer Stadt.

Die exzessive Nachgiebigkeit des Vaters, des Lehrers oder des Liebhabers wird mit Bombenteppichen und Napalm und Atomexplosionen bezahlt.
Alles geht vor sich, als existiere in der Welt ein geheimes Gleichgewicht der Gewalttaten, an denen wir den Geschmack verloren haben, ja, deren Sinn wir nicht mehr erkennen koennen.

Und ich bin gar nicht boese, dass eine Frau diesen Geschmack und diesen Sinn wiedergefunden hat.
Ich wundere mich nicht einmal darueber.
Ehrlich gesagt, ich habe ueber die Frauen nicht so viele bestimmte Ansichten, wie dies bei Maennern im allgemeinen der Fall ist.
Ich bin ueberrascht, dass es sie gibt (die Frauen).
Mehr als ueberrascht: vage verwundert.
Weshalb sie mir vielleicht wunderbar erscheinen, ich beneide sie fast dauernd.
Was erregt nun meinen Neid?

Manchmal sehne ich mich nach meiner Kindheit zurueck.
Dabei gilt aber meine Sehnsucht ganz und gar nicht den Ueberraschungen und Offenbarungen, von denen die Dichter sprechen.
Nein.

Ich erinnere mich an eine Zeit, als ich fuer die ganze Erde verantwortlich war.
Abwechselnd Boxweltmeister oder Koch, politischer Redner (jawohl), General, Dieb und sogar Rothaut, Baum oder Fels.
Man wird einwenden, dass es sich um ein Spiel handelte.
Sicher, fuer Sie, die Erwachsenen, aber fuer mich nicht, ganz und gar nicht.
Damals war ich Herr des Universums, mit allen Sorgen und Gefahren, die diese Herrschaft mit sich bringt:
damals war ich universell.
Genau darauf will ich hinaus.

Die Frauen besitzen die Gabe, ihr ganzes Leben lang den Kindern zu gleichen, die wir waren.
Eine Frau versteht sich auf tausend Dinge, die uns fremd sind.
Fast immer kann sie naehen.
Sie kann kochen.
Sie weiss, wie man ein Zimmer einrichtet und welche Stile sich untereinander vertragen (ich sage nicht, dass sie alles perfekt macht, aber ich war auch keine perfekte Rothaut).

Sie kann noch mehr.
Sie kann mit Hunden und Katzen umgehen;
sie spricht mit diesen Halbverrueckten, den Kindern, die wir unter uns dulden:
sie lehrt sie die Kosmologie und gute Manieren, die Hygiene und die Maerchen, ja, manchmal sogar das Klavierspielen.
Kurz, wir traeumen von Jugend an vergeblich von einem Mann, der alle Maenner zugleich waere.

Dagegen scheint es, dass es jeder Frau moeglich ist, alle Frauen (und alle Maenner) zugleich zu sein.
Aber es kommt noch merkwuerdiger.
Man hoert heutzutage oft sagen, dass es genuege, alles zu begreifen, um alles zu verzeihen.
Nun, ich war immer der Ansicht, dass bei den Frauen - so universell sie auch sein moegen - das Gegenteil zutrifft.

Ich hatte eine Menge Freunde, die mich so nahmen, wie ich bin, und die ich meinerseits so nahm, wie sie waren - ohne den geringsten Wunsch, uns gegenseitig zu veraendern.
Ich freute mich sogar - und auch sie freuten sich -, dass jeder von uns so sehr er selbst war.
Aber es gibt keine Frau, die nicht versuchte, den Mann, den sie liebt, zu aendern, und sich damit.
Als loege das Sprichwort, als genuege es, alles zu verstehen, um gar nichts zu verzeihen.

Nein, Pauline Reage verzeiht sich so gut wie nichts.
Und ich frage mich sogar, ob sie nicht ein klein wenig uebertreibt; ob ihresgleichen, die Frauen, ihr wirklich so gleichen, wie sie annimmt.
Aber mehr als ein Mann wird wohl zu gern mit ihr einer Meinung sein.
Muss man bedauern, dass die Klageschrift verlorenging?

Ich fuerchte, ehrlich gesagt, dass der ehrenwerte Anabaptist, der sie verfasste, diese Schrift in ihrem apologetischen Teil mit ziemlich abgedroschenen Gemeinplaetzen spickte:
zum Beispiel, dass es immer Sklaven geben werde (was stimmt);
dass es immer die gleichen sein wuerden (worueber sich streiten laesst);
dass man sich mit seinem Stand abfinden und eine Zeit, die man dem Spiel, der Meditation und den ueblichen Vergnuegungen widmen koennte, nicht mit Klagen vertun solle.

Aber ich glaube, er hat nicht die Wahrheit gesagt, naemlich, dass Glenelgs Sklaven in ihren Herrn verliebt waren, dass sie ohne ihn nicht leben konnten.
Im Grunde die gleiche Wahrheit, die uns in der Geschichte der O die Buendigkeit und den unfassbaren Anstand spueren laesst, den fanatischen Sturmwind, der dauernd blaest.

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  #8  
Old 09-05-2016, 10:06 PM
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I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 1
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Ihr Geliebter fuehrt O eines Tages in einem Stadtviertel spazieren, das sie sonst nie betreten, im Parc Monsouris, im Parc Monceau.
An der Ecke des Parks, einer Strassenkreuzung, wo niemals Taxis stehen, sehen sie, nachdem sie im Park spazierengegangen und Seite an Seite am Rand einer Rasenflaeche gesessen waren, einen Wagen mit Zaehluhr, der einem Taxi gleicht.

"Steig ein", sagt er.

Sie steigt ein.
Der Abend ist nicht mehr fern, und es ist Herbst.
Sie ist gekleidet wie immer.
Schuhe mit hohen Absaetzen, ein Kostuem mit Plisseerock, Seidenbluse, keinen Hut.
Aber lange Handschuhe, die ueber die aermel des Kostuems gezogen sind, und sie traegt in ihrer ledernen Handtasche ihre Papiere, Puder und Lippenstift.

Das Taxi faehrt geraeuschlos an, ohne dass der Mann etwas zum Chauffeur gesagt haette.
Er schliesst die Schiebevorhaenge rechts und links an den Scheiben und hinten am Rueckfenster;
sie hat ihre Handschuhe ausgezogen, weil sie glaubt, er wolle sie kuessen oder sie solle ihn streicheln.

Aber er sagt:
"Du kannst dich nicht ruehren, gib deine Tasche her."

Sie gibt die Tasche, er legt sie ausserhalb ihrer Reichweite und faehrt fort:
"Und du hast zu viel an.
Mach die Strumpfhalter auf, rolle deine Struempfe bis zum Knie:
hier hast du Strumpfbaender."

Es geht nicht ganz leicht, das Taxi faehrt schneller, und sie fuerchtet, der Chauffeur koenne sich umdrehen.
Schliesslich sind die Struempfe gerollt, und es stoert sie, die Beine nackt und frei unter der Seide ihres Hemds zu spueren.
Ausserdem rutschen die ausgehakten Strumpfhalter hoch.

"Nimm den Guertel ab, sagt er, und zieh den Slip aus."

Das geht einfach, man braucht nur mit den Haenden hinter die Hueften fassen und sich ein bisschen hochstemmen.

Er nimmt ihr Guertel und Slip aus der Hand, legt sie in die Tasche und sagt dann:
"Du darfst dich nicht auf dein Hemd und auf den Rock setzen, du musst beides hochziehen und dich direkt auf die Bank setzen."

Die Bank ist mit Kunstleder bezogen, es ist glitschig und kalt, man schaudert, wenn man es an den Schenkeln spuert.

Dann befiehlt er ihr:
"Zieh jetzt deine Handschuhe wieder an."

Das Taxi faehrt noch immer, und sie wagt nicht zu fragen, warum René sich nicht ruehrt und nichts mehr sagt, noch was es fuer ihn bedeuten kann, dass sie reglos und stumm, so entbloesst und so ausgesetzt, so wohl behandschuht, in einem schwarzen Wagen sitzt und nicht weiss, wohin sie faehrt.
Er hat ihr nichts befohlen und nichts verboten, doch sie wagt weder die Beine ueberzuschlagen noch die Knie zu schliessen.
Sie hat die beiden behandschuhten Haende rechts und links auf den Sitz gestuetzt.

"Voilà", sagt er ploetzlich.

Voilà:
das Taxi haelt in einer schoenen Allee, unter einem Baum - es sind Platanen - vor einem kleinen Palais, aehnlich den kleinen Palais am Faubourg Saint-Germain, das man zwischen Hof und Garten mehr ahnt als sieht.
Die Strassenlaternen sind ein Stueck entfernt, es ist dunkel im Wagen, und draussen regnet es.

"Halt still", sagt René.
"Halt ganz still."

Er streckt die Hand nach dem Kragen ihrer Bluse aus, oeffnet die Schleife, dann die Knoepfe.
Sie beugt den Oberkoerper ein wenig vor, sie glaubt, er wolle ihre Brueste streicheln.
Nein.
Er tastet nur, fasst und durchschneidet mit einem Taschenmesser die Traeger des Buestenhalters und zieht ihn ihr aus.
Unter der Bluse, die er wieder geschlossen hat, sind jetzt ihre Brueste frei und nackt, wie ihr Leib nackt und frei ist von Taille bis zu den Knien.

"Hoer zu", sagt er.
"Es ist soweit.
Ich lasse dich jetzt allein.
Du steigst aus und klingelst an der Tuer.
Du folgst der Person, die dir oeffnet, du tust alles, was man von dir verlangt.
Wenn du nicht sofort hineingehst, wird man dich holen, wenn du nicht sofort gehorchst, wird man dich zwingen zu gehorchen.
Deine Tasche?
Nein, du brauchst deine Tasche nicht mehr.
Du bist weiter nichts als das Maedchen, das ich anliefere.
Doch, doch, ich werde dort sein.
Geh!"

---

Eine andere Version des gleichen Anfangs war brutaler und simpler:

die junge Frau war, ebenso gekleidet, von ihrem Geliebten und einem seiner Freunde, den sie nicht kannte, im Wagen mitgenommen worden.
Der Unbekannte sass am Steuer, der Geliebte neben der jungen Frau, und diesmal sprach der Freund, der Unbekannte, und erklaerte der jungen Frau, dass ihr Geliebter den Auftrag habe, sie vorzubereiten, dass er ihr die Haende auf den Ruecken binden werde, oberhalb der Handschuhe, ihre Struempfe aushaken und herunterrollen, ihr den Strumpfguertel ausziehen, den Slip und den Buestenhalter, und ihr die Augen verbinden werde.
Dass sie dann im Schloss abgeliefert werde.
Wo man sie jeweils anweisen werde, was sie zu tun habe.

Nachdem sie wie besprochen entkleidet und gefesselt worden war, half man ihr nach einer halbstuendigen Fahrt aus dem Wagen, fuehrte sie einige Stufen hinauf, dann mit verbundenen Augen durch ein paar Tueren,
und als die Binde abgenommen wurde, fand sie sich allein in einem dunklen Zimmer, wo man sie eine halbe Stunde warten liess oder eine Stunde oder zwei, ich weiss nicht, wie lange, aber es war eine Ewigkeit.

---

Als dann endlich die Tuer geoeffnet wurde und das Licht anging, sah sie, dass sie in einem ganz gewoehnlichen und behaglichen Raum gewartet hatte, der dennoch eigenartig war:
mit einem dicken Teppich auf dem Boden, aber ohne ein Moebelstueck, rundum Wandschraenke.

Zwei Frauen hatten die Tuer geoeffnet, zwei junge und huebsche Frauen, gekleidet wie huebsche Zofen des achtzehnten Jahrhunderts: mit langen, leichten und gebauschten Roecken, die die Fuesse bedeckten, mit engen Miedern, die den Busen hochschoben und vorne geschnuert oder gehakt waren, und mit Spitzen am Ausschnitt und an den halblangen aermeln.
Augen und Mund geschminkt.
Jede trug ein enges Halsband und enge Armbaender um die Handgelenke hinter ihrem Ruecken gefesselt waren,
und ihr sagten, dass sie sich ausziehen muesse und dass man sie baden und schminken werde.

Sie wurde also entkleidet und ihre Kleider wurden in einem der Wandschraenke verwahrt.
Sie durfte sich nicht allein baden, sie wurde frisiert wie beim Friseur, indem man sie in einem dieser grossen Sessel Platz nehmen liess, die beim Kopfwaschen nach hinten gekippt und wieder gerade gestellt werden, wenn man, nach dem Einlegen, unter der Trockenhaube sitzt.
Das dauert immer mindestens eine Stunde.

Es hat tatsaechlich ueber eine Stunde gedauert, sie war nackt auf diesem Stuhl gesessen, und man verbot ihr, die Beine ueberzuschlagen oder die Knie zu schliessen.
Und da sie vor einem grossen Spiegel sass, der die Wandflaeche von oben bis unten bedeckte und von keiner Konsole unterbrochen wurde, sah sie sich, weit klaffend, so oft ihr Blick den Spiegel traf.

Als sie fertig geschminkt war, die Lider leicht umschattet, den Mund sehr rot, Spitze und Hof der Brueste rosig, den Rand der Schamlippen roetlich, den Flaum der Achselhoehlen und des Schosses, die Furche zwischen den Schenkeln und die Furche unter den Bruesten und die Handflaechen lange mit Parfuem bestaeubt,
wurde sie in einen Raum gefuehrt, wo ein dreiteiliger Spiegel und ein vierter Spiegel an der Wand dafuer sorgten, dass sie sich genau sehen konnte.

Sie wurde angewiesen, sich auf den Puff in der Mitte zwischen den Spiegeln zu setzen und zu warten.
Der Puff war mit schwarzem Pelz bezogen, der sie ein bisschen stach, und der Teppich war schwarz, die Waende rot.
Sie hatte rote Pantoeffelchen an den Fuessen.
An einer Wand des kleinen Boudoirs war ein grosses Fenster, das auf einen schoenen dunklen Park hinausging.

Es hatte zu regnen aufgehoert, die Baeume bewegten sich im Wind, der Mond lief hoch oben zwischen den Wolken hin.

Ich weiss nicht, wie lange sie in dem roten Boudoir gewartet hat, auch nicht, ob sie wirklich allein war, wie sie annahm, oder ob jemand sie durch eine verborgene Oeffnung in der Wand beobachtete.
Dagegen weiss ich, dass eine der beiden Frauen, als sie wiederkamen, ein Massband trug, die andere ein Koerbchen.
Ein Mann begleitete sie;
er trug ein langes violettes Gewand mit Aermeln, die oben weit und am Handgelenk eng waren, das Gewand oeffnete sich beim Gehen von der Taille an.
Man sah, dass er darunter eine Art anliegender Strumpfhosen trug, die Beine und Schenkel bedeckten, das Geschlecht jedoch freiliessen.

Dieses Geschlecht sah O als erstes beim ersten Schritt des Mannes, dann die Peitsche aus Lederschnueren, die im Guertel steckte, dann, dass der Mann eine schwarze Kapuze uebers Gesicht gezogen hatte - ein Netz aus schwarzem Tuell verbarg sogar die Augen -, und schliesslich, dass er auch Handschuhe trug, ebenfalls schwarz und aus feinem Ziegenleder.

Er sagte ihr, sie solle sitzenbleiben, dutzte sie dabei, und befahl den Frauen, sich zu beeilen.
Die mit dem Zentimeterband nahm nun von Os Hals und Gelenken die Masse, die zwar klein, aber doch gaengig waren.
Es war leicht, in dem Korb, den die andere Frau trug, ein passendes Halsband und Armreifen zu finden.

Sie waren folgendermassen gearbeitet:
aus mehreren Lederschichten (jede Schicht sehr duenn, das Ganze nicht mehr als einen Finger dick), mit einem Schnappverschluss, der automatisch einklickte wie ein Vorhaengeschloss, wenn man ihn zumachte, und nur mit einem kleinen Schluessel wieder zu oeffnen war.
An der dem Verschluss genau gegenueberliegenden Stelle, in der Mitte der Lederschichten und beinah ohne Spiel, war ein Metallring angebracht, der es erlaubte, das Armband irgendwo zu befestigen, wenn man das wollte, denn es schloss, wenn es auch gerade so viel Spielraum gab, um keine Verletzung zu bewirken, zu eng am Gelenk an, und das Halsband zu eng um den Hals, als dass man einen noch so duennen Riemen haette durchziehen koennen.

Man befestigte nun Halsband und Armreifen an Hals und Gelenken, dann befahl der Mann ihr, aufzustehen.
Er setzte sich auf ihren Platz auf den Pelzpuff und zog sie zwischen seine Knie, liess die behandschuhte Hand zwischen ihre Schenkel und ueber ihre Brueste gleiten und erklaerte ihr, dass sie noch an diesem Abend vorgefuehrt werden solle, nach dem Essen, das sie allein einnehmen werde.
Sie nahm es wirklich allein ein, noch immer nackt, in einer Art Kabine, in die eine unsichtbare Hand ihr die Speisen durch einen Schalter zuschob.

Nach dem Essen kamen die beiden Frauen und holten sie ab.
Im Boudoir schlossen sie gemeinsam die beiden Ringe ihrer Armreifen hinter ihrem Ruecken zusammen, legten ihr einen langen Umhang um die Schultern, der an ihrem Halsband befestigt wurde und der sie ganz bedeckte, sich jedoch beim Gehen oeffnete;
sie konnte ihn ja nicht zusammenhalten, weil ihre Haende auf dem Ruecken gefesselt waren.

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  #9  
Old 09-06-2016, 07:39 PM
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I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 2
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Sie durchschritten ein Vorzimmer, zwei Salons, und kamen in die Bibliothek, wo vier Maenner beim Kaffee sassen.
Sie trugen die gleichen wallenden Gewaender, wie der erste, aber keine Masken.
Doch O hatte nicht Zeit, ihre Gesichter zu sehen und festzustellen, ob ihr Geliebter unter ihnen sei (er war unter ihnen), denn einer der Vier richtete den Strahl einer Lampe auf sie, die sie blendete.

Alle Anwesenden verhielten sich regungslos, die beiden Frauen rechts und links von ihr und die Maenner vor ihr, die sie musterten.
Dann erlosch die Lampe; die Frauen entfernten sich.

Man hatte O aufs neue die Augen verbunden.
Nun musste sie naeherkommen, sie schwankte ein bisschen und spuerte, dass sie vor dem Kaminfeuer stand, an dem die vier Maenner sassen:
sie fuehlte die Hitze, sie hoerte die Scheite leise in der Stille knistern.
Sie stand mit dem Gesicht zum Feuer.

Zwei Haende hoben ihren Umhang hoch, zwei weitere glitten an ihren Hueften entlang, nachdem sie sich ueberzeugt hatten, dass die Armreifen festgemacht waren:
sie trugen keine Handschuhe und eine von ihnen drang von beiden Seiten zugleich in sie ein, so abrupt, dass sie aufschrie.

Ein Mann lachte.
Ein anderer sagte:
"Drehen Sie sich um, damit man die Brueste und den Leib sieht."

Sie musste sich umdrehen, und die Hitze des Feuers schlug jetzt an ihre Lenden.
Eine Hand ergriff eine ihrer Brueste, ein Mund packte die Spitze der anderen.
Ploetzlich verlor sie das Gleichgewicht und taumelte nach rueckwaerts;
sie wurde aufgefangen, von welchem Arm?

Waehrend jemand ihre Beine oeffnete und sanft die Lippen auseinanderzog; Haare strichen ueber die Innenseite ihrer Schenkel.
Sie hoerte jemanden sagen, man muesse sie niederknien lassen.
Was auch geschah.

Das Knien tat ihr sehr weh, zumal man ihr verbot, die Knie zu schliessen und ihre Haende so auf den Ruecken gebunden waren, dass sie sich vorbeugen musste.
Nun erlaubte man ihr, sich zuruecksinken zu lassen, bis sie fast auf den Fersen sass, wie es die Nonnen tun.

"Sie haben sie nie angebunden?"
"Nein, nie."
"Auch nicht gepeitscht?"
"Auch das nie. Sie wissen ja..."

Diese Antworten kamen von ihrem Geliebten.

"Ich weiss," sagte die andere Stimme.
"Wenn man sie nur gelegentlich anbindet, wenn man sie nur ein bisschen peitscht, koennte sie Geschmack daran finden, und das waere falsch.
Man muss ueber den Punkt hinausgehen, wo es ihr Spass macht, man muss sie zum Weinen bringen."

Einer der Maenner befahl O jetzt, aufzustehen,
er wollte gerade ihre Haende losbinden, zweifellos, damit man sie an einen Pfosten oder eine Mauer fesseln koennte, als ein anderer protestierte,
er wolle sie zuerst nehmen und zwar sofort - so dass man sie wieder niederknien liess,
aber diesmal musste sie, noch immer mit den Haenden auf dem Ruecken, den Oberkoerper auf den Puff legen und die Hueften hochrecken.

Der Mann packte mit beiden Haenden ihre Hueften und drang in ihren Leib ein.
Er ueberliess seinen Platz einem zweiten.
Der dritte wollte sich an der engsten Stelle einen Weg bahnen und ging so brutal vor, dass sie aufschrie.
Als er von ihr abliess, glitt sie, stoehnend und traenennass unter ihrer Augenbinde, zu Boden:
nur um zu spueren, dass Knie sich gegen ihr Gesicht pressten und auch ihr Mund nicht verschont wuerde.

Schliesslich blieb sie, hilflos auf dem Ruecken, in ihrem Purpurmantel vor dem Feuer liegen.
Sie hoerte, wie Glaeser gefuellt und ausgetrunken, wie Sessel gerueckt wurden.
Im Kamin wurde Holz nachgelegt.

Ploetzlich nahm man ihr die Augenbinde ab.
Der grosse Raum mit den Buechern an den Waenden war schwach erleuchtet durch eine Lampe auf einer Konsole und durch den Schein des Feuers, das wieder aufflammte.

Zwei Maenner standen und rauchten.
Ein dritter sass, eine Peitsche auf den Knien, und der vierte, der sich ueber sie beugte und ihre Brust streichelte, war ihr Geliebter.
Aber alle vier hatten sie genommen, und sie hatte ihn nicht von den anderen unterscheiden koennen.

Man erklaerte ihr, dass es immer so sein werde, so lange sie sich im Schloss aufhalte, dass sie die Gesichter der Maenner nicht sehen werde, die sie vergewaltigen oder foltern wuerden, niemals und dass sie niemals wissen werde, wer ihr das Schlimmste angetan hatte.
Desgleichen wenn sie bei Nacht gepeitscht wuerde, nur wolle man dann, dass sie sehen koenne, wie sie gepeitscht wurde, dass sie also zum ersten Mal keine Augenbinde tragen werde, dass die Maenner dagegen ihre Masken anlegen wuerden und sie sie nicht unterscheiden koenne.

Ihr Geliebter hatte sie aufgehoben und in ihrem roten Umhang auf die Armlehne eines Sessels an der Kaminecke gesetzt, damit sie hoeren sollte, was man ihr zu sagen hatte und sehen sollte, was man ihr zeigen wollte.
Sie hatte noch immer die Haende auf dem Ruecken.

Man zeigte ihr den Reitstock, der schwarz war, lang und duenn, aus feinem Bambus, mit Leder bezogen, wie man sie in den Auslagen der grossen Ledergeschaefte sieht;
die Lederpeitsche, die der erste der Maenner, den sie gesehen hatte, im Guertel trug, sie war lang, bestand aus sechs Riemen mit je einem Knoten am Ende;
dann eine dritte Peitsche aus sehr duennen Schnueren, die an den Enden mehrere Knoten trugen und ganz steif waren, als haette man sie in Wasser eingeweicht, was auch der Fall war, wie sie feststellen konnte, denn man beruehrte damit ihren Schoss und spreizte ihre Schenkel, damit sie besser fuehlen koenne, wie feucht und kalt die Schnuere sich auf der zarten Haut der Innenseite anfuehlten.
Blieben noch auf der Konsole staehlerne Ketten und Schluessel.

An einer Wand der Bibliothek lief in halber Hoehe eine Galerie, die von zwei Saeulen getragen wurde.
In eine Saeule war ein Haken eingelassen, in einer Hoehe, die ein Mann auf Zehenspitzen mit gestrecktem Arm erreichen konnte.

Man sagte O, die ihr Geliebter in die Arme genommen hatte, eine Hand unter ihren Schultern und die andere, die sie verbrannte, zwischen ihren Schenkeln, um sie zum Nachgeben zu zwingen,
man sagte ihr, dass man ihre gefesselten Haende nur loese, um sie sogleich, mittels der Armreifen und einer der Stahlketten, an diesen Pfeiler zu binden.
Dass aber nur die Haende ueber ihrem Kopf festgehalten wuerden, sie sich aber sonst frei bewegen koenne und die Schlaege kommen saehe.
Dass man im allgemeinen nur Hueften und Schenkel peitsche, also von der Taille bis zu den Knien, genauso, wie sie im Wagen, der sie hierhergebracht hatte, vorbereitet worden sei,
als sie sich nackt hatte auf die Bank setzen muessen.
Dass jedoch einer der vier anwesenden Maenner vielleicht Lust haben werde, ihre Schenkel mit dem Reitstock zu zeichnen, was schoene, lange und tiefe Striemen gebe, die man lange sehen werde.

Es werde ihr nicht alles zugleich angetan werden, sie werde schreien koennen, soviel sie wolle, sich winden und weinen.
Man werde sie Atem schoepfen lassen, aber weitermachen, sobald sie wieder Kraefte gesammelt habe, wobei die Wirkung nicht nach ihren Schreien oder Traenen beurteilt werde, sondern nach den mehr oder minder lebhaften und anhaltenden Spuren, die die Peitschen auf ihrer Haut zuruecklassen wuerden.

Man wies sie darauf hin, dass diese Methode, die Wirkung der Schlaege zu beurteilen, nicht nur gerecht sei und alle Versuche der Opfer, durch uebertriebenes Stoehnen Mitleid zu wecken, nichtig mache, sondern darueber hinaus auch erlaube, die Peitsche ausserhalb des Schlosses anzuwenden, was haeufig geschehe, im Park oder in irgendeiner Wohnung oder einem beliebigen Hotelzimmer,
vorausgesetzt natuerlich, dass man einen Knebel verwende (den man ihr sogleich zeigte), der nur den Traenen freien Lauf laesst, aber alle Schreie erstickt und kaum ein Stoehnen erlaubt.

An diesem Abend jedoch sollte der Knebel nicht verwendet werden, im Gegenteil.
Sie wollten O bruellen hoeren, und so schnell wie moeglich.


Der Stolz, den sie darein setzte, sich zu beherrschen und zu schweigen, hielt nicht lange an:
sie hoerten sie sogar betteln, man moege sie losbinden, einen Augenblick einhalten, nur einen einzigen.
Sie wand sich so konvulsivisch, um dem Biss der Lederriemen zu entgehen, dass sie sich vor dem Pfosten beinah um die eigene Achse drehte,
denn die Kette, die sie fesselte, war lang und daher nicht ganz straff.
Die Folge war, dass ihr Bauch und die Vorderseite der Schenkel und die Seiten beinah ebenso ihr Teil abbekamen, wie die Lenden.

Man entschloss sich nun, einen Augenblick aufzuhoeren und erst wieder anzufangen, nachdem ein Strick um ihre Taille und zugleich um den Pfosten geschlungen worden war.
Da man den Strick fest anzog, damit der Koerper in der Mitte gut am Pfosten anlag, war der Oberkoerper notwendig ein wenig zur Seite gebeugt, so dass auf der anderen Seite das Hinterteil staerker hervortrat.
Von nun an verirrten die Hiebe sich nicht mehr, es sei denn mit Absicht.

Nach der Art und Weise zu urteilen, wie ihr Geliebter sie ausgeliefert hatte, haette O sich denken koennen, dass ein Appell an sein Mitleid die beste Methode sein wuerde, seine Grausamkeit zu verdoppeln,
dass er groesstes Vergnuegen daran finden wuerde, ihr diese unzweifelhaften Beweise seiner Macht zu entreissen oder entreissen zu lassen.
Tatsaechlich war er derjenige, der als erster bemerkte, dass die Lederpeitsche, unter der sie zuerst gestoehnt hatte, sie weit weniger zeichnete, als die eingeweichte Schnur der neunschwaenzigen Katze und der Reitstock,
und daher erlaube, die Qual zu verlaengern und mehrmals von neuem anzufangen, fast unverzueglich, wenn man Lust dazu hatte.
Er bestand darauf, dass man nur noch diese Peitsche verwendete.

Verfuehrt von diesem hingereckten Hinterteil, das sich unter den Schlaegen wand und sich in dem Bemuehen, ihnen auszuweichen, nur umso mehr aussetzte, verlangte nun derjenige der Vier, der an den Frauen nur das liebte, was sie mit den Maennern gemeinsam haben, dass man ihm zuliebe eine Pause einlegen solle,
und er teilte die beiden Haelften, die unter seinen Haenden brannten, und drang nicht ohne Muehe ein, wobei er die ueberlegung anstellte, dass man diese Pforte leichter zugaenglich machen muesse.
Man kam ueberein, dass das zu machen sei und dass man entsprechende Massnahmen ergreifen werde.

Als man die junge Frau, die unter ihrem roten Mantel taumelte und beinah ohnmaechtig war, schliesslich losband, sollte sie,
eh sie in die ihr zugewiesene Zelle gefuehrt wuerde, im einzelnen die Regeln hoeren, die sie waehrend ihres Aufenthaltes im Schloss und auch noch nach ihrer Rueckkehr ins alltaegliche Leben (was uebrigens nicht die Rueckkehr in die Freiheit bedeutete) befolgen muesste;

man setzte sie in einen grossen Sessel am Feuer und klingelte.

.
  #10  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 3
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Die beiden jungen Frauen, die sie empfangen hatten, brachten die Kleidung fuer ihren Aufenthalt und die Dinge, die sie allen kenntlich machen wuerden, die schon vor ihrer Ankunft Gaeste des Schlosses gewesen waren oder es nach ihrem Weggang sein wuerden.

Das Kostuem war dem der beiden Frauen aehnlich: ueber einem fischbeinverstaerkten und in der Taille rigoros geschnuerten Mieder und ueber einem gestaerkten Batistunterrock ein langes Gewand mit weitem Rock und einem Oberteil, das die Brueste, die das Korsett hochschob, fast freiliess, kaum mit Spitzen verhuellte.
Der Unterrock war weiss, Mieder und Kleid aus meergruener Seide, die Spitzen wieder weiss.

Als O angekleidet war und wieder im Sessel am Feuer sass, noch blasser durch das blasse Gruen, gingen die beiden Frauen, die kein Wort gesprochen hatten.

Einer der vier Maenner packte die eine im Vorbeigehen, bedeutete der anderen, zu warten, fuehrte die erste zu O hin, liess sie sich umdrehen, umfasste mit einer Hand ihre Taille und hob ihr mit der anderen die Roecke hoch, um O zu zeigen,
so sagte er, warum sie dieses Kostuem trugen und wie gut es durchdacht sei;
er fuegte hinzu, man koenne diesen Rock mittels eines einfachen Guertels so hoch schuerzen, wie man wolle, wodurch muehelos zugaenglich wurde, was man auf diese Weise entbloesste.
Ausserdem lasse man die Frauen haeufig im Schloss oder im Park so hochgeschuerzt herumgehen oder mit vorn, ebenfalls bis zur Taille, hochgerafften Roecken.

Man liess O von der jungen Frau zeigen, wie sie ihren Rock befestigen muesse:
mehrmals aufgerollt (wie eine Haarstraehne auf einem Lockenwickler), in einen engen Guertel gesteckt, genau vorn in der Mitte, wenn der Leib entbloesst werden sollte,
oder genau in der Mitte des Rueckens, um die Lenden zu entbloessen.
Im einen wie im anderen Fall fielen Unterrock und Rock in Kaskaden reicher Schraegfalten von der Mitte zu Boden.

Wie O hatte die junge Frau frische Striemen quer ueber die Lenden.
Sie ging hinaus.
Danach bekam O folgende Ansprache zu hoeren:

"Sie stehen hier ganz im Dienst Ihrer Gebieter.
Tagsueber verrichten Sie die Pflichten, die Ihnen aufgetragen werden, Hausarbeiten wie Buecher abstauben oder ordnen oder Blumen arrangieren oder bei Tisch aufwarten.
Keine schwereren Arbeiten.
Aber Sie werden stets aufs erste Wort, auf das erste Zeichen hin jede Taetigkeit unterbrechen, um Ihren einzigen wirklichen Zweck zu erfuellen, naemlich, uns zu Willen zu sein.
Ihre Haende gehoeren Ihnen nicht, auch nicht Ihre Brueste, vor allem nicht irgendein Zugang Ihres Koerpers,
wir koennen sie nach Belieben visitieren und in sie eindringen.
Als ein Zeichen, das Ihnen staendig gegenwaertig machen soll, oder doch so gegenwaertig wie moeglich, dass Sie kein Recht mehr haben, sich zu entziehen, werden Sie in unserer Gegenwart niemals voellig die Lippen schliessen, noch die Beine kreuzen oder die Knie zusammenpressen
(Sie haben ja gesehen, dass Ihnen dies sogleich nach Ihrer Ankunft verboten wurde).
Was fuer uns wie fuer Sie bedeutet, dass Ihr Mund, Ihr Schoss und Ihre Lenden uns offen stehen.

Sie werden vor uns niemals Ihre Brueste beruehren:
sie sind durch das Korsett herausgedraengt, damit sie uns gehoeren.
Tagsueber werden Sie bekleidet sein, doch Sie werden den Rock heben, wenn man es Ihnen befiehlt und jeder kann - unmaskiert - mit Ihnen tun, was er will, nur nicht Sie peitschen.

Gepeitscht werden Sie nur zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang.
Aber ausser den Schlaegen, die jeder Ihnen erteilen wird, der dazu Lust hat, werden Sie am Abend ausgepeitscht zur Strafe fuer Verstoesse gegen die Hausregel, die Sie sich tagsueber zuschulden kommen liessen:
also, wenn Sie nicht willig genug waren, oder die Augen zu demjenigen erhoben haben, der zu Ihnen gesprochen oder Sie genommen hat:
Sie duerfen niemals einem von uns ins Gesicht schauen.

Wenn das Kostuem, das wir bei Nacht tragen, das ich jetzt hier trage, unser Geschlecht freilaesst, so nicht der Bequemlichkeit halber, das liesse sich auch auf andere Weise machen, sondern um Sie zu erniedrigen,
um Ihre Augen zu zwingen, sich darauf zu heften und auf nichts anderes,
um Sie zu lehren, darin Ihren Gebieter zu sehen, dem Ihre Lippen, vor allem anderen, dienen sollen.

Bei Tage, wenn wir normal gekleidet sind wie jetzt, werden Sie sich an die gleichen Vorschriften halten,
nur muessen Sie dann, wenn man es von Ihnen verlangt, bemueht sein, unsere Kleider zu oeffnen und auch ohne weitere Aufforderung wieder zu schliessen, wenn wir mit Ihnen fertig sind.

Bei Nacht dagegen werden nur Ihre Lippen und Ihre geoeffneten Schenkel uns dienen koennen,
denn Ihre Haende werden auf dem Ruecken gefesselt sein und Sie werden so nackt sein, wie man Sie uns zugefuehrt hat;
die Augen werden Ihnen nur verbunden, wenn Sie misshandelt werden sollen,
und - nachdem Sie jetzt Ihrer eigenen Auspeitschung zugesehen haben, - wenn Sie ausgepeitscht werden.

A propos, wenn Sie waehrend der Dauer Ihres Aufenthalts die Peitsche regelmaessig alle Tage bekommen, so geschieht das nicht so sehr zu unserem Vergnuegen, als vielmehr zu Ihrer Belehrung.
In Naechten, in denen niemand nach Ihnen verlangt, wird daher ein Diener mit dieser Aufgabe betraut und Ihnen in der Einsamkeit Ihrer Zelle verabreichen, was Sie bekommen sollten und was wir selbst Ihnen nicht geben wollten.

Wie bei der Kette, die am Ring Ihres Halsbandes angebracht wird und Sie taeglich mehrere Stunden lang mehr oder weniger unbeweglich auf Ihrem Bett festhalten soll, ist die Absicht weit weniger, Ihnen Schmerz zuzufuegen, Sie zum Schreien oder Weinen zu bringen,
als vielmehr, Sie durch diese Schmerzen fuehlen zu lassen, dass Sie unter Zwang stehen,
dass Sie ganz und gar fremdem Willen unterworfen sind.

Wenn Sie von hier weggehen, werden Sie einen Eisenring am Goldfinger tragen, der Sie kenntlich macht:
Sie werden dann gelernt haben, denen zu gehorchen, die das gleiche Zeichen tragen -
und die bei seinem Anblick wissen werden, dass Sie unter Ihrem Rock nackt sind,
wie korrekt und unauffaellig Ihre Kleidung auch sein mag,
und dass Sie es um ihretwillen sind.

Wer Sie ungefuegig finden wird, wird Sie hierher zurueckbringen.
Sie werden jetzt in Ihre Zelle gefuehrt."

Waehrend diese Worte an O gerichtet wurden, standen die beiden Frauen, die sie angekleidet hatten, rechts und links des Pfostens, an dem sie gepeitscht worden war,
jedoch ohne ihn zu beruehren, als haetten sie Angst davor oder als haette man es ihnen verboten (und das stimmte wohl);

als der Mann geendet hatte, naeherten sie sich O, die begriff, dass sie aufstehen und ihnen folgen sollte.
Sie stand also auf, raffte ihre Roecke, um nicht zu stolpern, denn sie war an lange Kleider nicht gewoehnt und fuehlte sich nicht sicher auf den Pantoeffelchen mit den ueberhoehten Sohlen und den sehr hohen Absaetzen, die nur von einem dicken Seidenband vom gleichen Gruen wie ihr Kleid am Fuss gehalten wurden.
Als sie sich bueckte, wandte sie den Kopf.

Die Frauen warteten, die Maenner beachteten sie nicht mehr.
Ihr Geliebter sass auf den Boden, an den Puff gelehnt, ueber den man sie zu Beginn des Abends geworfen hatte, mit hochgezogenen Knien und auf die Knie gelegten Ellbogen, und spielte mit der Lederpeitsche.

Beim ersten Schritt, den sie auf die Frauen zutat, streifte ihn ihr Rock.
Er hob den Kopf und laechelte ihr zu, rief ihren Namen und stand ebenfalls auf.
Er strich ihr sanft uebers Haar, glaettete ihr mit den Fingerspitzen die Brauen, kuesste zart ihre Lippen.
Ganz laut sagte er ihr, dass er sie liebe.

O zitterte heftig und hoerte mit Schrecken, dass sie erwiderte:
"Ich liebe dich" und spuerte mit Schrecken, dass es wahr war.

Er zog sie an sich, sagte mon chéri, mon coeur chéri, kuesste ihren Hals und den Ansatz der Wange;
sie hatte ihren Kopf auf die Schulter sinken lassen, die das violette Gewand bedeckte.
Er wiederholte, diesmal ganz leise, dass er sie liebe und sagte, ebenfalls ganz leise:

"Knie nieder, streichle mich und kuesse mich."

Er schob sie weg, winkte den beiden Frauen, beiseite zu treten, damit er sich an die Konsole lehnen koenne.
Er war gross, und die Konsole war nicht sehr hoch, so dass seine langen Beine, in Strumpfhosen vom gleichen Violett wie sein Hausmantel, leicht gebeugt waren.

Der offene Mantel spannte sich darunter wie ein Vorhang und das Geschlecht mit seinem hellen Vlies wurde vom Sims der Konsole hochgestuetzt.

Die drei Maenner traten naeher.
O kniete auf dem Teppich, ihr gruener Rock umgab sie wie eine Bluetenkrone.
Das Korsett schnuerte sie ein, die Brueste, deren Spitzen man sah, waren mit den Knien ihres Geliebten auf gleicher Hoehe.

"Mehr Licht", sagte einer der Maenner.
Als man den Strahl der Lampe so gerichtet hatte, dass er grell auf Renés Geschlecht fiel und auf das Gesicht seiner Geliebten, das dicht davor war, und auf ihre Haende, die ihn von unten streichelten, befahl René ploetzlich:

"Sage immer wieder ›Ich liebe Sie‹."
O sagte: "Ich liebe Sie",
in solcher Verzueckung, dass ihre Lippen kaum wagten, die Spitze des Glieds zu beruehren, die noch von ihrer zarten fleischigen Huelle bedeckt war.

Die drei rauchenden Maenner kommentierten Os Gesten, die Bewegung ihres Mundes, der sich um Renés Geschlecht geschlossen hatte und es festhielt,
an ihm auf und abglitt, ihr aufgeloestes Gesicht, das Traenen ueberstroemten, sooft das maechtige Glied auf den Grund ihrer Kehle stiess und dabei die Zunge zurueckdraengte, sie wuergte.

Schon fast geknebelt durch das harte Fleisch, das ihren Mund fuellte, murmelte sie noch immer:
"Ich liebe Sie."

Die eine der beiden Frauen hatte sich rechts, die andere links von René gestellt, der sich mit den Armen auf ihre Schultern stuetzte.
O hoerte die Kommentare der Zuschauer, aber sie wollte nur die Seufzer ihres Geliebten hoeren, konzentrierte sich ganz darauf, ihn zu liebkosen, mit unendlichem Respekt, mit unendlicher Behutsamkeit.
O fuehlte, dass ihr Mund schoen war, weil es ihrem Geliebten gefiel, in ihn einzudringen, weil er die Liebkosungen dieses Mundes zur Schau stellte, weil es ihm endlich gefiel, sich in ihn zu ergiessen.

Sie empfing ihn, wie man einen Gott empfaengt, hoerte ihn schreien, hoerte die anderen lachen,
und als sie ihn empfangen hatte, sank sie zusammen, das Gesicht auf dem Boden.

Die beiden Frauen hoben sie auf, und dieses Mal brachte man sie weg.

.
  #11  
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I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 4
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Die Pantoeffelchen klapperten auf den roten Fliesen der Korridore, an denen sich die Tueren reihten, glatt und diskret, mit winzigen Schluesselloechern wie die Zimmertueren in den grossen Hotels.
O wagte nicht zu fragen, ob jedes dieser Zimmer bewohnt sei und von wem.

Die eine ihrer Begleiterinnen, deren Stimme sie noch nicht gehoert hatte, sagte zu ihr:
"Sie sind im roten Fluegel und Ihr Diener heisst Pierre."

"Welcher Diener?" sagte O,
geruehrt von der Sanftheit dieser Stimme, und wie heissen Sie?

"Ich heisse Andrée."

"Und ich Jeanne", sagte die zweite.

Die erste fuhr fort: "Der Diener, der die Schluessel hat und Sie fesseln und losbinden wird,
der Sie peitschen wird, wenn Sie bestraft werden sollen und wenn niemand fuer Sie Zeit hat."

"Ich war im vergangenen Jahr im roten Fluegel," sagte Jeanne,
"Pierre war damals schon da.
Er kam oft nachts; die Diener haben die Schluessel und in den Zimmern, die zu ihrem Bereich gehoeren,
sie haben das Recht, ueber uns zu verfuegen."

O wollte fragen, wie dieser Pierre sei.
Sie kam nicht dazu.
An der Biegung des Korridors hiess man sie vor einer Tuer stehenbleiben, die sich in nichts von den anderen Tueren unterschied;
auf einer Bank zwischen dieser Tuer und der naechsten sah sie einen Menschen mit rotem Gesicht sitzen, der ihr wie ein Bauer vorkam,
gedrungen, mit fast kahlrasiertem Kopf, kleinen, tiefliegenden Augen und Fleischwuelsten im Nacken.

Er war gekleidet wie ein Operettenlakai:
ein Hemd mit Spitzenjabot schaute aus der schwarzen Weste hervor, die ein roter Spenzer bedeckte.
Er trug schwarze Kniehosen, weisse Struempfe und Lackpumps.
Auch in seinem Guertel steckte eine Peitsche mit Lederschnueren.
Seine Haende waren mit roten Haaren bedeckt.

Er zog einen Hauptschluessel aus der Westentasche, schloss die Tuer auf und liess die drei Frauen eintreten mit den Worten:

"Ich schliesse wieder ab, ihr laeutet, wenn ihr fertig seid."

Die Zelle war winzig und bestand genau gesagt aus zwei Raeumen.
Nachdem die Tuer zum Korridor wieder geschlossen war, stand man in einem Vorraum, der zur eigentlichen Zelle fuehrte;
an der gleichen Wand ging vom Schlafraum eine zweite Tuer ins Badezimmer.
Den Tueren gegenueber war ein Fenster.
Ganz an der linken Wand, zwischen den Tueren und dem Fenster, stand das Kopfende eines grossen, quadratischen, sehr niedrigen Bettes, das mit Pelzwerk bedeckt war.
Kein weiteres Moebelstueck, kein Spiegel.
Die Waende waren blutrot, der Teppich schwarz.

Andree wies O darauf hin, dass das Bett weniger ein Bett war, als vielmehr eine gepolsterte Plattform, und der schwarze, langhaarige Bezugsstoff eine Pelzimitation.
Das Kopfkissen, flach und hart wie die Matratze, war aus dem gleichen Gewebe, ebenso die zweiseitig bezogene Decke.

Als einziger Gegenstand hing an der Wand, etwa ebenso hoch ueber dem Bett wie der Haken in dem Pfosten ueber dem Boden der Bibliothek war, ein dicker Ring aus glaenzendem Stahl.
Eine lange Stahlkette war hindurchgefuehrt, die gerade aufs Bett herunterhing;
ihre aufeinanderliegenden Glieder bildeten ein kleines Haeufchen, das andere Ende war in Reichweite an einem Haken mit Vorhaengeschloss befestigt,
als haette man eine Gardine gezogen und in einen Halter geklemmt.

"Wir sollen Ihnen beim Baden helfen," sagte Jeanne.
"Ich werde Ihnen das Kleid ausziehen."

Das einzige Ungewoehnliche im Badezimmer war eine Toilette à la turque in der Ecke neben der Tuer und die Tatsache, dass die Waende vollstaendig mit Spiegeln verkleidet waren.

Andree und Jeanne liessen O erst hineingehen, als sie nackt war, haengten ihr Kleid in den Wandschrank neben dem Waschbecken, wo bereits ihre Pantoeffelchen und der rote Umhang verwahrt waren,
und blieben, sogar als sie sich auf den Porzellansockel kauern musste, so dass O sich dabei inmitten einer Vielzahl von Spiegelbildern genauso zur Schau gestellt fand, wie in der Bibliothek, als unbekannte Haende ihr Gewalt antaten.

"Warten Sie nur, bis Pierre dabei ist,"
sagte Jeanne, "dann werden Sie sehen."

"Wieso Pierre?"

"Wenn er kommt, um sie anzuketten, laesst er sie vielleicht niederkauern."

O fuehlte, wie sie blass wurde.
"Aber warum?" sagte sie.

"Es wird Ihnen nichts anderes uebrigbleiben, erwiderte Jeanne, aber Sie haben Glueck."

"Wieso Glueck?"

"Ihr Geliebter hat Sie doch hierhergebracht?"

"Ja," sagte O.

"Sie werden viel strenger behandelt werden."

"Ich verstehe nicht... "

"Sie werden sehr bald verstehen.
Ich laeute Pierre.
Wir holen Sie morgen frueh wieder ab."

Andrée laechelte beim Hinausgehen und Jeanne folgte ihr erst, nachdem sie die Spitzen von Os Bruesten liebkost hatte, die sprachlos am Ende des Bettes stand.
Mit Ausnahme des Halsbandes und der ledernen Armreifen, die das Wasser gehaertet hatte, als sie badete, und die daher noch mehr drueckten, war sie nackt.

"So, meine Schoene", sagte der Diener und trat ein.

Und er packte ihre beiden Haende.
Er liess die Ringe ihrer Armreifen ineinandergleiten, so dass ihre Handgelenke eng beisammenlagen, und fuegte dann diese beiden Ringe in den Ring des Halsbandes.
Sie stand also da, die gefalteten Haende in Hoehe des Halses, wie beim Gebet.
Nun musste sie nur noch mit der Kette, die auf dem Bett lag und durch den oberen Ring lief, an die Wand gekettet werden.

Der Diener oeffnete den Haken, der das andere Ende festhielt und zog, um die Kette kuerzer zu machen.
O musste ans Kopfende des Bettes treten und sich niederlegen.
Die Kette klirrte durch den Ring und spannte sich so straff, dass die junge Frau sich auf dem Bett nur von der Wand zum Bettrand bewegen oder rechts und links direkt neben ihrem Lager aufrecht stehen konnte.
Da die Kette das Halsband nach hinten zog und ihre Haende einen Zug nach vom bewirkten, entstand ein Gleichgewicht, die gefesselten Haende legten sich an die linke Schulter, der auch der Kopf sich zuneigte.

Der Diener zog die schwarze Decke ueber O, aber erst, nachdem er ihre Beine bis zur Brust hochgebogen hatte, um den Raum zwischen ihren Schenkeln zu examinieren.
Er beruehrte sie nicht weiter, sagte kein Wort, loeschte das Licht - eine Wandlampe zwischen den Tueren - und ging hinaus.

O lag auf der linken Seite, allein im Dunkeln und in der Stille, warm zwischen den beiden Lagen aus Pelzstoff, und zwangsweise regungslos, und sie fragte sich, warum soviel Leichtigkeit sich in ihr mit dem Grauen mischte oder warum das Grauen ihr so leicht war.

Das Schlimmste war, so fand sie, dass man ihr die Haende weggenommen hatte;
nicht, dass ihre Haende sie haetten verteidigen koennen (wollte sie sich ueberhaupt verteidigen?),
aber waeren sie frei gewesen, sie haetten wenigstens die Gesten andeuten, haetten versuchen koennen, die Haende wegzustossen, die sich ihrer bemaechtigten, das Fleisch, das sie durchbohrte, versuchen koennen, sich zwischen ihre Lenden und die Peitsche zu schieben.

Man hatte sie von ihren Haenden befreit; ihr Koerper unter der Pelzdecke war ihr selbst unerreichbar;
wie seltsam war es, nicht die eigenen Knie beruehren zu koennen, nicht die Mulde ihres Schosses.

Die brennenden Lippen zwischen ihren Beinen waren ihr verwehrt und sie brannten vielleicht nur, weil sie wusste, dass sie jedem offen waren:
dem Diener Pierre, wenn es ihm belieben wuerde, hereinzukommen.

Es erstaunte sie, dass die Erinnerung an die Peitsche, die sie bekommen hatte, sie so kuehl liess, waehrend der Gedanke, dass sie zweifellos niemals wissen wuerde, welcher der vier Maenner sich zweimal mit Gewalt in ihre Lenden Eingang verschafft hatte, und ob es beide Male der gleiche Mann war, und ob es ihr Geliebter gewesen war, sie erregte.

Sie drehte sich mehr auf den Bauch, dachte, dass ihr Geliebter die Furche zwischen ihren Lenden liebte, in die er vorher (falls er es an diesem Abend getan hatte) niemals eingedrungen war.
Sie wuenschte sich, dass er es gewesen waere; wuerde sie ihn fragen?
Ah!
Niemals.

Sie sah die Hand wieder, die ihr im Wagen Strumpfguertel und Slip abgenommen und die Strumpfbaender gereicht hatte, damit sie die Struempfe bis zum Knie rollen konnte.
So lebhaft war dieses Bild, dass sie nicht mehr an ihre gefesselten Haende dachte und die Kette klirrten.

Und wie kam es, dass die Erinnerung an die Marter sie nicht beschwerte, der blosse Gedanke, die blosse Erwaehnung, der blosse Anblick einer Peitsche dagegen bewirkte, dass ihr Herz heftig klopfte und ihre Augen sich vor Entsetzen schlossen?

Sie hielt sich nicht bei der ueberlegung auf, ob das nur Entsetzen sei;
Panik ergriff sie; man wuerde ihre Kette ganz kurz anziehen, bis sie auf dem Bett stand, und man wuerde sie peitschen,
ihr Bauch wuerde an die Wand gepresst sein und man wuerde sie peitschen, peitschen, das Wort kreiste unablaessig in ihrem Kopf.

Pierre wuerde sie auspeitschen, Jeanne hatte es gesagt.
Sie haben Glueck, hatte Jeanne wiederholt, man wird Sie viel strenger behandeln.
Was hatte sie damit sagen wollen?

O spuerte nichts mehr, nur das Halsband, die Armreifen und die Kette, ihr Koerper trieb dem Nichts entgegen, sie war dem Verstehen nahe.
Sie schlief ein.

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  #12  
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I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 5
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


In den letzten Stunden der Nacht, wenn sie am dunkelsten und kaeltesten ist, kurz vor Sonnenaufgang, erschien Pierre wieder.
Er knipste das Licht im Badezimmer an und liess die Tuer offen, so dass ein helles Viereck auf die Mitte des Bettes fiel, dort, wo Os schlanker und zusammengerollter Koerper ein wenig die Decke bauschte, die er leise zurueckschlug.

Da O auf der linken Seite lag, mit dem Gesicht zum Fenster und leicht angezogenen Knien, bot sich seinem Blick ihre sehr weisse Kruppe auf dem schwarzen Pelz.
Er zog das Kissen unter ihrem Kopf weg und sagte hoeflich:

"Wuerden Sie bitte aufstehen"

und als sie sich an der Kette auf die Knie hochgezogen hatte, half er ihr, indem er sie an den Ellbogen stuetzte, bis sie aufrecht und mit dem Ruecken zu ihm an der Wand stand.

Im Lichtschein, den das schwarze Bett nur schwach reflektierte, war ihr Koerper sichtbar, nicht zu sehen jedoch waren die Gesten des Mannes.
Sie erriet, sie sah nicht, dass er die Kette aushakte, um sie an einem anderen Kettenglied einzuhaengen, bis sie wieder straff war und O spuerte, wie sie sich spannte.

Ihre nackten Fuesse standen mit ganzer Sohle auf dem Bett.
O sah auch nicht, dass Pierre in seinem Guertel nicht nur die Lederpeitsche trug, sondern den schwarzen Reitstock, mit dem man sie nur zweimal und ziemlich leicht geschlagen hatte, als sie am Pfosten gestanden war.

Pierres linke Hand presste sich gegen ihre Taille, die Matratze gab ein wenig nach, weil er den rechten Fuss daraufgesetzt hatte, um festen Stand zu fassen.
Im gleichen Augenblick, als sie etwas durch die Dunkelheit pfeifen hoerte, fuehlte O ein furchtbares Brennen quer ueber die Lenden und bruellte auf.

Pierre pruegelte sie mit aller Kraft.

Er wartete nicht, bis sie zu schreien aufgehoert hatte und schlug noch viermal zu, wobei er darauf achtete, jeden neuen Hieb ein wenig ueber oder unter dem vorhergehenden zu plazieren, damit die Striemen ordentlich wuerden.

Als er aufgehoert hatte, schrie sie noch immer und die Traenen liefen ihr in den aufgerissenen Mund.

"Wuerden Sie sich bitte umdrehen", sagte er,

und da sie in ihrer Verzweiflung nicht sogleich gehorchte, packte er sie um die Hueften, ohne den Reitstock loszulassen, der ihre Taille streifte.

Als sie mit dem Gesicht zu ihm stand, trat er einen Schritt zurueck, liess dann mit aller Kraft den Reitstock auf die Vorderseite ihrer Schenkel sausen.

Das Ganze hatte fuenf Minuten gedauert.

Als er hinausging, nachdem er das Licht wieder geloescht und die Tuer zum Badezimmer geschlossen hatte, schwankte O stoehnend an ihrer Kette im Dunkeln an der Wand hin und her.
Bis sie still wurde und regungslos an der Wand lehnte, deren Perkalintapete kuehl an ihrer zerfetzten Haut lag, war auch der Tag schon erwacht.

---

Das grosse Fenster, dem sie zugewandt stand, ging nach Osten und reichte von der Decke bis zum Boden; es hatte keine Vorhaenge, nur der gleiche rote Soff, der die Waende bedeckte, rahmte es zu beiden Seiten und brach sich in steifen Falten in den Gardinenhaltern.

O sah ein blasses Morgenlicht heraufziehen, das seine Nebelschleier ueber die Asternstauden draussen unter dem Fenster zog und schliesslich eine Pappel erkennen liess.
Gelbliche Blaetter fielen von Zeit zu Zeit kreiselnd zu Boden, obwohl sich kein Windhauch regte.

Vor dem Fenster, hinter dem malvenfarbenen Asternbeet, lag eine Rasenflaeche, am Ende des Rasens sah man eine Allee.
Es war jetzt heller Tag und schon lange machte O keine Bewegung mehr.

Ein Gaertner erschien in der Allee, er schob eine Karre vor sich her.
Man hoerte das Eisenrad auf dem Kies knirschen.
Wenn er herangekommen waere, um die welken Blaetter vor den Astern aufzukehren, dann haette er - so gross war das Fenster und so klein und hell das Zimmer - O nackt an ihrer Kette und mit den Spuren des Reitstocks auf den Schenkeln sehen koennen.

Die Wundraender waren angeschwollen und bildeten dicke Wuelste, dunkler als das Rot der Waende.
Wo schlief ihr Geliebter, der so gern am stillen Morgen schlief?
In welchem Zimmer, in welchem Bett?
Wusste er, welcher Marter er sie ausgesetzt hatte?
Hatte er selbst sie anbefohlen?

O dachte an die Gefangenen, wie man sie auf den Kupferstichen alter Geschichtsbuecher sieht, diese Gefangenen, die vor so vielen Jahren oder Jahrhunderten ebenfalls angekettet und ausgepeitscht worden waren und jetzt tot waren.

Sie wuenschte sich nicht den Tod, aber wenn die Marter der Preis war, den sie entrichten musste, damit ihr Geliebter sie auch in Zukunft lieben wuerde, so wuenschte sie sich nur, es moege ihm eine Befriedigung sein, dass sie diese Marter erlitten hatte,
und sie wartete, ganz sanft und still, bis man sie ihm wieder zufuehren wuerde.

Keine der Frauen hatte Schluessel, weder zu den Tueren noch fuer die Ketten, Armreife oder Halsbaender, aber alle Maenner trugen an einem Ring die dreierlei Schluessel, die jeweils alle Tueren oeffneten, alle Schnappschloesser, alle Halsbaender.
Die Diener hatten diese Schluessel ebenfalls.
Aber am Morgen schliefen die Diener, die waehrend der Nacht Dienst gehabt hatten, und einer der Gebieter oder ein anderer Diener kam und oeffnete die Schloesser.

Der Mann, der Os Zelle betrat, trug eine Lederjacke, Reithosen und hohe Stiefel.
Sie erkannte ihn nicht.
Er machte zuerst die Kette von der Mauer los und O konnte sich aufs Bett legen.

Eh er ihr die Haende losband, liess er seine Hand zwischen ihren Schenkeln durchgleiten, wie es der maskierte und behandschuhte Mann getan hatte, den sie als ersten in dem kleinen, roten Salon gesehen hatte.
Vielleicht war es der gleiche.

Er hatte ein knochiges, hageres Gesicht, den starren Blick, den man auf den Portraets der alten Hugenotten sieht, und sein Haar war grau.

O hielt seinen Blick eine Weile aus, die ihr unendlich erschien, und erstarrte ploetzlich, als sie sich erinnerte, dass es verboten war, die Gebieter oberhalb des Guertels anzusehen.
Sie schloss die Augen, jedoch zu spaet, und hoerte ihn lachen und sagen:

"Notieren Sie eine Zuechtigung nach dem Abendessen."

Er sprach zu Andrée und Jeanne, die mit ihm hereingekommen waren und wartend zu beiden Seiten des Bettes standen.
Darauf verschwand er.

Andrée hob das Kopfkissen vom Boden auf und die Decke, die Pierre ans Bettende zurueckgeschlagen hatte, als er gekommen war, um O auszupeitschen.
Jeanne zog ein Rolltischchen heran, das auf dem Korridor bereitstand und mit Kaffee, Milch, Zucker, Brot, Butter und Hoernchen gedeckt war.

"Essen Sie schnell", sagte Andree,

"es ist neun Uhr, danach koennen Sie bis Mittag schlafen, und wenn Sie die Glocke hoeren, muessen Sie sich zum Essen fertigmachen.
Sie muessen sich baden und frisieren und ich werde kommen um Sie zu schminken und Ihnen das Korsett zu schnueren."

"Sie werden erst am Nachmittag Dienst haben," sagte Jeanne,
"in der Bibliothek: den Kaffee servieren, die Likoere, und das Feuer unterhalten."

"Und Sie?" fragte O.

"Ach, wir muessen uns waehrend der ersten vierundzwanzig Stunden Ihres Aufenthaltes um Sie kuemmern, danach werden Sie allein sein und nur noch mit Maennern zusammenkommen.
Wir werden nicht mehr mit Ihnen sprechen duerfen und Sie nicht mit uns."

"Bleiben Sie," sagte O,
"bleiben Sie noch und sagen Sie mir..."

aber sie konnte nicht zu Ende sprechen, die Tuer ging auf.
Es war ihr Geliebter, und er war nicht allein.

Er war gekleidet wie immer nach dem Aufstehen, wenn er sich die erste Zigarette anzuendete:
im gestreiften Pyjama und Morgenrock aus blauem Wollstoff, dem Morgenrock mit den Revers aus gesteppter Seide, den sie vor einem Jahr gemeinsam ausgesucht hatten.
Seine Pantoffel waren abgetreten, er musste sich neue kaufen.

Die beiden Frauen verschwanden ohne einen Laut, man hoerte nur das Knistern der Seide, als sie die Roecke rafften (alle Roecke schleppten ein wenig nach) - auf dem Teppich machten die Pantoeffelchen kein Geraeusch.

O, die in der linken Hand eine Tasse Kaffee hielt und in der anderen ein Hoernchen und halb im Schneidersitz an der Bettkante hockte, ein Bein baumelnd, das andere untergeschlagen, blieb regungslos sitzen, die Tasse zitterte ploetzlich in ihrer Hand und das Hoernchen fiel zu Boden.

"Heb es auf", sagte René.

Das war sein erstes Wort.
Sie stellte die Tasse auf den Tisch, hob das angebrochene Hoernchen auf und legte es neben die Tasse.
Ein grosser Kruemel war auf dem Teppich liegengeblieben, neben ihrem nackten Fuss.
René bueckte sich selber und hob ihn auf.
Dann setzte er sich neben O, beugte sie zurueck und kuesste sie.

Sie fragte ihn, ob er sie liebe.

Er antwortete: "Ah! Ich liebe dich!"

dann stand er auf und liess auch O aufstehen, strich zart mit den kuehlen Handflaechen, dann mit den Lippen an den Wundraendern entlang.
O wusste nicht, ob sie den Mann ansehen duerfe, der mit René gekommen war und jetzt mit dem Ruecken zu ihnen an der Tuer stand und rauchte.
Das Folgende sollte ihre Zweifel nicht beseitigen.

"Komm hierher, lass dich ansehen", sagte ihr Gebieter,

zog sie ans Bettende, bestaetigte seinem Begleiter, dass er recht gehabt habe und fuegte hinzu, es sei nur billig, wenn er O, falls er Lust dazu habe, als erster nehme.

Der Unbekannte, den sie noch immer nicht anzusehen wagte, liess seine Hand ueber ihre Brueste und an den Lenden entlang gleiten und sagte, sie solle die Beine oeffnen.

"Gehorche", sagte René zu ihr.

Sie stand aufrecht, mit dem Ruecken an René gelehnt, der ebenfalls stand.
Seine rechte Hand streichelte ihre Brust, die linke hielt sie an der Schulter fest.
Der Unbekannte hatte sich auf den Bettrand gesetzt.
Er hatte die Lippen ergriffen, die den Eingang ihres Schosses schuetzten, und sie langsam auseinandergezogen.

Als René sah, was der andere von O wollte, schob er sie nach vorn und sein rechter Arm legte sich um ihre Taille, packte sie fester.
Dieser Liebkosung, die sie nie hinnahm, ohne sich zu wehren und ohne tiefe Scham zu empfinden, der sie sich immer so schnell wie moeglich entzog, so schnell, dass sie kaum davon beruehrt wurde, die ihr als Sakrileg erschien -
denn es erschien ihr als Sakrileg, dass ihr Geliebter vor ihr kniete, waehrend doch sie vor ihm knien sollte -
dieser Liebkosung, das spuerte sie ploetzlich, wuerde sie sich jetzt nicht verschliessen koennen, und sie sah sich verloren.
Denn sie stoehnte, als die fremden Lippen sich auf das schwellende Fleisch pressten, an den Rand des Kelches und sie jaeh entflammten, sich dann nur loesten, damit die warme Zunge sie noch heftiger entflammen konnte.

Sie fuehlte die verborgene Spitze hart und steif werden unter einem langen, saugenden Biss der Zaehne und Lippen, einem langen und sanften Biss, unter dem sie keuchte.

Ihr Fuss glitt aus, sie fand sich wieder auf dem Ruecken ausgestreckt,
Renés Mund auf ihrem Mund, seine beiden Haende pressten ihre Schultern aufs Bett,
waehrend zwei andere Haende ihre Beine oeffneten und hochhoben.

Ihre eigenen Haende, die unter ihren Lenden lagen
(als René sie auf den Unbekannten zuschob, hatte er ihre Handgelenke gefesselt, indem er die Ringe der Armbaender ineinanderschob),
wurden vom Geschlecht des Mannes gestreift, das sich zwischen ihren Schenkeln rieb, hochglitt und ploetzlich in die Tiefe ihres Schosses stiess.

Beim ersten Stoss schrie sie wie unter der Peitsche, dann bei jedem Stoss, und ihr Geliebter grub die Zaehne in ihre Lippen.
Mit einer bruesken Bewegung riss der Mann sich aus ihr, fiel wie vom Blitz getroffen zu Boden und schrie, auch er.

René band O die Haende los, richtete sie auf und liess sie unter die Decke schluepfen.
Der Mann stand auf, René ging mit ihm zur Tuer.

Blitzartig sah O sich verworfen, vernichtet, verdammt.
Sie hatte unter den Lippen des Fremden gestoehnt, wie ihr Geliebter sie niemals stoehnen gehoert hatte, geschrien unter dem zustossenden Glied des Fremden, wie sie bei ihrem Geliebten nie geschrien hatte.
Sie war entwuerdigt und hatte Strafe verdient.
Wenn er sie verliesse, waere das nur gerecht.

Aber nein, die Tuer schloss sich, er blieb bei ihr, kam zu ihr, legte sich an ihrer Seite unter die Decke, glitt in ihren feuchten und brennenden Schoss, hielt sie in dieser Umarmung fest und sagte:

"Ich liebe dich.
Wenn ich dich auch den Dienern ueberlassen haben werde, komme ich eines Nachts und lasse dich bis aufs Blut peitschen."

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  #13  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 6
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Die Sonne hatte den Nebel durchstossen und ueberflutete das Zimmer.
Aber erst die Mittagsglocke weckte die beiden.
O wusste nicht, was sie tun sollte.
Ihr Geliebter war hier, so nah, so zaertlich hingestreckt, wie in dem Zimmer mit der niedrigen Decke, wo er beinah jede Nacht bei ihr schlief, seit sie zusammen wohnten.

Dort stand ein grosses Mahagonibett im Windsor-Stil, aber ohne Betthimmel, am Kopfende waren die Staebe hoeher als unten.
Er schlief stets an ihrer linken Seite und sooft er aufwachte,
oft mitten in der Nacht, streckte er die Hand nach ihren Schenkeln aus.
Deshalb schlief sie immer nackt oder wenn sie einen Pyjama trug, zog sie nur die Jacke an; er auch.

Sie nahm diese Hand und kuesste sie, wagte nicht, ihn etwas zu fragen.
Aber er sprach.

Er sagte ihr, waehrend er zwei Finger zwischen das Lederband und ihren Hals schob und sie festhielt, dass er beabsichtige, sie in Zukunft nach seinem Gutduenken mit seinen Freunden zu teilen
oder mit Maennern, die er zwar nicht kannte, die jedoch zu den Gaesten des Schlosses gehoerten, so wie er sie gestern Abend mit ihnen geteilt hatte.
Dass sie von ihm, und von ihm allein, abhinge, auch dann, wenn sie von anderen Befehle entgegennaehme, ob er nun anwesend sei oder nicht,
denn er habe grundsaetzlich Anteil an allem, was man von ihr fordern oder mit ihr tun mochte,
und dass er sie besitze und geniesse durch die Maenner, denen er sie ausliefere, einfach aus dem Grund, weil er sie ihnen ausgeliefert habe.
Sie muesse sich ihnen unterwerfen und sie mit dem gleichen Respekt empfangen, mit dem sie ihn empfing, als waeren sie seine Ebenbilder.
Auf diese Weise wuerde er sie besitzen, wie ein Gott seine Geschoepfe besitzt,
der sich in Gestalt eines Ungeheuers ihrer bemaechtigt oder eines Vogels oder eines unsichtbaren Geistes oder in der Ekstase.
Er wolle sich nicht von ihr trennen.
Sie werde ihm umso mehr bedeuten, je mehr er sie ausliefere.
Die Tatsache, dass er sie anderen gebe, sei fuer ihn ein Beweis, dass sie ihm gehoere und sollte es auch fuer sie sein.
Er gebe sie fort, um sie sogleich wieder an sich zu nehmen,
nehme sie reicher zurueck, wie einen gewoehnlichen Gegenstand, der goettlichem Gebrauch gedient hatte und dadurch geheiligt wurde.
Schon seit langem habe er sich gewuenscht, sie zu prostituieren und er stelle mit Freude fest, dass die Lust, die er dabei empfand, groesser sei als er gehofft habe und ihn noch fester an sie binde,
wie sie auch O noch fester an ihn binden werde, umso fester, je mehr sie gedemuetigt, je mehr sie gequaelt werde.
Da sie ihn liebe, muesse sie auch alles lieben, was ihr durch ihn zugefuegt werde.

O hoerte ihm zu und bebte vor Glueck, weil er sie liebte, bebte in freudigem Einverstaendnis.
Er erriet es zweifellos, denn er fuhr fort:

"Eben weil es dir leicht faellt, in alles einzuwilligen, verlange ich von dir etwas, worin du unmoeglich einwilligen kannst,
auch wenn du es im vorhinein akzeptierst,
auch wenn du jetzt ja sagst und glaubst, gehorchen zu koennen.
Es wird dir unmoeglich sein, dich nicht dagegen aufzulehnen.
Man wird deinen Gehorsam erzwingen, nicht nur wegen des unvergleichlichen Vergnuegens, das ich oder andere darin finden, sondern damit du dir bewusst wirst, was man aus dir gemacht hat."

O wollte erwidern, dass sie seine Sklavin sei und ihre Fesseln mit Wonne trage.
Er liess sie nicht zu Wort kommen.

"Man hat dir gestern gesagt, du duerftest, solange du in diesem Schloss bist, keinem Mann ins Gesicht schauen und mit keinem sprechen.
Du darfst das auch bei mir nicht mehr.
Nur schweigen und gehorchen.
Ich liebe dich.
Steh auf.
Du wirst von nun an hier in Gegenwart eines Mannes den Mund nur noch oeffnen, um zu schreien oder ihm zu Willen zu sein."


O stand auf, René blieb auf dem Bett liegen.
Sie badete, frisierte sich, das laue Wasser liess sie erzittern, als ihre wundgeschlagenen Lenden hineintauchten und sie musste sich trocknen, ohne zu reiben, um das Brennen nicht zu verschlimmern.
Sie schminkte sich den Mund, aber nicht die Augen, puderte sich, und kam, noch immer nackt, mit gesenktem Blick in die Zelle zurueck.

René betrachtete Jeanne, die hereingekommen war und am Kopfende des Bettes stand, auch sie mit niedergeschlagenen Augen, auch sie stumm.
Er befahl ihr, O anzukleiden.

Jeanne nahm das Korsett aus gruener Seide, den weissen Unterrock, das Kleid, die gruenen Pantoeffelchen, und nachdem sie O das Korsett auf der Vorderseite zugehakt hatte, fing sie an, es hinten zu schnueren.
Das Korsett war stark mit Fischbein versteift, lang und starr wie zur Zeit der Wespentaillen, mit eingearbeiteten Schalen, in denen die Brueste lagen.
Je fester man anzog, umso hoeher schoben sich die Brueste, die Schalen drueckten sie von unten hoch und pressten die Spitzen heraus.
Zugleich verengte sich die Taille, wodurch der Leib hervortrat und die Lenden stark betont wurden.

Seltsamerweise war dieser Panzer sehr bequem und bis zu einem gewissen Grad erholsam.
Er stuetzte den Koerper, machte aber, wenn auch nicht recht klar wurde, wodurch, vielleicht durch die Kontrastwirkung, besonders deutlich, wie ungeschuetzt, wie zugaenglich die Stellen waren, die er nicht umschloss.

Der weite Rock und das Mieder, das trapezfoermig vom Halsansatz bis zu den Brustspitzen und ueber die ganze Breite des Busens verlief, schien die Frau, die es trug, weniger zu bedecken, als vielmehr herausfordernd zu entbloessen, zur Schau zu stellen.

Nachdem Jeanne die Litze mit einem doppelten Knoten verschnuert hatte, nahm O ihr Kleid vom Bett.
Es war in einem Stueck, der Unterrock war am Rock festgenaeht, wie ein auswechselbares Futter, und das Mieder, das vorne uebereinanderging und hinten geschnuert wurde, legte sich der mehr oder weniger schlanken Form des Oberkoerpers an,
je nachdem, ob das Korsett mehr oder weniger stark geschnuert war.

Jeanne hatte es sehr eng geschnuert und O sah sich im Spiegel des Badezimmers, durch die offengebliebene Tuer, schlank und zerbrechlich in der dicken, gruenen Seide, die sich um ihre Hueften bauschte wie ein Reifrock.

Die beiden Frauen standen nebeneinander.
Jeanne streckte den Arm aus, um eine Falte am Aermel des gruenen Kleides zu richten und ihre Brueste bewegten sich unter der Spitze, die ihr Mieder saeumte,
Brueste mit langen Spitzen und einem braeunlichen Hof.
Ihr Kleid war aus gelbem Faille.

René, der zu den beiden Frauen getreten war, sagte zu O:

"Schau."
Und zu Jeanne:
"Heb dein Kleid hoch."

Mit beiden Haenden raffte sie die raschelnde Seide und das Batistfutter und enthuellte einen gebraeunten Leib, glatte Schenkel und Knie und ein geschlossenes schwarzes Dreieck.
René streckte die Hand danach aus und bewegte sich langsam darin, waehrend er mit der anderen Hand die Spitze einer Brust reizte.

"Damit du siehst", sagte er zu O.

O sah es.
Sie sah seine spoettische, aber aufmerksame Miene, seine Augen, die Jeannes halbgeoeffneten Mund belauerten und den zurueckgebogenen Hals, den das Lederband einschnuerte.
Welche Lust verschaffte sie ihm, die nicht auch diese Frau, jede andere, ihm genauso verschaffen konnte?

"Hast du daran noch nie gedacht?" sagte er.

Nein, sie hatte nie daran gedacht.
Sie lehnte kraftlos an der Wand zwischen den beiden Tueren, ganz aufrecht, mit haengenden Armen.
Er brauchte ihr nicht mehr zu befehlen, dass sie schweigen solle.
Wie haette sie sprechen koennen?
Vielleicht ruehrte ihn ihre Verzweiflung.

Er liess Jeanne los und nahm sie in die Arme, nannte sie seine Liebe und sein Leben, wiederholte, dass er sie liebe.
Die Hand, mit der er ihre Brust und ihren Hals liebkoste, war noch feucht von Jeannes Schoss.
Was tat das?
Die Verzweiflung, die sie durchflutet hatte, wich von ihr; er liebte sie, ah, er liebte sie.
Er hatte das Recht, sich an Jeanne oder an anderen Frauen zu vergnuegen, er liebte sie.

"Ich liebe dich", sagte sie ihm ins Ohr,
"ich liebe dich", so leise, dass er es kaum hoerte.
"Ich liebe dich."

Er ging erst von ihr, als er sah, dass sanfte Zaertlichkeit sie erfuellte, ihre Augen strahlten, dass sie gluecklich war.
Jeanne nahm O bei der Hand und zog sie auf den Korridor hinaus.

Wieder klapperten ihre Pantoeffelchen auf den Fliesen und wieder fanden sie auf der Bank zwischen den Tueren einen Diener.
Er war wie Pierre gekleidet, aber es war nicht Pierre.
Er war ein grosser, duerrer Mensch mit schwarzem Haar.
Er ging vor den Frauen her und fuehrte sie in ein Vorzimmer, wo an einer schmiedeeisernen Tuer, die sich von grossen, gelben Portieren abhob,
zwei weitere Diener warteten, zu deren Fuessen weisse, lohfarben gefleckte Hunde lagen.

"Das ist das Allerheiligste", fluesterte Jeanne.

Aber der Diener, der vor ihnen ging, hatte sie gehoert und drehte sich um.
O sah voll Entsetzen, wie Jeanne ganz blass wurde und ihre Hand losliess, das Kleid losliess, das sie mit der anderen Hand leicht gerafft hatte, und auf die Knie fiel, auf die schwarzen Fliesen - denn das Vorzimmer war mit schwarzem Marmor ausgelegt.

Die beiden Diener neben der Gittertuer lachten.
Einer von ihnen trat zu O hin und bat sie, ihm zu folgen, oeffnete die Tuer, die Tuer gegenueber, durch die sie hereingekommen waren, und verschwand.

Sie hoerte Lachen und Hin- und Hergehen, dann schloss die Tuer sich hinter ihr.
Nie, niemals erfuhr sie, was sich zugetragen hatte, ob Jeanne bestraft worden war, weil sie gesprochen hatte und worin diese Strafe bestand, oder ob sie nur eine Laune des Dieners zu befriedigen hatte, ob sie mit ihrem Kniefall ein Gebot befolgte oder ihn milde stimmen wollte und ob es ihr gelungen war.

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  #14  
Old 09-11-2016, 04:01 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 7
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


O beobachtete waehrend dieses ersten Aufenthaltes im Schloss, der zwei Wochen dauerte, dass trotz der Strenge des Schweigegebotes nur selten jemand versuchte, dieses Gebot waehrend der Gaenge im Haus oder waehrend der Mahlzeiten einzuhalten,
besonders bei Tage in alleiniger Gegenwart der Diener, als verleihe die Kleidung eine Sicherheit, die das Nacktsein und die Ketten bei Nacht und die Anwesenheit der Gebieter zunichte machte.

Sie beobachtete ferner, dass die kleinste Geste, die man als Annaeherungsversuch an einen der Gebieter auslegen konnte, selbstredend ganz unvorstellbar war, dass dies jedoch den Dienern gegenueber nicht galt.

Die Diener erteilten niemals einen Befehl, wenn auch die Hoeflichkeit ihrer Aufforderungen ebenso unerbittlich war wie ein Befehl.
Sie hatten offenbar Anweisung, Verstoesse gegen die Hausregel auf der Stelle zu bestrafen, wenn sie die einzigen Zeugen waren.

So erlebte O dreimal, einmal auf dem Korridor, der in den roten Fluegel fuehrte und zweimal im Refektorium, wohin man sie soeben gefuehrt hatte, wie Maedchen, die beim Sprechen ertappt worden waren, zu Boden geworfen und gepeitscht wurden.
Man konnte also auch, ungeachtet dessen, was ihr am ersten Abend gesagt worden war, am hellen Tage ausgepeitscht werden;
was in Gegenwart der Diener geschah, fiel nicht unter dieses Gesetz und konnte nach Gutduenken geahndet werden.

Das Tageslicht verlieh ihren Kostuemen etwas Ausgefallenes und Drohendes.
Einige trugen schwarze Struempfe und statt der roten Jacke und des weissen Jabots ein weiches Hemd aus roter Seide, das am Hals gerafft war, mit weiten aermeln, die am Handgelenk eng anlagen.

---

Am Mittag des achten Tages hatte einer dieser Diener, schon mit der Peitsche in der Hand, das Maedchen auf dem Hocker neben O aufgerufen, eine ueppige, blonde Magdalena mit einem Busen wie Milch und Rosen, die ihr zugelaechelt und ein paar Worte so hastig zugefluestert hatte, dass O sie nicht verstand.

Noch eh der Diener sie beruehrt hatte, lag sie zu seinen Fuessen, ihre schneeweissen Haende streichelten unter der schwarzen Seide das noch ruhende Geschlecht,
sie legte es frei und fuehrte es an ihren geoeffneten Mund.

Sie wurde dieses Mal nicht gepeitscht.
Und da dieser Diener damals als einziger im Speisesaal die Aufsicht fuehrte, und die Augen schloss, waehrend er sich die Busse gefallen liess, tuschelten die uebrigen Maedchen.
Man konnte also die Diener bestechen.
Aber wozu?

Wenn es eine Vorschrift gab, der O sich nicht mit Leichtigkeit beugen konnte, der sie sich niemals voellig beugte, so war es die Vorschrift, dass sie den Maennern nicht ins Gesicht schauen duerfe -
und da diese Vorschrift auch den Dienern gegenueber galt, fuehlte O sich staendig in Gefahr, so sehr verzehrte sie die Neugier auf Gesichter.

Tatsaechlich wurde sie von dem einen oder anderen gepeitscht, allerdings nicht jedesmal, wenn man sie ertappte
(denn die Diener nahmen es mit den Regeln nicht so genau, sie legten wohl grossen Wert auf die Faszination, die sie ausuebten und wollten sich nicht durch zu unnachsichtige und zu grausame Strenge um die Blicke bringen, die von ihren Augen und ihrem Mund abglitten,
um sich wieder auf ihr Geschlecht zu heften, auf die Peitsche, ihre Haende,
um das Spiel von neuem zu beginnen),
sondern zweifellos nur dann, wenn sie Lust hatten, O zu demuetigen.

So grausam sie in solchem Fall auch behandelt wurde, sie hatte nie den Mut oder die Feigheit besessen, sich ihnen zu Fuessen zu werfen,
sie fuegte sich ihnen, aber sie flehte sie niemals an.

Was das Gebot des Schweigens betraf, so fiel es ihr so leicht, es einzuhalten - nicht nur ihrem Geliebten gegenueber - dass sie es nicht ein einzigesmal uebertrat,
nur durch Zeichen antwortete, wenn ein anderes Maedchen einen unbewachten Augenblick nutzte, um sie anzusprechen.

Das geschah meist waehrend der Mahlzeiten, die in dem Saal stattfanden, in den man sie soeben gefuehrt hatte.

Die Waende waren schwarz, die Fliesen ebenfalls, der lange Tisch aus dickem, schwarzem Glas,
und jedes Maedchen hatte als Sitzgelegenheit einen runden, mit schwarzem Leder bezogenen Hocker.
Wenn man sich darauf niederliess, musste man die Roecke heben und als ihre Schenkel das glatte, kalte Leder beruehrten, wurde O an den Sitz des Autos erinnert, auf den sie sich so hatte setzen muessen, nachdem ihr Geliebter ihr befohlen hatte, Struempfe und Slip auszuziehen.

Und umgekehrt wurde sie spaeter jedesmal, wenn sie -
gekleidet wie alle Welt, aber mit nackten Lenden unter ihrem unauffaelligen Schneiderkostuem oder ihrem gewoehnlichen Kleid -
Rock und Unterkleid hob, um sich neben ihrem Geliebten oder einem anderen Mann auf den blanken Autositz oder auf die Bank eines Cafes zu setzen, an das Schloss erinnert, an ihre nackten Brueste, die das seidene Mieder zur Schau stellte, an die Haende und Lippen, denen alles erlaubt war, und an das schreckliche Schweigen.

Dennoch war nichts ihr eine so grosse Hilfe gewesen, wie dieses Schweigen, hoechstens noch die Ketten.
Die Ketten und das Schweigen, die sie an sich selbst hatten fesseln sollen, sie ersticken, sie erwuergen, hatten sie im Gegenteil von sich selbst befreit.

Was waere aus ihr geworden, wenn man ihr die Sprache gelassen haette und die Bewegungsfreiheit ihrer Haende, wenn ihr eine Wahl geblieben waere, waehrend ihr Geliebter sie vor seinen Augen anderen preisgab?

Gewiss, sie sprach waehrend der Folterungen, aber konnte man dieses Gemisch aus Klagen und Schreien noch sprechen nennen?
Ueberdies brachte man sie oft zum Verstummen, indem man sie knebelte.

Die Blicke, die Haende, die Koerper, die sie besudelten, die Peitschen, die sie zerfleischten, versetzten sie in einen rauschhaften Zustand der Selbstvergessenheit, der wieder in die Liebe muendete, sie vielleicht sogar in die Naehe des Todes fuehrte.
Sie war niemand und zugleich jedes der anderen Maedchen, die wie sie geoeffnet und brutal genommen wurden, vor ihren Augen, denn sie sah dabei zu, wenn sie nicht sogar dabei helfen musste.

---

An ihrem zweiten Tag, noch nicht vierundzwanzig Stunden nach ihrer Ankunft, wurde sie also nach dem Essen in die Bibliothek gefuehrt, um sich dort um den Kaffee und das Feuer zu kuemmern.
Sie wurde begleitet von Jeanne, die der schwarz behaarte Diener wieder zurueckgebracht hatte, und von einem Maedchen namens Monique.
Der gleiche Diener fuehrte sie auch in die Bibliothek, wo er neben der Saeule stehen blieb, an der O angebunden gewesen war.

Die Bibliothek war noch leer.
Die Fenstertueren gingen nach Westen und die Herbstsonne, die langsam ueber einen friedlichen, hohen Himmel zog, an dem kaum eine Wolke stand, erhellte auf einer Kommode einen riesigen Strauss schwefelgelber Chrysanthemen, die nach Erde und welkem Laub rochen.

"Hat Pierre Sie gestern gezeichnet?" fragte der Diener.

O nickte.

"Dann muessen Sie es zeigen, raffen Sie bitte Ihren Rock."

Er wartete, bis sie ihren Rock hinten hochgerollt hatte, wie es ihr am Vorabend von Jeanne gezeigt worden war, und bis Jeanne ihr geholfen hatte, ihn festzumachen.
Dann sagte er, sie solle das Feuer anzuenden.

Inmitten der Kaskade aus gruener Seide und weissem Batist waren Os Lenden bis zur Taille sichtbar, ihre Schenkel und die schlanken Beine.
Die fuenf Striemen waren schwarz.

Das Holz lag schon auf dem Rost geschichtet, O brauchte nur ein Streichholz an das Stroh unter den Reisern zu halten, die sogleich Feuer fingen.
Die Zweige des Apfelbaums brannten zuerst, dann die Eichenscheite, aus denen hohe, prasselnde und helle Flammen schlugen, die im Sonnenlicht fast unsichtbar waren, aber stark dufteten.

Ein zweiter Diener trat ein und stellte auf die Konsole, von der die Lampe entfernt worden war, ein Tablett mit Tassen und Kaffee und ging wieder.
O ging zur Konsole, Monique blieb auf der einen, Jeanne auf der anderen Seite des Kamins stehen.

In diesem Augenblick traten zwei Maenner ein, waehrend der erste Diener hinausging.
O glaubte an der Stimme einen der Maenner zu erkennen, die am Vorabend mit Gewalt in sie eingedrungen waren, den Mann, der verlangt hatte, dass man Os Lenden leichter zugaenglich machen solle.
Sie musterte ihn verstohlen, waehrend sie den Kaffee in die schwarzgoldenen Taesschen goss, die Monique zusammen mit dem Zucker herumreichte.
Es war also dieser schlanke, blonde Junge gewesen, der wie ein Englaender aussah.

Er sprach wieder, und nun war sie sicher.
Auch der andere war blond, jedoch untersetzt, mit plumpen Zuegen.
Beide sassen in den grossen Ledersesseln, die Beine am Feuer, rauchten ruhig und lasen ihre Zeitungen, sie nahmen von den Frauen so wenig Notiz, als waeren sie nicht da.

Von Zeit zu Zeit hoerte man Papier rascheln, Glut zerbroeckeln.
Von Zeit zu Zeit legte O ein neues Scheit aufs Feuer.
Sie sass auf einem Kissen am Boden, neben dem Holzkorb.
Monique und Jeanne ihr gegenueber, ebenfalls am Boden.

Ihre ausgebreiteten Roecke floessen ineinander.
Moniques Kleid war dunkelrot.

Ploetzlich, aber erst nach Ablauf einer Stunde, rief der blonde Junge Jeanne herbei, dann Monique.
Er befahl ihnen, den Hocker zu bringen (den gleichen, ueber den man am Vorabend O baeuchlings geworfen hatte).
Monique wartete nicht erst auf weitere Befehle, sie kniete nieder, beugte sich vornueber, dass ihre Brust sich gegen den Pelzbezug presste, und hielt sich mit beiden Haenden an den Ecken des Hockers fest.
Als Jeanne auf Befehl des jungen Mannes Moniques roten Rock hochschlug, bewegte sie sich nicht.

Nun musste Jeanne ihm, nach seinen Anweisungen, die er ihr in denkbar brutalen Ausdruecken erteilte, die Kleider oeffnen und mit beiden Haenden diesen Degen aus Fleisch umfassen, der O mindestens einmal so grausam durchbohrt hatte.
Er schwoll an, wurde steif zwischen den geschlossenen Handflaechen und O sah diese gleichen Haende, Jeannes winzige Haende, Moniques Schenkel teilen, in deren Hoehlung der junge Mann eindrang,
langsam und in kleinen Stoessen, die das Maedchen stoehnen liessen.

Der andere Mann, der wortlos zusah, winkte O zu sich, und ohne den Blick abzuwenden, stiess er sie ueber eine Armlehne seines Sessels, so dass ihr hochgeschuerzter Rock ihm ihre Lenden in ganzer Laenge darbot, und griff mit einer Hand in ihren Schoss.

So fand sie René, als er eine Minute spaeter hereinkam.

"Bleiben Sie nur so", sagte er

und setzte sich auf das Kissen am Boden, wo O, eh sie weggerufen wurde, am Feuer gesessen war.
Er betrachtete sie aufmerksam und laechelte, sooft die Hand, die sie festhielt, in ihr wuehlte, wieder zupackte, sich immer tiefer in ihren Schoss grub und in ihre nachgebenden Lenden, und ihr ein Stoehnen entriss, das sie nicht unterdruecken konnte.

Monique war laengst wieder aufgestanden, Jeanne schuerte an Os Stelle das Feuer, sie brachte René, der ihr die Hand kuesste, ein Glas Whisky, und er trank es aus, ohne die Augen von O abzuwenden.
Der Mann, der sie noch immer gepackt hielt, sagte:

"Gehoert sie Ihnen?"

"Ja," antwortete René.

"Jacques hat recht," fuhr der andere fort,
"sie ist zu eng, man muss sie ausweiten."

"Aber nicht zu sehr," sagte Jacques.

"Wie Sie wuenschen," sagte René und stand auf,
"Sie koennen das besser beurteilen, als ich."
Und er laeutete.

.
  #15  
Old 09-12-2016, 09:28 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 8
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Waehrend der folgenden Tage trug O von Sonnenuntergang, dem Ende ihrer Dienstzeit in der Bibliothek, bis zu der Nachtstunde - acht oder zehn Uhr -
zu der man sie wieder dorthin fuehrte, -
sie in Ketten und nackt unter ihrem roten Umhang hinfuehrte -
einen Zapfen aus Hartgummi von der Form eines aufgerichteten Penis, der von drei Kettchen an einem Lederguertel um ihre Hueften so festgehalten wurde, dass die innere Bewegung ihrer Muskeln ihn nicht herausstossen konnte.

Eine der Kettchen folgte der Furche zwischen ihren Lenden, die beiden anderen dem Ansatz der Schenkel zu beiden Seiten ihres Schosses, so dass man, wenn man wollte, ungehindert dort eindringen konnte.

Als René geklingelt hatte, hatte er den Behaelter bringen lassen, der in einem Fach ein Sortiment von Kettchen und Guerteln enthielt und im anderen eine Auswahl von Zapfen, von den duennsten bis zu ganz dicken.
Allen war gemeinsam, dass sie an der Basis sehr breit waren, damit sie keinesfalls ins Koerperinnere rutschten und der fleischige Ring, den sie aufzwingen und dehnen sollten, sich nicht wieder zusammenziehen konnte.

So wurde sie aufgespreizt, zunehmend von Tag zu Tag, denn Jacques, der sie taeglich niederknien oder besser sich zu Boden werfen liess, um darueber zu wachen, dass Jeanne oder Monique oder irgendeine andere, die gerade zur Hand war, den von ihm gewaehlten Zapfen befestigte, waehlte jedesmal einen dickeren.

Noch beim Abendessen, das die Maedchen gemeinsam im gleichen Speisesaal einnahmen, gebadet, nackt und geschminkt, trug O ihn, und an den Kettchen und dem Guertel konnten alle sehen, dass sie ihn trug.
Er wurde ihr erst abgenommen, und zwar von Pierre, wenn der Diener sie fuer die Nacht an der Wand ankettete,
falls niemand nach ihr verlangte, oder wenn er ihr die Haende auf den Ruecken fesselte, um sie zur Bibliothek zu fuehren.

Es verging kaum eine Nacht, ohne dass jemand sich dieses Zugangs bedient haette, der auf diese Weise bald ebenso bequem war, wenn auch noch immer enger, als der andere.


Nach Ablauf einer Woche war keine Vorrichtung mehr noetig und ihr Geliebter sagte O, er sei gluecklich, dass sie nun zweifach zugaenglich sei und er werde dafuer sorgen, dass sie es auch bleibe.

Zugleich kuendigte er ihr an, dass er verreise
und dass sie ihn waehrend der letzten sieben Tage, die sie im Schloss verbringen sollte, eh er sie abholen und nach Paris zurueckbringen werde, nicht mehr zu sehen bekaeme.

"Aber ich liebe dich," fuegte er hinzu,
"ich liebe dich, vergiss mich nicht."

Ah! wie haette sie ihn vergessen koennen?

Er war die Hand, die ihr die Augen verband, die Peitsche des Dieners Pierre, er war die Kette ueber ihrem Bett und der Unbekannte, der seine Zaehne in ihren Schoss grub, und alle Stimmen, die ihr Befehle erteilten waren seine Stimme.

Wurde sie abgestumpft?
Nein.

Man haette meinen sollen, durch die staendige Erniedrigung wuerde sie sich daran gewoehnen, erniedrigt zu werden,
durch die staendigen Beruehrungen daran, beruehrt zu werden,
vielleicht sogar an die Peitsche, wenn sie staendig gepeitscht wurde.
Eine schreckliche uebersaettigung mit Schmerz und Wollust haetten sie allmaehlich bis an die Schwelle einer Fuehllosigkeit treiben muessen, die dem Schlaf oder der Bewusstlosigkeit aehnlich war.
Aber im Gegenteil.

Vielleicht lag es an dem Korsett, das sie stuetzte,
an den Ketten, die sie in sklavischer Unterwerfung hielten,
an der Stille ihrer Zelle, und am staendigen Anblick der Maedchen, die wie sie ausgeliefert waren,
am Anblick dieser stets allen zugaenglichen Koerper.
Auch am Anblick ihres eigenen Koerpers und daran, dass sie staendig an ihn denken musste.

Taeglich, und wie einem Ritual folgend, von Speichel und Sperma beschmutzt, von Schweiss, der sich mit ihrem eigenen Schweiss mischte, empfand sie sich buchstaeblich als Gefaess der Unreinheit, von dem die Heilige Schrift redet.

Und doch, genau wie diejenigen Teile ihres Koerpers, die am meisten geschaendet wurden, noch empfindungsfaehiger geworden waren, so schienen sie ihr auch schoener geworden, veredelt:
ihr Mund, der das Geschlecht eines Unbekannten umschloss,
die Spitzen ihrer Brueste, die staendig von fremden Haenden beruehrt wurden,
die Zugaenge ihres Leibes zwischen ihren gespreizten Schenkeln,
Wege, die jeder benutzen, jeder nach Laune zerwuehlen konnte.

Unglaublich, dass sie an Wuerde gewonnen haben sollte, weil sie prostituiert wurde,
und doch stimmte es.
Sie strahlte Wuerde aus, man sah an ihrem Gang die Ruhe,
an ihrem Gesicht die Heiterkeit und das leise innere Laecheln, das man in den Augen derer, die fuer die Welt tot sind, mehr ahnt als sieht.

---

Als René ihr sagte, dass er sie verlassen werde, war die Nacht bereits hereingebrochen.

O war nackt in der Zelle und wartete, bis man sie in den Speisesaal fuehren wuerde.
Ihr Gebieter hingegen war gekleidet wie immer, mit einem Anzug, den er taeglich in der Stadt trug.
Als er sie in die Arme nahm, rieb der Tweed seiner Jacke sich an der Spitze ihrer Brueste.
Er kuesste sie, legte sie aufs Bett, legte sich zu ihr und nahm sie zaertlich und sanft,
kam und ging durch die beiden Wege, die sich ihm boten, um sich endlich in ihrem Mund zu ergiessen, den er danach von neuem kuesste.

"Eh ich weggehe, moechte ich dich peitschen lassen, und diesmal bitte ich dich darum.
Bist du einverstanden?"

Sie war einverstanden.

"Ich liebe dich, ich liebe dich," wiederholte er,
"klingle nach Pierre."

Sie klingelte.
Pierre fesselte ihr die Haende ueber dem Kopf an der Kette.
Als sie so festgebunden war, kuesste ihr Geliebter sie nochmals, er stand neben ihr auf dem Bett, wiederholte noch einmal, dass er sie liebe, stieg dann vom Bett und machte Pierre ein Zeichen.

Er sah zu, wie sie sich vergeblich wand, hoerte ihr Stoehnen zu Schreien werden.
Als ihre Traenen floessen, schickte er Pierre weg.

Sie fand die Kraft, ihm noch einmal zu sagen, dass sie ihn liebe.
Er kuesste ihr traenennasses Gesicht, ihren keuchenden Mund, band sie los, legte sie aufs Bett und ging.

---

Wenn man sagt, dass O von der Sekunde an, in der ihr Geliebter sie verliess, nur noch auf seine Rueckkehr gewartet habe, so sagt man wenig:
sie war nur noch Erwartung und Nacht.

Bei Tage war sie wie eine gemalte Statue mit sanfter Haut und gefuegigem Mund, die - jetzt hielt sie auch diese Regel strikt ein - stets die Augen gesenkt hielt.
Sie machte das Feuer an und unterhielt es, servierte Kaffee und Getraenke, zuendete Zigaretten an, arrangierte Blumen und faltete Zeitungen wie ein junges Maedchen im Salon ihrer Eltern,
und wirkte dabei so ruehrend mit ihrem entbloessten Busen und dem Lederhalsband, dem engen Korsett und den Handschellen aus Leder,
dass die Maenner, die sie bediente, ihr nur zu befehlen brauchten, sie solle dabeistehen, wenn eines der anderen Maedchen vergewaltigt wurde, um sogleich auch nach O selbst zu verlangen;
zweifellos misshandelte man sie darum nur um so mehr.

Machte sie etwas falsch?
Oder hatte ihr Geliebter sie allein gelassen, damit die anderen, denen er sie auslieferte, um so freier ueber sie verfuegen konnten?

Wie dem auch sei, als sie am zweiten Tag nach seiner Abreise bei Anbruch der Nacht sich soeben entkleidet hatte und im Spiegel ihres Badezimmers die schon fast verblassten Striemen von Pierres Reitstock auf der Vorderseite ihrer Schenkel betrachtete, trat der Diener ein.
Es waren noch zwei Stunden bis zum Abendessen.

Er sagte ihr, dass sie nicht im Speisesaal essen werde und dass sie sich fertigmachen solle, wobei er auf den tuerkischen Sitz in der Ecke wies, auf den sie sich nun in Gegenwart Pierres kauern musste, wie Jeanne ihr bereits gesagt hatte.

Die ganze Zeit, waehrend sie dort sass, schaute er sie an, sie sah ihn in den Spiegeln und sah sich selbst, unfaehig das Wasser zurueckzuhalten, das aus ihrem Koerper floss.
Er wartete, bis sie danach ihr Bad genommen und sich geschminkt hatte.

Sie wollte ihre Pantoeffelchen und den roten Umhang holen, doch er sagte, indem er ihr die Haende auf den Ruecken band, dass es sich nicht lohne und dass sie einen Augenblick auf ihn warten solle.

Sie setzte sich an eine Ecke des Bettes.
Draussen ging ein Unwetter nieder, kalter Wind und Regen, und die Pappel neben dem Fenster kruemmte und streckte sich unter den Sturmboeen.
Vergilbte, durchweichte Blaetter klatschten dann und wann an die Scheiben.
Es war so dunkel wie mitten in der Nacht, obwohl es noch nicht sieben Uhr geschlagen hatte, aber der Herbst war schon vorgerueckt und die Tage wurden kuerzer.

Als Pierre wiederkam, hielt er die gleiche Binde in der Hand, mit der ihr am ersten Abend die Augen verbunden worden waren.
Dazu eine lange, klirrende Kette, aehnlich der Kette an der Wand.

Es schien O, als zoegerte er, ob er ihr zuerst die Kette anlegen solle oder zuerst die Augenbinde.

Sie schaute dem Regen zu, es war ihr gleichgueltig, was man von ihr wollte, sie dachte nur, dass René gesagt hatte, er werde wiederkommen, dass noch fuenf Tage und fuenf Naechte vergehen muessten, und dass sie nicht wusste, wo er war, ob er allein war und wenn nicht, wer bei ihm sein mochte.
Aber er wuerde wiederkommen.

Pierre hatte die Kette aufs Bett gelegt, und ohne O in ihren Traeumen zu stoeren, befestigte er die schwarze Augenbinde, die sich ein wenig ueber den Augenhoehlen erweiterte, jedoch dicht auf den Lidern lag:
unmoeglich, durchzuspaehen, unmoeglich, die Lider zu heben.

Wohltaetige Nacht, die ihrer eigenen Nacht glich und die O niemals mit solcher Freude begruesst hatte, wohltaetige Ketten, die sie von sich selbst befreiten.

Pierre befestigte die Kette an dem Ring ihres Halsbandes und bat sie, mit ihm zu kommen.

Sie stand auf, spuerte, dass sie vorwaertsgezogen wurde und setzte sich in Bewegung.
Ihre nackten Fuesse wurden eisig auf den Fliesen, sie begriff, dass sie den Korridor des roten Fluegels entlangging, dann wurde der Boden, der noch immer kalt war, rauher:
sie ging auf einem Steinbelag, Sandstein oder Granit.

Zweimal hiess der Diener sie stehenbleiben, sie hoerte das Geraeusch eines Schluessels, der eine Tuer oeffnete, dann wieder versperrte.

"Vorsicht, Stufen", sagte Pierre

und sie stieg eine Treppe hinunter, einmal strauchelte sie.
Pierre fing sie um die Taille auf.

Er hatte sie noch nie beruehrt, ausser um sie anzuketten oder zu schlagen,
jetzt aber legte er sie auf die kalten Stufen, an denen sie sich mit den gefesselten Haenden festhielt, so gut es ging, um nicht zu rutschen und stuerzte sich auf ihre Brueste.
Sein Mund wanderte von der einen zur anderen und waehrend er sie an sich presste, spuerte sie, wie er sich langsam spannte.
Er hob sie erst auf, nachdem er sich an ihr genuege getan hatte.

Nass und vor Kaelte zitternd stieg sie schliesslich die letzten Stufen hinab, hoerte wieder eine Tuer aufgehen und spuerte, nachdem sie durch diese Tuer gegangen war, sogleich einen dicken Teppich unter den Fuessen.
Die Kette wurde nochmals leicht angezogen, dann banden Pierres Haende ihre Haende los, nahmen ihr die Augenbinde ab:

.
  #16  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

I - DIE LIEBENDEN VON ROISSY - Teil 9
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


sie war in einem runden, gewoelbten Raum, der sehr klein und niedrig war,
Mauern und Deckengewoelbe aus Stein und ohne jeden Bewurf, man sah die Fugen zwischen den Quadern.
Die Kette, die an ihrem Hals befestigt war, hing, in einer Ringschraube eingehakt, in etwa einem Meter Hoehe an der Mauer, der Tuer gegenueber, und liess ihr nur soviel Bewegungsfreiheit, dass sie zwei Schritte nach vorn machen konnte.

Es war kein Bett da, nichts, was einem Bett aehnlich sah,
keine Decke, nur drei oder vier marokkanische Kissen, aber ausserhalb ihrer Reichweite und nicht fuer sie bestimmt.
Innerhalb ihrer Reichweite hingegen stand in der Nische, durch die das spaerliche Licht in den Raum sickerte, ein Holztablett mit Wasser, Obst und Brot.

Die Waerme der Heizkoerper, die nah am Boden in das Mauerwerk eingebaut waren und rundum eine Art brennender Fussleiste bildeten, kam nicht gegen den Geruch nach Schlamm und Erde an,
den Geruch, der in den ehemaligen Kerkern herrscht, in den alten Schloessern, in einem unbewohnten Bergfried.

In diesem warmen Halbdunkel, in das kein Laut drang, hatte O bald jeden Sinn fuer Zeit verloren.
Es gab weder Tag noch Nacht, das Licht ging nie ganz aus.

Pierre oder ein anderer Diener stellten gleichgueltig frisches Wasser, Obst und Brot auf das Tablett, wenn es leer war, und fuehrten sie ins Bad in ein benachbartes Gelass.

Sie sah niemals die Maenner, die hereinkamen, weil jedesmal erst ein Diener ihr die Augen verband und die Binde erst abnahm, wenn sie wieder allein war.
Sie verlor auch das Gefuehl dafuer, wieviele es waren und weder ihre sanften Haende noch ihre Lippen, die blind ihre Zaertlichkeit erwiesen, konnten jemals erkennen, wen sie beruehrten.

Manchmal waren es mehrere, meist nur einer allein, aber jedesmal musste sie, eh jemand sich ihr naeherte, mit dem Gesicht zur Mauer niederknien, man hakte den Ring ihres Halsbandes in die gleiche Oese, an der die Kette hing und peitschte sie aus.

Sie stemmte die Handflaechen gegen die Mauer und legte das Gesicht auf den Handruecken, um es sich nicht am Stein zu zerkratzen;
aber sie rieb sich Knie und Brueste daran wund.
Sie konnte auch die Martern nicht mehr zaehlen und ihre Schreie, die das Gewoelbe erstickte.

Sie wartete.


Ploetzlich stand die Zeit nicht mehr still.
Drei Monate lang, drei Tage lang hatte sie gewartet, oder zehn Tage oder zehn Jahre.

In ihrer samtenen Nacht nahm sie wahr, dass ihr die Kette abgenommen wurde.
Sie spuerte, dass man sie in einen dicken Stoff huellte, und dass jemand sie unter den Armen und den Kniekehlen fasste, hochhob und wegtrug.

Sie fand sich in ihrer Zelle unter ihrer schwarzen Pelzdecke wieder,
es war frueher Nachmittag, ihre Augen waren offen, ihre Haende frei, und René sass neben ihr und streichelte ihr das Haar.

"Du musst dich anziehen," sagte er,
"wir gehen."

Sie nahm ein letztes Bad, er buerstete ihr das Haar, reichte ihr Puder und Lippenstift.
Als sie in die Zelle zurueckkam, lagen ihr Kostuem, die Bluse, das Unterkleid, ihre Struempfe und Schuhe auf dem Fussende des Bettes, auch ihre Tasche und die Handschuhe.
Sogar der Mantel war da, den sie ueber dem Kostuem trug, wenn es anfing, kaelter zu werden, und ein Seidentuch, um den Hals zu schuetzen, aber weder Strumpfguertel noch Slip.
Sie rollte die Struempfe bis zum Knie, zog sich langsam an, bis auf die Kostuemjacke, denn es war sehr warm in der Zelle.

In diesem Augenblick trat der Mann ein, der ihr am ersten Abend erklaert hatte, was man von ihr verlangen werde.
Er nahm ihr das Halsband und die Armreifen ab, die sie zwei Wochen lang gefangen gehalten hatten.

Fuehlte sie sich jetzt befreit?
Oder fehlte ihr etwas?
Sie sagte nichts, wagte kaum, mit den Haenden ihre Gelenke zu beruehren, wagte nicht, an ihren Hals zu fassen.

Der Mann hielt ihr nun eine kleine Holzkette mit lauter gleichen Ringen hin und bat sie, daraus einen Ring zu waehlen, der an ihren linken Ringfinger passte.
Es waren sonderbare Eisenringe, innen mit Gold gerandet;
der breite, schwere Reif, aehnlich der Fassung eines Siegelrings, aber hochgewoelbt, trug in Nielloarbeit ein goldenes Rad mit drei Speichen, die spiralenfoermig gebogen waren, wie beim Sonnenrad der Kelten.

Der zweite Ring liess sich mit ein wenig Muehe anstecken und passte genau.
Er war schwer an ihrer Hand, und das Gold glaenzte wie aus einem Versteck hinter dem matten Grau des polierten Eisens.
Warum das Eisen, warum das Gold, und das Zeichen, das sie nicht zu deuten wusste?

Es war nicht moeglich, in diesem rotbespannten Raum zu sprechen, wo noch die Kette an der Wand ueber dem Bett hing, wo die noch verknuellte schwarze Decke am Boden lag, wo der Diener Pierre hereinkommen konnte, hereinkommen wuerde, eine absurde Erscheinung in seinem Opernkostuem, im wattigen Novemberlicht.

Sie irrte sich, Pierre kam nicht herein.
René liess sie die Jacke anziehen und die langen Handschuhe, die ueber die Aermel reichten.
Sie nahm ihren Schal, die Tasche, und haengte den Mantel ueber den Arm.
Die Absaetze ihrer Schuhe machen auf den Fliesen des Korridors weniger Geraeusch, als die Pantoeffelchen gemacht hatten, die Tueren waren geschlossen, das Vorzimmer war leer.
O hielt die Hand ihres Geliebten.

Der Unbekannte, der sie geleitete, oeffnete das Gitter des "Allerheiligsten", wie Jeanne es genannt hatte und vor dem jetzt weder Diener noch Hunde wachten.
Er hob eine der gruenen Samtportieren und liess beide durchgehen.
Der Vorhang fiel wieder.
Man hoerte, wie das Gitter geschlossen wurde.

Sie waren allein in einem weiteren Vorraum, der zum Park fuehrte.
Man brauchte nur noch die Stufen der Freitreppe hinunterzugehen, vor der O den Wagen wiedersah, den sie schon kannte.
Sie setzte sich neben ihren Geliebten, der am Steuer sass und den Wagen startete.

Als sie aus dem Park waren, dessen Einfahrtstor weit offen stand, fuhr er noch einige hundert Meter weiter, hielt dann an, um sie zu kuessen.
Es war genau am Eingang eines kleinen, friedlichen Doerfchens, das sie danach durchfuehren.
O konnte den Namen auf dem Ortsschild lesen:

Roissy.

.
  #17  
Old 09-14-2016, 09:16 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 1
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Das Appartement, das O bewohnte, lag auf der Ile Saint- Louis, unter dem Giebelwerk eines alten Hauses, das nach Sueden, ueber die Seine, blickte.
Es waren grosse, niedrige Mansardenzimmer, die beiden Vorderzimmer hatten je einen Balkon, der in die Dachschraege eingebaut war.

Eines war Os Schlafzimmer; das andere, wo eine vom Boden bis zur Decke reichende Buecherwand den Kamin rahmte, diente als Salon, als Arbeitsraum und wenn man wollte, konnte man hier auch schlafen:
den beiden Fenstern gegenueber stand ein grosses Sofa, und vor dem Kamin ein grosser, antiker Tisch.
Hier wurde auch zu Abend gegessen, wenn das winzige Speisezimmer, das mit dunkelgruenem Serge tapeziert war und auf den Hof ging, die Gaeste nicht fassen konnte.
Ein weiteres Zimmer, das ebenfalls auf den Hof ging, diente René als Schrank- und Ankleideraum.
O teilte mit ihm das gelbe Badezimmer; die ebenfalls gelbe Kueche war winzig klein.
Eine Aufwartefrau kam jeden Tag.

Die Boeden der Zimmer auf der Hofseite waren mit roten Fliesen ausgelegt, mit diesen altmodischen, sechseckigen Platten, die vom zweiten Stockwerk aufwaerts die Stufen und Treppengaenge der alten Pariser Haeuser bedecken.
Als O sie wiedersah, spuerte sie einen Stich im Herzen:
es waren die gleichen Fliesen, wie in den Korridoren von Roissy.

Ihr Zimmer war klein, die rosa und schwarzen Chintzvorhaenge waren zugezogen, das Feuer loderte hinter dem Kamingitter, das Bett war bereit, die Decke zurueckgeschlagen.

"Ich habe dir ein Nylonnachthemd gekauft, sagte René, du hast noch keines."

Wirklich lag am Bettrand, auf der Seite, auf der O schlief, ein weisses, plissiertes Nylonhemd ausgebreitet, hauchzart wie die Gewaender der aegyptischen Statuen und beinah durchsichtig.
Es wurde um die Taille, ueber einer Steppborduere aus Gummifaeden, mit einem schmalen Guertel gehalten und der Nylonjersey war so leicht, dass die Woelbung der Brueste ihn rosig faerbte.

Alles, mit Ausnahme der Vorhaenge und der gleichfarbigen Stoffbespannung zu Haeupten des Bettes und der beiden kleinen Sessel, die mit demselben Chintz bezogen waren, alles in diesem Zimmer war weiss:
die Waende, die Steppdecke auf dem Sprossenbett aus Mahagoni, und die Baerenfelle auf dem Boden.

O sass jetzt in ihrem weissen Hemd vor dem Feuer und hoerte ihrem Geliebten zu.
Als erstes sagte er ihr, sie duerfe nicht glauben, dass sie von jetzt an wieder frei sei.
Es stehe ihr allerdings frei, ihn nicht mehr zu lieben und ihn auf der Stelle zu verlassen.
Wenn sie ihn aber liebe, sei sie in nichts mehr frei.

Sie hoerte ihm wortlos zu, dachte, wie gluecklich sie darueber sei, dass er sich, auf welche Weise auch immer, beweisen wolle wie sehr sie ihm gehoere, und dass es ein wenig naiv von ihm sei, anzunehmen, diese Hoerigkeit beduerfe ueberhaupt eines Beweises.
Aber vielleicht nahm er das gar nicht an und wollte nur darueber sprechen, weil es ihm Freude machte?

Sie schaute ins Feuer, waehrend er zu ihr redete, sie schaute nicht zu ihm auf, wagte nicht, seinem Blick zu begegnen.
Er hatte sich nicht gesetzt, er ging im Zimmer auf und ab.
Ploetzlich sagte er, dass sie vor allem die Knie oeffnen und die Arme haengen lassen solle, wenn sie ihm zuhoere;
denn sie hatte mit geschlossenen Knien dagesessen und hatte die Arme um die Knie geschlungen.

Sie zog also ihr Hemd hoch und liess sich auf Knie und Fersen nieder, wie die Karmeliterinnen oder die Japanerinnen, und wartete.
Jetzt, wo ihre Knie gespreizt waren, spuerte sie zwischen ihren halbgeoeffneten Schenkeln das leichte, spitze Kratzen des weissen Fells;

René war noch nicht genug zufrieden:
sie hatte die Beine nicht weit genug geoeffnet.

Die Befehle "oeffne" und "oeffne die Beine",
von René ausgesprochen, besassen eine so verwirrende Macht, dass sie sie niemals ohne eine Art geistigen Kniefalls hoerte,
frommer Unterwerfung, als haette nicht er, sondern ein Gott sie gesprochen.

Sie blieb also unbeweglich sitzen und liess die Haende mit den Innenflaechen nach oben zu beiden Seiten ihrer Knie ruhen, zwischen denen der Jersey ihres Hemdes, das sich um sie breitete, in die urspruenglichen Pliseefalten fiel.

Was ihr Geliebter von ihr verlangte, war ganz einfach:
dass sie staendig und auf der Stelle zugaenglich sein solle.
Es genuegte ihm nicht, zu wissen, dass sie es war:
sie musste es ohne jedes Hindernis sein, und ihre ganze Haltung wie auch ihre Kleidung sollten fuer die Eingeweihten gewissermassen Symbole dieser Zugaenglichkeit sein.

"Das bedeutet," fuhr er fort, "zweierlei."

Erstens, was sie schon wusste und worauf man sie am Abend ihrer Ankunft im Schloss hingewiesen hatte:
die Knie, die sie niemals ueberschlagen durfte, die Lippen, die immer halboffen bleiben mussten.

Sie glaubte wohl, das sei praktisch nichts (sie glaubte es tatsaechlich), sie musste jedoch das Gegenteil feststellen, dass die Einhaltung dieser Disziplin staendige angespannte Aufmerksamkeit erfordere,
die sie nicht nur in seiner Gegenwart und vielleicht in Gegenwart einiger anderer, die ihr Geheimnis kannten, an ihren wahren Zustand erinnern werde, sondern bei der gewoehnlichsten Beschaeftigung und unter Menschen, die nichts ahnten.

Was ihre Kleidung betreffe, so sei es ihre Sache, sie so zu waehlen oder notfalls zu erfinden, dass dieser Entkleidungsakt, den er in dem Wagen nach Roissy mit ihr hatte vornehmen muessen, in Zukunft nicht mehr notwendig sei:
morgen werde sie in ihren Schraenken Musterung halten, unter ihren Kleidern, in den Schubladen unter ihrer Waesche, und ihm ausnahmslos alles abliefern, was sie darin an Strumpfguerteln und Hoeschen finde;
ebenso alle Buestenhalter, die so gearbeitet waren, wie der, dessen Traeger er erst hatte abschneiden muessen, ehe er ihn ihr ausziehen konnte;
Unterkleider, die soweit heraufreichten, dass sie ihre Brueste bedeckten, Blusen und Kleider, die nicht vorn zu oeffnen waren,
alle Roecke, die so eng waren, dass man sie nicht mit einer einzigen Bewegung hochschlagen konnte.
Sie solle sich andere Buestenhalter machen lassen, andere Blusen, andere Kleider.
Dann wuerde sie ja von jetzt an mit nackten Bruesten unter ihrer Bluse oder ihrem Pullover zur Korsettschneiderin gehen.

Sollte es jemandem auffallen, so werde sie es nach Gutduenken erklaeren oder nicht erklaeren, ganz wie sie wolle, das gehe nur sie allein an.
Mit den uebrigen Anweisungen, die er ihr noch zu erteilen habe, wolle er noch ein paar Tage warten,
und er wuensche, dass sie, wenn sie ihm zuhoeren werde, entsprechend gekleidet sei.

In der kleinen Schublade ihres Schreibtisches werde sie soviel Geld finden, wie sie brauche.
Als er zu Ende gesprochen hatte, fluesterte sie
"ich liebe dich"
ohne die geringste Bewegung zu machen.

Er legte frisches Holz aufs Feuer, zuendete die Nachttischlampe aus rosa Opalin an.
Er sagte, O solle sich zu Bett legen und auf ihn warten, er werde bei ihr schlafen.

Als er zurueckkam, streckte O die Hand aus, um die Lampe zu loeschen:
die linke Hand, und das letzte was sie sah, eh alles ins Dunkel versank, war der matte Glanz ihres Eisenrings.

Sie lag halb auf der Seite:
da rief ihr Geliebter leise ihren Namen, er packte sie am Schoss und zog sie an sich.

---

Am naechsten Tag, kurz nachdem O allein in dem gruenen Esszimmer zu Mittag gegessen hatte -
René war zeitig weggegangen und wuerde erst am Abend zurueckkommen, um sie zum Essen abzuholen -
klingelte das Telephon.
Der Apparat stand im Schlafzimmer neben dem Bett, unter der Nachttischlampe.
O setzte sich auf den Boden und nahm den Hoerer ab.

Es war René, der wissen wollte, ob die Aufwartefrau schon weg sei.
Ja, sie sei gerade gegangen, nachdem sie das Essen serviert hatte, und werde erst morgen frueh wiederkommen.

"Hast du schon mit dem Aussortieren deiner Kleider angefangen?" fragte René.

"Ich wollte gerade anfangen, habe gebadet und bin erst um Mittag fertig geworden."

"Bist du angekleidet?"

"Nein, ich habe mein Nachthemd und den Morgenrock an."

"Leg den Hoerer weg, zieh den Morgenrock und das Nachthemd aus."

O gehorchte, so eifrig, dass der Hoerer vom Bett rutschte, wo sie ihn hingelegt hatte, auf den weissen Teppich fiel und sie glaubte, die Verbindung sei unterbrochen.
Nein, sie war nicht unterbrochen.

"Bist du nackt?" hoerte sie René wieder.

"Ja," sagte sie, "von wo rufst du an?"

Er beantwortete ihre Frage nicht, sondern fuhr fort:
"Hast du deinen Ring angelassen?"

Sie hatte den Ring angelassen.
Er befahl ihr, so zu bleiben, wie sie war, bis er zurueckkommen werde, und den Koffer mit den Kleidungsstuecken zu packen, die sie nicht mehr tragen sollte.
Dann legte er auf.

---

Es war ein Uhr vorbei und das Wetter war schoen.
Ein Sonnenstrahl fiel auf das Nachthemd und den Morgenrock aus Cordsamt, blassgruen wie die Schalen frischer Mandeln, beide lagen noch auf dem Teppich, wie O sie hatte herabgleiten lassen.
Sie hob sie auf und trug sie ins Badezimmer, haengte sie in einen Wandschrank.

Als sie an einem Spiegel vorbeiging, der an einer Tuer angebracht war und mit einem Wandspiegel und einer zweiten, ebenfalls mit Spiegelglas belegten Tuer einen dreiteiligen Spiegel bildete, sah sie ploetzlich ihr Bild:

sie hatte nichts am Leib als ihre Lederpantoeffelchen, vom gleichen Gruen wie ihr Morgenrock, kaum dunkler als die Pantoeffelchen, die sie in Roissy getragen hatte - und ihren Ring.
Sie trug weder Halsband noch Lederarmreifen, und sie war allein, ihr eigener Zuschauer.
Dennoch hatte sie sich noch niemals so voellig einem fremden Willen ausgeliefert, so voellig als Sklavin gefuehlt, und war noch nie so gluecklich darueber gewesen.

Als sie sich bueckte, um eine Schublade zu oeffnen, sah sie ihre Brueste sich leicht bewegen.

---

Es dauerte beinah zwei Stunden, bis sie alle Kleidungsstuecke, die in den Koffer gepackt werden mussten, auf dem Bett ausgelegt hatte.
Bei den Slips gab es keinen Zweifel, O schichtete sie zu einem Haeufchen neben einer der Sprossen.
Die Buestenhalter ebenfalls, es blieb nicht einer uebrig:
sie waren alle ueber dem Ruecken gekreuzt und schlossen an der Seite.
Aber sie sah schon, wie sie das gleiche Modell anfertigen lassen koennte, nur mit dem Verschluss vorn, genau unter der Furche zwischen den Bruesten.

Auch die Strumpfguertel machten keine Schwierigkeiten,
aber sie zoegerte, das Taillenmieder aus rosen Seidenbroché dazuzulegen, das am Ruecken geschnuert wurde und dem Korsett, das sie in Roissy getragen hatte, so aehnlich war.
Sie legte es beiseite, auf die Kommode.
René wuerde entscheiden.

Er wuerde auch wegen der Pullover entscheiden, die alle ueber den Kopf gezogen wurden und am Hals eng anlagen, also nicht zu oeffnen waren.
Aber man konnte sie von der Taille her hochziehen und so die Brueste freimachen.

Saemtliche Unterkleider dagegen haeuften sich auf dem Bett.
In der Kommodenschublade blieb nur ein Halbrock aus schwarzem Faille mit Plisseesaum und kleinen Valencienne- Spitzen, der unter einen schwarzen, sehr leichten und fast durchsichtigen Wollrock mit Sonnenplissee gehoerte.
Sie wuerde neue Unterroecke brauchen, hellfarbig und kurz.

Sie stellte fest, dass sie entweder ganz auf enge Kleider verzichten oder Mantelkleider waehlen muesste, die von oben bis unten durchgeknoepft waren, mit einem Futter, das sich zugleich mit dem Kleid oeffnete.

Bei den Unterroecken und Kleidern war die Sache einfach, aber was wuerde die Waeschenaeherin sagen, wenn sie ihre Bestellung aufgeben wuerde?
Sie wuerde ihr erklaeren, dass sie ein loses Futter haben wolle, weil sie leicht friere.
Es stimmte sogar, dass sie leicht fror, und sie fragte sich ploetzlich, wie sie so mangelhaft geschuetzt im Winter die Kaelte im Freien ertragen werde.

Als sie schliesslich fertig war und von ihrer Garderobe nur die Hemdkleider blieben, die alle vorn geknoepft wurden, der schwarze Plisseerock, die Maentel natuerlich, und das Kostuem, mit dem sie aus Roissy zurueckgekommen war, machte sie Tee.

In der Kueche stellte sie den Thermostat der Heizung hoeher; die Aufwartefrau hatte den Holzkorb fuer das Feuer im Salon nicht gefuellt und O wusste, dass ihr Gelieber sie am Abend im Salon am Feuer vorfinden wollte.

In einen grossen Sessel gekauert, den Tee neben sich, erwartete sie also seine Rueckkehr, aber dieses Mal wartete sie, wie er es befohlen hatte, nackt.

.
  #18  
Old 09-15-2016, 09:15 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 2
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Auf die erste Schwierigkeit stiess sie in ihrem Beruf.
Schwierigkeit ist viel gesagt.
Erstaunen waere richtiger.

O arbeitete in der Modeabteilung einer Photoagentur.
Das heisst, sie machte im Studio, wo sie stundenlang posieren mussten, Aufnahmen von besonders exotischen und besonders huebschen Maedchen, die von den Modehaeusern zur Vorfuehrung ihrer Modelle ausgesucht wurden.

Man wunderte sich, dass O ihren Urlaub so weit in den Herbst hine in ausgedehnt hatte und daher ausgerechnet in der Zeit abwesend war, in der die meiste Arbeit anfiel, kurz vor Erscheinen der neuen Mode.
Aber das haette man noch hingenommen.
Man wunderte sich vor allem, dass sie so veraendert war.
Auf den ersten Blick konnte niemand sagen, woran es lag, aber jeder empfand es sofort und je laenger man sie beobachtete, umso mehr war man davon ueberzeugt.

Sie hielt sich gerader, ihr Blick war klarer geworden, aber das Auffallendste war ihre Faehigkeit, voellig regungslos zu verharren und die Gehaltenheit aller Gesten.
Sie war schon immer nuechtern gekleidet gewesen, wie alle Maedchen, die einem Beruf nachgehen, der einem Maennerberuf gleicht, aber so geschickt sie sich auch anstellte, die anderen Maedchen, die das Objekt ihrer Arbeit bildeten und deren Beruf eben Kleider und Schmuck waren, hatten schnell bemerkt, was anderen Augen entgangen war.

Die Pullover, die auf der blossen Haut getragen wurden und so zaertlich die Brueste modellierten, -
René hatte schliesslich die Pullover gestattet -
die Plisseeroecke, die so schwerelos um sie schwangen, wirkten fast wie eine dezente Uniform, da O kaum etwas anderes trug.

"Junge Mode",

sagte eines Tages mit spoettischer Miene ein blondes, gruenaeugiges Mannequin zu ihr,
ein Maedchen mit den hohen Backenknochen und dem dunklen Teint der Slawen.

"Aber," fuhr sie fort,
"Strumpfbaender sollten Sie nicht tragen, Sie werden sich die Beine verderben."

O hatte sich naemlich unvorsichtigerweise in ihrer Gegenwart ein wenig schnell rittlings auf die Armlehne eines grossen Lederfauteuils gesetzt;
dabei war ihr Rock hochgeflogen.

Das grosse Maedchen hatte das Weiss des nackten Schenkels ueber dem gerollten Strumpf gesehen, der das Knie gerade noch bedeckte, aber dann aufhoerte.
O hatte sie so neugierig laecheln sehen, dass sie sich fragte, was die andere sich spontan vorgestellt oder vielleicht erraten habe.
Sie zog ihre Struempfe hoch, erst den einen, dann den anderen, um sie straffer zu spannen, was schwierig ist, wenn sie nicht bis zur Mitte der Schenkel reichen, und nicht von einem Strumpfguertel gehalten werden,
und erwiderte Jacqueline, wie um sich zu rechtfertigen:

"Es ist praktisch."

"Praktisch fuer wen?" sagte Jacqueline.

"Ich mag keine Strumpfguertel", erwiderte O.

Aber Jacqueline hoerte nicht zu, sie betrachtete den Eisenring.

---

In den folgenden Tagen machte O etwa fuenfzig Aufnahmen von Jacqueline.
Sie waren mit keinem Photo zu vergleichen, das sie bisher gemacht hatte.
Vielleicht hatte sie noch nie ein solches Modell gehabt.
Auf jeden Fall hatte sie noch nie soviel aus einem Gesicht oder einem Koerper herausgeholt.
Dabei handelte es sich doch nur darum, die Seiden, die Pelze, die Spitzen noch schoener wirken zu lassen durch die ploetzliche Schoenheit einer im Spiegel ueberraschten Fee, die Jacqueline in der einfachsten Bluse wie im praechtigsten Nerz ausstrahlte.

Ihr Haar war kurz, dicht und blond, kaum gewellt,
auf einen Wink hin neigte sie den Kopf ein wenig auf ihre linke Schulter und legte die Wange an den hochgestellten Kragen ihres Pelzes, wenn sie gerade einen Pelz trug.

O ueberraschte sie einmal in dieser Haltung, laechelnd und zaertlich, das Haar leicht gebauscht wie von einer sanften Brise, die zarte, feste Wange an einen Nerz geschmiegt, der blaugrau und weich war, wie die frische Asche eines Holzfeuers.
Sie hatte die Lippen leicht geoeffnet, die Augen halb geschlossen.
Unter der eisigen Glanzschicht des Photos konnte man sie fuer eine glueckliche Ertrunkene halten, bleich, so bleich.

O hatte den Probeabzug in einem leichten Grauton anfertigen lassen.
Sie hatte eine weitere Aufnahme von Jacqueline gemacht, die sie noch mehr verwirrte:

gegen das Licht, mit nackten Schultern, den feinen, kleinen Kopf und das Gesicht in ein schwarzes, grobmaschiges Schleierchen gehuellt, darueber einen absurden, doppelten Reiherbusch, dessen staubfeine Federn die Gestalt wie eine Rauchwolke kroenten;
sie trug eine phantastische Robe aus schwerer, broschierter Seide, rot wie das Hochzeitskleid einer Braut aus dem Mittelalter, es reichte bis zum Boden, war von den Hueften an weit, in der Taille eng, und das Mieder zeichnete die Brust nach.

Es war das, was die Modeschoepfer als grosses Abendkleid bezeichnen und was kein Mensch jemals traegt.
Die sehr hochhackigen Sandaletten waren ebenfalls aus roter Seide.

Und die ganze Zeit, waehrend Jacqueline so vor O stand, in diesem Kleid und diesen Sandaletten und diesem Schleier, der wie die Andeutung einer Gesichtsmaske war, vervollstaendigte, veraenderte O in Gedanken das Modell:

es fehlte nur ein wenig -
die Taille enger geschnuert, die Brueste weiter sichtbar -
und es war das gleiche Kleid wie in Roissy, das gleiche Kleid, das Jeanne getragen hatte,
die gleiche schwere, glatte, sproede Seide, die man mit beiden Haenden rafft, wenn es heisst...

Und wirklich, Jacqueline raffte das Kleid mit beiden Haenden, um von dem Podium herunterzusteigen, auf dem sie eine Viertelstunde lang posiert hatte.
Das gleiche Knistern, das gleiche Rascheln wie welkes Laub.

Kein Mensch traegt Galaroben?
Oh doch.
Auch Jacqueline trug ein enganliegendes Goldkollier um den Hals, zwei goldene Armbaender um die Gelenke.

O ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie noch schoener sein wuerde mit dem Lederhalsband, mit ledernen Armspangen.
Und dieses Mal tat sie etwas, was sie noch nie getan hatte:
sie folgte Jacqueline in die grosse Garderobe neben dem Studio, wo die Mannequins sich ankleideten und schminkten und ihre Kleider und Schminkutensilien zurueckliessen, wenn sie nachhause gingen.
Sie blieb an die Tuerfuellung gelehnt stehen, den Blick auf den Frisierspiegel gerichtet, vor dem Jacqueline noch immer in ihrer Robe sass.

Der Spiegel war so gross -
er bedeckte die ganze Wand und der Frisiertisch war nur eine einfache, schwarze Glasplatte -
dass sie zugleich Jacqueline und ihr eigenes Spiegelbild sah und das Spiegelbild der Garderobiere, die den Reiherschmuck und das Tuellnetz abnahm.

Jacqueline loeste selbst das Halsband, ihre nackten Arme waren erhoben wie zwei Henkel;
ein Schweissfilm glaenzte in ihren Achselhoehlen, die epiliert waren (warum? sagte O sich, wie schade, sie ist so blond)
und O nahm den herben und zarten, ein wenig pflanzenhaften Geruch wahr und fragte sich, welches Parfuem Jacqueline wohl trage -
welches Parfuem man Jacqueline tragen lassen sollte.

Dann nahm Jacqueline ihre Armreifen ab, legte sie auf die Glasplatte, wo sie eine Sekunde lang klirrten, wie Ketten.
Ihr Haar war so hell, dass die Haut, getoent wie der feine Sand an einem Strand, von dem die Flut sich gerade zurueckgezogen hat, dagegen dunkler wirkte.
Auf dem Photo wuerde die rote Seide schwarz sein.

Genau in diesem Augenblick hoben sich die dichten Wimpern, die Jacqueline nur ungern tuschte, und O begegnete im Spiegel einem so direkten, so unverwandten Blick, dass sie nicht faehig war, die Augen abzuwenden und spuerte, wie sie langsam erroetete.
Das war alles.

"Entschuldigen Sie", sagte Jacqueline,
"ich muss mich umziehen."

"Verzeihung", murmelte O
und schloss die Tuer hinter sich.

---

Am naechsten Tag nahm sie die Probeabzuege der Aufnahmen, die sie gemacht hatte, mit nach Hause,
sie wusste selbst nicht, ob sie die Bilder ihrem Geliebten, mit dem sie auswaerts essen sollte, zeigen wollte oder nicht.
Waehrend sie sich vor der Frisiertoilette ihres Schlafzimmers schminkte, betrachtete sie die Aufnahmen und unterbrach sich, um mit dem Finger die Linie einer Braue, die Spur eines Laechelns nachzuziehen.
Aber als sie den Schluessel in der Tuer hoerte, liess sie die Bilder in die Schublade gleiten.

.
  #19  
Old 09-16-2016, 12:11 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 3
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


O hatte seit zwei Wochen eine vollstaendig neue Garderobe und hatte sich noch immer nicht daran gewoehnt,
als sie eines Abends bei ihrer Heimkehr aus dem Studio eine Nachricht ihres Geliebten vorfand, der sie bat, um acht Uhr bereit zu sein, weil sie mit ihm und einem seiner Freunde essen solle.
Ein Wagen werde sie abholen, der Chauffeur werde in die Wohnung kommen.
Ein Zusatz bestimmte, sie solle ihre Pelzjacke mitnehmen, sich ganz in Schwarz kleiden (ganz war unterstrichen) und darauf achten, dass sie genauso geschminkt und parfuemiert sei wie in Roissy.

Es war sechs Uhr, ganz in Schwarz und zum Abendessen - und es war Mitte Dezember, es war kalt - das bedeutet schwarze Seidenstruempfe, schwarze Handschuhe, und zu ihrem faecherfoermig plissierten Rock entweder einen dicken Pullover mit Paillettenstickerei oder ihre Failleweste.

Sie waehlte die Failleweste.
Sie war wattiert und mit grossen Stichen abgesteppt, vom Hals bis zur Taille anliegend und mit Agraffen geschlossen, wie die Waemser der Maenner im sechzehnten Jahrhundert, und die Brust war durch einen eingearbeiteten Buestenhalter deutlich abgezeichnet.
Das Futter war aus dem gleichen Faille, und die kurzen Schoesse endeten an der Huefte.
Der einzige Putz waren die grossen, vergoldeten Agraffen, so auffallend wie die Schnallen an den Schneestiefeln der Kinder, die sich klickend ueber breiten, flachen oesen oeffnen und schliessen.

O legte ihre Kleider zurecht, stellte die schwarzen Wildlederpumps mit der ueberhoehten Sohle und den Bleistiftabsaetzen vor das Bett, und kam sich dann hoechst wunderlich vor, als sie sich nach dem Bad, frei und allein in ihrem Badezimmer, sorgfaeltig schminkte und parfuemierte, genau wie in Roissy.
Gewoehnlich benutzte sie andere Schminken.

In der Schublade ihres Frisiertisches fand sie fetthaltiges Wangenrot - sie legte nie Rouge auf - mit dem sie den Hof ihrer Brueste toente.
Es war ein Rouge, das man kaum sah, wenn es aufgetragen wurde, das jedoch spaeter nachdunkelte.
Sie glaubte zuerst, sie habe zuviel genommen, wischte es mit Alkohol wieder ab - es liess sich sehr schwer abwischen - und begann von neuem:
die Spitzen ihrer Brueste erbluehten in tiefem Rosenrot.

Vergebens versuchte sie, damit die Lippen die das Vlies ihres Schosses verbarg zu schminken, es haftete nicht.
Schliesslich fand sie unter den Lippenstiften, die sie in der gleichen Schublade verwahrte, einen dieser kussechten Stifte, die sie nicht gern benutzte, weil sie zu trocken waren und zu sehr hafteten.
Fuer diesen Zweck war er geeignet.

Sie richtete ihr Haar, ihr Gesicht, danach parfuemierte sie sich.
René hatte ihr in einem Zerstaeuber, der einen dichten Nebel verspruehte, ein Parfuem geschenkt, dessen Namen sie nicht kannte.
Es roch nach trockenem Holz und Sumpfpflanzen, herb und ein bisschen wild.
Der Nebel schmolz und rieselte auf ihre Haut, auf dem Flaum ihrer Achselhoehlen und ihres Schosses, haftete in winzigen Troepfchen.
O hatte in Roissy Geduld gelernt:
sie parfuemierte sich dreimal, liess jedesmal das Parfuem auf der Haut trocknen.

Sie zog zuerst ihre Struempfe und die hochhackigen Schuhe an, dann Unterrock und Rock, dann die Weste.
Sie streifte die Handschuhe ueber, nahm ihre Tasche.
In der Tasche waren ihre Puderdose, das Rouge, ein Kamm, der Schluessel, und zehn Francs.

Schon behandschuht nahm sie den Pelz aus dem Schrank und schaute auf die Uhr neben dem Bett:
es war ein Viertel vor acht Uhr.

Sie setzte sich schraeg auf die Bettkante und wartete, die Augen auf den Wecker gerichtet, regungslos auf das Anschlagen der Glocke.
Als sie es endlich hoerte und aufstand, begegnete sie im Spiegel des Frisiertisches, eh sie die Lampe loeschte, ihrem Blick:
er war furchtlos, sanft und gefuegig.

---

Als sie die Tuer des kleinen italienischen Restaurants aufstiess, vor dem der Wagen sie abgesetzt hatte, sah sie sogleich René an der Bar sitzen.
Er laechelte ihr zaertlich zu, fasste ihre Hand, dann drehte er sich zu einem sportlichen, grauhaarigen Mann um und stellte ihr, in englischer Sprache, Sir Stephen H. vor.

O wurde ein Hocker zwischen den beiden Maennern angeboten und als sie sich setzen wollte, fluesterte René ihr zu, sie solle achtgeben, dass sie ihr Kleid nicht verknittere.
Er half ihr, den Rock ueber den Hocker gleiten zu lassen und sie spuerte das kalte Leder unter ihrer Haut und den metallgefassten Rand direkt in der Hoehlung ihrer Schenkel, weil sie sich zuerst nur halb hinzusetzen wagte, aus Furcht, sie koenne sonst der Versuchung erliegen, die Beine zu kreuzen.
Ihr Rock war um sie ausgebreitet.
Ihr rechter Absatz war in eine Quersprosse des Hockers gehakt, die Spitze ihres linken Fusses beruehrte den Boden.

Der Englaender, der sich wortlos vor ihr verbeugt hatte, liess die Augen nicht mehr von ihr; sie sah, dass er ihre Knie musterte, ihre Haende und schliesslich ihre Lippen -
aber so ruhig und mit so genauer und gelassener Aufmerksamkeit, dass O sich abgeschaetzt vorkam, begutachtet auf ihre Eignung als das Instrument, das sie, wie sie sehr wohl wusste, auch war,
und wie von diesem Blick dazu gezwungen, sozusagen wider Willen, zog sie ihre Handschuhe aus:
sie wusste, dass er sprechen wuerde, sobald ihre Haende nackt waeren - weil ihre Haende eigenartig geformt waren, eher wie die Haende eines Knaben, nicht wie die einer Frau,
und weil sie am linken Ringfinger den Eisenreif mit der dreiarmigen Goldspirale trug.

Aber nein, er sagte nichts, er laechelte:
er hatte den Ring gesehen.

René trank einen Martini, Sir Stephen Whisky.
Er trank langsam sein Glas aus, wartete, bis René mit seinem zweiten Martini fertig war und O mit dem Grapefruitsaft, den René fuer sie bestellt hatte, und erklaerte dann, wenn O ihm die Freude machen wolle, sich René und ihm anzuschliessen, so koennten alle drei zu Abend essen im Restaurant im Souterrain, das kleiner und ruhiger sei, als der Saal, der sich im Erdgeschoss an die Bar anschloss.

"Natuerlich", sagte O,
die bereits Tasche und Handtasche von der Theke nahm, wo sie beides abgelegt hatte.

Sir Stephen half ihr vom Hocker, er hielt ihr seine rechte Hand hin, in die sie die ihre legte, und jetzt richtete er zum ersten Mal direkt das Wort an sie und bemerkte,

"Ihre Haende muessten dafuer geschaffen sein, Eisen zu tragen, so gut stehe ihenen das Eisen."

Aber da er es in Englisch sagte, erhielten die Worte einen leichten Doppelsinn und es war nicht ganz klar, ob er nur das Metall oder auch, und vor allem, Ketten meinte.

---

Im Restaurant im Souterrain, das ein gewoehnlicher Keller mit gekalkten Waenden war, aber frisch und freundlich, standen wirklich nur vier Tische.
Nur an einem davon sassen Gaeste, die mit ihrer Mahlzeit schon fast zu Ende waren.
An die Waende war in Freskomanier eine gastronomische und bebilderte Karte Italiens gemalt, die Farben glichen den Farben von Eissorten, Vanille, Himbeer, Pistazien;

O dachte daran, dass sie sich zum Nachtisch Eis bestellen wollte, mit zerstossenen gebrannten Mandeln und crème fraîche.
Denn sie fuehlte sich gluecklich und leicht,
Renés Knie beruehrte unter dem Tisch ihr Knie, und wenn er sprach, so wusste sie, dass er fuer sie sprach.
Auch er betrachtete ihre Lippen.

Sie bekam ihr Eis, aber keinen Kaffee.
Sir Stephen lud O und René zum Mokka zu sich ein.
Sie hatten alle drei sehr leicht gegessen und O hatte bemerkt, dass die beiden Maenner absichtlich wenig tranken und ihr selbst noch weniger zu trinken gaben:
eine Flasche Chianti fuer drei Personen.
Auch hatten sie schnell gegessen: es war kaum neun Uhr.

"Ich habe den Chauffeur weggeschickt," sagte Sir Stephen,
"wuerden Sie bitte chauffieren, René.
Es ist am einfachsten, wenn wir direkt zu mir fahren."

René setzte sich ans Steuer, O neben ihn, Sir Stephen neben O.
Der Wagen war ein riesiger Buick, sie hatten auf dem Vordersitz bequem zu dritt Platz.
Es ging ueber die Alma-Bruecke, den Cours de la Reine, der hell war, weil die Baeume kein Laub trugen, den Place de la Concorde, flimmernd und trocken unter dem duesteren Winterhimmel, der voll Schnee hing.

O hoerte ein leises Klicken und spuerte die warme Luft an ihren Beinen entlangstreichen:
Sir Stephen hatte die Heizung eingeschaltet.
René folgte noch immer der Seine auf dem rechten Ufer, bog dann zum Pont Royal ein, um aufs linke Ufer zu kommen:
zwischen den steinernen Zwingen wirkte das Wasser unbeweglich, selbst wie Stein, und ganz schwarz.


O dachte an schwarze Haematiten.
Als sie fuenfzehn Jahre alt war, trug ihre beste Freundin, die dreissig und in O verliebt war, einen Ring mit einem brillantengefassten Haematiten.
O hatte sich ein Kollier aus diesen schwarzen Steinen und ohne Brillanten gewuenscht, ein Kollier, das eng am Hals anlag, den Hals einschnuerte.
Aber haette sie die Halsbaender, die man ihr jetzt schenkte - nein, man schenkte sie ihr nicht - eingetauscht fuer das Kollier aus Haematiten, fuer die Haematiten ihrer Traeume?

Sie sah das schaebige Zimmer wieder, hinter dem Carrefour Turbigo, wohin Marion sie gefuehrt hatte,
und wie sie selbst, nicht Marion, ihre beiden dicken Schulmaedchenzoepfe loeste, als Marion sie entkleidet und auf das Eisenbett gelegt hatte.
Sie war schoen, Marion, wenn man sie streichelte und es stimmt, dass Augen zu Sternen werden koennen;
die ihren wurden zu blauen, zuckenden Sternen.

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  #20  
Old 09-18-2016, 03:07 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 4
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


René stoppte den Wagen.
O kannte die kleine Strasse nicht, es war eine der Verbindungsstrassen zwischen der Rue de l'Université und der Rue de Lille.

Sir Stephens Wohnung lag in einem Vorhof, im Fluegel eines ehemaligen Palais, und die Zimmer waren in einer Flucht angelegt.
Das Zimmer am Ende war auch das groesste und gemuetlichste, es war im englischen Stil eingerichtet, dunkle Mahagonimoebel und blasse Seiden, gelb und grau.

"Sie brauchen sich nicht um das Feuer zu kuemmern," sagte Sir Stephen zu O,
"aber dieses Sofa ist fuer Sie.
Nehmen Sie bitte Platz, René wird den Kaffee machen, ich moechte Sie nur bitten, mir zuzuhoeren."

Das grosse damastbezogene Sofa stand rechtwinklig zum Kamin, mit der Vorderseite zu den Fenstern, die auf einen Garten blickten, mit dem Ruecken zu den Fenstern, die auf der anderen Seite des Zimmers zum Hof gingen.

O zog ihren Pelz aus und legte ihn auf die Rueckenlehne des Sofas.
Als sie sich umdrehte, sah sie ihren Geliebten und ihren Gastgeber im Stehen warten, dass sie Sir Stephens Aufforderung Folge leiste.
Sie legte ihre Tasche zu dem Pelz, zog die Handschuhe aus.

Wann wuerde sie endlich lernen, falls sie es ueberhaupt jemals lernen wuerde, beim Hinsetzen ihre Roecke mit einer so beilaeufigen Geste zu raffen, dass es niemandem auffiele und dass sie selbst nicht an ihr Nacktsein, an ihr Ausgeliefertsein denken muesste?
Jedenfalls nicht, solange René und dieser Fremde sie schweigend anstarrten, wie sie es jetzt taten.
Schliesslich fuegte sie sich.

Sir Stephen schuerte das Feuer.
René trat ploetzlich hinter das Sofa, packte O beim Hals und am Haar, zog ihren Kopf auf die Lehne zurueck
und kuesste sie nun auf den Mund, so lange und so tief, dass sie fast erstickte und fuehlte, wie ihr Schoss brannte und schmolz.

Er liess nur los, um ihr zu sagen, dass er sie liebe und sie sogleich wieder zu packen.
Os Haende ruhten, lose nach hinten haengend, kraftlos, die Innenflaechen nach oben, auf dem schwarzen Rock, der sich wie eine Bluetenkrone um sie breitete;

Sir Stephen war naehergekommen, und als René sie endlich losliess und sie die Augen wieder oeffnete, begegnete sie dem grauen und steten Blick des Englaenders.

So verwirrt sie auch war, noch keuchend vor Glueck, sah sie doch, dass er sie bewunderte, dass er sie begehrte.
Wer haette diesem feuchten und halbgeoeffneten Mund widerstehen koennen, diesen geschwellten Lippen, diesem weissen Hals, der auf den schwarzen Kragen ihrer Pagenweste zurueckgebogen war, diesen gross und klar gewordenen Augen, die sich nicht abwandten?

Doch Sir Stephen erlaubte sich nur eine einzige Geste:
er strich zart mit dem Finger ueber ihre Brauen, dann ueber ihre Lippen.
Dann setzte er sich ihr gegenueber auf die andere Seite des Kamins, und als auch René sich einen Sessel genommen hatte, sprach er.

"Ich glaube," sagte er, "René hat Ihnen nie von seiner Familie erzaehlt.
Aber vielleicht wissen Sie, dass seine Mutter vor ihrer Ehe mit seinem Vater mit einem Englaender verheiratet war, der selbst einen Sohn aus erster Ehe hatte.
Ich bin dieser Sohn, und sie hat mich erzogen, bis zu dem Tag, als sie meinen Vater verliess.
Ich bin mit René also nicht verwandt, und doch sind wir in gewissem Sinne Brueder.
Dass René Sie liebt, weiss ich.
Ich haette es gesehen, auch wenn er es mir nicht gesagt haette,
auch wenn er nicht die geringste Geste gemacht haette:
man braucht nur zu sehen, wie er Sie anschaut.
Ich weiss auch, dass Sie in Roissy waren und ich vermute, dass Sie dorthin zurueckkehren werden.
Grundsaetzlich gibt der Ring, den Sie tragen, mir, wie allen, die dieses Zeichen kennen, das Recht, ueber Sie zu verfuegen.
Aber es wuerde sich fuer Sie immer nur um eine voruebergehende Bindung handeln.
Was wir von Ihnen erwarten, ist schwerwiegender.
Ich sage wir, weil Sie sehen, dass René schweigt:
er will, dass ich auch in seinem Namen zu Ihnen spreche. ...

... Wenn wir Brueder sind, so bin ich der aeltere, ich bin zehn Jahre aelter als er.
Es besteht zudem zwischen uns eine so althergebrachte und so absolute Gemeinschaft, dass alles, was mir gehoert, stets auch ihm gehoert hat und alles, was ihm gehoert, auch mir.
Sind Sie einverstanden, ebenfalls dazuzugehoeren? ...

... Ich bitte Sie darum, und ich moechte Ihre Einwilligung haben, weil sie Sie fester bindet, als Ihr Gehorsam, von dem ich weiss, dass er ausser Frage steht.
Ehe Sie antworten, bedenken Sie, dass ich nichts anderes bin und nichts anderes sein kann, als das zweite Ich Ihres Geliebten:
Sie werden auch in Zukunft nur einen Gebieter haben. ...

... Schrecklicher allerdings, als die Maenner, denen sie in Roissy ausgeliefert waren, denn ich werde alle Tage da sein, und ausserdem liebe ich feste Gewohnheiten und Riten
"and besides, I am fond of habits and rites..."

Sir Stephens gelassene Stimme klang in eine absolute Stille.
Selbst die Flammen im Kamin brannten lautlos.

O war auf das Sofa gespiesst wie ein Schmetterling an einer Nadel, einer langen Nadel aus Worten und Blicken, die sie in der Mitte des Koerpers durchbohrte und ihre nackten und bereiten Lenden an die laue Seide presste.
Sie wusste nicht, wo ihre Brueste waren, ihr Nacken, ihre Haende.
Sie zweifelte jedoch nicht, dass die Gewohnheiten und Riten der Besitzergreifung, von denen man ihr gesprochen hatte, unter anderen Teilen ihres Koerpers auch ihre langen, unter dem schwarzen Rock verborgenen und bereits halb geoeffneten Schenkel zum Ziel haben wuerden.

Die beiden Maenner waren ihr zugewandt.
René rauchte, hatte jedoch neben sich eine rauchverzehrende, schwarzbeschirmte Lampe angezuendet, und die bereits durch das Holzfeuer gereinigte Luft roch nach der Frische der Nacht.

"Werden Sie mir antworten oder wollen Sie erst noch mehr wissen?" fragte Sir Stephen.

"Wenn du einwilligst," sagte René,
"erklaere ich dir Sir Stephens Neigungen."

"Forderungen", korrigierte Sir Stephen.

Das Schwerste, sagte sich O, war nicht, einzuwilligen, und sie wusste, dass keinem der beiden, so wenig wie ihr selbst, auch nur eine Sekunde der Gedanke kam, sie koenne sich weigern.
Das Schwerste war, ueberhaupt zu sprechen.

Ihre Lippen brannten und ihr Mund war trocken, ohne Speichel, ein Gefuehl aus Furcht und Verlangen schnuerte ihr die Kehle zu
und ihre Haende, die sie jetzt wieder spuerte, waren kalt und feucht.
Haette sie wenigstens die Augen schliessen duerfen!
Aber nein.
Zwei Blicke, denen sie sich nicht entziehen konnte - gar nicht entziehen wollte - hielten den ihren fest.

Sie fuehrten O wieder hin zu dem, was sie fuer lange Zeit glaubte, vielleicht fuer immer in Roissy gelassen zu haben.
Denn seit ihrer Rueckkehr hatte René sich auf die blosse Beruehrung ihres Koerpers beschraenkt
und niemand hatte von dem Recht Gebrauch gemacht, das ihr Ring, Symbol der Hoerigkeit, jedem einraeumte, der sein Geheimnis kannte.
Entweder war sie mit niemandem zusammengekommen, der es gekannt hatte oder die betreffenden hatten geschwiegen -
als einzigen Menschen verdaechtigte sie Jacqueline (aber wenn Jacqueline in Roissy gewesen war, warum trug dann nicht auch sie den Ring?
Zudem, wuerde Jacqueline als Eingeweihte irgendein Recht ueber O haben, das O nicht auch ueber Jacqueline haette?).

Wuerde Sie sprechen koennen, wenn sie sich bewegte?
Aber sie konnte sich nicht aus eigenem Antrieb bewegen -
ein Befehl haette sie sofort auf die Beine gebracht,
doch diesmal sollte sie nicht einem Befehl gehorchen, sie sollte allen Befehlen zuvorkommen, sich selbst zur Sklavin machen, sich sklavisch ausliefern.
Das nannten sie ihr Einverstaendnis.

Sie erinnerte sich, zu René nie etwas anderes gesagt zu haben als
"ich liebe dich" und "ich gehoere dir".
Anscheinend sollte sie heute sprechen, sollte in allen Einzelheiten und ausdruecklich akzeptieren, was sie bisher einzig durch ihr Schweigen akzeptiert hatte.

Endlich richtete sie sich auf, oeffnete die obersten Schliessen ihrer Tunika bis zum Ansatz der Brueste, als ob das, was sie zu sagen hatte, sie erstickte.
Dann stand sie ganz auf.
Ihre Knie und Haende zitterten.

"Ich gehoere dir," sagte sie schliesslich zu René,
"ich werde sein, was du willst, das ich sein soll."

"Nein," sagte er:
"uns; sprich mir nach:
ich gehoere euch, ich werde sein, was ihr wollt, dass ich sein soll."

Sir Stephens harte graue Augen liessen sie nicht los, sowenig wie Renés Augen, in denen sie sich verlor, waehrend sie langsam die Saetze nachsprach, die er ihr vorsagte,
und dabei das ganze, wie bei einer Grammatikuebung, in die erste Person uebertrug.

"Du erkennst mir und Sir Stephen das Recht zu..." sagte René
und O wiederholte so klar sie konnte:

"Ich erkenne dir und Sir Stephen das Recht zu..."

"Das Recht, ueber ihren Koerper zu verfuegen, wo immer und wie immer sie wollten,
das Recht, sie wie eine Sklavin auszupeitschen fuer das geringste Vergehen oder zu ihrem Vergnuegen,
das Recht, Flehen und Schreie, falls man sie zum Schreien braechte, nicht zu beachten."

"Sir Stephen wuenscht," sagte René,
"dass ich dich ihm uebereigne, dass du selbst dich ihm uebereignest und dass ich dir seine Forderungen im einzelnen darlege."

O hoerte ihrem Geliebten zu und die Worte, die er zu ihr in Roissy gesprochen hatte, kamen ihr wieder ins Gedaechtnis:
es waren fast die gleichen gewesen.

Aber als sie damals diesen Worten gelauscht hatte, war sie an ihn gepresst gewesen, geschuetzt von einer Unwahrscheinlichkeit, die an Traum grenzte, von dem Gefuehl, dass sie in einer anderen Existenz lebte,
dass sie vielleicht ueberhaupt nicht lebte.

Traum oder Alptraum, Kerkerszenerie, Galagewaender, maskierte Personen, alles distanzierte sie von ihrem eigenen Leben, sogar die Zeit war aufgehoben.
Sie fuehlte sich dort, wie man sich in der Nacht fuehlt, mitten in einem Traum, den man wiedererkennt und der immer wiederkehrt:
ueberzeugt, dass er existiert und ueberzeugt, dass er enden wird,
und man sehnt dieses Ende herbei aus Furcht, ihn nicht laenger ertragen zu koennen
und wuenscht zugleich, dass er weitergehe, um die Loesung zu erfahren.

Nun war die Loesung erfolgt, die sie nicht mehr erwartet hatte in einer Form, die sie am wenigstens erwartet haette
(vorausgesetzt, so sagte sie sich jetzt, dass dies wirklich die Loesung war,
dass sich nicht eine andere dahinter verbarg und vielleicht eine dritte hinter dieser naechsten).

Diese Loesung bedeutete, dass sie aus der Erinnerung in die Gegenwart stuerzte,
bedeutete auch, dass alles das, was nur in einem geschlossenen Kreis, in einem geschlossenen Universum Wirklichkeit besessen hatte, nun ploetzlich auf alle Zufaelle und Gewohnheiten ihres taeglichen Lebens uebergreifen wuerde,
sich an ihr und in ihr nicht mehr mit Symbolen begnuegen -
die nackten Lenden, die Mieder zum Aufhaken, den Eisenring -
sondern Erfuellung fordern wuerde.

Sicher, René hatte sie nie geschlagen und der Unterschied zwischen der Zeit vor Roissy und der Zeit nach ihrer Rueckkehr hatte nur darin bestanden, dass er jetzt nicht wie vorher nur in ihren Schoss, sondern auch in ihren Mund eindrang.

Sie hatte in Roissy nie erfahren, ob die Peitschenhiebe, die sie so regelmaessig erhielt, auch nur ein einziges Mal von ihm verabreicht worden waren
(als sie sich die Frage stellen konnte, als sie selbst und alle Beteiligten maskiert gewesen waren), aber sie glaubte es nicht.

Sicher war sein Genuss beim Anblick ihres gefesselten und ausgelieferten Koerpers, der sich vergeblich wand, bei ihren Schreien, so stark, dass er den Gedanken nicht ertrug, sich durch eine aktive Teilnahme von diesem Genuss ablenken zu lassen.
Ja, er bestaetigte es jetzt, als er, ohne sich aus dem tiefen Sessel zu ruehren, in dem er mit gekreuzten Beinen mehr lag als sass, ihr so sanft, so zaertlich sagte, wie sehr es ihn begluecke, sie Sir Stephens Wuenschen und Befehlen auszuliefern, dass sie selbst sich ihnen ausliefere.

Sollte Sir Stephen wuenschen, dass sie die Nacht bei ihm verbringe oder auch nur eine Stunde, dass sie ihn ausserhalb von Paris begleite oder in Paris mit ihm ein Restaurant oder Theater besuche, dann werde er sie anrufen oder ihr seinen Wagen schicken -
sofern René nicht selbst sie abholen kaeme.

Heute, jetzt, sei es an ihr zu sprechen.
War sie einverstanden?

Aber sie konnte nicht sprechen.
Dieser Wille, den sie ploetzlich aeussern sollte, war der Wille zur Selbstaufgabe,
das Ja zu allem, wozu sie zwar ja sagen wollte, wozu ihr Koerper jedoch nein sagte, zumindest was die Peitsche anging.
Denn was das uebrige anging, so wollte sie ehrlich gegen sich selbst sein:
das Verlangen, das sie in Sir Stephens Augen las, verwirrte sie in einem Mass, dass keine Selbsttaeuschung zuliess und obgleich sie zitterte, vielleicht gerade weil sie zitterte, wusste sie, dass sie die Beruehrung seiner Haende oder seiner Lippen mit groesserer Ungeduld erwartete, als er.
Zweifellos lag es an ihr, diese Erwartung zu verkuerzen.

So sehr sie es sich wuenschte und allen Mut zusammenahm, verliessen sie doch die Kraefte.
Als sie endlich antworten wollte, sank sie zu Boden und ihr weiter Rock entfaltete sich rings um sie.

Sir Stephen wandte sich nicht an sie, sondern an René.
Er bemerkte mit gepresster Stimme, dass auch die Furcht ihr gut stehe.

O hatte den Eindruck, dass er auf sie zugehen wollte, sich aber mit Gewalt zurueckhielt.
Sie sah ihn jedoch nicht an, liess René nicht aus den Augen
aus Furcht, er koennte in den ihren lesen, was er vielleicht als Verrat betrachte.
Dabei war es kein Verrat, denn vor die Wahl gestellt zwischen dem Begehren, Sir Stephen zu gehoeren und ihrer Zugehoerigkeit zu René haette sie keinen Augenblick gezoegert.
Sie hatte sich diesem Begehren nur ueberlassen, weil René es ihr erlaubt,
bis zu einem gewissen Grad sogar zu verstehen gegeben hatte, dass er es von ihr fordere.

Dennoch zweifelte sie, ob ein allzu schneller und allzu gefuegiger Gehorsam ihn nicht doch kraenken wuerde.
Das geringste Zeichen von ihm haette diesen Zweifel getilgt.

Aber es gab kein Zeichen, er beschraenkte sich darauf, zum dritten Mal eine Antwort von ihr zu fordern.

Sie stammelte:
"Ich fuege mich allem, was ihr wollt."

Senkte den Blick auf ihre Haende, die in ihren Kniekehlen ruhten, gestand dann fluesternd:

"Ich moechte wissen, ob ich gepeitscht werde..."

In dem langen Schweigen, das darauf folgte, konnte sie ihre Frage zwanzigmal bereuen.
Schliesslich sagte Sir Stephens Stimme langsam:

"Manchmal."

O hoerte dann, wie ein Streichholz angerissen und Glaeser aneinandergestossen wurden:
sicher goss einer der beiden Maenner sich Whisky nach.
René kam O nicht zu Hilfe.
René schwieg.

"Selbst wenn ich jetzt einwillige, murmelte sie, selbst wenn ich es jetzt verspreche, ich koennte es nicht ertragen."

"Sie sollen es nur hinnehmen und sich damit abfinden, dass Ihre Schreie und Klagen vergeblich sein werden", fuhr Sir Stephen fort.

"Oh, bitte," sagte O,
"jetzt noch nicht",
denn Sir Stephen stand auf.

Auch René stand auf, neigte sich zu ihr, nahm sie an den Schultern.

"Antworte," sagte er,
"bist du einverstanden?"

Endlich sagte sie "ja."


Er zog sie sanft in die Hoehe, setzte sich auf das Sofa und liess sie neben sich knien;
vor das Sofa, auf das sie Oberkoerper und Kopf legte, mit gebreiteten Armen und geschlossenen Augen.

Ein Bild kam ihr in den Sinn, das sie vor einigen Jahren gesehen hatte, ein Kupferstich, der eine Frau zeigte, die vor einem Stuhl kniete, in einem gekachelten Zimmer, wo ein Kind und ein Hund in einer Ecke spielten;
sie hatte die Roecke geschuerzt und neben ihr stand ein Mann, der ein Buendel Ruten schwang.
Alle Personen waren nach der Mode des ausgehenden 17. Jahrhunderts gekleidet und der Stich trug einen Titel, der ihr abstossend erschienen war:
die haeusliche Zuechtigung.

René presste ihr mit einer Hand beide Armgelenke zusammen, waehrend er mit der anderen ihren Rock hob, so hoch, dass sie spuerte, wie die plissierte Gaze ueber ihre Wangen streifte.
Er strich ihr ueber die Lenden und machte Sir Stephen auf die beiden Gruebchen aufmerksam und auf die zarte Kerbe zwischen ihren Schenkeln.
Dann presste er ihr die gleiche Hand in Taillenhoehe in den Ruecken, um die Lenden besser hervortreten zu lassen und befahl ihr, die Knie weiter zu oeffnen.

Sie gehorchte stumm.

Die Art, wie René ihren Koerper anpries, die Antworten Sir Stephens, die Brutalitaet der Ausdruecke, die beide Maenner gebrauchten, loesten in ihr ein so heftiges und unerwartetes Gefuehl der Scham aus,
dass der Wunsch, Sir Stephen zu gehoeren, erlosch und sie die Peitsche ersehnte wie eine Erloesung, den Schmerz und die Schreie wie eine Rechtfertigung.

Aber Sir Stephens Haende oeffneten ihren Leib, zwaengten sich zwischen ihre Lenden, liessen ab, packten wieder zu, immer wieder, bis sie stoehnte, beschaemt ueber ihr Stoehnen und vernichtet.

"Ich ueberlasse dich Sir Stephen," sagte René,
"bleib, wie du bist, er wird dich wegschicken, wann es ihm passt."

Wie oft war sie in Roissy auf den Knien gelegen, jedem ausgeliefert; aber damals hatten immer Armreife ihre Haende gefesselt, glueckliche Gefangene, die man zu allem zwang, die man um nichts bat.
Hier dagegen war sie aus freiem Willen halbnackt, wo doch eine einzige Bewegung, die gleiche, die zum Aufstehen genuegt haette, auch genuegt haette, sie zu bedecken.
Ihr Versprechen band sie genauso, wie die Lederfesseln und Ketten.

War es nur ihr Versprechen?
War es nicht, bei aller Demuetigung oder gerade wegen dieser Demuetigung, auch ein suesses Gefuehl, nur zu gelten, weil sie sich erniedrigte, sich willig beugte, sich willig oeffnete?

René war, von Sir Stephen zur Tuer begleitet, weggegangen;
sie wartete also allein und reglos,
fuehlte sich in ihrer Einsamkeit noch ausgesetzter und in der Erwartung noch dirnenhafter, als im Beisein der Maenner.

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  #21  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 5
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré



Die graugelbe Seide des Sofas war glatt unter ihrer Wange, durch das Nylon ihrer Struempfe spuerte sie den hochflorigen Teppich
und an ihrem linken Schenkel die Waerme des Kaminfeuers, auf das Sir Stephen noch drei Scheite gelegt hatte, die prasselnd flammten.

Eine alte Wanduhr ueber einer Kommode tickte so leis, dass man sie nur hoeren konnte, wenn alles still war.
O lauschte ihr aufmerksam und dachte dabei, wie absurd es sei, in diesem kultivierten und diskreten Salon in ihrer jetzigen Stellung zu verharren.
Durch die geschlossenen Vorhaenge hoerte man das schlaefrige Brummen des mitternaechtlichen Paris.
Wuerde sie morgen bei Tag den Platz wiedererkennen, wo ihr Kopf auf dem Sofakissen gelegen war?
Wuerde sie jemals am hellen Tag wieder in diesen Salon kommen und in der gleichen Weise behandelt werden?

Sir Stephen blieb lange aus und O, die sich mit solcher Gelassenheit fuer die Lust der Unbekannten von Roissy bereitgehalten hatte, wurde bei dem Gedanken, dass er in einer Minute, in zehn Minuten die Haende auf sie legen wuerde, die Kehle eng.
Aber es kam nicht ganz so, wie sie erwartet hatte.

Sie hoerte, wie Sir Stephen die Tuer wieder oeffnete, durchs Zimmer ging.
Er blieb einige Zeit mit dem Ruecken zum Feuer stehen, sah O an und befahl ihr dann mit sehr leiser Stimme, aufzustehen und sich wieder zu setzen.
Ueberrascht und fast betreten gehorchte sie.

Er brachte ihr hoeflich ein Glas Whisky und eine Zigarette, die sie ebenfalls ablehnte.

Sie sah jetzt, dass er einen Morgenrock trug, einen sehr streng geschnittenen Mantel aus grauem Wollstoff, vom gleichen Grau wie sein Haar.
Seine Haende waren lang und knochig, die Naegel flach, kurz geschnitten, sehr weiss.

Er fing Os Blick auf und sie erroetete:
diese harten und hartnaeckigen Haende, die von ihrem Koerper Besitz ergriffen hatten, fuerchtete und ersehnte sie jetzt.
Aber er kam nicht naeher.

"Ich moechte, dass Sie sich ganz ausziehen," sagte er.
"Aber zuerst legen Sie nur die Jacke ab, nicht aufstehen."

O loeste die grossen, vergoldeten Schliessen, streifte das knappe Jaeckchen von den Schultern und legte es ans andere Sofaende zu ihrem Pelz, ihren Handschuhen und ihrer Tasche.

"Streicheln Sie die Spitzen ihrer Brueste", sagte Sir Stephen
und fuegte hinzu:

"Sie muessen eine dunklere Schminke auflegen, die Ihre ist zu hell."

Verbluefft strich O mit den Fingerspitzen ueber ihre Brustwarzen, die hart wurden und sich aufrichteten und woelbte dann ihre Haende darueber.

"Ah! nein", sagte Sir Stephen.

Sie zog die Haende zurueck und liess sich gegen die Rueckenlehne des Sofas sinken:
ihre Brueste waren schwer fuer den schmalen Oberkoerper und spreizten sich sanft zu den Achseln hin.
Ihr Nacken ruhte auf der Lehne, ihre Haende lagen rechts und links von ihr.

Warum neigte Sir Stephen nicht den Mund ueber sie, streckte nicht die Hand nach den Spitzen aus, von denen er gewuenscht hatte, dass sie sich aufrichteten und die O nun, so reglos sie auch verharrte, bei jedem Atemzug erzittern fuehlte.

Aber er war naeher gekommen, sass schraeg auf der Armlehne des Sofas, ruehrte sie jedoch nicht an.
Er rauchte, und mit einer Handbewegung, von der O nicht zu sagen vermocht haette, ob sie absichtlich war oder nicht, staeubte er ein wenig fast gluehende Asche zwischen ihre Brueste.

Sie hatte das Gefuehl, dass er sie beleidigen wollte durch seine Verachtung, durch sein Schweigen, durch die Nonchalance seiner Haltung.
Und doch hatte er sie vorhin begehrt, begehrte er sie jetzt noch,
sie sah, wie er sich spannte unter dem weichen Stoff seines Morgenrocks.

Warum nahm er sie nicht und waere es auch nur, um sie zu verletzen?
O hasste sich wegen ihres eigenen Begehrens und hasste Sir Stephen wegen seiner Selbstbeherrschung.
Sie wollte, dass er sie liebte, das war die Wahrheit;
dass er darauf brannte, ihre Lippen zu beruehren und ihren Leib zu durchdringen,
dass er sie, wenn noetig, verwuestete, aber dass er ihr gegenueber nicht seine Ruhe bewahren koenne, seine Lust beherrschen.

In Roissy war es ihr gleichgueltig gewesen, ob die Maenner, die sich ihrer bedienten, irgendein Gefuehl fuer sie aufbrachten:
sie waren die Instrumente, durch die ihr Geliebter Lust an ihr empfand, durch die sie wurde, wie er sie haben wollte, glatt poliert wie ein Kiesel.
Die Haende dieser Maenner waren seine Haende, ihre Befehle waren seine Befehle.
Hier nicht.

René hatte sie Sir Stephen uebergeben, aber es war klar, dass er sie mit ihm teilen wollte,
nicht um selbst mehr von ihr zu haben, sondern um mit Sir Stephen das zu teilen, was er heute am meisten liebte,
so wie die beiden zweifellos in ihrer Jugend eine Reise geteilt hatten, ein Schiff, ein Pferd.

Sie selbst war bei dieser Teilung weniger im Spiel, als Sir Stephen,
jeder wuerde in ihr das Zeichen des anderen suchen, die Spur, die der andere zurueckgelassen hatte.

Vorhin, als sie halbnackt vor ihm gekniet war und Sir Stephen mit beiden Haenden ihre Schenkel geoeffnet hatte, hatte René Sir Stephen erklaert, warum Os Lenden so bequem waren und wie froh er sei, dass man sie so vorbereitet hatte;
er wisse ja, wie angenehm es Sir Stephen sei, ueber diesen, von ihm bevorzugten Weg beliebig verfuegen zu koennen.
Er hatte hinzugefuegt, wenn Sir Stephen das wuensche, werde er ihm die alleinige Benutzung ueberlassen.

"Ah! gern", hatte Sir Stephen gesagt,
aber hinzugefuegt, dass er O wohl trotz allem verwunden wuerde.

"O gehoert Ihnen," hatte René geantwortet,
"O wird gluecklich sein, von Ihnen verwundet zu werden."

Und er hatte sich ueber sie gebeugt und ihre Haende gekuesst.
Schon der Gedanke, dass René auf einen Teil ihres Koerpers verzichten koennte, hatte O in Bestuerzung versetzt.
Es bedeutete fuer sie, dass ihrem Geliebten an Sir Stephen mehr lag, als an ihr.

Er hatte ihr immer wieder gesagt, dass er in ihr das Objekt liebe, zu dem er sie gemacht hatte,
die absolute Verfuegungsgewalt ueber sie, die Freiheit, mit der er ueber sie bestimmen konnte, wie man ueber ein Moebel bestimmt, das man zuweilen ebensogern oder noch lieber verschenkt, wie fuer sich behaelt.

Dennoch spuerte sie jetzt, dass sie ihm nie ganz geglaubt hatte.
Fuer das, was man kaum anders als Unterwuerfigkeit gegenueber Sir Stephen nennen konnte, sah sie noch einen weiteren Beweis in dem Umstand, dass René, der sie so leidenschaftlich gern den Koerpern und den Schlaegen anderer ausgesetzt sah,
der mit so beharrlicher Zaertlichkeit, mit so unerschoepflicher Dankbarkeit beobachtete, wie ihr Mund sich oeffnete, um zu stoehnen oder zu schreien, wie ihre Augen sich ueber Traenen schlossen,
dass dieser gleiche René fortgegangen war, nachdem er sie Sir Stephen zur Ansicht praesentiert,
sie geoeffnet hatte, wie man einem Gaul das Maul oeffnet, zum Beweis, dass er noch jung ist,
weil er sicher sein wollte, dass Sir Stephen sie hinlaenglich schoen oder doch hinlaenglich bequem fand, um sie gnaedigst zu akzeptieren.

Dieses vielleicht kraenkende Verhalten aenderte nichts an Os Liebe zu René.
Sie war gluecklich, ihm so viel zu bedeuten, dass es ihm Freude machte, sie zu kraenken,
so wie die Glaeubigen Gott dafuer danken, dass er sie erniedrigt.

Aber in Sir Stephen ahnte sie einen festen und eisigen Willen, den das Verlangen nicht beugen wuerde und dem sie, so ruehrend und fuegsam sie auch sein mochte, nicht das geringste bedeutete.

Warum haette sie sonst so grosse Furcht empfunden?
Die Peitsche am Guertel der Knechte in Roissy, die Ketten, die sie fast staendig tragen musste, waren ihr nicht so schrecklich erschienen, wie der ruhige Blick, den Sir Stephen auf ihre Brueste heftete, ohne sie zu beruehren.

Sie wusste, dass die zarten Schultern, der schmale Leib, ihre glatte und gespannte Fuelle besonders zerbrechlich erscheinen liessen.
Sie konnte nicht verhindern, dass sie zitterten, sie haette zu atmen aufhoeren muessen.

Die Hoffnung, dass Sir Stephen so viel Zerbrechlichkeit ruehren wuerde, war eitel, sie wusste genau, dass das Gegenteil der Fall war:
ihre wehrlose Sanftheit war eine Herausforderung an die Zaertlichkeit, aber auch an die Grausamkeit, an die Lippen, aber auch an die Naegel.

Einen Augenblick lang gab sie sich einer Illusion hin:
Sir Stephens rechte Hand, die seine Zigarette hielt, streifte mit dem Mittelfinger ihre Brustspitze, die gehorchte und noch steifer wurde.

O bezweifelte nicht, dass dies fuer Sir Stephen eine Art Spiel war, weiter nichts,
oder ein Test, wie man die Guete und das einwandfreie Funktionieren einer Maschine testet.

Ohne von der Lehne seines Sessels aufzustehen befahl Sir Stephen ihr, den Rock auszuziehen.

Os feuchte Haende glitten an dem Verschluss ab und sie musste mehrmals versuchen, nach ihrem Rock den Unterrock aus schwarzem Taft aufzuhaken.
Als sie ganz nackt war -
die hochhackigen Lacksandalen und die schwarzen, bis zum Knie heruntergerollten Nylonstruempfe betonten noch die Schlankheit ihrer Beine und die Weisse ihrer Schenkel -
griff Sir Stephen, der ebenfalls aufgestanden war, mit einer Hand in ihren Schoss und schob sie vor das Sofa.
Er liess sie mit dem Ruecken zum Sofa hinknien und befahl ihr, die Schenkel leicht zu oeffnen, die Schultern anzulehnen, nicht die Taille.

Ihre Haende lagen um die Fussgelenke, ihr Schoss war halb geoeffnet und ueber den noch immer draengenden Bruesten war ihr Hals nach hinten gebogen.
Sie wagte nicht, Sir Stephen ins Gesicht zu schauen, bemerkte aber, wie seine Haende den Guertel des Schlafrocks loesten.

Er spreizte die Beine, so dass O zwischen ihnen kniete, ergriff ihren Nacken und drang in ihren Mund ein.
Er suchte nicht die entlanggleitende Beruehrung ihrer Lippen, sondern stiess auf den Grund ihrer Kehle vor.

O fuehlte, wie dieser Knebel aus Fleisch, der sie erstickte und dessen langsame und stete Bewegung ihr Traenen in die Augen trieb, in ihr anschwoll und hart wurde.

Um besser in sie eindringen zu koennen, hatte Sir Stephen sich schliesslich so auf das Sofa gekniet, dass ihr Gesicht zwischen seinen Schenkeln war und seine Lenden manchmal Os Brueste beruehrten, die spuerte, wie ihr unnuetzer und verschmaehter Schoss sie verbrannte.

So lange Sir Stephen auch in ihr blieb, er genoss seine Lust nicht bis zum Ende, sondern zog sich schweigend aus ihr zurueck und stand auf, ohne den Morgenrock wieder zu schliessen.

"Sie sind luestern, O," sagte er zu ihr.
"Sie lieben René, aber Sie sind luestern.
Ist René sich darueber klar, dass Sie allen Maennern gehoeren wollen, die Sie begehren
und dass René, wenn er Sie nach Roissy schickt oder anderen ausliefert, Ihnen nur Alibis fuer Ihre eigene Luesternheit verschafft?"

"Ich liebe René," erwiderte O.

"Sie lieben René, aber sie wollen mir gehoeren, unter anderen", fuhr Sir Stephen fort.

Ja, sie wollte ihm gehoeren.
Wie aber, wenn René, falls er es erfuehre, sich aendern wuerde?
Sie konnte nichts anderes tun als schweigen, die Augen senken, allein ein Blick in Sir Stephens Augen waere einem Gestaendnis gleichgekommen.

Jetzt neigte Sir Stephen sich zu ihr hinunter, ergriff ihre Schultern und liess O auf den Teppich gleiten.
Sie lag auf dem Ruecken mit hochgezogenen Beinen.

Sir Stephen, der sich aufs Sofa gesetzt hatte, dorthin, wo sie noch vor einem Augenblick gelehnt war, packte ihr rechtes Knie und zog es zu sich heran.
Da sie dem Kamin zugekehrt lag, beleuchtete das nahe Feuer grell die doppelte, klaffende Spalte ihres Schosses und ihrer Lenden.

Ohne sie loszulassen befahl Sir Stephen ihr abrupt, sie solle sich selbst beruehren, aber dabei die Schenkel nicht wieder schliessen.
In ihrer Verblueffung streckte sie gehorsam die rechte Hand nach ihrem Schoss aus und ihre Finger beruehrten den bereits brennenden, von seinem schuetzenden Vlies entbloessten Fleischkamm, wo die zarten Lippen ihres Leibes sich trafen.
Doch dann fiel ihre Hand zurueck und sie stammelte:

"Ich kann nicht."

Sie konnte wirklich nicht.
Sie hatte sich immer nur verstohlen in der Waerme und Dunkelheit ihres Bettes beruehrt, wenn sie allein schlief, ohne jemals dabei die letzte Befriedigung zu suchen.
Sie fand sie zuweilen spaeter im Traum und erwachte enttaeuscht darueber, wie heftig und fluechtig zugleich sie gewesen war.

Sir Stephens Blick liess sie nicht los.
Sie konnte ihn nicht ertragen, sagte nur immer wieder "ich kann nicht" und schloss die Augen.


Mit quaelender Hartnaeckigkeit erschien vor ihr ein Bild, das ihr noch immer Schwindel und Ekel verursachte,
das Bild der fuenfzehnjaehrigen Marion, die im Lederfauteuil eines Hotelzimmers lag, ein Bein ueber der Stuhllehne und den Kopf halb ueber die andere Lehne haengend.
Marion, die sich selbst reizte und dabei stoehnte.
Sie hatte ihr erzaehlt, dass sie das einmal im Buero getan habe, als sie sich allein glaubte und dass der Chef unversehens hereingekommen war und sie ueberraschte.
O erinnerte sich an dieses Buero, ein kahles Zimmer mit hellgruenen Waenden, das von Norden durch staubige Fenster das Tageslicht erhielt.
Vor dem Schreibtisch stand ein Besuchersessel.

"Bist du weggelaufen?" hatte O gefragt.

"Nein," hatte Marion geantwortet,
"er hat mich aufgefordert, es nochmals zu tun,
zuvor hatte er die Tuer abgeschlossen, mir befohlen, meinen Slip auszuziehen und den Sessel ans Fenster gerueckt."

O war voller Bewunderung gewesen fuer das, was sie Marions Mut nannte,
und voll Abscheu, und sie hatte energisch abgelehnt, sich vor Marion zu beruehren und geschworen, dass sie das nie, niemals vor den Augen eines anderen tun wuerde.
Marion hatte gelacht und gesagt:

"Warte nur, bis dein Geliebter es von dir verlangt."

Haette sie gehorcht?
Bestimmt, aber mit welcher Angst, in Renés Augen den gleichen Abscheu erwachen zu sehen, den sie vor Marion empfunden hatte.
Was absurd war.

Und bei Sir Stephen war es noch absurder, denn was machte sie sich aus dem Abscheu Sir Stephens?

Nein, sie konnte einfach nicht.

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  #22  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 6
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Zum dritten Mal fluesterte sie: "Ich kann nicht."

So leis sie es sagte, er hoerte es, liess sie los, stand auf, schloss seinen Morgenrock und befahl O, aufzustehen.

"Ist das Ihr Gehorsam?" sagte er.

Dann packte er mit der linken Hand ihre beiden Armgelenke, mit der rechten Ohrfeigte er sie aus Leibeskraeften.
Sie schwankte und waere gefallen, wenn er sie nicht gehalten haette.

"Knien Sie nieder," sagte er; und dann:
"ich fuerchte, René hat Sie sehr schlecht erzogen."

"Ich habe René immer gehorcht," stammelte sie.

"Sie verwechseln Liebe mit Gehorsam.
Mir werden Sie gehorchen ohne mich zu lieben und ohne dass ich Sie liebe."

Waehrend sie zuhoerte wurde sie von einer ungewohnten Auflehnung erfasst,
sie verleugnete insgeheim die Worte, die sie gehoert hatte,
sie verleugnete das Versprechen des absoluten Gehorsams und der sklavischen Unterwerfung,
sie verleugnete ihre eigenes Einverstaendnis, ihr eigenes Begehren, ihre Nacktheit, ihren Schweiss, ihre zitternden Beine, die Ringe unter ihren Augen.

Sie biss vor Wut die Zaehne zusammen und wehrte sich, als er sie zwang, sich nach vorn zu beugen, sich hinzulegen, die Ellbogen am Boden und den Kopf zwischen den Armen, als er sie an den Hueften hochhob und mit Gewalt in ihre Lenden eindrang,
um sie zu verwunden, wie René gesagt hatte, dass er sie nie verwunden wuerde.

Beim ersten Mal schrie sie nicht.
Er stiess wieder zu, brutaler, und sie schrie.
Und sooft er sich zurueckzog, dann wieder eindrang, ihr eine neue Wunde schlug, schrie sie.

Sie schrie aus Auflehnung, nicht nur aus Schmerz, darueber war er sich klar.
Auch sie wusste - und darum war sie auf alle Faelle die Besiegte - dass es ihm Freude machte, sie zum Schreien zu zwingen.

Als er fertig war und ihr befohlen hatte, wieder aufzustehen, erklaerte er ihr,
alles, was er in sie ergossen habe, werde langsam wieder aus ihr ausfliessen, gefaerbt vom Blut der Verletzung, die er ihr zugefuegt habe,
dass diese Wunde nicht heilen werde, solang ihre Lenden nicht fuer ihn bereit waeren
und dass er sich weiterhin den Zugang mit Gewalt erzwingen wolle.
Er habe nicht die Absicht, auf den Weg zu verzichten, dessen Benutzung René ihm allein zugestanden habe,
sie brauche sich keiner Hoffnung auf Schonung hinzugeben.
Er erinnerte sie daran, dass sie selbst sich einverstanden erklaert habe, Renés und seine Sklavin zu sein;
er halte es jedoch fuer wenig wahrscheinlich, dass sie, bei aller Kenntnis der Sachlage, wisse, worauf sie sich eingelassen habe.
Wenn sie es begriffen habe, werde es fuer eine Flucht zu spaet sein.

O hoerte ihm zu und sagte sich, wenn sie sich lange genug widersetzte, wuerde es vielleicht auch fuer ihn zu spaet sein,
wuerde er fuer sein Werk entflammen und sie ein bisschen lieben.
Denn ihr ganzer innerer Widerstand und die zaghafte Weigerung, die sie zu aeussern wagte, hatten nur einen Grund:
sie wollte fuer Sir Stephen genauso viel bedeuten wie fuer René,
er sollte fuer sie mehr als nur physisches Verlangen empfinden.

Nicht, dass sie in ihn verliebt gewesen waere, aber sie sah sehr wohl, dass René Sir Stephen mit der ganzen Hingabe eines Knaben an einen aelteren liebte,
und sie fuehlte, dass er bereit waere, Sir Stephen zuliebe so viel von ihr zu opfern, wie dieser verlangen wuerde,
sie wusste mit sicherem Instinkt, dass Renés Haltung ihr gegenueber die Kopie von Sir Stephens Haltung darstellen wuerde.

Sollte Sir Stephen sie verachten, so wuerde René, trotz der Liebe, die er fuer sie empfand, von dieser Verachtung angesteckt werden,
waehrend er nie daran gedacht haette, sich von der Haltung der Maenner in Roissy beeinflussen zu lassen.
Denn in Roissy war er ihr gegenueber der Gebieter gewesen und die Haltung der Maenner, denen er sie ausgeliefert hatte, hing von der seinen ab.

Hier aber war er nicht mehr der Gebieter, im Gegenteil.
Sir Stephen war Renés Gebieter, ohne dass René sich dessen klar bewusst war, das heisst, René bewunderte ihn und wollte ihn nachahmen, mit ihm wetteifern,
und deshalb teilte er alles mit ihm, deshalb hatte er ihm O ausgeliefert:
dieses Mal war sie ausgeliefert in des Wortes voller Bedeutung.
René wuerde sie ohne Zweifel auch weiterhin lieben, in dem Mass, wie Sir Stephen sie liebenswert finden, sie lieben wuerde.

Es war klar, dass Sir Stephen von nun an ihr Gebieter sein wuerde und zwar, was auch immer René glauben mochte, ihr einziger Gebieter,
und ihr Verhaeltnis wuerde das Verhaeltnis zwischen Herrn und Sklavin sein.

Sie erwartete kein Mitleid, aber konnte sie nicht hoffen, ihm ein bisschen Liebe abzuzwingen?

Sir Stephen ruhte in halb liegender Stellung in seinem grossen Sessel am Kamin, wie vor Renés Weggang,
O hatte er nackt dastehen lassen und ihr befohlen, seine Anweisungen zu erwarten.
Sie hatte wortlos gewartet.
Dann war er aufgestanden und hatte ihr befohlen, ihm zu folgen.

Noch immer nackt, nur mit den hochhackigen Sandaletten und Struempfen bekleidet, war sie hinter ihm die Treppe von der Diele im Erdgeschoss zum ersten Stock hinaufgestiegen und in ein kleines Schlafzimmer gekommen,
so klein, dass nichts darin Platz hatte als ein Bett in einer Ecke, eine Frisierkommode und ein Stuhl zwischen Bett und Fenster.
Dieses kleine Zimmer fuehrte zu einem groesseren, das Sir Stephens Schlafzimmer war,
beide hatten ein gemeinsames Badezimmer.

O wusch und trocknete sich - das Handtuch faerbte sich ein wenig rot - zog Sandaletten und Struempfe aus und legte sich zwischen die kuehlen Laken.
Die Vorhaenge waren nicht zugezogen, aber es war dunkle Nacht.

Eh er die Verbindungstuer schloss, trat Sir Stephen zu O und kuesste ihr die Fingerspitzen, wie in der Bar, als sie von ihrem Hocker gestiegen war und er ihr das Kompliment wegen ihres Eisenringes gemacht hatte.

Er, dessen Haende und Geschlecht in sie eingedrungen waren und ihre Lenden und ihren Mund verwuestet hatten, wollte mit seinen Lippen nur die Spitzen ihrer Finger beruehren.

O weinte und schlief beim Morgengrauen ein.

.
  #23  
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II - SIR STEPHEN - Teil 7
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Am naechsten Tag, kurz vor Mittag, hatte Sir Stephens Chauffeur O nachhause gebracht.
Sie war um zehn Uhr aufgewacht, eine alte Mulattin hatte ihr eine Tasse Kaffee serviert, ein Bad bereitet und ihre Kleider gebracht,
aber nur Pelzjacke, Handschuhe und Tasche, die sie auf dem Sofa im Salon fand, als sie hinunterkam.

Der Salon war leer, Gardinen und Jalousien waren geoeffnet.
Vom Sofa aus sah man in einen Garten, der eng und gruen war wie ein Aquarium, nur mit Efeu, Stechpalmen und Spindelbaeumen bepflanzt.

Als sie ihren Pelz anzog, hatte die Mulattin ihr gesagt, dass Sir Stephen ausgegangen sei und hatte ihr einen Brief ueberreicht, dessen Umschlag nur eine Initiale aufwies, die ihre; das weisse Blatt trug zwei Zeilen:

"René hat angerufen, er wird Sie um sechs Uhr im Atelier abholen",
darunter als Unterschrift ein S, und ein Postskriptum

"Die Reitpeitsche ist fuer Ihren naechsten Besuch".

O blickte um sich: auf dem Tisch zwischen den beiden Sesseln, auf denen am Vorabend Sir Stephen und René gesessen waren, lag neben einer Schale mit gelben Rosen eine sehr lange und schlanke lederne Reitpeitsche.

Die Dienerin erwartete sie an der Tuer.
O steckte den Brief in ihre Handtasche und verliess das Haus.

René hatte also Sir Stephen angerufen, nicht sie.


Zuhause zog sie sich aus und ass im Morgenrock zu Mittag,
danach hatte sie noch Zeit, in Ruhe ihr Make up und ihre Frisur zu erneuern und sich fuer das Atelier anzukleiden, wo sie um drei Uhr sein musste:
das Telephon klingelte nicht, René rief sie nicht an.
Warum?
Was hatte Sir Stephen ihm gesagt?
Was hatte die beiden ueber sie gesprochen?

O entsann sich der Worte, die sie zur Schilderung der Vorzuege ihres Koerpers im Hinblick auf ihre eigenen physischen Neigungen verwendet hatten.
Vielleicht war ihr im Englischen das einschlaegige Vokabular ungewohnt, aber die einzigen franzoesischen Ausdruecke, die ihr entsprechend schienen, waren von einer unerhoerten Gemeinheit.
Nun, sie war durch genauso viele Haende gegangen, wie die Dirnen in den Bordellen, warum sollte man sie anders behandeln?

"Ich liebe dich, René, ich liebe dich," wiederholte sie,
rief es leise in die Einsamkeit ihres Zimmers,
"ich liebe dich, mach mit mir, was du willst, aber verlass mich nicht,
mein Gott, verlass mich nicht."

---

Wer hat Mitleid mit denen, die warten?
Man erkennt sie so leicht: an ihrer Zaertlichkeit, an ihrem scheinbar aufmerksam starrenden Blick, -
starrend, ja, aber auf etwas anderes als das, was sie vor Augen haben -
an ihrer Geistesabwesenheit.

Drei Stunden lang, waehrend im Atelier ein kleiner rothaariger und molliger Mannequin, den O nicht kannte,
fuer Hutmoden posierte, war ihr Geist abwesend, nach innen gekehrt, aufgesogen von der Ungeduld ueber die langsam dahinschleichenden Minuten, von der Angst.

Zu Bluse und Unterrock aus roter Seide trug sie einen Schottenrock und eine kurze Wildlederjacke.
Das Rot ihrer Bluse unter der offenen Jacke liess ihr blasses Gesicht noch besser erscheinen
und der kleine rothaarige Mannequin sagte, sie sehe wie das Unheil in Person aus.

"Unheil fuer wen?" fragte O sich.

Noch vor zwei Jahren, eh sie René kannte und liebte, haette sie sich geschworen:

"Unheil fuer Sir Stephen", und gesagt,
"er wird schon sehen".

Aber ihre Liebe zu René und Renés Liebe zu ihr hatten sie aller ihrer Waffen beraubt und ihr, anstatt ihr neue Beweise ihrer Macht zu liefern, auch noch die weggenommen, die sie bisher besessen hatte.

Frueher war sie gleichgueltig und leichtherzig gewesen, hatte sich ein Vergnuegen daraus gemacht, die jungen Maenner, die in sie verliebt waren, mit einem Wort oder einer Geste in Versuchung zu fuehren, ohne ihnen jedoch etwas zu gewaehren,
hatte sich ihnen dann vielleicht einmal, zweimal, aus einer ploetzlichen Laune heraus doch hingegeben, zur Belohnung, aber auch, um sie noch mehr zu entflammen,
eine Leidenschaft noch grausamer zu machen, die sie nicht teilte.

Sie wusste genau, dass diese Maenner sie liebten.
Einer hatte versucht, sich das Leben zu nehmen;
als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war sie zu ihm gegangen, hatte sich nackt ausgezogen, ihm verboten, sie zu beruehren, und sich auf seinem Sofa ausgestreckt.

Leichenblass vor Verlangen und Schmerz hatte er sie zwei Stunden lang schweigend angestarrt, sein Versprechen hatte ihn versteinert.
Sie hatte ihn nie wiedersehen wollen.

Nicht, dass sie das Verlangen, das sie weckte, unterschaetzt haette.
Sie verstand es umso besser, oder glaubte, es zu verstehen, als sie selbst ein (wie sie meinte) gleiches Verlangen nach ihren Freundinnen oder nach unbekannten jungen Frauen empfand.

Manche gaben ihr nach - sie fuehrte sie dann in allzu diskrete Hotels mit engen Korridoren und Waenden, die jedes Geraeusch durchliessen - andere stiessen sie voll Abscheu zurueck.

Doch was sie fuer Verlangen hielt, war nichts weiter, als die Lust an der Eroberung,
und weder ihre Gepflogenheiten eines verderbten Knaben, noch die Tatsache, dass sie ein paar Liebhaber gehabt hatte - wenn man sie Liebhaber nennen kann - noch ihre Haerte, nicht einmal ihr Mut, halfen ihr auch nur im geringsten, als sie René begegnete.

In acht Tagen lernte sie die Furcht kennen, aber auch die Sicherheit, das Entsetzen, aber auch das Glueck.
René warf sich auf sie, wie ein Raeuber auf eine Gefangene, und sie wurde mit Wonne seine Gefangene,
spuerte an ihren Handgelenken, ihren Fussknoecheln, an allen Gliedern und selbst an den verborgsten Stellen ihres Koerpers die Bande,
die unsichtbarer waren, als das feinste Haar, kraeftiger als die Seile, mit denen die Liliputaner Gulliver gefesselt hatten, und die ihr Geliebter mit einem einzigen Blick anzog oder loeste.

Sie war nicht mehr frei?
Ah!
Gott sei Dank, sie war nicht mehr frei.
Aber sie fuehlte sich leicht,
Goettin auf der Wolke, Fisch im Wasser, verloren im Glueck.
Verloren, weil diese feinen Haare, diese Stricke, die René alle in seiner Hand hielt, das einzige Kraftnetz waren, durch das seither der Strom ihres Lebens floss.

Das war nur allzu wahr, denn wenn René seinen Griff lockerte - oder sie es sich einbildete - wenn er abwesend schien oder sich, voll Gleichgueltigkeit, wie O glaubte, von ihr entfernte,
oder wenn er sich nicht mit ihr traf oder ihre Briefe nicht beantwortete und sie glaubte, er wolle sie nicht mehr sehen,
oder seine Liebe sei im Schwinden oder er liebe sie ueberhaupt nicht mehr, erstarb alles in ihr, erstickte sie.

Das Gras wurde schwarz, der Tag war kein Tag mehr, die Nacht keine Nacht, nur noch teuflische Erfindungen, die abwechselnd hell und dunkel erzeugten, um sie zu quaelen.
Vom frischen Wasser wurde ihr uebel.
Sie fuehlte sich als Aschensaeule, bitter, unnuetz und verdammt, wie die Salzsaeulen von Gomorrha.
Denn sie war schuldig.
Wer Gott liebt, und wen Gott verlaesst in der finsteren Nacht, ist schuldig, weil er verlassen ist.

Er sucht in der Erinnerung nach seinen Fehlern.
Sie suchte nach den ihren.

Sie entdeckte nur dann und wann ein fluechtiges und mehr in ihrer Veranlagung liegendes, als in ihren Handlungen zutage tretendes Gefallen an den Begierden, die sie bei anderen Maennern als René weckte,
bei Maennern, denen sie ueberhaupt nur Aufmerksamkeit schenkte aus dem uebermass des Gluecks,
mit dem Renés Liebe, die Gewissheit, René zu gehoeren, sie erfuellten, und weil die voellige Hingabe an ihn, in der sie lebte, sie unverwundbar, unverantwortlich machte und alle ihre Handlungen belanglos -
aber welche Handlungen?

Sie hatte sich doch nur Gedanken vorzuwerfen, fluechtige Versuchungen.
Dennoch stand ausser Zweifel, dass sie schuldig war
und dass René sie, ohne es zu wollen, fuer einen Fehler strafte, den er nicht kannte (denn er blieb in ihrem Inneren verborgen).
Ein Fehler, den Sir Stephen dagegen augenblicklich entdeckt hatte: hre Luesternheit.

O war gluecklich, dass René sie peitschen liess und sie anderen Maennern auslieferte, weil ihre leidenschaftliche Unterwerfung ihrem Geliebten bewies, dass sie ihm gehoerte,
aber auch, weil der Schmerz und die Schande der Peitsche, und die Schmach, die ihr von denen zugefuegt wurde, die sie zur Lust zwangen, wenn sie sie nahmen,
selbst Lust empfanden, ohne sich um die ihre zu kuemmern,
ihr wie eine Suehne fuer ihre Fehler vorkamen.

Umarmungen, die ihren Bruesten unertraegliche Beschimpfung antaten,
Muender, die sich wie weiche und widerliche Blutegel an ihren Lippen und an ihrer Zunge festgesaugt hatten
und Zungen und Genitalien, klebrige Tiere, die sich an ihren geschlossenen Mund, in die mit aller Gewalt zusammengepresste Furche ihres Schosses und ihrer Lenden gedraengt
und sie vor Abscheu hatten steif werden lassen,
so sehr, dass die Peitsche kaum genuegte, um sie wieder gefuegig zu machen,
und denen sie sich schliesslich doch geoeffnet hatte, mit furchtbarem Ekel und furchtbarer Willfaehrigkeit.

Und wenn Sir Stephen recht haette?
Wenn die Erniedrigung ihr lieb waere?
Nun, je tiefer diese Entwuerdigung war, um so groesser war Renés Gnade, wenn er dennoch geruhte, O zum Instrument seiner Lust zu machen.

Als Kind hatte sie, an der weissen Wand eines Zimmers in Wales, wo sie zwei Monate lang gewohnt hatte, in roten Lettern einen Bibelspruch gesehen, wie die Protestanten ihn gern in ihren Haeusern anbringen:

"Schrecklich ist es, lebend in Gottes Hand zu fallen."

Nein, sagte sie sich jetzt, das stimmt nicht.
Schrecklich ist es, lebend von Gottes Hand verstossen zu werden.

So oft René die Begegnung mit ihr hinausschob, wie er es heute getan hatte -
denn es hatte bereits sechs Uhr geschlagen, bereits halb sieben -
fuehlte O sich vom Wahnsinn, von der Verzweiflung bedroht.
Der Wahnsinn war nichtig, die Verzweiflung war nichtig, nichts war wirklich.

René kam, er war da, er hatte sich nicht veraendert, er liebte sie,
eine Vorstandssitzung hatte ihn aufgehalten oder eine unvorhergesehene Arbeit, er hatte nicht Zeit gefunden, sie zu benachrichtigen.

Mit einem Schlag tauchte O aus ihrer erstickenden Betaeubung auf, und doch liess jeder dieser Schreckensanfaelle in ihrem Innersten eine dumpfe Unheilswarnung zurueck.

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  #24  
Old 09-22-2016, 09:08 AM
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II - SIR STEPHEN - Teil 7
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Am naechsten Tag, kurz vor Mittag, hatte Sir Stephens Chauffeur O nachhause gebracht.
Sie war um zehn Uhr aufgewacht, eine alte Mulattin hatte ihr eine Tasse Kaffee serviert, ein Bad bereitet und ihre Kleider gebracht,
aber nur Pelzjacke, Handschuhe und Tasche, die sie auf dem Sofa im Salon fand, als sie hinunterkam.

Der Salon war leer, Gardinen und Jalousien waren geoeffnet.
Vom Sofa aus sah man in einen Garten, der eng und gruen war wie ein Aquarium, nur mit Efeu, Stechpalmen und Spindelbaeumen bepflanzt.

Als sie ihren Pelz anzog, hatte die Mulattin ihr gesagt, dass Sir Stephen ausgegangen sei und hatte ihr einen Brief ueberreicht, dessen Umschlag nur eine Initiale aufwies, die ihre; das weisse Blatt trug zwei Zeilen:

"René hat angerufen, er wird Sie um sechs Uhr im Atelier abholen",
darunter als Unterschrift ein S, und ein Postskriptum

"Die Reitpeitsche ist fuer Ihren naechsten Besuch".

O blickte um sich: auf dem Tisch zwischen den beiden Sesseln, auf denen am Vorabend Sir Stephen und René gesessen waren, lag neben einer Schale mit gelben Rosen eine sehr lange und schlanke lederne Reitpeitsche.

Die Dienerin erwartete sie an der Tuer.
O steckte den Brief in ihre Handtasche und verliess das Haus.

René hatte also Sir Stephen angerufen, nicht sie.


Zuhause zog sie sich aus und ass im Morgenrock zu Mittag,
danach hatte sie noch Zeit, in Ruhe ihr Make up und ihre Frisur zu erneuern und sich fuer das Atelier anzukleiden, wo sie um drei Uhr sein musste:
das Telephon klingelte nicht, René rief sie nicht an.
Warum?
Was hatte Sir Stephen ihm gesagt?
Was hatte die beiden ueber sie gesprochen?

O entsann sich der Worte, die sie zur Schilderung der Vorzuege ihres Koerpers im Hinblick auf ihre eigenen physischen Neigungen verwendet hatten.
Vielleicht war ihr im Englischen das einschlaegige Vokabular ungewohnt, aber die einzigen franzoesischen Ausdruecke, die ihr entsprechend schienen, waren von einer unerhoerten Gemeinheit.
Nun, sie war durch genauso viele Haende gegangen, wie die Dirnen in den Bordellen, warum sollte man sie anders behandeln?

"Ich liebe dich, René, ich liebe dich," wiederholte sie,
rief es leise in die Einsamkeit ihres Zimmers,
"ich liebe dich, mach mit mir, was du willst, aber verlass mich nicht,
mein Gott, verlass mich nicht."

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Wer hat Mitleid mit denen, die warten?
Man erkennt sie so leicht: an ihrer Zaertlichkeit, an ihrem scheinbar aufmerksam starrenden Blick, -
starrend, ja, aber auf etwas anderes als das, was sie vor Augen haben -
an ihrer Geistesabwesenheit.

Drei Stunden lang, waehrend im Atelier ein kleiner rothaariger und molliger Mannequin, den O nicht kannte,
fuer Hutmoden posierte, war ihr Geist abwesend, nach innen gekehrt, aufgesogen von der Ungeduld ueber die langsam dahinschleichenden Minuten, von der Angst.

Zu Bluse und Unterrock aus roter Seide trug sie einen Schottenrock und eine kurze Wildlederjacke.
Das Rot ihrer Bluse unter der offenen Jacke liess ihr blasses Gesicht noch besser erscheinen
und der kleine rothaarige Mannequin sagte, sie sehe wie das Unheil in Person aus.

"Unheil fuer wen?" fragte O sich.

Noch vor zwei Jahren, eh sie René kannte und liebte, haette sie sich geschworen:

"Unheil fuer Sir Stephen", und gesagt,
"er wird schon sehen".

Aber ihre Liebe zu René und Renés Liebe zu ihr hatten sie aller ihrer Waffen beraubt und ihr, anstatt ihr neue Beweise ihrer Macht zu liefern, auch noch die weggenommen, die sie bisher besessen hatte.

Frueher war sie gleichgueltig und leichtherzig gewesen, hatte sich ein Vergnuegen daraus gemacht, die jungen Maenner, die in sie verliebt waren, mit einem Wort oder einer Geste in Versuchung zu fuehren, ohne ihnen jedoch etwas zu gewaehren,
hatte sich ihnen dann vielleicht einmal, zweimal, aus einer ploetzlichen Laune heraus doch hingegeben, zur Belohnung, aber auch, um sie noch mehr zu entflammen,
eine Leidenschaft noch grausamer zu machen, die sie nicht teilte.

Sie wusste genau, dass diese Maenner sie liebten.
Einer hatte versucht, sich das Leben zu nehmen;
als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war sie zu ihm gegangen, hatte sich nackt ausgezogen, ihm verboten, sie zu beruehren, und sich auf seinem Sofa ausgestreckt.

Leichenblass vor Verlangen und Schmerz hatte er sie zwei Stunden lang schweigend angestarrt, sein Versprechen hatte ihn versteinert.
Sie hatte ihn nie wiedersehen wollen.

Nicht, dass sie das Verlangen, das sie weckte, unterschaetzt haette.
Sie verstand es umso besser, oder glaubte, es zu verstehen, als sie selbst ein (wie sie meinte) gleiches Verlangen nach ihren Freundinnen oder nach unbekannten jungen Frauen empfand.

Manche gaben ihr nach - sie fuehrte sie dann in allzu diskrete Hotels mit engen Korridoren und Waenden, die jedes Geraeusch durchliessen - andere stiessen sie voll Abscheu zurueck.

Doch was sie fuer Verlangen hielt, war nichts weiter, als die Lust an der Eroberung,
und weder ihre Gepflogenheiten eines verderbten Knaben, noch die Tatsache, dass sie ein paar Liebhaber gehabt hatte - wenn man sie Liebhaber nennen kann - noch ihre Haerte, nicht einmal ihr Mut, halfen ihr auch nur im geringsten, als sie René begegnete.

In acht Tagen lernte sie die Furcht kennen, aber auch die Sicherheit, das Entsetzen, aber auch das Glueck.
René warf sich auf sie, wie ein Raeuber auf eine Gefangene, und sie wurde mit Wonne seine Gefangene,
spuerte an ihren Handgelenken, ihren Fussknoecheln, an allen Gliedern und selbst an den verborgsten Stellen ihres Koerpers die Bande,
die unsichtbarer waren, als das feinste Haar, kraeftiger als die Seile, mit denen die Liliputaner Gulliver gefesselt hatten, und die ihr Geliebter mit einem einzigen Blick anzog oder loeste.

Sie war nicht mehr frei?
Ah!
Gott sei Dank, sie war nicht mehr frei.
Aber sie fuehlte sich leicht,
Goettin auf der Wolke, Fisch im Wasser, verloren im Glueck.
Verloren, weil diese feinen Haare, diese Stricke, die René alle in seiner Hand hielt, das einzige Kraftnetz waren, durch das seither der Strom ihres Lebens floss.

Das war nur allzu wahr, denn wenn René seinen Griff lockerte - oder sie es sich einbildete - wenn er abwesend schien oder sich, voll Gleichgueltigkeit, wie O glaubte, von ihr entfernte,
oder wenn er sich nicht mit ihr traf oder ihre Briefe nicht beantwortete und sie glaubte, er wolle sie nicht mehr sehen,
oder seine Liebe sei im Schwinden oder er liebe sie ueberhaupt nicht mehr, erstarb alles in ihr, erstickte sie.

Das Gras wurde schwarz, der Tag war kein Tag mehr, die Nacht keine Nacht, nur noch teuflische Erfindungen, die abwechselnd hell und dunkel erzeugten, um sie zu quaelen.
Vom frischen Wasser wurde ihr uebel.
Sie fuehlte sich als Aschensaeule, bitter, unnuetz und verdammt, wie die Salzsaeulen von Gomorrha.
Denn sie war schuldig.
Wer Gott liebt, und wen Gott verlaesst in der finsteren Nacht, ist schuldig, weil er verlassen ist.

Er sucht in der Erinnerung nach seinen Fehlern.
Sie suchte nach den ihren.

Sie entdeckte nur dann und wann ein fluechtiges und mehr in ihrer Veranlagung liegendes, als in ihren Handlungen zutage tretendes Gefallen an den Begierden, die sie bei anderen Maennern als René weckte,
bei Maennern, denen sie ueberhaupt nur Aufmerksamkeit schenkte aus dem uebermass des Gluecks,
mit dem Renés Liebe, die Gewissheit, René zu gehoeren, sie erfuellten, und weil die voellige Hingabe an ihn, in der sie lebte, sie unverwundbar, unverantwortlich machte und alle ihre Handlungen belanglos -
aber welche Handlungen?

Sie hatte sich doch nur Gedanken vorzuwerfen, fluechtige Versuchungen.
Dennoch stand ausser Zweifel, dass sie schuldig war
und dass René sie, ohne es zu wollen, fuer einen Fehler strafte, den er nicht kannte (denn er blieb in ihrem Inneren verborgen).
Ein Fehler, den Sir Stephen dagegen augenblicklich entdeckt hatte: hre Luesternheit.

O war gluecklich, dass René sie peitschen liess und sie anderen Maennern auslieferte, weil ihre leidenschaftliche Unterwerfung ihrem Geliebten bewies, dass sie ihm gehoerte,
aber auch, weil der Schmerz und die Schande der Peitsche, und die Schmach, die ihr von denen zugefuegt wurde, die sie zur Lust zwangen, wenn sie sie nahmen,
selbst Lust empfanden, ohne sich um die ihre zu kuemmern,
ihr wie eine Suehne fuer ihre Fehler vorkamen.

Umarmungen, die ihren Bruesten unertraegliche Beschimpfung antaten,
Muender, die sich wie weiche und widerliche Blutegel an ihren Lippen und an ihrer Zunge festgesaugt hatten
und Zungen und Genitalien, klebrige Tiere, die sich an ihren geschlossenen Mund, in die mit aller Gewalt zusammengepresste Furche ihres Schosses und ihrer Lenden gedraengt
und sie vor Abscheu hatten steif werden lassen,
so sehr, dass die Peitsche kaum genuegte, um sie wieder gefuegig zu machen,
und denen sie sich schliesslich doch geoeffnet hatte, mit furchtbarem Ekel und furchtbarer Willfaehrigkeit.

Und wenn Sir Stephen recht haette?
Wenn die Erniedrigung ihr lieb waere?
Nun, je tiefer diese Entwuerdigung war, um so groesser war Renés Gnade, wenn er dennoch geruhte, O zum Instrument seiner Lust zu machen.

Als Kind hatte sie, an der weissen Wand eines Zimmers in Wales, wo sie zwei Monate lang gewohnt hatte, in roten Lettern einen Bibelspruch gesehen, wie die Protestanten ihn gern in ihren Haeusern anbringen:

"Schrecklich ist es, lebend in Gottes Hand zu fallen."

Nein, sagte sie sich jetzt, das stimmt nicht.
Schrecklich ist es, lebend von Gottes Hand verstossen zu werden.

So oft René die Begegnung mit ihr hinausschob, wie er es heute getan hatte -
denn es hatte bereits sechs Uhr geschlagen, bereits halb sieben -
fuehlte O sich vom Wahnsinn, von der Verzweiflung bedroht.
Der Wahnsinn war nichtig, die Verzweiflung war nichtig, nichts war wirklich.

René kam, er war da, er hatte sich nicht veraendert, er liebte sie,
eine Vorstandssitzung hatte ihn aufgehalten oder eine unvorhergesehene Arbeit, er hatte nicht Zeit gefunden, sie zu benachrichtigen.

Mit einem Schlag tauchte O aus ihrer erstickenden Betaeubung auf, und doch liess jeder dieser Schreckensanfaelle in ihrem Innersten eine dumpfe Unheilswarnung zurueck.

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  #25  
Old 09-23-2016, 09:01 AM
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II - SIR STEPHEN - Teil 8
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


René erschien endlich um sieben Uhr,
er freute sich so sehr, sie wiederzusehen, dass er sie vor dem Elektriker kuesste, der einen Scheinwerfer reparierte, vor dem kleinen, rothaarigen Mannequin, der aus der Schminkkabine trat,
und vor Jacqueline, die, fuer alle ueberraschend, ploetzlich hinter ihm auftauchte.

"Wie reizend, sagte Jacqueline zu O, ich wollte Sie um meine letzten Aufnahmen bitten,
aber ich glaube, das ist nicht der rechte Augenblick, ich gehe wieder."

"Mademoiselle, bitte," rief René,
ohne O loszulassen, die er um die Taille gefasst hielt,
"bitte gehen Sie nicht weg!"

O stellte Jacqueline und René einander vor.
Der rothaarige Mannequin war veraergert wieder in der Kabine verschwunden,
der Elektriker tat, als waere er beschaeftigt.
O schaute Jacqueline an und spuerte, dass Renés Blick ihr folgte.

Jacqueline trug einen Skianzug, wie nur Filmstars ihn tragen, die nicht Skifahren.
Der schwarze Pullover betonte die kleinen und weit auseinanderstehenden Brueste, eine lange, enganliegende Hose die langen Beine des Maedchens aus dem Norden.

Alles an ihr erinnerte an Schnee:
der blaeuliche Schimmer ihrer grauen Seehundjacke an den Schnee im Schatten, der Rauhreif glaenz ihres Haares und der Wimpern an den Schnee in der Sonne.
Sie trug ein Lippenrot, das ins Purpurfarbene spielte, und wenn sie laechelte und die Augen zu O erhob, dachte O, niemand koenne dem Verlangen widerstehen, aus diesem gruenen und lebendigen Wasser unter den bereiften Wimpern zu trinken und den Pullover von den kindlichen Bruesten zu reissen, um die Haende daraufzulegen.

Da war es wieder:
Kaum war René aufgetaucht, so fand sie in der Gewissheit seiner Existenz den Geschmack an den anderen und an sich selbst, an der ganzen Welt wieder.
Sie gingen alle drei gemeinsam weg.

---

In der Rue Royale wirbelte der Schnee, der zwei Stunden lang in dicken Flocken gefallen war, nur noch in winzigen, weissen Koernchen, die sie ins Gesicht stachen.
Das Streusalz auf dem Trottoir knirschte unter den Sohlen und loeste den Schnee auf und O spuerte, wie der Eishauch, der dabei frei wurde, an ihren Beinen hochstieg und um ihre nackten Schenkel schlug.

Was sie bei den jungen Frauen suchte, die sie verfolgte, wusste O sehr genau.
Sie bildete sich nicht ein, mit den Maennern zu rivalisieren, wollte auch nicht durch ein maennliches Betragen ein Gefuehl weiblicher Minderwertigkeit kompensieren, das sie keineswegs empfand.

Mit zwanzig Jahren, als sie der huebschesten ihrer Kolleginnen den Hof machte, hatte sie sich allerdings einmal dabei ertappt, dass sie die Muetze zog, um die andere zu gruessen,
zuruecktrat, um sie vorbeizulassen, und ihr beim Aussteigen aus einem Taxi die Hand bot.
Auch bestand sie darauf, zu bezahlen, wenn sie gemeinsam in einer Konditorei Tee tranken.
Sie kuesste ihr auf offener Strasse die Hand, gelegentlich auch den Mund, wenn es irgend ging.

Aber dabei handelte es sich um Maetzchen, die sie auffuehrte, um die Leute zu schockieren, um Kindereien, nicht um eine ueberzeugung.

Die Vorliebe dagegen, die sie fuer die Suesse sehr weicher, bemalter Lippen hegte, die unter den ihren nachgaben,
fuer den Emaille-oder Perlenglanz der Augen, die sich im Daemmerlicht halb schliessen, um fuenf Uhr nachmittags, wenn die Vorhaenge zugezogen sind und die Lampe auf dem Kaminsims brennt,
fuer die Stimmen, die sagen:
"... noch einmal, ah! bitte, bitte, noch einmal, ..."
fuer den Tanggeruch, der an ihren Fingern haften blieb, diese Vorliebe war echt und tief.

Ebenso lebhaft war das Vergnuegen, das sie bei der Jagd empfand.
Dabei kam es ihr nicht so sehr auf das Jagen selbst an, so amuesant oder hinreissend es auch sein mochte, als vielmehr auf das Gefuehl der vollstaendigen Freiheit, das sie dann verspuerte.

Sie gab den Ton an, sie, und nur sie allein (was sie bei einem Mann nie tat, es sei denn, auf Umwegen).
Bei ihr lag die Initiative des Wortes, der Rendezvous, der Kuesse, und sie legte solchen Wert darauf, dass sie es nicht mochte, wenn sie zuerst gekuesst wurde,
und, seit sie Liebhaber hatte, beinah niemals duldete, dass ein Maedchen ihre Liebkosungen erwiderte.
So begierig sie danach war, ihre Freundin nackt unter den Augen zu haben, unter den Haenden, so ueberfluessig erschien es ihr, sich selbst zu entkleiden.
Oft suchte sie einen Vorwand, um es zu vermeiden, behauptete zu frieren oder unpaesslich zu sein.

Uebrigens gab es wenige Frauen, an denen sie nicht irgend etwas schoen gefunden haette;
sie erinnerte sich, dass sie kurz nach ihrer Entlassung aus dem Lyzeum ein haessliches und unsympathisches, stets missmutiges kleines Maedchen hatte verfuehren wollen,
einzig deshalb, weil es einen Wald blonder Haare hatte, die in schlecht geschnittenen Locken Licht und Schatten auf ihr Gesicht zauberten, auf eine stumpfe, aber feinkoernige, straffe, zarte, vollstaendig matte Haut.

Doch die Kleine hatte sie abblitzen lassen, und wenn eines Tages die Lust das unschoene Gesicht verklaert hatte, so war es nicht O zuliebe gewesen.
Denn O liebte es leidenschaftlich, diesen Schleier ueber die Gesichter ziehen zu sehen, der sie so glatt und jung macht;
ihnen eine zeitlose Jugend verleiht, sie nicht in die Kindheit zurueckversetzt, sondern die Lippen schwellt, die Augen vergroessert wie Kohle, und die Iris schimmernd und klar macht.

Dabei war mehr Bewunderung als Eigenliebe im Spiel, denn die Verwandlung ruehrte sie nicht deshalb so sehr, weil sie selbst sie bewirkt hatte:
in Roissy empfand sie die gleiche Ergriffenheit vor dem entstellten Gesicht eines Maedchens, das einem Unbekannten ausgeliefert war.
Die Nacktheit, die Hingabe des Koerpers, erregten sie und es schien ihr, als machten ihre Freundinnen ihr ein Geschenk, fuer das sie ihnen nie genug danken konnte,
wenn sie sich nur bereitfanden, sich nackt in einem verschlossenen Zimmer anschauen zu lassen.

Denn die Nacktheit in den Ferien, in der Sonne und am Strand, liess sie kalt - nicht etwa, weil sie sich dort oeffentlich zeigte, sondern weil diese Oeffentlichkeit und die Unvollstaendigkeit ihr einen gewissen Schutz gewaehrten.

Die Schoenheit der anderen Frauen, die sie grosszuegigerweise stets ueber ihre eigene zu stellen bereit war, bestaerkte sie im Glauben an ihre eigene Schoenheit,
in der sie, wenn sie sich in ungewohnten Spiegeln betrachtete, den Widerschein der fremden Schoenheit entdeckte.

Die Macht, die sie ihren Freundinnen ueber ihre Person einraeumte, versicherte sie zugleich ihrer eigenen Macht ueber die Maenner.
Und sie war gluecklich und fand es nur natuerlich, dass die Maenner so stuermisch von ihr forderten, was sie von den Frauen forderte
(und ihnen nicht zurueckgab oder nur zum kleinsten Teil).
Auf diese Weise war sie zugleich und staendig Komplizin der einen wie der anderen und gewann in beiden Spielen.

Es gab schwierige Partien.
Dass O in Jacqueline verliebt war, nicht mehr und nicht weniger, als sie in viele andere verliebt gewesen war und vorausgesetzt, dass der Ausdruck verliebt (was reichlich viel gesagt war) zutraf, unterlag keinem Zweifel.
Doch warum zeigte sie es nicht?

Als die Knospen an den Pappeln der Kais aufsprangen, als der Tag laenger zoegerte, bis er unterging, und den Liebespaaren erlaubte, sich nach den Buerostunden in die Gaerten zu setzen, glaubte sie sich endlich stark genug, es mit Jacqueline aufzunehmen.
Im Winter war sie ihr zu unbesiegbar erschienen, zu schillernd, unberuehrbar, unzugaenglich unter ihren frostigen Pelzen.

Jacqueline wusste es.
Der Fruehling bot ihr nur Kostueme, flache Schuhe, Pullover.
Mit ihrem kurzgeschnittenen, glatten Haar sah sie schliesslich aus, wie eines der kecken Schulmaedchen, die O mit sechzehn Jahren, als sie ebenfalls noch ins Lyzeum ging,
an den Handgelenken gepackt und schweigend in eine leere Garderobe gezerrt, gegen die aufgehaengten Maentel gedraengt hatte.
Die Maentel fielen von den Haken.
O wurde von einem Lachanfall geschuettelt.

Sie trugen Uniformblusen aus Kattun, ihre Initialen waren in roter Baumwolle auf die Brusttasche gestickt.
In drei Kilometern Entfernung hatte die um drei Jahre juengere Jacqueline in einem anderen Lyzeum die gleichen Blusen getragen.
O erfuhr es eines Tages zufaellig, als Jacqueline fuer Hausmaentel Modell stand und seufzend sagte,

"wenn man im Internat wenigstens so huebsche Hausmaentel gehabt haette, waere man gluecklicher gewesen.
Oder wenn man wenigstens die vorgeschriebenen haette tragen duerfen, ohne etwas darunter anzuziehen."

"Wieso ohne etwas darunter?" sagte O.

"Ohne Kleid natuerlich", erwiderte Jacqueline.

Worauf O erroetete.
Sie konnte sich nicht daran gewoehnen, unter ihrem Kleid nackt zu sein, und jedes zweideutige Wort erschien ihr eine Anspielung auf ihren Zustand.

Vergeblich sagte sie sich, dass man unter irgendeinem Kleidungsstueck immer nackt sei.
Nein, sie fuehlte sich nackt wie jene Veroneserin, die zum Heerfuehrer der Belagerer gegangen war, um ihre Stadt zu retten:
nackt unter einem Mantel, den man nur zurueckzuschlagen brauchte.
Es schien ihr auch, als wolle sie damit etwas einhandeln, genau wie die Italienerin, aber was?

Jacqueline war ihrer sicher, und den Beweis dafuer brauchte sie nicht erst einzuhandeln;
ein Blick in den Spiegel genuegte.
O betrachtete sie voll Demut und dachte, man koennte ihr, ohne sich schaemen zu muessen, keine anderen Blumen schenken als Magnolien, deren dicke und matte Bluetenblaetter leicht ins braeunliche spielen, wenn sie welken, oder Kamelien, in deren waechsernem Weiss zuweilen ein rosiges Licht spielt.

Der Winter rueckte immer ferner, und mit der Erinnerung an den Schnee verblasste auch eine leichte Toenung, die Jacquelines Haut vergoldete.
Bald wuerden nur noch Kamelien am Platze sein.

Aber O fuerchtete, sich laecherlich zu machen mit solch melodramatischen Blumen.
Sie brachte ihr eines Tages einen grossen Strauss blauer Hyazinthen, deren Duft dem der Tuberosen aehnlich ist und einem zu Kopf steigt:
oelig, heftig, haftend, genau der Duft, den die Kamelien haben sollten und den sie nicht haben.

Jacqueline steckte ihre Mongolennase in die steifen, lauen Blueten, ihre Lippen, die seit vierzehn Tagen rosa geschminkt waren, nicht mehr rot.

Sie sagte: "Sind die fuer mich?"

Wie die Frauen sagen, denen alle Welt allezeit Geschenke macht.
Dann sagte sie "danke,"
dann fragte sie, ob René kommen werde, um O abzuholen.

Ja, er werde kommen, sagte O.

Er wird kommen, sagte sie bei sich und fuer ihn wird Jacqueline in gespielter Regungslosigkeit, in gespieltem Schweigen eine Sekunde die eisigfeuchten Augen heben, die niemandem ins Gesicht schauten.

Jacqueline wuerde man nichts mehr lehren muessen:
nicht schweigen, nicht die offenen Haende an den Seiten herabhaengen lassen, nicht den Kopf halb in den Nacken beugen.

O starb fast vor Verlangen danach, die allzu hellen Haare im Nacken zu packen, den willigen Kopf weit zurueckzubeugen, wenigstens mit den Fingerspitzen die Linie der Brauen nachzuziehen.
Aber auch René wuerde danach verlangen.

Sie wusste genau, warum ihre fruehere Kuehnheit solcher Schuechternheit gewichen war,
warum sie seit zwei Monaten Jacqueline begehrte, ohne sich mit einem Wort oder einer Geste zu verraten,
warum sie vor sich selbst fadenscheinige Begruendungen fuer ihre Zurueckhaltung anfuehrte.

Es stimmte nicht, dass Jacqueline unnahbar war.
Das Hindernis lag nicht bei Jacqueline, es lag in O selbst und war von einer Art, wie es ihr nie zuvor begegnet war.
Es bestand darin, dass René ihr Freiheit liess und dass sie ihre Freiheit verabscheute.
Ihre Freiheit war schlimmer als alle Ketten.
Ihre Freiheit trennte sie von René.

Zehnmal schon haette sie, ohne ein Wort zu sagen, Jacqueline bei den Schultern nehmen, sie mit beiden Haenden an eine Wand nageln koennen, wie man einen Schmetterling aufspiesst;
Jacqueline haette sich nicht bewegt, sie haette bestimmt nicht einmal gelaechelt.

Aber O war wie ein wildes Tier geworden, dass man in Gefangenschaft gehalten hat und das jetzt dem Jaeger als Lockvogel dient, das seine Beute nur noch fuer ihn schlaegt, nur auf seinen Befehl zuspringt.

Sie selbst lehnte sich nun manchmal bleich und zitternd an die Wand, festgenagelt durch ihr Schweigen, festgebunden durch ihr Schweigen, und so gluecklich, weil sie schwieg.
Sie erwartete mehr als eine Erlaubnis, denn die Erlaubnis hatte sie bereits.
Sie erwartete einen Befehl.

Er kam nicht von René, er kam von Sir Stephen.

.
  #26  
Old 09-24-2016, 04:29 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 9
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Monate waren vergangen, seit René sie Sir Stephen uebergeben hatte, und O bemerkte mit Schrecken die zunehmende Bedeutung, die Sir Stephen in den Augen ihres Geliebten gewann.
Zugleich dachte sie, dass sie sich vielleicht taeuschte, dass es sich bei dem, was sie fuer eine fortschreitende Entwicklung der Tatsachen oder der Gefuehle hielt, lediglich um eine fortschreitende Erkenntnis dieser Tatsachen oder dieser Gefuehle handelte.

Auf jeden Fall hatte sie bald bemerkt, dass René stets dann die Nacht bei ihr zubrachte, ja, nur noch dann, wenn sie am vorhergegangenen Abend bei Sir Stephen gewesen war
(Sir Stephen behielt sie die ganze Nacht ueber nur dann, wenn René nicht in Paris war.)

Sie hatte zudem festgestellt, dass er sie an diesen Abenden, wenn auch er bei Sir Stephen war, niemals beruehrte, es sei denn, um sie fuer Sir Stephen leicht zugaenglich zu machen, sie in ihrer Stellung festzuhalten, wenn sie sich wehrte.

Er blieb nur sehr selten und stets angekleidet, wie beim ersten Mal, verhielt sich schweigend, rauchte eine Zigarette nach der anderen, legte Holz im Kamin nach, brachte Sir Stephen zu trinken - er selbst trank jedoch nicht.

O spuerte, dass er sie beobachtete, wie ein Dompteur das von ihm dressierte Tier beobachtet,
das ihm durch seinen blinden Gehorsam Ehre machen soll,
oder wie im Beisein eines Fuersten der Leibwaechter, eines Bandenchefs der Handlanger die Dirne im Auge behaelt, die er ihm von der Strasse geholt hat.

Dass er das Gesicht Sir Stephens beobachtete, nicht das ihre, war der Beweis, dass er hier die Stellung eines Dieners oder eines Akolyten ausuebte,
und O fuehlte sich unter seinen Augen sogar um die Wollust gebracht, in der ihre Zuege ertranken:

seine Bewunderung und selbst die Dankbarkeit dafuer galt Sir Stephen, der diese Wollust erregt hatte,
er war gluecklich, weil Sir Stephen geruhte, sich an einer Sache zu erfreuen, die er ihm geschenkt hatte.

Zweifellos waere alles viel einfacher gewesen, wenn Sir Stephen junge Maenner geliebt haette, und O zweifelte nicht, dass René, der keine Maenner liebte, dennoch leidenschaftlich allen noch so geringen oder noch so ungeheuerlichen Forderungen Sir Stephens zu willen gewesen waere.
Aber Sir Stephen liebte nur Frauen.

Sie begriff, dass die beiden ueber ihren Koerper, den sie sich teilten, zu einer geheimnisvolleren und vielleicht tieferen Bindung gelangten, als es ein Liebesverhaeltnis gewesen waere,
zu einer Bindung, deren blosse Vorstellung ihr unertraeglich war, deren Realitaet und Macht sie dennoch nicht leugnen konnte.

Warum aber war diese Teilung in gewissem Sinne abstrakt?
In Roissy hatte O im gleichen Augenblick, in der gleichen Umgebung René und anderen Maennern angehoert.
Warum verzichtete René in Sir Stephens Gegenwart nicht nur darauf, sie zu nehmen, sondern auch darauf, ihr Befehle zu geben?
(Er uebermittelte ihr lediglich die Befehle Sir Stephens).

Sie stellte ihm die Frage und wusste die Antwort schon im voraus.

"Aus Respekt", antwortete René.

"Aber ich gehoere dir", sagte O.

"In erster Linie gehoerst du Sir Stephen."

Und das stimmte, zumindest insofern, als die Rechte, die René seinem Freund ueber sie eingeraeumt hatte, total waren,
als die Rechte kleinsten Wuensche Sir Stephens den Vorrang hatten vor Renés Entscheidungen oder seinen Anspruechen an sie.

Hatte René beschlossen, dass er mit O zu Abend essen und ins Theater gehen wolle, so brauchte Sir Stephen ihn nur eine Stunde zuvor anzurufen um O zu sich zu bestellen
und René holte sie am Studio ab, wie sie es vereinbart hatten, aber um sie vor Sir Stephens Tuer abzusetzen.

Einmal, nur ein einziges Mal, hatte O René gebeten, er moege Sir Stephen einen anderen Tag vorschlagen, weil sie sich so sehr wuenschte, René zu einer Abendveranstaltung zu begleiten, die sie gemeinsam besuchen sollten.
René hatte es ihr abgeschlagen.

"Mein armes Kind," hatte er gesagt
"hast du noch immer nicht begriffen, dass du nicht mehr dir selbst gehoerst und dass nicht mehr ich ueber dich verfuege?"

Er hatte es ihr nicht nur abgeschlagen, er hatte Sir Stephen von Os Bitte unterrichtet und ihn in ihrer Gegenwart gebeten, sie so grausam dafuer zu bestrafen, dass sie nie mehr auf den Gedanken kaeme, widerspenstig zu sein.

"Gewiss", hatte Sir Stephen erwidert.

René blieb nicht laenger, als die drei Minuten, die er brauchte, um O zu verraten und Sir Stephens Antwort zu hoeren.
Dann winkte er Sir Stephen einen Gruss zu, laechelte O zu und ging.
Durchs Fenster sah sie ihn ueber den Hof gehen;
er drehte sich nicht um;
sie hoerte die Autotuer zuschlagen, den Motor aufheulen und sah in einem kleinen Wandspiegel ihr eigenes Bild:
sie war weiss vor Verzweiflung und vor Furcht.

Sie waren in dem kleinen, ovalen Zimmer mit dem eingelegten Fussboden, in dem als einziges Moebelstueck ein schwarzes Tischchen mit Perlmuttintarsien stand und das an den grossen gelbgrauen Salon anschloss.
Dann warf sie mechanisch einen Blick auf Sir Stephen, der ihr die Tuer zum Salon aufhielt und zuruecktrat, waehrend sie hindurchging; er war genauso bleich, wie sie.

Wie ein Blitz durchzuckte sie die Gewissheit, dass er sie liebte.
Wie ein Blitz erlosch sie wieder.
Doch obwohl sie nicht daran glaubte, sich selbst verlachte, war ihr dieser Gedanke ein Trost und sie entkleidete sich gehorsam auf seinen Wink.

Und zum ersten Mal, seit er sie zwei-, dreimal in der Woche kommen liess - wobei er sich immer Zeit nahm, sich ihr zu naehern,
sie oft eine Stunde nackt warten liess, ihr Flehen anhoerte, ohne jemals darauf zu antworten,
denn sie flehte ihn zuweilen an, zur gleichen Zeit die gleichen Befehle wiederholte,
wie nach einem Ritual, so dass sie genau wusste, wann ihr Mund ihn beruehren musste, wann sie ihm, auf den Knien liegend, den Kopf in die Seide des Sofas gepresst,
nur ihre Lenden bieten durfte, deren er sich nun bediente, ohne O zu verletzen,
so sehr hatte sie sich ihm geoeffnet -

zum ersten Mal und trotz der Furcht, die sie zersetzte oder vielleicht dank dieser Furcht, trotz der Verzweiflung, in die Renés Verrat sie gestuerzt hatte aber vielleicht auch gerade dank dieser Verzweiflung gab sie sich voellig hin.
Und ihre willigen Augen waren so zaertlich, als sie Sir Stephens hellem, brennendem Blick begegneten, dass dieser zum ersten Mal ploetzlich mit ihr franzoesisch sprach und sie du nannte:

"O, ich werde dich knebeln, weil ich dich bis aufs Blut peitschen moechte, sagte er.
Erlaubst du es mir?"

"Ich gehoere Ihnen", sagte O.

Sie stand in der Mitte des Salons, ihre erhobenen und zusammengebundenen Haende, die von den Armreifen aus Roissy und einer Kette an dem Ring festgebunden waren, an dem frueher ein Luester von der Decke hing, liessen ihre Brueste vorspringen.
Sir Stephen beruehrte ihre Brueste, kuesste sie dann, dann kuesste er Os Mund, einmal, zehnmal.

(Er hatte sie noch nie auf den Mund gekuesst.)
Und als er ihr den Knebel einsteckte, der ihren Mund mit dem Geschmack von feuchter Leinwand fuellte, ihr die Zunge bis in den Schlund zurueckschob und in den ihre Zaehne kaum beissen konnten, fasste er sie sanft bei den Haaren.
Sie schwankte auf ihren nackten Fuessen, die Kette hielt sie im Gleichgewicht.

"O, verzeih mir", fluesterte er

(noch nie hatte er sie um Verzeihung gebeten), dann liess er sie los und schlug zu.

---

Als René nach Mitternacht zu O kam, nachdem er allem die Veranstaltung besucht hatte, zu der sie gemeinsam hatten gehen wollen, fand er sie im Bett, zitternd im weissen Nylon ihres langen Nachthemds.
Sir Stephen hatte sie selbst nach Hause und zu Bett gebracht und sie noch einmal auf den Mund gekuesst.

Sie sagte es René.
Sie sagte ihm auch, dass sie nicht mehr den Wunsch verspuere, Sir Stephen nicht zu gehorchen und sie wusste sehr gut, dass René daraus den Schluss zog, die Peitsche sei notwendig und angenehm fuer sie, was auch stimmte (aber nicht der einzige Grund war).

Zudem war sie ueberzeugt, es sei auch fuer René notwendig, dass sie die Peitsche bekam.
So sehr er es verabscheute, sie selbst zu schlagen -
er hatte sich nie dazu entschliessen koennen -
so sehr liebte er es, zuzusehen, wie sie sich unter den Schlaegen wand, zu hoeren, wie sie schrie.

Ein einziges Mal hatte Sir Stephen sie vor René mit dem Reitstock geschlagen.
René hatte O ueber den Tisch gelegt und sie so festgehalten, dass sie sich nicht bewegen konnte.
Ihr Rock war herabgeglitten:
er hatte ihn wieder hochgeschlagen.

Vielleicht lag ihm noch mehr an dem Gedanken, dass O, waehrend er nicht bei ihr war, waehrend er spazieren ging oder arbeitete, sich unter der Peitsche wand, stoehnte und weinte, um Gnade bettelte und sie nicht erhielt -
und wusste, dass dieser Schmerz und diese Demuetigung ihr durch den Willen ihres Geliebten zugefuegt wurden und zu seiner Lust.

In Roissy hatte er sie von den Dienern peitschen lassen.
In Sir Stephen hatte er den unbarmherzigen Gebieter gefunden, der er selbst nicht sein konnte.
Die Tatsache, dass der Mann, den er auf der Welt am meisten bewunderte, an O Gefallen fand und sich der Muehe unterzog, sie gefuegig zu machen, steigerte Renés Leidenschaft fuer sie, das sah O genau.

Jeder Mund, der sich auf ihren Mund gepresst hatte, jede Hand, die ihre Brueste und ihren Leib beruehrte, jedes Geschlecht, das in sie eingedrungen war, sie alle, die so eindeutig den Beweis erbrachten, dass sie prostituiert wurde, hatten zugleich den Beweis erbracht, dass sie dessen wuerdig war, hatten sie in gewisser Weise geheiligt.

Aber das alles galt in Renés Augen nichts im Vergleich zu dem Beweis, den Sir Stephen gab.
Sooft sie aus Sir Stephens Armen kam, suchte René auf ihr die Spur eines Gottes.
O wusste, dass er sie vor ein paar Stunden nur verraten hatte, um neue und grausamere Spuren zu schaffen.
Das war der einzige Grund.
Sie wusste aber auch, dass Sir Stephen gar keiner Gruende bedurft haette.
Umso schlimmer.
(Sie aber dachte, umso besser).

Erschuettert betrachtete René lange Zeit den schlanken Koerper, auf dem dicke, blaurote Striemen sich wie Schnuere von Schulter zu Schulter spannten, ueber den Ruecken, die Lenden, ueber Leib und Brueste, sich da und dort ueberschnitten.
An manchen Stellen perlte ein bisschen Blut.

"Ah! ich liebe dich" fluesterte er.

Er zog sich mit bebenden Haenden aus, loeschte das Licht und legte sich neben O.
Sie stoehnte im Dunkeln, waehrend er sie nahm.

Die Striemen auf Os Koerper verblassten erst nach einem Monat.
Auch danach noch blieb dort, wo die Haut geplatzt war, eine weissliche Linie sichtbar, wie eine sehr alte Narbe.
Doch selbst wenn O haette vergessen koennen, so wuerde die Haltung Renés und Sir Stephens sie wieder daran erinnert haben.

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  #27  
Old 09-25-2016, 11:53 AM
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II - SIR STEPHEN - Teil 10
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


René hatte selbstverstaendlich einen Schluessel zu Os Wohnung.
Er war nicht auf den Gedanken gekommen, auch Sir Stephen einen Schluessel zu geben, wahrscheinlich weil Sir Stephen bisher niemals den Wunsch geaeussert hatte, O aufzusuchen.

Aber die Tatsache, dass er sie an jenem Abend nachhause gebracht hatte, brachte René ploetzlich auf die Idee, dass diese Tuer, die nur O und er oeffnen konnten, von Sir Stephen als Hindernis betrachtet werden koennte,
als Schranke oder als von René beabsichtigte Einschraenkung, und dass es laecherlich war, ihm O zu geben, wenn er ihm nicht zugleich die Moeglichkeit gab, jederzeit nach Belieben zu ihr zu kommen.
Kurz, er liess einen Schluessel anfertigen, haendigte ihn Sir Stephen aus und sagte O erst Bescheid, nachdem Sir Stephen ihn angenommen hatte.

Sie dachte nicht daran, zu protestieren und bemerkte bald, dass die staendige Erwartung der Ankunft Sir Stephens sie in einen Zustand unbegreiflicher Froehlichkeit versetzte.

Sie wartete lange, sie fragte sich, ob er sie wohl in tiefer Nacht ueberraschen werde,
ob er Renés Abwesenheit benutzen wolle, ob er allein kommen, ob er ueberhaupt kommen wuerde.
Sie wagte nicht, mit René darueber zu sprechen.


Eines Morgens, als die Aufwartefrau zufaellig nicht da war und O frueher als gewoehnlich aufgestanden und schon um zehn Uhr zum Ausgehen angezogen war, hoerte sie wie ein Schluessel ins Schloss gesteckt wurde.
Sie lief zur Tuer und rief "René"
(denn René kam manchmal um diese Zeit und sie hatte nur noch an ihn gedacht!).
Es war Sir Stephen, der laechelte und sagte:

"Gut, rufen wir René an."

Aber René wurde durch eine geschaeftliche Besprechung in seinem Buero festgehalten und wuerde erst in einer Stunde kommen koennen.

O sah mit heftig klopfendem Herzen zu (und sie fragte sich, wieso) wie Sir Stephen den Hoerer auflegte.

Er setzte sie aufs Bett, nahm ihren Kopf zwischen seine Haende und oeffnete ihr den Mund, um sie zu kuessen.
Er benahm ihr so sehr den Atem, dass sie aufs Bett gefallen waere, wenn er sie nicht festgehalten haette.
Aber er hielt sie fest und richtete sie auf.

Sie begriff nicht, warum ihr diese Verwirrung, diese Angst die Kehle zuschnuerte, denn konnte sie von Sir Stephen noch etwas zu fuerchten haben, was ihr noch nicht widerfahren war?

Er bat sie, sich auszuziehen und sah wortlos zu, wie sie gehorchte.
War sie nicht wahrhaftig gewoehnt, nackt vor ihm zu stehen, so wie sie an sein Schweigen gewoehnt war, gewoehnt war, auf seine Entscheidungen zu warten?

Sie musste zugeben, dass sie sich einer Taeuschung hingab, dass sie zwar verwirrt sein mochte durch den Ort und die Stunde,
durch die Tatsache, dass sie in diesem Zimmer noch nie fuer einen anderen als fuer René nackt gewesen war,
dass jedoch der tiefere Grund fuer ihre Verwirrung der gleiche war wie immer: ihre voellige Selbstaufgabe.

Heute war diese Selbstaufgabe ihr nur dadurch spuerbarer geworden, dass sie sich nicht an einem Ort vollzog, wo sie gewissermassen nur zu diesem Zweck hingegangen war,
und nicht bei Nacht, so dass sie als ein Teil eines Traums gelten mochte oder einer geheimen zweiten Existenz
und sich zur Zeit des Tages verhielt wie der Aufenthalt in Roissy sich zur Zeit ihres Lebens mit René verhalten hatte.

Das helle Licht eines Maimorgens machte das Heimliche offenbar:
von nun an wuerden die Realitaet der Nacht und die Realitaet des Tages die gleiche Realitaet sein.
Von nun an - und O dachte: endlich.

Daraus entsprang ohne Zweifel die seltsame, mit Schrecken gemischte Sicherheit, in die sie sich gleiten fuehlte und die sie geahnt hatte, ohne sie zu begreifen.
Von nun an wuerde es keine Unterbrechung mehr geben, keine tote Zeit, keine Pause.
Was man erwartet ist, eben weil man es erwartet, bereits gegenwaertig, bereits herrschend.

Sir Stephen war ein anderer Gebieter als René, auf andere Weise fordernd, aber auch auf andere Weise sicher.
Und so leidenschaftlich O René liebte und er sie, so herrschte doch zwischen ihnen eine Gleichheit
(und wenn es nur die Gleichheit des Lebensalters gewesen waere)
die in ihr das Gefuehl aufhob, dass sie ihm gehorchte, das Bewusstsein, dass sie unterworfen wurde.

Was er von ihr forderte, das wollte sie selbst sofort, einzig deshalb, weil er es forderte.
Den Befehlen Sir Stephens jedoch gehorchte sie, weil es Befehle waren und sie war ihm dankbar, dass er sie ihr gab.

Ob er mit ihr franzoesisch oder englisch sprach, sie du oder Sie nannte, O nannte ihn stets nur Sir Stephen, wie eine Fremde, wie eine Bediente.
Sie sagte sich, das Wort "Seigneur" haette besser zu ihm gepasst, wenn sie gewagt haette, es auszusprechen, so wie ihr vor ihm das Wort Sklavin angestanden haette.
Sie sagte sich auch, dass das alles ganz in Ordnung sei, denn René war gluecklich, in ihr die Sklavin Sir Stephens zu lieben.

Nun hatte sie also ihre Kleider auf das Fussende ihres Bettes gelegt, ihre hochhackigen Pantoeffelchen angezogen und wartete mit gesenkten Augen vor Sir Stephen, der ans Fenster gelehnt stand.
Die strahlende Sonne schien durch die Gardinen aus Erbsenmousseline, sie war schon sehr heiss und waermte ihr die Fuesse.

O versuchte nicht, eine bestimmte Stellung einzunehmen, aber sie dachte geschwind, dass sie sich staerker haette parfuemieren sollen, dass sie die Spitzen ihrer Brueste nicht geschminkt hatte und dass sie froh war, ihre Pantoeffelchen anzuhaben, weil der Lack an ihren Zehen abblaetterte.

Dann kam ihr ploetzlich zum Bewusstsein, dass sie eigentlich erwartete, Sir Stephen werde ihr in die Stille hinein bedeuten, sie solle vor ihn niederknien, seine Kleidung oeffnen und ihn mit dem Mund beruehren.
Aber nein.
Dass sie allein daran gedacht hatte, trieb ihr die Roete ins Gesicht und noch waehrend sie erroetete, schalt sie sich toericht, weil sie es tat:
soviel Schamgefuehl bei einer Dirne!

In diesem Augenblick bat Sir Stephen O, sich vor ihren Frisiertisch zu setzen und ihm zuzuhoeren.

Der Frisiertisch war nicht eigentlich ein Frisiertisch, sondern ein grosser Drehspiegel im Stil der Restaurationszeit neben einer niedrigen Wandkonsole, auf der Buersten und Flakons Platz fanden.
Wenn O auf dem kleinen Polstersessel sass, konnte sie sich ganz sehen.

Waehrend er sprach, ging Sir Stephen hinter ihr auf und ab;
sein Bild erschien und verschwand im Spiegel, hinter Os Bild, doch es war ein Bild, das fern wirkte, weil der Belag des Spiegels gruenlich war, und leicht getruebt.

O, die mit geoeffneten Haenden und gespreizten Knien dasass, haette das Bild packen und anhalten moegen, um sich das Antworten zu erleichtern.
Denn Sir Stephen stellte in praezisem Englisch Fragen ueber Fragen, die letzten, die O aus seinem Munde erwartet haette, sofern sie ueberhaupt welche erwartete.

Er hatte noch kaum damit begonnen, als er sich unterbrach, um O in ihrem Sessel zurueckzukippen und sie zugleich weiter nach vorn zu ziehen;
nun bot sie sich, das linke Bein ueber der Sessellehne und das rechte leicht angewinkelt, im vollen Licht im Spiegel ihren eigenen Blicken und den Blicken Sir Stephens dar,
so ganz geoeffnet, als haette ein unsichtbarer Geliebter sich aus ihr zurueckgezogen und sie so verlassen.

Sir Stephen fragte weiter mit der Festigkeit eines Richters, der Geschicklichkeit eines Beichtvaters.
O sah ihn nicht sprechen, sah sich aber antworten.

Ob sie, seit ihrer Rueckkehr aus Roissy, anderen Maennern als René und ihm angehoert habe?

"Nein."

Ob sie den Wunsch gehabt habe, anderen, die sie getroffen hatte, anzugehoeren?

"Nein."

Ob sie sich bei Nacht, wenn sie allein sei, selbst beruehre?

"Nein."

Ob sie Freundinnen habe, die sie beruehre und von denen sie sich beruehren lasse?

"Nein."
(das nein kam zoegernder).

Aber Freundinnen, die sie begehrte?

Nun ja, Jacqueline, eine Freundin zu nenen waere zu viel gesagt.
Kollegin wuerde richtiger sein, oder vielleicht Gefaehrtin, wie die hoeheren Toechter in den feinen Pensionaten einander bezeichnen.

Darauf fragte Sir Stephen, ob sie Photos von Jacqueline habe und half ihr, aufzustehen, damit sie sie holen konnte.

.
  #28  
Old 09-26-2016, 09:05 AM
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II - SIR STEPHEN - Teil 11
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


René, der atemlos hereinkam, weil er die vier Treppen im Laufschritt genommen hatte, fand die beiden im Salon:
O stand vor dem grossen Tisch, auf dem alle Bilder Jacquelines in weiss und schwarz glaenzten wie Wasserpfuetzen in der Nacht.

Sir Stephen halb auf dem Tisch sitzend, nahm eines nach dem anderen auf, wie O sie ihm reichte, und legte sie dann wieder auf den Tisch;
mit der anderen Hand hielt er O am Schoss gepackt.

Von diesem Augenblick an richtete Sir Stephen seine Worte nicht mehr an O, sondern nur noch an René.
Ohne sie loszulassen und sie spuerte sogar, dass seine Hand tiefer in sie eindrang.

Der Grund dafuer schien ihr klar: sobald René zugegen war, bestand zwar ihretwegen zwischen Sir Stephen und ihm ein Einverstaendnis, von dem sie aber ausgeschlossen war,
sie war nur Anlass oder Objekt, man hatte ihr keine Fragen mehr zu stellen, sie hatte keine mehr zu beantworten:
was sie tun sollte, sogar was sie sein sollte, wurde ohne ihr Zutun entschieden.

Es ging auf Mittag.
Die Sonne, die mit voller Macht auf den Tisch schien, rollte die Ecken der Photos auf.
O wollte sie beiseite schieben und sie glaetten, damit sie nicht verdorben wuerden, aber sie war ihrer Bewegungen nicht sicher, sie musste ein Stoehnen unterdruecken, so sehr brannte sie Sir Stephens Hand.

Sie konnte nicht mehr, stoehnte wirklich und fand sich ploetzlich auf dem Ruecken quer ueber dem Tisch liegend, mit gespreizten, herabhaengenden Beine, mitten in den Photos, wohin Sir Stephen sie geworfen hatte, nachdem er seine Hand entfernt hatte.

Ihre Fuesse beruehrten den Boden nicht, eines der Pantoeffelchen glitt hinunter, fiel lautlos auf den weissen Teppich.
Ihr Gesicht war in der prallen Sonne und sie schloss die Augen.

Spaeter, viel spaeter sollte sie sich an etwas erinnern, was ihr im Augenblick gar nicht bewusst wurde:
dass sie so auf dem Tisch liegend, das Gespraech zwischen Sir Stephen und René mithoerte,
so als ginge es sie nichts an und doch das Gefuehl hatte, als erlebte sie etwas zum zweiten Mal.

Und es stimmte, dass sie eine aehnliche Szene bereits erlebt hatte;
denn als René sie zum ersten Mal zu Sir Stephen gefuehrt hatte, hatten die beiden in der gleichen Weise ueber sie gesprochen.

Aber dieses erste Mal war sie Sir Stephen unbekannt gewesen und René hatte das Gespraech gefuehrt.
Inzwischen hatte Sir Stephen sie allen seinen Launen gefuegig gemacht,
hatte sie nach seinem Willen geformt,
hatte von ihr die unerhoertesten Dinge gefordert und erhalten, als verstehe sich das von selbst.
Sie hatte nichts mehr zu geben, was er nicht schon besass.
Wenigstens glaubte sie das.

Jetzt sprach er, der vor ihr im allgemeinen so schweigsam war, und seine Worte, wie auch die Erwiderungen Renés zeigten, dass sie ein Thema wiederaufnahmen, das sie schon haeufig besprochen hatten und das sie zum Gegenstand hatte.
Es ging darum, wie man sie am besten verwenden, und die Erfahrungen, die sie beide mit ihr gemacht hatten, am besten ausnutzen koenne.

Sir Stephen gab gern zu, dass O unendlich erregender wirkte, wenn ihr Koerper von Malen irgendwelcher Art gezeichnet war,
und sei es nur deshalb, weil diese Male ihr eine Taeuschung unmoeglich machten und auf den ersten Blick kundtaten, dass ihr gegenueber alles erlaubt war.
Denn das Wissen, war eine Sache:
den Beweis dafuer vor Augen zu haben, den staendig erneuerten Beweis, war eine andere.

René, so sagte Sir Stephen, habe recht gehabt mit seiner Forderung, dass sie gepeitscht werden solle.
Sie beschlossen, dass sie nicht nur um des Vergnuegens willen, das ihre Schreie und ihre Traenen gewaehren mochten, gepeitscht werden solle,
sondern um dafuer zu sorgen, dass staendig Spuren an ihr zu sehen sein wuerden.

O hoerte, noch immer auf dem Ruecken liegend und innerlich brennend, unbeweglich zu
und es schien ihr, als spreche Sir Stephen in wunderlicher Stellvertretung fuer sie, an ihrer Stelle.
Als waere er in ihrem Koerper, als haette er die Unruhe, die Angst, die Schande empfunden,
aber auch den geheimen Stolz und die aetzende Lust, die sie empfand,
besonders wenn sie allein auf der Strasse inmitten der Passanten ging oder einen Autobus bestieg, oder wenn sie mit den Mannequins und den Technikern im Studio war
und sich sagte, dass jeder dieser Menschen, wenn ihm ein Unfall zustossen und man ihn auf die Strasse betten oder einen Arzt rufen muesste, selbst noch nackt sein Geheimnis bewahren wuerde,
sie dagegen nicht:
ihr Geheimnis war nicht allein durch ihr Schweigen zu bewahren,
hing nicht allein von ihr ab.

Sie durfte sich, selbst wenn sie gewollt haette, nicht die kleinste Schwaeche erlauben -
genau das war der Sinn einer der Fragen Sir Stephens -
ohne sich sogleich zu erkennen zu geben,
sie konnte sich nicht die unschuldigsten Vergnuegungen erlauben, Tennisspielen oder Schwimmen.

Sie empfand es als wohltuend, dass ihr das alles faktisch unmoeglich gemacht war,
so wie das Gitter des Klosters es den Nonnen faktisch unmoeglich macht, sich selbst zu gehoeren oder zu fliehen.

Aber wie konnte sie Jacqueline gewinnen, ohne ihr gleichzeitig, wenn nicht die ganze Wahrheit, so doch einen Teil der Wahrheit sagen zu muessen?


Die Sonne war weitergewandert, weg von ihrem Gesicht.
Ihre Schultern klebten an der Glasur der Photos, ueber denen sie lag
und an ihrem Knie spuerte sie den rauhen Rand der Jacke Sir Stephens, der sich ihr genaehert hatte.

René und er nahmen sie bei den Haenden und setzten sie auf.
René hob ihre Pantoffel auf.
Sie musste sich anziehen.

.
  #29  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

II - SIR STEPHEN - Teil 12
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Waehrend des Mittagessens, das sie danach in Saint-Cloud einnahmen, am Ufer der Seine, setzte Sir Stephen, der jetzt mit ihr allein war, sein Verhoer fort.
Am Fuss einer Ligusterhecke, die die schattige Terrasse mit den weissgedeckten Tischen saeumte, lief ein Streifen dunkelroter, aufgebluehter Pfingstrosen.

O brauchte lange, bis sie mit ihren nackten Schenkeln den eisernen Stuhl gewaermt hatte, auf den sie sich gehorsam mit hochgeschlagenem Rock gesetzt hatte, ohne Sir Stephens Zeichen abzuwarten.

Man hoerte das Wasser an die Boote klatschen, die am Ende der Terrasse an einem Brettersteg vertaeut lagen.
Sir Stephen sass vor O, die langsam sprach, entschlossen, nicht ein Wort zu sagen, das unwahr waere.

Sir Stephen wollte wissen, warum Jacqueline ihr gefalle.

Ah! das war nicht schwierig:
einfach weil O sie schoen fand, zu schoen, wie die lebensgrossen Puppen, die man den armen Kindern schenkt und die diese Kinder niemals anzufassen wagen.
Und zugleich wusste sie, dass sie mit Jacqueline im Grund nur deshalb nicht sprach, sich ihr nur deshalb nicht naeherte, weil sie nicht wirklich Lust dazu hatte.

Hier hob sie die Augen, die sie bisher auf die Pfingstrosen gesenkt hatte und sah, dass Sir Stephen den Blick auf ihre Lippen geheftet hielt.
Hoerte er ihr zu oder achtete er nur auf ihre Stimme, auf die Bewegung ihrer Lippen?

Sie schwieg abrupt und Sir Stephens Blick hob sich und begegnete dem ihren.
Was sie darin las, war dieses Mal so klar und es war ihr so klar, dass sie richtig gelesen hatte, dass sie nun ihrerseits erbleichte.

Wenn er sie so liebte, wuerde er ihr verzeihen, dass sie es bemerkt hatte?
Sie konnte weder die Augen abwenden, noch laecheln oder sprechen.

Wenn er sie liebte, was wuerde sich aendern?
Nicht um ihr Leben waere sie imstande gewesen, die geringste Bewegung zu machen, zu fliehen, ihre Knie haetten sie nicht getragen.

Zweifellos wollte er nie etwas anderes von ihr als die Erfuellung seines Verlangens, solange dieses Verlangen andauerte.
Doch erklaerte dieses Verlangen allein schon, dass er sie, seit dem Tag, an dem René sie ihm uebergeben hatte, immer haeufiger rief und bei sich behielt, manchmal nur ihre Gegenwart wollte, nichts weiter?

Er sass vor ihr, stumm und unbeweglich wie sie;
am Nachbartisch unterhielten sich Geschaeftsleute bei einem Kaffee, der so stark war, dass man ihn noch an ihrem Tisch riechen konnte;
zwei Amerikanerinnen, hochmuetig und gepflegt, zuendeten sich schon waehrend des Essens Zigaretten an;
der Kies knirschte unter den Schritten der Kellner -
einer trat an den Tisch, um Sir Stephens zu dreiviertel geleertes Glas nachzufuellen, aber wozu einer Statue, einer Schlafwandlerin, zu trinken geben?
Er ging wieder weg.

O spuerte voll Wonne, dass der graue und brennende Blick ihre Augen nur verliess, um sich auf ihre Haende zu heften, ihre Brueste.
Endlich sah sie den Schatten eines Laechelns auftauchen, und wagte, es zu erwidern.
Aber auch nur ein einziges Wort zu sprechen, war ihr unmoeglich.

Sie atmete kaum.

"O...", sagte Sir Stephen.

"Ja", sagte O ganz schwach.

"O, was ich Ihnen jetzt sagen will, habe ich zusammen mit René beschlossen.
Dennoch moechte ich..."
Er unterbrach sich.

O erfuhr nie, ob er es deshalb tat, weil sie vor Erregung die Augen geschlossen hatte oder ob auch ihm das Atmen schwerfiel.

Er wartete, der Kellner wechselte die Teller, brachte O die Karte, damit sie ihr Dessert waehlen konnte.
O gab die Karte Sir Stephen.

"Ein Souffle?"

"Ja, ein Souffle."

"Dauert zwanzig Minuten."

"Schoen, zwanzig Minuten."

Der Kellner ging.

"Ich brauche laenger als zwanzig Minuten", sagte Sir Stephen.

Und er sprach mit gelassener Stimme weiter und was er sagte, bewies O sogleich, dass zumindest eine Sache feststand, naemlich dass, selbst falls er sie liebte, nichts dadurch geaendert wuerde,
es sei denn, man wolle diesen seltsamen Respekt, diese Glut, mit der er zu ihr sprach, als aenderung werten:

"... Ich wuerde gluecklich sein, wenn Sie sich bereitfaenden..."

anstatt sie einfach aufzufordern, seinen Wuenschen nachzukommen.
Denn es handelte sich um nichts anderes als um Befehle, denen O sich ohnehin nicht haette entziehen koennen.

Sie machte Sir Stephen darauf aufmerksam.

Er gab es zu.
"Antworten Sie trotzdem", sagte er.

"Ich werde tun, was Sie wuenschen", antwortete O u
nd das Echo dessen, was sie gesagt hatte, klang ihr im Ohr:

"Ich werde tun, was du wuenschst", hatte sie zu René gesagt.
Sie fluesterte: "René..."

Sir Stephen hatte es gehoert.

"René weiss, was ich von Ihnen will.
Hoeren Sie mir zu."

Er sprach englisch, aber mit einer tiefen und tonlosen Stimme, die man an den Nebentischen nicht hoeren konnte.
Wenn die Kellner in die Naehe kamen, schwieg er, nahm den Satz wieder auf, sobald sie sich entfernten.

Was er sagte, schien unerhoert an diesem jedermann zugaenglichen und friedlichen Ort,
das Unerhoerteste war jedoch, dass er mit solcher Selbstverstaendlichkeit es sagen und dass O es anhoeren konnte.

Er erinnerte sie zunaechst, dass sie am ersten Abend, den sie bei ihm verbrachte, einem seiner Befehle nicht gehorcht hatte und machte sie darauf aufmerksam, dass er diesen Befehl, obwohl er sie damals dafuer geohrfeigt hatte, nicht wiederholt habe.

Wuerde sie ihm jetzt gewaehren, was sie damals verweigert hatte?

O begriff, dass sie nicht nur schweigend nicken sollte, sondern dass er in entsprechenden Worten aus ihrem Munde hoeren wollte,

"ja,"
sie wuerde sich selbst beruehren, sooft er es von ihr verlange.

Sie sagte es und sah wieder den gelb und grauen Salon vor sich, René, ihre Auflehnung an diesem ersten Abend,
das Feuer, das zwischen ihren gespreizten Knien gluehte, als sie nackt auf dem Teppich lag.

"Heute Abend, in diesem gleichen Salon... "

Aber nein, Sir Stephen machte keine genauen Angaben, er fuhr fort.

Er wies sie darauf hin, dass sie in seiner Gegenwart niemals René angehoert habe,
(auch keinem anderen Mann)
wie sie in Renés Gegenwart ihm angehoert hatte
(und in Roissy vielen anderen Maennern).

Sie duerfte daraus nicht schliessen, dass ihr von René allein die Demuetigung zuteil werde, sich einem Mann hingeben zu muessen, der sie nicht liebte - vor einem Mann, der sie liebte.

(Es blieb bei diesem Thema, so lang, mit so brutaler Ausfuehrlichkeit:
sie wuerde bald ihren Schoss und ihre Lenden und ihren Mund allen seinen Freunden oeffnen, die sie kennenlerne und Verlangen nach ihr haben wuerden -
dass O zweifelte, ob diese Brutalitaet nicht ebensosehr gegen ihn selbst wie gegen sie gerichtet sei und sie behielt nur das Ende des Satzes:
ein Mann, der sie liebte.
Welches andere Gestaendnis wollte sie hoeren?)

Im uebrigen wollte er selbst sie im Lauf des Sommers nach Roissy zurueckbringen.
Hatte sie sich niemals darueber gewundert, dass zuerst René und dann er selbst sie so isoliert gehalten hatten?
Sie sah nur sie beide, sei es zusammen, sei es einzeln.

Wenn Sir Stephen in seinem Haus in der Rue de Poitiers Gaeste hatte, holte er O niemals.
Nie hatte sie bei ihm zu Mittag oder zu Abend gegessen,
niemals hatte René ihr seine Freunde vorgestellt, mit Ausnahme Sir Stephens.

Zweifellos wuerde er sie auch weiterhin von allen fernhalten, denn von nun an besass Sir Stephen das Verfuegungsrecht ueber sie.
Sie duerfe nicht glauben, dass sie als sein Eigentum nun weniger wie eine Gefangene behandelt wuerde, im Gegenteil.

(Aber O begriff schlagartig nur das eine:
dass Sir Stephen ihr gegenueber die gleiche Rolle spielen wuerde wie René, mit ihm identisch sein wuerde.)

Der Ring aus Eisen und Gold, den sie an der linken Hand trug -
erinnerte sie sich, wie er ihn so eng gewaehlt hatte, dass sie ihn nur mit Muehe an den Ringfinger stecken konnte?
Sie konnte ihn nicht mehr abziehen - war das Zeichen, dass sie Sklavin war, aber Sklavin aller.

Der Zufall hatte es gewollt, dass sie seit dem Herbst keine Gaeste des Schlosses von Roissy getroffen hatte, die ihre Eisen bemerkt und Konsequenzen daraus gezogen hatten.
Das Wort Eisen, im Plural gebraucht, in dem sie ein Wortspiel gesehen hatte, als Sir Stephen ihr damals sagte,
die Eisen stuenden ihr gut, war keineswegs ein Wortspiel, sondern eine Losung.
Sir Stephen hatte die zweite Losung nicht anzuwenden brauchen:
naemlich, wem die Eisen gehoerten, die sie trug.

Aber was wuerde O antworten, wenn man ihr diese Frage heute stellte?

O zoegerte: "René und Ihnen", sagte sie.

"Nein", sagte Sir Stephen,
"mir. ...René wuenscht, dass Sie vor allem von mir abhaengen sollen."

O wusste es genau, warum versuchte sie, falsch zu spielen?

In kurzer Zeit, auf jeden Fall vor ihrer Rueckkehr nach Roissy, wuerde sie ein endgueltiges Kennzeichen erhalten, das sie nicht davon befreien werde, die Sklavin aller zu sein,
sie jedoch unter anderen als seine besondere Sklavin ausweisen werde
und neben dem die Spuren der Peitsche oder des Reitstocks auf ihrem Koerper, selbst wenn sie dauernd erneuert wuerden, diskret und fluechtig wirkten.

(Aber welches Kennzeichen, worin wuerde es bestehen, wieso wuerde es endgueltig sein?
O war schreckensstarr, fasziniert, sie starb vor Neugier, es zu erfahren und zwar sofort.
Aber Sir Stephen wollte sich offenbar nicht naeher erklaeren.
Und es stimmte, dass sie ja sagen, zustimmen sollte im wahren Sinne des Wortes, denn es wuerde ihr nichts gewaltsam angetan werden, dem sie nicht vorher zugestimmt haette,
sie konnte sich weigern, nichts hielt sie in ihrer Sklaverei, als ihre Liebe und eben ihr Sklaventum.

Was hinderte sie daran, fortzugehen?)

Aber ehe dieses Kennzeichen ihr aufgepraegt wuerde,
auch ehe Sir Stephen zu der Gewohnheit uebergehen wuerde, sie, wie er mit René beschlossen hatte, so zu peitschen, dass die Spuren dauernd sichtbar sein wuerde, sollte ihr ein Aufschub gewaehrt werden -
soviel Zeit, wie sie brauchte, um Jacquelines Widerstand zu brechen.

Hier hob O verwundert den Kopf und sah Sir Stephen an.
Warum?

"Warum Jacqueline?"

Und wie haenge Sir Stephens Interesse fuer Jacqueline mit O zusammen?

"Es gibt zwei Gruende", sagte Sir Stephen.
"Der erste und weniger wichtige ist der, dass ich sehen moechte, wie Sie eine Frau kuessen und beruehren."

"Aber wie glauben Sie", rief O,
"dass sie sich dazu, wenn ueberhaupt, in Ihrer Gegenwart bereitfindet?"

"Das ist eine Kleinigkeit", sagte Sir Stephen,
"notfalls kann man sie hintergehen, und ich rechne damit, dass Sie noch viel mehr bei ihr erreichen,
denn der zweite Grund, warum ich will, dass sie sich Ihnen ergibt, ist der, dass Sie Jacqueline nach Roissy bringen muessen."

O stellte die Kaffeetasse ab, die sie in der Hand hielt,
sie zitterte so sehr, dass sie den Rest aus Kaffeesatz und Zucker auf das Tischtuch verschuettete.
Wie eine Seherin erblickte sie in dem groesser werdenden braunen Fleck unertraegliche Bilder:

Jacquelines Eisaugen vor dem Diener Pierre, ihre Hueften, die bestimmt ebenso goldfarben waren wie ihre Brueste und die O noch nie gesehen hatte,
von ihrem weiten, hochgeschuerzten Samtkleid entbloesst, auf dem Flaum der Wangen Traenen und der geschminkte Mund aufgerissen und schreiend
und das glatte Haar wie geschnittenes Stroh in ihrer Stirn, nein, das war unmoeglich, nicht sie, nicht Jacqueline.

"Das ist nicht moeglich, das geht nicht", sagte sie.

"Oh doch", erwiderte Sir Stephen.

"Wie glauben Sie denn, dass die Maedchen nach Roissy kommen?"

"Sobald Sie sie einmal dorthin gebracht haben, geht das ganze Sie nichts mehr an und ausserdem, wenn sie weg will, kann sie ja weg.
Kommen Sie."

Er war abrupt aufgestanden und hatte das Geld fuer die Rechnung auf den Tisch gelegt.
O folgte ihm zum Wagen, stieg ein, setzte sich.

Sie waren kaum im Bois de Boulogne, als er einen Umweg einschlug, um in einer kleinen Seitenallee zu parken und sie in seine Arme nahm.

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  #30  
Old 09-28-2016, 08:54 AM
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III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 1
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


O hatte geglaubt, oder, um eine Entschuldigung zu haben, glauben wollen, dass Jacqueline unnahbar sei.
Sie wurde eines anderen belehrt, sobald sie sich darum bemuehte.

Das sittsame Gehabe, das Jacqueline an den Tag legte, wenn sie die Tuer des kleinen Spiegelkabinetts schloss, wo sie ihre Kleider an und auszog, war nur darauf berechnet, O zu locken,
ihr Appetit darauf zu machen, eine Tuer aufzubrechen, die sie nicht haette durchschreiten wollen, wenn sie offen gewesen waere.

Dass Os Entschluss jedoch von einem fremden Willen bestimmt wurde, nicht das Resultat dieser primitiven Strategie war, ahnte Jacqueline nicht im entferntesten.
O machte das zuerst Spass.

Wenn zum Beispiel Jacqueline jetzt, nachdem O ihr beim Frisieren geholfen hatte, ihre Vorfuehrkleider auszog und den hochgeschlossenen Pullover und die Tuerkiskette anlegte, die so gut zu ihren Augen passte, empfand O ein seltsames Vergnuegen bei dem Gedanken, dass noch am gleichen Abend Sir Stephen von jeder Bewegung Jacquelines erfahren wuerde,
ob sie O erlaubt hatte, die beiden kleinen, weit auseinanderstehenden Brueste unter dem Pullover zu beruehren, ob ihre Lider die Wimpern, die heller waren, als ihre Haut, auf die Wangen gesenkt hatten, ob sie gestoehnt hatte.

Wenn O sie kuesste, wurde sie in ihren Armen ganz schwer, unbeweglich und erwartungsvoll, liess sich den Mund oeffnen und die Haare in den Nacken ziehen.
O musste immer darauf achten, sie an eine Tuerfuellung zu lehnen oder gegen einen Tisch und sie an den Schultern festzuhalten.
Sie waere sonst zu Boden geglitten, mit geschlossenen Augen, ohne einen Klagelaut.

Sobald O sie losliess, wurde sie wieder zu Rauhreif und Eis, lachend und fremd, sie sagte:
"Ihr Lippenstift hat abgefaerbt" und wischte sich den Mund ab.

An dieser Fremden wollte O Verrat ueben, wenn sie so sorgfaeltig - um nichts zu vergessen und alles berichten zu koennen - das langsame Erroeten ihrer Wangen beobachtete, den Salbeigeruch ihres Schweisses einatmete.

Man konnte nicht sagen, dass Jacqueline sich verteidigte oder argwoehnisch war.
Wenn sie sich von O kuessen liess -
sie hatte bisher die Kuesse nur hingenommen, ohne sie zu erwidern -
dann gab sie sich ohne Zoegern, rueckhaltlos, wurde ploetzlich ein anderes Wesen, zehn Sekunden lang, fuenf Minuten lang.

Die uebrige Zeit war sie zugleich herausfordernd und aengstlich, unglaublich geschickt im Ausweichen,
nie unterlief ihr ein Fehler in dem Bemuehen, sich weder mit einer Geste noch mit einem Wort oder auch nur einem Blick eine Bloesse zu geben, die es erlaubt haette, Jacqueline die Siegerin und Jacqueline die Besiegte als eine Person zu sehen, verraten haette, dass es so leicht war, ihren Mund zu erobern.

Das einzige Indiz, das Aufschluss gab und vielleicht die Bewegung unter dem stillen Wasserspiegel ihres Blicks verriet, war der Schatten eines unwillkuerlichen Laechelns, der gelegentlich ueber das dreieckige Gesicht glitt,
so raetselhaft und fluechtig wie ein Katzenlaecheln und genauso beunruhigend.

O brauchte jedoch nicht lange, bis sie herausfand, dass zwei Dinge dieses Laecheln zeitigten, ohne dass Jacqueline sich seiner bewusst wurde.
Einmal die Geschenke, die man ihr machte,
zum zweiten der Anblick des Begehrens, das sie erweckte -
vorausgesetzt allerdings, dass dieses Begehren sich bei jemandem zeigte, der ihr nuetzlich sein konnte oder ihr schmeichelte.

In welcher Hinsicht konnte O ihr wohl nuetzlich sein?
Oder fand Jacqueline ausnahmsweise einfach Gefallen daran, von ihr begehrt zu werden, weil die Bewunderung, die O ihr entgegenbrachte, ihr wohltat
und auch, weil das Begehren einer Frau keine Gefahr und keine Folgen mit sich bringt?

O war ueberzeugt, dass sie Jacqueline anstelle des Perlmutterclips oder des letzten Hermes-Halstuchs mit dem aufgedruckten
"Ich liebe dich"
in saemtlichen Sprachen der Welt, nur die hundert oder zweihundert Francs haette schenken brauchen, die Jacqueline staendig zu fehlen schienen,
und sie haette nicht mehr behauptet, keine Zeit zu haben, um zu O zum Mittagessen oder einem Imbiss zu kommen,
haette sich nicht mehr ihren Beruehrungen entzogen.
Aber den Beweis dafuer bekam O niemals.

Sie hatte kaum darueber zu Sir Stephen gesprochen, der ihr vorwarf, zu langsam vorzugehen, als auch schon René eingriff.
Bei den fuenf-.sechs Male, in denen René O abgeholt hatte, waren sie alle drei entweder zu Weber gegangen oder in eine der englischen Bars rund um die Madeleine;

René betrachtete Jacqueline mit genau der gleichen Mischung aus Interesse, Sicherheit und Unverschaemtheit, mit der er in Roissy die Maedchen betrachtete, die ihm ausgeliefert waren.

Von Jacquelines strahlender und fester Ruestung glitt die Unverschaemtheit wirkungslos ab, Jacqueline bemerkte sie nicht einmal.
O dagegen wurde widersinnigerweise davon betroffen, sie fand eine Haltung, die sie sich selbst gegenueber richtig und natuerlich fand, Jacqueline gegenueber beleidigend.
Wollte sie Jacquelines Verteidigung uebernehmen oder wuenschte sie, Jacqueline allein zu besitzen?

Sie haette es selbst kaum sagen koennen, zumal sie Jacqueline ja nicht besass - noch nicht.
Aber sollte es ihr gelingen, so muesste sie zugeben, dass sie es René zu verdanken haette.

Dreimal hatte er sie nach dem Besuch einer Bar, wo er Jacqueline viel mehr Whisky zu trinken gegeben hatte, als sie vertragen konnte -
ihre Wangen wurden rosig und glaenzend, ihre Augen hart -
nach Hause gebracht, eh er mit O zu Sir Stephen gefahren war.

Jacqueline wohnte in einer dieser duesteren Familienpensionen in Passy, wo die Weissrussen sich in den ersten Tagen der Einwanderung zusammengedraengt hatten, um sich nie wieder wegzuruehren.
Die Diele hatte einen Anstrich, der wie Eichentaefelung aussehen sollte, zwischen den Staeben des Treppengelaenders lag dicker Staub und der gruene Laeufer wies grosse abgetretene Flecken auf.

René - der niemals die Schwelle ueberschritten hatte - wollte jedesmal mit hineingehen,
jedesmal rief Jacqueline nein, rief danke schoen, sprang aus dem Wagen und warf die Tuer hinter sich zu,
als haette eine Flammenzunge sie ploetzlich erfassen und verbrennen koennen.
Und es stimmte, dachte O, dass das Feuer hinter ihr her war.

Es war bewundernswert, dass sie es ahnte, eh noch irgend etwas sie gewarnt hatte.
Zumindest wusste sie, dass sie sich vor René hueten musste, so ungeruehrt sie auch sein Desinteresse zu lassen schien
(aber tat es das wirklich? denn was das Ungeruehrt scheinen anlangte, so schauspielerte er genauso gut wie sie).

Als Jacqueline sie ein einziges Mal hatte ins Haus und in ihr Zimmer kommen lassen, verstand O, warum sie René so ungestuem den Eintritt verwehrte.
Was waere aus ihrem Prestige geworden, aus ihrer schwarzweiss Legende auf den Glanzpapierseiten der teueren Modehefte, wenn jemand anderer als eine Frau wie sie, O, gesehen haette, aus welcher schmutzigen Hoehle das seidigglaenzende Raubtier hervorkam?

Das Bett wurde nie gemacht, nur eine Decke daruebergeworfen unter der ein graues, fettiges Laken hervorschaute, denn Jacqueline legte sich niemals schlafen, ohne ihr Gesicht mit Naehrcreme zu massieren und sie schlief immer ein, eh sie es wieder abwischen konnte.

Frueher einmal musste ein Vorhang die Waschecke verborgen haben, nun baumelten noch zwei Ringe an der Stange, von denen ein paar Stoffetzen hingen.

Nichts hatte mehr Farbe, weder der Teppich noch die Tapete, an der die graurosa Blumen sich hochrankten wie wilde und versteinerte Gewaechse an einem aufgemalten weissen Spalier.
Man haette alles abreissen muessen, die Waende freilegen, die Teppiche hinauswerfen, den Fussboden abhobeln.

Auf jeden Fall sofort die Schmutzbahnen wegscheuern, die wie eine Marmorierung das Emaille des Waschbeckens streiften, sofort die Flaschen mit Reinigungsmilch und die Cremetoepfe saeubern und ordnen, die Puderdose abwischen, den Frisiertisch abwischen, die gebrauchten Wattebaeusche wegwerfen, die Fenster oeffnen.

Doch Jacqueline kerzengerade, sauber und nach Zitronelle und wilden Blumen riechend, untadelig und unberuehrbar, bedrueckte diese Hoehle ueberhaupt nicht.
Was sie dagegen bedrueckte, was ihr auf die Nerven ging, war ihre Familie.

Die Hoehle, ueber die O zu René offen sprach, gab den Anstoss, dass René ueber O den Vorschlag machte, der ihrer aller Leben aendern sollte,
aber die Familie bewirkte, dass Jacqueline diesen Vorschlag annahm.
Naemlich dass Jacqueline zu O ziehen solle.

Eine Familie war gelinde ausgedrueckt, es war eine Sippe oder vielmehr eine Horde.
Grossmutter, Tante, Mutter und sogar eine Dienerin, vier Frauen zwischen fuenfzig und siebzig Jahren, geschminkt, laut, erstickend unter schwarzen Seiden und Jettschmuck,
schluchzend um vier Uhr morgens im Zigarettenqualm vor dem roten Laempchen der Ikonen,
vier Frauen im Klirren der Teeglaeser und im rauhen Gezisch einer Sprache, die Jacqueline um den Preis ihres halben Lebens haette vergessen moegen.

Es machte Jacqueline verrueckt, dass sie ihnen gehorchen musste, sie anhoeren, allein schon, dass sie sie ueberhaupt sehen musste.
Wenn sie sah, wie ihre Mutter beim Teetrinken ein Zuckerstueck zum Mund fuehrte, dann stellte sie ihr eigenes Glas wieder ab,
sie floh in ihren staubigen und kargen Stall und liess die drei, die Grossmutter, die Mutter, die Schwester ihrer Mutter -
alle drei mit schwarzgefaerbten Haaren und zusammengewachsenen Brauen, grossen, vorwurfsvollen Rehaugen -
im Zimmer ihrer Mutter zurueck, das auch als Salon diente.

Jacqueline floh, schlug die Tueren hinter sich zu und man rief ihr nach "Choura, Choura, mein Taeubchen", wie in den Romanen von Tolstoi, denn sie hiess nicht Jacqueline.

Den Namen Jacqueline hatte sie sich fuer ihren Beruf zugelegt,
hatte ihn sich zugelegt, um ihren wirklichen Namen zu vergessen und mit diesem wirklichen Namen die zaertliche Nestwaerme des schmierigen Frauengemachs,
um sich einen Platz im hellen Licht Frankreichs zu schaffen, in einer soliden Welt, in der es Maenner gibt, die einen heiraten und die nicht auf geheimnisvollen Expeditionen verschwinden wie ihr Vater, den sie nie gekannt hatte,
der baltische Seemann, der im Polareis verschollen war.

Ihm allein war sie aehnlich, sagte sie sich voll Zorn und Entzuecken, von ihm hatte sie das Haar und die Wangenknochen und die getoente Haut und die schraeggeschnittenen Augen.
Sie war ihrer Mutter einzig dafuer dankbar, dass sie ihr diesen blonden Teufel zum Vater gegeben hatte, der in den Schoss des Schnees zurueckgekehrt war wie andere Menschen in den Schoss der Erde.

Aber sie zuernte ihr, weil sie ihn so gruendlich hatte vergessen koennen, dass eines Tages ein kleines, dunkles Maedchen,
das Kind einer kurzen Liaison, geboren wurde, eine Halbschwester, Vater unbekannt, die Natalie hiess und jetzt fuenfzehn Jahre alt war.
Man bekam Natalie nur in den Ferien zu Gesicht.
Ihren Vater niemals.

Aber er bezahlte fuer Natalie das Pensionsgeld in einem Internat bei Paris und fuer Natalies Mutter eine Rente, von der die drei Frauen und die Dienerin - und sogar Jacqueline bis dato - bescheiden lebten, in einem Muessiggang, der fuer sie das Paradies war.

Was Jacqueline in ihrem Beruf als Mannequin verdiente, oder als Modell, wie man nach amerikanischem Stil sagte, und was sie nicht fuer Schminken oder Waesche ausgab oder fuer Schuhe aus ersten Haeusern oder Kleider aus ersten Haeusern -
Kaeufe zu Vorzugspreisen, die jedoch immer noch sehr hoch waren -
floss in die Familienkasse und verschwand auf unerklaerliche Weise.

Sicher, Jacqueline haette sich aushalten lassen koennen, an Gelegenheit dazu haette es ihr nicht gefehlt.
Sie hatte sich einen oder zwei Liebhaber zugelegt, weniger weil sie ihr gefielen - sie missfielen ihr nicht - als um sich zu beweisen, dass sie imstande war, Begehren und Liebe zu wecken.

Der eine der beiden, der zweite, der reich war, hatte ihr eine sehr schoene, rosig getoente Perle geschenkt, die sie an der linken Hand trug,
aber sie hatte sich geweigert, bei ihm zu wohnen und da er sich weigerte, sie zu heiraten, hatte sie ihn ohne grosses Bedauern verlassen,
erleichert darueber, dass sie nicht schwanger war
(sie hatte es befuerchtet und ein paar Tage lang in Entsetzen gelebt).

Mit solch einem Geliebten zusammenzuwohnen, hiess, das Gesicht zu verlieren, die Chance auf eine Zukunft zu verlieren,
es waere das, was ihre Mutter mit Natalies Vater gemacht hatte, es war unmoeglich.

Aber mit O war alles anders.
Eine hoefliche Fiktion erlaubte die Auslegung, Jacqueline installiere sich einfach bei einer Freundin, mache Halbpart mit ihr.

O erfuellte einen doppelten Zweck, sie spielte fuer Jacqueline die Rolle des Geliebten, der das Maedchen unterhaelt,
das er liebt, oder zu ihrem Unterhalt beitraegt,
und die im Prinzip entgegengesetzte Rolle einer moralischen Buergschaft.

Renés Anwesenheit war nicht so offiziell, dass sie die Fiktion ernstlich gefaehrdet haette.
Doch wer konnte sagen, ob der Grund, warum Jacqueline das Angebot angenommen hatte, nicht eben diese Anwesenheit Renés war?

Sicher war jedenfalls, dass es Os und ausschliesslich Os Sache war, bei Jacquelines Mutter vorzusprechen.

Niemals hatte O sich so entschieden als Verraeterin, als Spionin gefuehlt,
als Abgesandte einer verbrecherischen Organisation, als vor dieser Frau, die ihr fuer ihre Freundlichkeit gegenueber der Tochter dankte.

Zugleich verleugnete sie im Grund ihres Herzens ihren Auftrag und den Grund ihres Kommens.
Ja, Jacqueline wuerde zu ihr ziehen, aber nie, niemals wuerde O ihren Gehorsam gegenueber Sir Stephen so weit treiben koennen, dass sie Jacqueline ins Verderben zoege.

Und doch...

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III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 2
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Kaum hatte sich Jacqueline bei O installiert, und zwar - auf Renés Verlangen - in dem Zimmer, das René zuweilen scheinbar bewohnte
(scheinbar, da er immer in Os grossem Bett schlief),
als O sich wider alle Erwartung von dem heftigen Begehren ueberrascht fand, Jacqueline zu besitzen, koste es, was es wolle,
und wenn sie, um ihr Ziel zu erreichen, Jacqueline ausliefern muesste.

Schliesslich, sagte sie sich, war Jacquelines Schoenheit ihr bester Schutz, was habe ich mich einzumischen,
und wenn man sie soweit bringen sollte, wie man mich gebracht hat, ist das ein so grosses Unglueck?
und sie gestand sich selbst nicht ein, obgleich der Gedanke daran sie berauschte, wie koestlich es sein wuerde, Jacqueline nackt und wehrlos vor sich zu sehen.

Waehrend der Woche von Jacquelines Einzug, nachdem ihre Mutter in alles eingewilligt hatte, zeigte René sich hoechst aufmerksam,
er lud die jungen Maedchen jeden zweiten Tag zum Abendessen ein, fuehrte sie in Filme, die er eigens auswaehlte, sonderbarerweise lauter Kriminalfilme, die von Rauschgifthandel oder Menschenschmuggel handelten.

Er setzte sich zwischen die beiden, nahm jede sanft bei der Hand und sprach kein Wort.
Aber O sah, wie er bei jeder Gewaltszene auf eine Regung in Jacquelines Zuegen lauerte.
Es zeigte sich darin nur ein leichter Ekel, der die Mundwinkel nach unten zog.

Danach brachte er sie nach Hause und im offenen Wagen mit den herabgelassenen Scheiben peitschten der Nachtwind und die Geschwindigkeit Jacquelines helles und buschiges Haar ueber die harten Wangen, die kleine Stirn und bis in ihre Augen.
Sie schuettelte den Kopf, um sie zurueckzuwerfen, fuhr mit der Hand hindurch, wie ein Junge.

Sobald sie sich an die Tatsache gewoehnt hatte, dass sie bei O wohnte und dass O die Geliebte Renés war, schien Jacqueline Renés Vertraulichkeiten als natuerliche Begleiterscheinungen zu werten.

Sie liess es ohne weiteres zu, dass René in ihr Zimmer kam, unter dem Vorwand, er habe irgend ein Dokument dort vergessen, was nicht wahr war, O wusste es,
sie hatte selbst die Schubladen des grossen hollaendischen Schreibschranks mit der Intarsienarbeit und der lederbezogenen Schreibplatte, der so wenig zu René passte, geleert.

Warum hatte er diesen Schrank?
Von wem?
Seine schwere Eleganz, die hellen Hoelzer waren der einzige Luxus in diesem ein wenig duesteren Nordzimmer, das auf den Hof hinausging
und dessen stahlgraue Waende und kalter, wohlgewachster Fussboden einen solchen Kontrast bildeten zu den froehlichen Zimmern der Quaiseite.

Das war ausgezeichnet, Jacqueline wuerde es dort nicht gefallen.
Sie wuerde um so eher einverstanden sein, mit O die beiden Vorderzimmer zu teilen,
bei O zu schlafen, wie sie vom ersten Tag an einverstanden war, Badezimmer und Kueche, die Schminken, die Parfuems und die Mahlzeiten mit ihr zu teilen.

Worin O sich taeuschte.
Denn Jacqueline hing leidenschaftlich an Dingen, die ihr gehoerten - an ihrer rosa Perle zum Beispiel - war aber absolut gleichgueltig gegen alles, was ihr nicht gehoerte.
Sie haette ein Palais bewohnen koennen, es waere ihr gleichgueltig geblieben, bis man ihr gesagt haette:
das Palais gehoert Ihnen, und es ihr durch notarielle Bestaetigung bewiesen haette.

Ob das graue Zimmer ansprechend war oder nicht, liess sie voellig kalt, und wenn sie doch in Os Bett schlief, so nicht, um dieses Zimmer zu meiden.
Eher um O eine Dankbarkeit zu beweisen, die sie nicht empfand - die dafuer O ihr entgegenbrachte - und aus der sie doch mit Freuden Kapital schlug, wie sie glaubte.

Jacqueline liebte die Wollust und fand es angenehm und praktisch, sie von einer Frau zu empfangen, bei der sie nichts riskierte.

---

Am fuenften Tag nach ihrem Einzug, als René die beiden zum dritten Mal gegen zehn Uhr nach einem gemeinsamen Abendessen nach Hause gebracht hatte und wieder weggefahren war -
denn wie die beiden ersten Male fuhr er wieder weg -
erschien sie einfach, nackt und noch feucht von ihrem Bad, in der Tuer zu Os Zimmer,
sagte zu O:

"Er kommt nicht zurueck, sind Sie sicher?"

und ohne die Antwort abzuwarten schluepfte sie in das grosse Bett.
Sie liess sich mit geschlossenen Augen kuessen und liebkosen, erwiderte keine einzige Liebkosung, stoehnte zuerst ein bisschen, dann staerker, dann noch staerker und schrie endlich laut.

Sie schlief unter dem vollen Licht der rosa Lampe ein, quer ueber dem Bett liegend mit gestreckten und gespreizten Knien, den Oberkoerper leicht zur Seite gedreht, die Haende geoeffnet.
Man sah den Schweiss zwischen ihren Bruesten glaenzen.
O deckte sie zu, loeschte die Lampe.

Als sie sie zwei Stunden spaeter im Dunkeln nahm, liess Jacqueline es geschehen, murmelte nur:

"Ermuede mich nicht zu sehr, ich muss morgen frueh aufstehen."

Um diese Zeit nahm Jacqueline neben ihrer saisonbedingten Arbeit als Mannequin ein nicht minder unregelmaessiges, aber anspruchsvolleres Metier auf:
sie bekam ein Engagement fuer kleine Filmrollen.

Es war schwer zu sagen, ob sie stolz darauf war oder nicht, ob sie darin den Anfang einer Laufbahn sah, von der sie sich Ruhm erhoffte.
Sie riss sich morgens mit mehr Wut als Schwung aus dem Bett, duschte und schminkte sich hastig, nahm nur die grosse Tasse Kaffee zu sich, die O ihr gerade noch bereiten konnte und liess sich mechanisch laechelnd und wuetend starrend die Fingerspitzen kuessen:

O war suess und lau in ihrem weissen Morgenrock aus Vicunawolle, mit gebuerstetem Haar und gewaschenem Gesicht, dem Aussehen eines Menschen, der sich gleich nochmals Schlafen legt.
Aber das tat sie nicht.

O hatte noch nicht gewagt, Jacqueline den Grund dafuer zu erklaeren.
An den Tagen, an denen Jacqueline in das Studio nach Boulogne ging,
um die Zeit, zu der die Kinder zur Schule gehen und die kleinen Angestellten in ihre Bueros,
zog auch O, die frueher tatsaechlich fast den ganzen Vormittag zuhause geblieben war, sich an:

"Ich schicke Ihnen meinen Wagen," hatte Sir Stephen gesagt,
"er wird Jacqueline nach Boulogne bringen und danach Sie abholen."

O begab sich also jeden Morgen zu Sir Stephen, wenn die Sonne in den Strassen erst die Ostseite der Haeuser traf; die anderen Mauern waren kuehl, aber in den Gaerten wurden die Schatten unter den Baeumen kuerzer.

.
  #32  
Old 09-30-2016, 08:57 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 3
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


In der Rue de Poitiers war der Haushalt noch nicht in Schwung.
Norah, die Mulattin fuehrte O in das Zimmer, wo Sir Stephen sie am ersten Abend allein hatte schlafen und weinen lassen,
wartete, bis O ihre Handschuhe, die Tasche und die Kleider auf dem Bett abgelegt hatte, nahm alles und verwahrte es vor O in einem Wandschrank, dessen Schluessel sie an sich nahm,
dann gab sie O hochhackige Lackpantoeffelchen, die beim Gehen klapperten und ging ihr voraus, oeffnete ihr die Tueren, fuehrte sie vor Sir Stephens Buero, trat zurueck und liess sie hineingehen.

O gewoehnte sich niemals an diese Vorbereitungen und sich vor dieser geduldigen Frau auszuziehen, die nie zu ihr sprach und sie kaum ansah,
es erschien ihr genauso graesslich, wie nackt vor den Blicken der Diener in Roissy zu stehen.

Auf Filzpantoffeln, wie eine Nonne, glitt die Mulattin geraeuschlos dahin.
Waehrend sie ihr folgte, vermochte O den Blick nicht von den beiden Zipfeln ihres Kopftuchs zu wenden und von der braunen, mageren Hand, die sich, sooft sie eine Tuer oeffnete, um den Porzellanknauf legte und hart zu sein schien wie altes Holz.

Zugleich empfand O dank eines, dem Schrecken genau entgegengesetzten Gefuehls, das die Alte ihr einfloesste -
O konnte sich diesen Widerspruch nie erklaeren -
eine Art Stolz, weil diese Dienerin Sir Stephens sah,
(Was war sie fuer Sir Stephen und warum betraute er sie mit dieser Rolle der Kupplerin fuer die sie so gar nicht geschaffen schien?)
dass auch sie, O, -
wie vielleicht so manche andere, die genau so von der Alten zu ihm gefuehrt wurden, wer weiss -
wuerdig war, Sir Stephen zu dienen.

Denn Sir Stephen liebte sie vielleicht, liebte sie ohne Zweifel, und O fuehlte, dass der Augenblick nicht mehr fern war, wo er es ihr nicht mehr zu verstehen geben, sondern es ihr sagen wuerde -
doch im gleichen Mass, in dem seine Liebe zu ihr oder sein Verlangen nach ihr wuchsen, stellte er auch immer groessere Forderungen an ihre Geduld, ihre Ausdauer, ihre Genauigkeit.

Er behielt sie ganze Vormittage lang bei sich, beruehrte sie manchmal kaum,
verlangte nur, dass sie ihn mit dem Mund beruehrte und sie tat alles, worum er sie bat
mit einer Dankbarkeit, die um so groesser war, je mehr die Bitte die Form eines Befehls annahm.

Jede Hingabe war ihr die Garantie dafuer, dass man eine noch weitergehende Hingabe von ihr fordern werde,
sie entledigte sich ihrer wie einer Schuld;
seltsam, dass es sie uebergluecklich machte, aber das war sie.

Sir Stephens Buero lag ueber dem gelb und grauen Salon, wo er sich des Abends aufhielt und war kleiner und niedriger.
Es stand weder Sofa noch Liege darin, nur zwei mit gebluemtem Gobelin bezogene Régence-Sessel.

Dorthin setzte O sich manchmal, doch meist wollte Sir Stephen sie ganz in der Naehe haben, in Reichweite, und auch waehrend er sich nicht mit ihr beschaeftigte, musste sie zu seiner Linken auf dem Schreibtisch sitzen.

Der Schreibtisch stand senkrecht zur Wand.
O konnte sich an die Regale lehnen, die Woerterbuecher und gebundene Adressbuecher enthielten.
Das Telephon stand neben ihrem linken Schenkel und sie fuhr zusammen, sooft es klingelte.

Sie nahm den Hoerer ab, meldete sich, sagte:
"Wer spricht, bitte?"

wiederholte den Namen mit lauter Stimme, gab das Gespraech entweder an Sir Stephen weiter oder sagte, er sei nicht zu sprechen, je nach dem Zeichen, das er ihr machte.

Wenn er einen Besucher empfangen musste, meldete die alte Norah ihn an,
Sir Stephen liess bitten, zu warten, inzwischen fuehrte Norah O wieder in das Zimmer, wo sie sich ausgezogen hatte
und wo Norah sie wieder abholte, wenn der Besucher fort war und Sir Stephen klingelte.

Da Norah allmorgendlich mehrmals das Arbeitszimmer betrat und verliess,
sei es, um Sir Stephen Kaffee zu bringen oder die Post,
sei es, um die Jalousien hochzuziehen oder herunterzulassen oder die Aschenbecher zu leeren,
und da sie allein die Erlaubnis hatte, das Zimmer zu betreten,
aber auch den Befehl, niemals anzuklopfen,
passierte es, dass O einmal gerade ueber dem Schreibtisch lag, Kopf und Arme auf den Lederbelag gestuetzt, Kruppe hochgereckt, als Norah eintrat.

Sie hob den Kopf.
Haette Norah sie, wie sonst, nicht angesehen, so haette O nicht weiter darauf geachtet.
Doch dieses Mal war es klar, dass Norah Os Blick begegnen wollte.

Die glaenzenden, harten schwarzen Augen, von denen man nicht wusste, ob sie gleichgueltig waren oder nicht, das zerfurchte und unbewegliche Gesicht, machten O so befangen, dass sie zu einer Bewegung ansetzte, um sich Sir Stephen zu entziehen.

Er begriff, presste ihre Taille mit einer Hand fest auf den Tisch, so dass sie nicht entschluepfen konnte, oeffnete sie mit der anderen.

Sie, die sich ihm sonst stets willig hinten darbot, wurde unwillkuerlich verkrampft und eng und Sir Stephen musste Gewalt anwenden.
Selbst als er in sie gelitten war spuerte sie noch, dass der Muskelring sich fest um ihn schloss und er Muehe hatte, ganz in sie einzudringen.
Er zog sich erst aus ihr zurueck, nachdem der Weg bequem geoeffnet war.

Dann, kurz eh er sie wieder nahm, sagte er zu Norah, sie koenne warten und O zum Ankleiden fuehren, wenn er mit ihr fertig sei.

Doch bevor er sie wegschickte, kuesste er O zaertlich auf den Mund.
Und dieser Kuss gab ihr den Mut, ihm ein paar Tage spaeter zu sagen, dass sie sich vor Norah fuerchte.

"Das hoffe ich sehr", sagte er.
"Und wenn Sie - Ihr Einverstaendnis vorausgesetzt - bald mein Zeichen und meine Eisen tragen werden, dann werden Sie noch weit mehr Grund fuer diese Furcht haben."

"Warum?" sagte O
"und welches Zeichen und welche Eisen?
Ich trage bereits diesen Ring... "

"Das besorgt Anne-Marie, der ich versprach, dass ich Sie ihr zeigen wuerde.
Wir werden nach Tisch zu ihr fahren.
Ist es Ihnen recht?
Ich bin mit ihr befreundet und Sie wissen, dass ich Sie bisher mit keinem meiner Freunde bekanntgemacht habe.
Wenn Sie aus ihren Haenden kommen, werde ich Ihnen gute Gruende geben, vor Norah Angst zu haben."

O wagte nicht, weiterzufragen.
Diese Anne-Marie, die man ihr androhte, beunruhigte sie noch mehr als Norah.
Von ihr hatte Sir Stephen bereits bei jenem Mittagessen in Saint-Cloud gesprochen.

Und es stimmte, dass O mit keinem der Freunde, keinem der Bekannten Sir Stephens zusammengekommen war.
Sie lebte im Grunde in Paris, in ihr Geheimnis eingesperrt, wie man in ein Bordell eingesperrt ist;
den einzigen Menschen, denen ihr Geheimnis ausgeliefert war, René und Sir Stephen, war zugleich auch ihr Koerper ausgeliefert.

Sie dachte, dass der Ausdruck, offen sein, will heissen, sich ohne Rueckhalt jemandem anvertrauen, fuer sie nur einen einzigen und zwar buchstaeblichen Sinn hatte, einen physischen und absoluten Sinn, denn an ihrem Koerper war tatsaechlich alles offen, was sich oeffnen liess.

Es schien ueberdies, dass darin ihr Daseinszweck lag,
Sir Stephen war sich darin mit René einig, denn wenn er von seinen Freunden sprach, wie er es in Saint-Cloud getan hatte, so nur um ihr zu sagen, dass sie allen, mit denen er sie bekanntmachen wuerde, selbstverstaendlich zur Verfuegung stehen muesse, wenn sie das wuenschten.

Unter Anne-Marie und dem, was Anne-Marie mit ihr tun sollte, konnte O sich nichts vorstellen,
selbst ihr Erlebnis in Roissy half ihrer Phantasie nicht auf die Spruenge.

Sir Stephen hatte auch gesagt, er wolle sehen, wie sie eine Frau beruehre, ging es darum?
(Aber er hatte ausdruecklich gesagt, dass es sich um Jacqueline handle...)

Nein, darum ging es nicht.
"Sie ihr zeigen", hatte er gesagt.
Genau.

Aber als sie Anne-Marie verliess, wusste O so wenig wie zuvor.

.
  #33  
Old 10-01-2016, 01:38 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 4
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Anne-Marie wohnte in der Naehe des Observatoriums,
in einer Wohnung neben einer Art grossem Atelier im obersten Stockwerk eines neuen Wohngebaeudes hoch ueber den Baumwipfein.

Sie war eine schlanke Frau in Sir Stephens Alter, das schwarze Haar mit grauen Locken durchsetzt.
Die Augen von einem so tiefen Blau, dass sie schwarz wirkten.

Sie bot Sir Stephen und O zu trinken an, einen sehr schwarzen Kaffee in winzigen Taesschen, kochendheiss und bitter, der O gut tat.
Als sie ausgetrunken hatte und von ihrem Sessel aufgestanden war, um ihre leere Tasse auf einem Tischchen abzustellen, ergriff Anne- Marie ihr Handgelenk und sagte, zu Sir Stephen gewandt:

"Sie erlauben?"

"Bitte", sagte Sir Stephen.

Anne-Marie, die bisher kein Wort und kein Laecheln an O gerichtet hatte, auch nicht zur Begruessung, auch nicht, als Sir Stephen ihr O vorstellte, sagte jetzt mit einem so zaertlichen Laecheln, als machte sie ihr ein Geschenk:

"Komm her, lass deinen Schoss sehen, Kleine, und deinen Popo.
Aber zieh dich ganz aus, das ist besser."

Waehrend O gehorchte, zuendete sie sich eine Zigarette an.
Sir Stephen hatte den Blick von O gewendet.
Die beiden liessen sie vielleicht fuenf Minuten dastehen.
Es war kein Spiegel im Zimmer, aber O konnte ihr eigenes Bild undeutlich im schwarzen Lack eines Wandschirms sehen.

"Zieh auch die Struempfe aus", sagte Anne- Marie ploetzlich.
"Weisst du," fuhr sie fort,
"du darfst keine Strumpfbaender tragen, du wirst dir die Beine verderben."

Und sie zeigte O mit den Fingerspitzen die leichten Druckstellen ueber dem Knie, dort, wo O ihre Struempfe flach um das breite Gummiband rollte.

"Wer hat gesagt, dass du das tun sollst?"

Eh O antworten konnte sagte Sir Stephen:

"Der Junge, der sie mir gegeben hat, Sie kennen ihn, René."
Und dann: "Aber er wird bestimmt Ihren Rat befolgen."

"Schoen," sagte Anne-Marie.
"Ich werde dir sehr lange dunkle Struempfe geben lassen, O, und einen Strumpfguertel,
aber einen mit Staebchen, der die Taille betont."

Nachdem Anne-Marie gelaeutet und ein blondes junges Maedchen sehr duenne, schwarze Struempfe gebracht hatte und ein Taillenmieder aus schwarzem Nylontaft mit eng aneinanderliegenden, ueber Leib und Hueften nach innen gebogenen breiten Fischbeinstaebchen versteift, zog O, noch immer stehend und auf einem Bein balancierend, die Struempfe an, die bis hoch ueber die Schenkel reichte.

Das blonde junge Maedchen legte ihr das Taillenmieder an, das sich mittels einer seitlichen Haekchenleiste im Ruecken schliessen und oeffnen liess.
Ebenfalls im Ruecken konnte man eine breite Verschnuerung, wie bei den Miedern in Roissy, nach Belieben enger oder weiter machen.

O hakte ihre Struempfe vorn und an den Seiten an den vier Strumpfhaltern fest,
dann machte das junge Maedchen sich daran, sie so eng wie moeglich zu schnueren.
O spuerte, wie ihre Taille und ihr Leib von den Fischbeinstangen zusammengepresst wurden, die vorn bis zum Schamhuegel reichten, den sie freiliessen, genau wie die Hueften.
Hinten war das Mieder kuerzer, es liess die Kruppe voellig frei.

"Sie wird viel besser sein," wandte Anne-Marie sich an Sir Stephen,
"wenn ihre Taille ganz schmal geworden ist;
und wenn Sie einmal nicht Zeit haben, sie sich ausziehen zu lassen, so werden Sie sehen, dass das Taillenmieder nicht stoert.
Komm jetzt her, O."

Das junge Maedchen ging hinaus, O trat zu Anne-Marie, die auf einem Sessel sass, einem niedrigen Polstersessel mit kirschrotem Samtbezug.

Anne-Marie strich ihr leicht mit der Hand ueber den Popo, legte sie dann ruecklings ueber einen zu dem Sessel passenden Hocker, hob ihre Beine an und oeffnete sie,
befahl ihr dann, sich nicht zu ruehren und ergriff die beiden Lippen.

So luepft man auf dem Markt, dachte O, die Kiemen der Fische, die Nuestern der Pferde.
Sie erinnerte sich auch, wie der Diener Pierre an dem ersten Abend in Roissy, nachdem er sie angekettet hatte, genauso verfahren war.

Aber was tat das, sie gehoerte nicht mehr sich selbst, und am allerwenigsten gehoerte ihr sicherlich diese Haelfte ihres Koerpers,
die sich so gefuegig und gewissermassen losgeloest von der uebrigen Person verwenden liess.

Warum ueberraschte dieser Gedanke sie nicht, sondern setzte sich von Mal zu Mal tiefer in ihr fest und loeste in ihr unweigerlich jene laehmende Verwirrung aus, die sie weit weniger dem auslieferte, in dessen Haenden sie sich befand, als vielmehr dem, der sie fremden Haenden ueberlassen hatte:
sie in Roissy René auslieferte, waehrend andere von ihr Besitz ergriffen, und sie hier wem ausliefern wuerde?

René oder Stephen?
Ah! sie wusste es nicht mehr.
Weil sie es nicht mehr wissen wollte, denn sie gehoerte Sir Stephen, seit... seit wann?

Anne-Marie hiess sie aufstehen und sich wieder ankleiden.

"Sie koennen sie mir bringen, wann immer Sie wollen," sagte sie zu Sir Stephen,
"ich werde ab uebermorgen in Samois sein ...

(Samois...?
O hatte erwartet: Roissy,
aber nein, es handelte sich nicht um Roissy, worum handelte es sich dann?).

... Es wird sich sehr gut machen lassen."

(Was wuerde sich sehr gut machen lassen?)

"In zehn Tagen, wenn es Ihnen recht ist," erwiderte Sir Stephen,
"Anfang Juli."


Im Wagen, der O nach Hause brachte - Sir Stephen war bei Anne-Marie geblieben - erinnerte sie sich an die Statue, die sie als Kind im Luxembourg-Garten gesehen hatte:
eine Frau, deren geschnuerte Taille zwischen den schweren Bruesten und den fuelligen Hueften so schmal wirkte -
sie stand vorgebeugt, um sich in einer Quelle zu spiegeln, die, ebenfalls sorgfaeltig in Marmor gemeisselt, zu ihren Fuessen lag -
dass man fuerchtete, der Marmor koenne brechen.

Wenn Sir Stephen es wuenschte...

Zu Jacqueline konnte man einfach sagen, es handele sich um eine Laune Renés.
Womit O wieder bei einer Sorge angelangt war, die sie immer wieder von sich weisen wollte und die ihr dennoch zu ihrem eigenen Erstaunen nicht uebermaessig auf der Seele brannte:
Warum bemuehte René sich seit Jacquelines Anwesenheit, sie einerseits mit Jacqueline allein zu lassen, was verstaendlich war, und andererseits selber nicht mehr mit O allein zu bleiben?

---

Der Juli war nahe, er wuerde verreisen, wuerde sie nicht bei dieser Anne-Marie besuchen, wohin Sir Stephen sie schicken wuerde.
Muesste sie sich also damit abfinden, dass sie ihn nur noch abends wiedersehen wollte, wenn er Lust hatte, Jacqueline und sie einzuladen, oder - und sie wusste nicht, welcher Gedanke bestuerzender war
(denn zwischen ihnen bestand nur diese von Grund auf verfaelschte Beziehung, verfaelscht, weil sie so eingeschraenkt war) -
oder vielleicht am Vormittag, wenn sie bei Sir Stephen war und Norah ihn hereinfuehren wuerde, nachdem sie ihn angemeldet hatte?

Sir Stephen empfing ihn immer, immer kuesste René O, streichelte die Spitzen ihrer Brueste, machte mit Sir Stephen Plaene fuer den naechsten Tag, in denen von ihr nicht die Rede war, und ging wieder.

Hatte er sie so voellig an Sir Stephen abgetreten, dass er sie nicht mehr liebte?
Was wuerde geschehen, wenn er sie nicht mehr liebte?

O war so sehr von Panik erfasst, dass sie automatisch am Kai vor ihrem Haus ausstieg, anstatt den Wagen zu behalten, und sich daher nach einem Taxi umsehen musste.
Auf dem Quai de Bethune findet man wenig Taxis.
O lief bis zum Boulevard Saint- Germain und musste noch eine Weile warten.
Sie war in Schweiss gebadet, weil das Mieder ihr den Atem nahm, als endlich ein Taxi an der Ecke der Rue du Cardinal-Lemoine hielt.
Sie winkte es herbei, gab die Adresse von Renés Buero an und stieg dort die Treppe hinauf, ohne zu wissen, ob René da war, und wenn ja, ob er sie empfangen wuerde, sie war noch nie in seinem Buero gewesen.

Sie war nicht ueberrascht, weder von dem grossen Gebaeude in einer Seitenstrasse der Champs-Elysees, nicht von den amerikanisch eingerichteten Bueros, aber die Haltung Renés, der sie unverzueglich hereinbitten liess, brachte sie aus der Fassung.
Nicht, dass er aergerlich gewesen waere oder ihr Vorwuerfe gemacht haette.
Vorwuerfe waeren ihr lieber gewesen, denn schliesslich hatte er ihr nicht erlaubt, ihn hier zu stoeren und vielleicht stoerte sie ihn sehr.

Er schickte seine Sekretaerin hinaus, bat sie, niemanden anzumelden und keine Telephongespraeche durchzugeben.
Dann fragte er O, was passiert sei.

"Ich habe Angst gehabt, dass du mich nicht mehr liebst", sagte O.

Er lachte. "Ganz ploetzlich, nur so?"

"Ja, im Wagen, auf der Rueckfahrt von... "

"Auf der Rueckfahrt von wem?" O schwieg.

René lachte wieder: "Aber ich weiss doch, du Dummes.
Von Anne-Marie.
Du gehst in zehn Tagen nach Samois.
Sir Stephen hat es mir gerade am Telephon gesagt."

René sass auf dem einzigen bequemen Sessel des Bueros, vor dem Schreibtisch und O hatte sich in seine Arme gepresst.

"Was sie mit mir machen, ist mir gleichgueltig, fluesterte sie, aber sag mir, ob du mich noch liebst."

"Mein Herz, ich liebe dich" sagte René,
"aber ich will, dass du mir gehorchst, und du gehorchst mir sehr schlecht.
Hast du Jacqueline gesagt, dass du Sir Stephen gehoerst, hast du ihr von Roissy erzaehlt?"

O schuettelte den Kopf.
Jacqueline liess sich ihre Liebkosungen gefallen, aber sobald sie erfahren wuerde, dass O...

René liess sie nicht zu Ende sprechen, er hob sie auf, lehnte sie gegen den Sessel, aus dem er aufgestanden war und schlug ihren Rock hoch.

"Ah! das Mieder, sagte er.
Du wirst wirklich viel angenehmer sein, wenn deine Taille sehr schmal geworden ist."

Dann nahm er sie.
O, die schon gezweifelt hatte, ob er sie ueberhaupt noch begehrte - das letzte Mal lag schon so lange zurueck - sah darin einen Beweis seiner Liebe.

"Es ist dumm von dir," sagte er danach zu ihr,
"dass du nicht mit Jacqueline sprechen willst.
Wir brauchen sie in Roissy, es waere viel einfacher, wenn du sie mitbringen wuerdest.
Ausserdem, wenn du von Anne-Marie kommen wirst, kannst du deine wahre Situation nicht mehr vor ihr verbergen."

O fragte warum.

"Das wirst du schon sehen," erwiderte René.
Du hast noch fuenf Tage Zeit, nur noch fuenf Tage,
denn Sir Stephen beabsichtigt taeglich auszupeitschen, fuenf Tage eh du zu Anne- Marie geschickt wirst.
Die Spuren werden wieder zweifellos zu sehen sein.
Wie willst du das Jacqueline erklaeren?"

O antwortete nicht.
René wusste ja nicht, dass Jacqueline an O nur die Leidenschaft interessierte, die O ihr bezeugte, dass sie sie niemals ansah.
Und wenn sie mit Peitschenwunden bedeckt waere, wuerde es genuegen, dass sie sich nie vor Jacqueline badete und immer ein Nachthemd anzog.
Jacqueline wuerde nichts sehen.
Sie hatte nicht bemerkt, dass O keinen Slip trug, sie bemerkte ueberhaupt nichts:
O interessierte sie nicht.

"Hoer zu," fuhr René fort,
"eines wenigstens wirst du ihr auf jeden Fall sagen und zwar sofort:
dass ich in sie verliebt bin."

"Und stimmt das?" sagte O.

"Ich will sie haben," sagte René,
"und weil du nichts tun kannst oder nichts tun willst, werde ich alles noetige tun."

"Nach Roissy wuerde sie nie gehen," sagte O.

"Nein?" sagte René.
"Na schoen, dann wird man sie dazu zwingen."

.
  #34  
Old 10-02-2016, 01:29 PM
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III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 5
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Am Abend, nach Einfall der Dunkelheit, als Jacqueline schon im Bett lag und O die Decke zurueckgeschlagen hatte, um sie im Lampenlicht anzuschauen, nachdem sie ihr gesagt hatte, und zwar sogleich, "René ist in dich verliebt", wiederholte sie sich Renés letzte Worte,
und der Gedanke, diesen zarten und schmalen Koerper unter der Peitsche zu sehen, diesen engen Schoss gespreizt, den reinen Mund schreiend geoeffnet und den Flaum dieser Wangen von Traenen verklebt,
dieser Gedanke, der noch vor einem Monat solches Grauen in ihr erweckt hatte, machte sie jetzt gluecklich.

Nachdem Jacqueline abgereist war und sicherlich erst Anfang August, nach Beendigung der Dreharbeiten an dem Film, bei dem sie mitwirkte, zurueckkommen wuerde, hielt O nichts mehr in Paris.

Der Juli war nah, in allen Gaerten standen die scharlachroten Geranien in voller Bluete,
alle Markisen an den Suedseiten waren heruntergelassen und René seufzte, da er nach Schottland fahren muesse.

O hoffte einen Augenblick lang, dass er sie mitnehmen werde.
Doch er nahm sie niemals zu seiner Familie mit und ausserdem wusste sie, dass er sie Sir Stephen ueberlassen wuerde, falls dieser den Wunsch aeusserte.
Sir Stephen liess wissen, dass er sie am Tag von Renés Abflug nach London abholen werde.
Sie hatte Urlaub.

"Wir fahren zu Anne-Marie," sagte er,
"sie erwartet Sie.
Nehmen Sie keinen Koffer mit, Sie brauchen nichts."

Es war nicht die Wohnung beim Observatorium, wo O Anne-Marie zum ersten Mal gesehen hatte, sondern ein niedriges Haus hinter einem grossen Garten, am Saum des Waldes von Fontainebleau.

O trug seit damals das fischbeinversteifte Taillenmieder, das Anne-Marie so unerlaesslich erschienen war:
sie schnuerte es jeden Tag enger, man konnte ihre Taille jetzt beinah mit den Haenden umspannen, Anne-Marie wuerde zufrieden sein.

Als sie ankamen war es zwei Uhr mittags, das Haus schlief und der Hund bellte leis, als die Glocke anschlug:
ein grosser flandrischer Schaeferhund mit struppigem Fell, der Os Knie unter ihrem Kleid beschnueffelte.

Anne-Marie sass unter einer Rotbuche am Ende des Rasens, der in einer Ecke des Gartens unter den Fenstern ihres Zimmers lag.
Sie stand nicht auf.

"Hier ist O," sagte Sir Stephen,
"Sie wissen, was Sie mit ihr machen sollen, wann wird sie soweit sein?"

Anne-Marie sah O an.

"Sie haben ihr noch nichts gesagt?
Gut, ich werde sofort anfangen.
Wir muessen dann wohl mit zehn Tagen rechnen.
Ich nehme an, Sie wollen die Ringe und die Buchstaben selbst anbringen?
Kommen Sie in vierzehn Tagen wieder.
Danach wird nach weiteren vierzehn Tagen sicherlich alles fertig sein."

O wollte sprechen, eine Frage stellen.

"Einen Augenblick, O," sagte Anne- Marie,
"geh hier in dieses Zimmer, zieh dich aus, behalte nur die Sandaletten an und komm wieder her."

Das Zimmer war leer, ein grosses, weisses Zimmer mit violetten Gardinen aus Jouy-Leinen.
O legte Tasche, Handschuhe und Kleider auf einen kleinen Stuhl neben der Tuer eines Wandschranks.
Es gab keinen Spiegel.

Sie ging langsam hinaus, die Sonne blendete sie, eh sie den Schatten der Buche erreichte.

Sir Stephen stand noch immer vor Anne-Marie, der Hund lag zu ihren Fuessen.
Anne-Maries schwarzgraues Haar glaenzte wie geoelt, ihre blauen Augen wirkten schwarz.
Sie trug ein weisses Kleid, einen Lackguertel um die Taille und Lacksandaletten an den nackten Fuessen, die Zehen waren in der gleichen Farbe lackiert wie ihre Fingernaegel.

"O," sagte sie,
"knie vor Sir Stephen hin."

O kniete sich hin, die Haende hinter dem Ruecken gekreuzt, die Spitzen ihrer Brueste bebten.
Der Hund machte Miene, sich auf sie zu stuerzen.

"Platz, Tuerk," sagte Anne- Marie.
"Willst du, O, die Ringe und die Buchstaben tragen, mit denen du nach Sir Stephens Wunsch gezeichnet werden sollst, ohne dass du weisst, wie sie an dir angebracht werden?"

"Ja," sagte O.

"Ich bringe Sir Stephen hinaus, bleib hier."

Sir Stephen beugte sich nieder und fasste Os Brueste, waehrend Anne-Marie aus ihrem Liegestuhl aufstand.
Er kuesste O auf den Mund und fluesterte:

"Gehoerst du mir, O, gehoerst du wirklich mir?"

dann verliess er sie und folgte Anne-Marie.
Als das Tor zufiel, kam Anne-Marie zurueck.


O kauerte auf den Fersen und hatte die Arme auf die Knie gelegt, wie eine aegyptische Statue.
Im Hause wohnten noch drei Maedchen, jede in einem Zimmer des ersten Stockwerks;
O bekam ein kleines Zimmer im Erdgeschoss, neben dem Anne-Maries.
Anne-Marie rief sie alle in den Garten herunter.
Alle drei waren nackt, wie O.

In diesem Frauenhaus, das durch die hohen Parkmauern und die geschlossenen Laeden der Fenster, die auf ein staubiges Gaesschen hinausgingen, wohl geschuetzt war, trugen nur Anne- Marie und das Personal Kleider:

eine Koechin und zwei Aufwaerterinnen, aelter als Anne-Marie und streng in maechtige schwarze Alpakaroecke und gestaerkte Schuerzen gekleidet.

"Sie heisst O," sagte Anne-Marie, die sich wieder gesetzt hatte.
"Bringt sie zu mir, damit ich sie in der Naehe sehe."

Zwei der Maedchen richteten O auf, sie waren beide dunkel, die Haare schwarz wie das Vlies, die Brustspitzen lang und blau violett.
Die dritte war klein, rund und rothaarig, und auf der kreidigen Haut ihrer Brust sah man ein erschreckendes Netzwerk gruener Adern.

Die beiden Maedchen schoben O dicht vor Anne-Marie, die mit dem Finger auf die drei schwarzen Streifen deutete, die quer ueber die Vorderseite der Schenkel liefen und sich auf den Lenden fortsetzten.

"Wer hat dich gepeitscht," fragte sie,
"Sir Stephen?"

"Ja," sagte O.

"Womit, und wann?"

"Vor drei Tagen, mit dem Reitstock."

"Von morgen an wirst du einen Monat lang nicht gepeitscht werden, aber heute bekommst du die Peitsche, zum Einstand, wenn ich dich inspiziert habe.
Hat Sir Stephen dir nie die Innenseite der Schenkel bei weit gespreizten Beinen gepeitscht?"

"Nein?"

"Nun, die Maenner haben keine Ahnung.
Aber das machen wir spaeter.
Zeig deine Taille.
Ah! Schon besser!"

Anne-Marie zog an Os geschmeidiger Taille, um sie noch mehr zusammenzupressen.
Dann schickte sie die kleine Rothaarige um ein anderes Mieder und liess es O anziehen.
Es war ebenfalls aus schwarzem Nylon, so stramm gesteift und so eng, dass es wie ein sehr breiter Lederguertel wirkte, und wie ein Guertel hatte es keine Strumpfhalter.
Eines der dunklen Maedchen, der Anne- Marie befahl, mit aller Kraft anzuziehen, schnuerte es.

"Furchtbar," sagte O.

"Das Mieder," sagte Anne-Marie,
"hat dich schon viel schoener gemacht, aber du hast es nicht genug geschnuert, du wirst es jetzt taeglich so tragen.
Sag mir jetzt, wie Sir Stephen sich deiner am liebsten bediente.
Ich muss das wissen."

Sie hielt mit der ganzen Hand Os Schoss gepackt und O konnte nicht antworten.
Zwei der Maedchen hatten sich auf den Boden gesetzt, die dritte, dunkle, ans Fussende von Anne-Maries Liegestuhl.

"Dreht sie um, ihr zwei," sagte Anne-Marie,
"damit ich ihre Lenden sehe."

O wurde umgedreht und nach vorn gekippt und die Haende der beiden Maedchen oeffneten sie.

"Ganz klar," sagte Anne- Marie,
"du brauchst mir nicht zu antworten, hier musst du gezeichnet werden.
Steh auf.
Du bekommst deine Armspangen.
Colette hol das Kaestchen, wir losen, wer dich peitschen soll.
Colette bring die Jetons, dann gehen wir ins Musikzimmer."

Colette war die groessere der beiden dunklen Maedchen, die andere hiess Ciaire, die kleine Rothaarige Yvonne.
O hatte nicht darauf geachtet, dass sie alle, wie in Roissy, ein Lederhalsband und lederne Armspangen trugen.
Ausserdem trugen sie die gleichen Spangen an den Fussgelenken.

Als Yvonne die passenden Spangen fuer O ausgesucht und befestigt hatte, reichte Anne-Marie O vier Jetons, und bat sie, jeder von ihnen einen zu geben, ohne die aufgedruckte Zahl anzusehen.

O verteilte ihre Jetons.
Jedes der drei Maedchen schaute den seinen an, wortlos, sie warteten, bis Anne-Marie sprach.

"Ich habe zwei, sagte Anne-Marie, wer hat eins?"

Es war Colette.

"Nimm O mit, sie gehoert dir."

Colette packte Os Arme, schloss ihr die Haende hinter dem Ruecken zusammen, indem sie die Armspangen einklinkte, und schob sie vor sich her.
An der Schwelle einer Fenstertuer, die zu einem kleinen Seitenfluegel fuehrte, zog Yvonne, die vor ihnen herging, O die Sandaletten aus.

Die Fenstertuer erhellte einen Raum, dessen rueckwaertiger Teil eine Art erhoehte Rotunde bildete;
den ganz leicht gewoelbten Plafond stuetzten zwei schlanke Saeulen, die im Abstand von zwei Metern am Ansatz der Rundung standen.
Die vier Stufen hohe Estrade bildete zwischen den beiden Saeulen einen halbrunden Vorsprung.
Der Boden des Rundbaus war, wie der des uebrigen Raumes, mit einem roten Filzteppich ausgelegt.
Die Waende waren weiss, die Fenstervorhaenge rot, die Sofas, die an der Wand der Rotunde entlang standen, mit dem gleichen roten Filz bezogen aus dem der Teppich bestand.
Im rechtwinkeligen Teil des Raumes war ein sehr breiter, nicht sehr tiefer Kamin und vor dem Kamin ein grosses Radiogeraet mit Plattenspieler, daneben Regale mit Schallplatten.
Daher hiess der Raum das Musikzimmer.

Es war durch eine Tuer neben dem Kamin direkt mit Anne-Maries Schlafzimmer verbunden.
Das Pendant zu dieser Tuer war die Tuer eines Wandschranks.
Ausser den Sofas und dem Musikschrank war das Zimmer unmoebliert.

Colette setzte O auf den Rand der Estrade, die in der Mitte senkrecht anstieg, -
die Stufen waren rechts und links der beiden Saeulen -,
die beiden anderen Maedchen schloessen die Fenstertuer, nachdem sie die Jalousien ein wenig heruntergelassen hatten.

O stellte ueberrascht fest, dass es sich um ein Doppelfenster handelte und Anne-Marie sagte lachend:

"Damit man dich nicht schreien hoert.
Die Waende sind mit Kork belegt, man hoert draussen nichts von dem, was hier vorgeht.
Leg dich hin."

Sie nahm sie an den Schultern, legte sie auf den roten Filz und zog sie ein Stueck nach vorn;
Os Haende klammerten sich an den Rand der Estrade, wo Yvonne sie an einem Ring festmachte, ihre Lenden hingen in der Luft.
Anne-Marie liess sie die Knie bis zur Brust hochziehen, dann fuehlte O, wie ihr die Beine ueber den Kopf gezogen und nach hinten gespannt und gestreckt wurden:
Gurte, die durch ihre Fussspangen gezogen wurden, befestigten ihre Beine, ein Stueck hoeher als ihr Kopf lag, an den Saeulen zwischen denen sie auf der Estrade so erhoeht und ausgelegt war, dass man von ihr nur die Oeffnung ihres Schosses und der gewaltsam gespreizten Lenden sah.

Anne-Marie streichelte ihr die Innenseite der Schenkel.

"An dieser Stelle des Koerpers ist die Haut am zartesten, sagte sie, man darf sie nicht verderben.
Sei vorsichtig, Colette."

Colette stand ueber ihr, die Fuesse zu beiden Seiten ihrer Taille und O sah in der Schneise zwischen den braunen Beinen die Schnuere der Peitsche, die sie in der Hand hielt.

Bei den ersten Schlaegen, die ihren Schoss verbrannten, stoehnte O.
Colette schlug von links nach rechts, machte eine Pause, fing wieder an,
O wand sich aus Leibeskraeften, sie glaubte, dass die Gurte sie zerreissen wuerden.
Sie wollte nicht um Schonung bitten, nicht um Gnade flehen.
Aber Anne-Marie wusste ihren Widerstand zu brechen.

"Schneller," sagte sie zu Colette,
"und fester."

O versuchte sich zu beherrschen, aber vergebens.
Nach einer Minute liess sie ihren Schreien und Traenen freien Lauf, waehrend Anne-Marie ihr Gesicht streichelte.

"Noch einen Augenblick, sagte sie, dann ist es vorbei.
Nur fuenf Minuten.
Fuenf Minuten lang wirst du wohl schreien koennen.
Es ist fuenf vor halb.
Colette, um halb hoerst du auf, wenn ich es dir sage."

Aber O heulte, nein, nein, bitte, sie konnte nicht mehr, nein, sie konnte diese Qual nicht eine Sekunde laenger ertragen.
Sie ertrug sie dennoch bis zum Ende und Anne-Marie laechelte ihr zu, als Colette von der Estrade stieg.

"Danke mir", sagte Anne-Marie zu O
"und O dankte ihr."

Sie wusste genau, warum Anne-Marie sie vor allem erst einmal hatte auspeitschen lassen.
Dass eine Frau ebenso grausam und noch unerbittlicher sein kann, wie ein Mann, hatte sie nie bezweifelt.
Aber O dachte, dass Anne-Marie weniger ihre Macht ueber sie hatte beweisen wollen, als vielmehr eine Komplizitaet zwischen sich selbst und O herstellen.

O hatte das starre Geflecht ihrer widerspruechlichen Gefuehle nie begriffen, aber sie hatte gelernt, es als eine unleugbare und wichtige Tatsache zu akzeptieren:
sie liebte den Gedanken an die Marter,
wenn sie sie erlitt, haette sie die ganze Welt verraten, um loszukommen,
wenn es vorbei war, war sie gluecklich, sie erlitten zu haben,
umso gluecklicher, je grausamer und je andauernder diese Marter gewesen war.

Anne-Marie hatte sich weder durch Os Gefuegigkeit noch durch ihre Auflehnung taeuschen lassen und wusste genau, dass ihr Dank keine Farce war.
Dennoch hatte ihr Vorgehen noch einen dritten Grund gehabt, den sie O jetzt erklaerte.

Sie wollte jedem Maedchen, das in ihr Haus kam und hier in einem weiblichen Universum lebte, klarmachen, dass das ausschliessliche Zusammenleben mit anderen Frauen ihre Weiblichkeit nicht aufhob, sondern sie vielmehr noch gegenwaertiger und spuerbarer machte.
Aus diesem Grunde verlangte sie, dass die Maedchen stets nackt waren;
die Art, wie O gepeitscht und die Stellung, in der sie festgebunden worden war, bezweckten nichts anderes.

Heute wuerde O fuer den Rest des Nachmittags - noch drei Stunden - mit gespreizten und angehobenen Beinen, Gesicht zum Garten, auf der Estrade ausgelegt bleiben.
Sie wuerde unaufhoerlich wuenschen muessen, die Beine zu schliessen.

Morgen wuerde es Ciaire sein oder Colette oder Yvonne, die O dann ihrerseits anschauen wuerde.
Diese Prozedur ging viel zu langsam und erforderte zu viel Sorgfalt (genau wie die besondere Anwendung der Peitsche), als dass man sie in Roissy anwenden koennte.
Aber O wuerde sehen, wie wirkungsvoll sie war.
Nicht nur wuerde sie bei ihrer Abreise die Ringe und Buchstaben tragen, sie wuerde auch so weit geoeffnet und so tief versklavt zu Sir Stephen zurueckkehren, wie sie es nie fuer moeglich gehalten haette.

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  #35  
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III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 6
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Am naechsten Morgen nach dem Fruehstueck forderte Anne- Marie O und Yvonne auf, ihr in ihr Schlafzimmer zu folgen.
Sie nahm ein gruenes Lederkaestchen aus ihrem Schreibtisch, legte es auf ihr Bett und oeffnete es.
Die beiden Maedchen setzten sich ihr zu Fuessen.

"Hat Yvonne dir nichts gesagt?" wollte Anne-Marie von O wissen.

O schuettelte den Kopf.
Was hatte Yvonne ihr zu sagen?

"Sir Stephen auch nicht, das weiss ich.
Hier also sind die Ringe, die er dich tragen lassen will."

Es waren Ringe aus nichtrostendem Stahl, genau wie der goldgefuetterte Fingerring.
Sie hatten die Staerke eines dicken Farbstifts, waren aus Rundstaeben gearbeitet und von laenglicher Form:
die Glieder der schweren Eisenketten sehen aehnlich aus.

Anne-Marie zeigte O, dass jeder Ring aus zwei Ufoermigen Teilen bestand, die ineinandergepasst wurden.

"Dies hier ist nur das Probiermuster," sagte sie.
"Es ist abnehmbar.
Das richtige Modell hat eine Innenfeder, die man zusammendruecken muss, damit das Gegenstueck in die Fuehrung eindringen kann, wo es dann stecken bleibt.
Wenn der Ring einmal geschlossen ist, kann man ihn nicht mehr abnehmen, man muesste ihn durchfeilen."

Jeder Ring hatte die Laenge von zwei Kleinfingergliedern und man konnte den kleinen Finger hineinstecken.
An jedem hing, wie ein weiteres Kettenglied, oder wie die Befestigungsoese eines Ohrrings, die im Ohr selbst angebracht wird und eine Verlaengerung darstellt,
eine Scheibe aus dem gleichen Metall, ebenso gross wie der Ring.
Auf der einen Flaeche ein Triskel in Nielloarbeit, auf der anderen nichts.

"Auf die andere, sagte Anne-Marie, kommt dein Name, Sir Stephens Titel, Name und Vorname, und darunter, ueber Kreuz, eine Peitsche und ein Reitstock.
Yvonne traegt eine solche Scheibe an ihrem Halsband.
Aber du, du wirst sie an deinem Schoss tragen."

"Aber...," sagte O.

"Ich weiss," erwiderte Anne-Marie,
"eben deshalb habe ich Yvonne mitgebracht.
Zeig deinen Schoss, Yvonne."

Das rothaarige Maedchen stand auf und legte sich ueber das Bett.
Anne-Marie oeffnete ihr die Schenkel und zeigte O, dass eines der beiden Fleischlaeppchen in der Mitte und ganz unten durchgebohrt war wie mit der Lochzange.

"Der Eisenring passte genau in die Oeffnung.
Ich werde dich gleich nachher durchbohren, O," sagte Anne-Marie,
"es ist im Handumdrehen geschehen, dagegen dauert es laenger, bis die Klammern gesetzt sind, die die Epidermis und die darunterliegende Schleimhaut zusammenheften.
Es tut viel weniger weh als die Peitsche."

"Schlaefern Sie mich denn nicht ein?" rief O zitternd.

"Kommt nicht in Frage," erwiderte Anne-Marie,
"du wirst ein bisschen fester gebunden als gestern, das genuegt.
Komm."

---

Acht Tage spaeter nahm Anne-Marie die Klammern heraus und passte O den Probering an.
So leicht er war - leichter als er aussah, denn er war hohl - er wog schwer.
Das harte Metall, das ins Fleisch schnitt, schien ein Folterinstrument zu sein.
Wie wuerde es erst werden, wenn der zweite, schwere Ring hinzukaeme?
Diese barbarische Vorrichtung wuerde auf den ersten Blick zu sehen sein.

"Natuerlich," sagte Anne-Marie,
als O eine entsprechende Bemerkung machte.

"Du hast doch wohl begriffen, was Sir Stephen will?
Wer immer deinen Rock hochhebt, in Roissy, oder anderwaerts, er selbst oder irgend jemand sonst, sogar du selbst vor dem Spiegel, sieht sofort Sir Stephens Ringe an deinem Schoss und wenn man dich umdreht die Buchstaben auf deinen Lenden.
Du kannst vielleicht eines Tages die Ringe abfeilen lassen, aber die Buchstaben sind nicht mehr zu entfernen."

"Ich habe geglaubt," sagte Colette,
"dass man eine Taetowierung sehr wohl wieder entfernen koennte."

(Sie selbst hatte auf Yvonnes weisse Haut ueber dem Dreieck des Schosses in blauen Zierbuchstaben, wie ein Stickereimonogramm, die Initialen von Yvonnes Gebieter taetowiert).

"O wird nicht taetowiert", erwiderte Anne-Marie.

O schaute Anne-Marie an.
Colette und Yvonne schwiegen ratlos.
Anne-Marie zoegerte.

"So sagen Sie es doch," sagte O.

"Meine arme Kleine, ich wagte nicht, es dir zu sagen:
du wirst mit Eisen gezeichnet.
Sir Stephen hat sie mir vor zwei Tagen geschickt."

"Mit Eisen?" rief Yvonne.

"Mit gluehenden Eisen."

---

Vom ersten Tage an hatte O das selbe Leben gefuehrt wie die anderen im Hause.
Der Muessiggang war vollstaendig und geplant, die Zerstreuungen monoton.
Die Maedchen durften im Garten spazierengehen, lesen, zeichnen, Karten spielen, Patiencen legen.
Sie konnten in ihren Zimmern schlafen oder sich in der Sonne braeunen lassen.
Manchmal unterhielten sie sich zu zweien oder alle zusammen, stundenlang, manchmal sassen sie schweigend zu Anne-Maries Fuessen.

Die Mahlzeiten wurden stets zur gleichen Stunde eingenommen, das Abendessen bei Kerzenlicht, der Tee wurde im Garten getrunken
und es wirkte absurd, mit welcher Selbstverstaendlichkeit die beiden Aufwaerterinnen die nackten Maedchen an der festlichen Tafel bedienten.

Jeden Abend waehlte Anne-Marie eine aus, die bei ihr schlafen sollte, manchmal mehrere Abende nacheinander die gleiche.
Sie beruehrte sie oder liess sich von ihr beruehren, meistens gegen Morgengrauen, schickte danach das Maedchen in ihr Zimmer zurueck und schlief wieder ein.

Die violetten Vorhaenge, die nur halb zugezogen waren, faerbten das erwachende Tageslicht malvenblau
und Yvonne sagte, Anne- Marie sei ebenso schoen und unnahbar in der Lust, die sie sich verschaffen lasse, wie unermuedlich in ihren Forderungen.
Keines der Maedchen hatte sie jemals voellig nackt gesehen.

Sie oeffnete ihr Nachthemd aus weissem Nylonjersey oder schob es hoch, zog es jedoch nie aus.
Weder die Wollust, die sie in der Nacht von einem der Maedchen erfahren hatte, noch die Wahl vom Vorabend beeinflussten die Entscheidung vom naechsten Nachmittag, die immer durch das Los getroffen wurde.


Um drei Uhr brachte Anne-Marie den Becher mit den Jetons unter die Blutbuche, wo die Gartensessel um einen runden Tisch aus weissem Stein gruppiert waren.
Jedes Maedchen nahm einen heraus.
Wer die niedrigste Zahl zog, wurde in das Musikzimmer gefuehrt und auf der Estrade zur Schau gestellt, wie O am ersten Tag.

(nur O war bis zu ihrer Abreise davon ausgeschlossen)
Sie musste noch auf Anne-Maries rechte oder linke Hand deuten, die eine weisse oder schwarze Kugel enthielt.
Schwarz: das Maedchen wurde gepeitscht, weiss: nicht.

Anne- Marie mogelte niemals, auch dann nicht, wenn das Los ein und dasselbe Maedchen mehrmals hintereinander verurteilte oder verschonte.
So wurde die Folterung der kleinen Yvonne, die schluchzend nach ihrem Geliebten rief, vier Tage nacheinander wiederholt.
Ihre Schenkel, die gruen geaedert waren wie ihre Brueste, spreizten sich ueber einem rosigen Fleisch, das der dicke Eisenring, der jetzt festgemacht war, um so erschreckender durchstach als Yvonne voellig enthaart war.

"Aber warum," wollte O von Yvonne wissen,
"und warum der Ring, wenn du die Scheibe an deinem Halsband traegst?"

"Er sagt, ich bin noch nackter, wenn ich enthaart bin.
Der Ring, ich glaube, an dem will er mich festketten."

Yvonnes gruene Augen und ihr kleines, dreieckiges Gesicht erinnerten O an Jacqueline.
Ob Jacqueline nach Roissy ging?
Dann wuerde Jacqueline eines Tages hierherkommen, hier sein, auf dieser Estrade ausgelegt.

"Ich will nicht," sagte O,
"ich will nicht, ich werde nichts tun, um sie herzubringen.
Ich habe ihr schon viel zu viel davon erzaehlt.
Jacqueline ist nicht dafuer geschaffen, geschlagen und gezeichnet zu werden."

Doch wie gut standen die Peitschenspuren und Eisen der kleinen Yvonne, wie suess war ihr Schweiss und ihr Stoehnen, wie suess war es, sie dahin zu bringen.

Denn Anne-Marie hatte O schon zweimal die geschwaenzte Peitsche gereicht, und jedesmal damit sie Yvonne schlagen sollte.

Beim ersten Mal, im ersten Augenblick hatte sie gezoegert,
bei Yvonnes erstem Schrei war sie zurueckgewichen,
doch dann hatte sie wieder zugeschlagen und Yvonne hatte wieder, noch lauter, geschrien,
und sie war von einer schrecklichen Lust ergriffen worden,
so durchdringend, dass sie wider Willen vor Freude lachte und sich zurueckhalten musste, um die Schlaege nicht zu schnell und nicht aus voller Kraft zu verabreichen.

Danach war sie bei Yvonne geblieben, solange Yvonne angebunden lag
und hatte sie immer wieder gekuesst.
Zweifellos war sie ihr in irgendeiner Weise aehnlich.
Wenigstens schien Anne-Maries Verhalten das zu beweisen.

War es Os Schweigsamkeit, ihre Gefuegigkeit, die sie reizte?
Os Wunden waren kaum vernarbt:

"Wie schade", sagte Anne-Marie,
"dass ich dich nicht peitschen lassen kann.
Wenn du wiederkommst...
Na, auf jeden Fall werde ich dich alle Tage ausstellen lassen."

Und jeden Tag, wenn das Maedchen im Musiksaal losgebunden wurde, legte O sich an ihre Stelle bis die Glocke zum Abendessen laeutete.

Und Anne-Marie hatte recht:
es stimmte, sie konnte waehrend dieser ganzen zwei Stunden an nichts anderes denken, als an die Tatsache, dass sie mit gespreizten Beinen hier lag,
an den Ring, der ihren Schoss beschwerte, seit er angebracht worden war und der noch viel schwerer wog, weil der zweite Ring dazugekommen war.
An nichts anderes als an ihr Sklaventum und an die Male ihres Sklaventums.

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  #36  
Old 10-05-2016, 09:27 AM
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III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 7
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Eines Tages war Ciaire mit Colette vom Garten hereingekommen, zu O hingetreten und hatte die Ringe umgedreht.
Sie trugen noch keine Inschrift.

"Wann bist du zum ersten Mal in Roissy gewesen," fragte sie,
"hat Anne-Marie dich hingeschickt?"

"Nein," sagte O.

"Mich hat Anne-Marie hingeschickt, vor zwei Jahren.
Uebermorgen fahre ich wieder hinaus."

"Aber du gehoerst doch niemandem?" sagte O.

"Ciaire gehoert mir," sagte Anne-Marie, die unbemerkt eingetreten war.
"Dein Gebieter kommt morgen, O.
Du wirst heute Nacht bei mir schlafen."


Die kurze Sommernacht erhellte sich langsam und gegen vier Uhr morgens loeschte der Tag die letzten Sterne.
O, die mit geschlossenen Knien schlief, wurde durch Anne-Maries Hand zwischen ihren Schenkeln aufgeweckt.
Aber Anne-Marie wollte nur, dass O sie beruehren solle.
Ihre Augen glaenzten im Halbdunkel und ihr schwarzes, grau durchwehtes, kurz geschnittenes und vom Kopfkissen hochgeschobenes Haar, das kaum gelockt war, verliehen ihr das Aussehen eines Grand Seigneurs im Exil, eines furchtlosen Libertins.

O liebkoste mit ihren Lippen die harte Spitze der Brueste, mit der Hand die Hoehlung des Schosses.
Anne-Marie gab sich sehr schnell ihrer Erregung hin - sie gab sich nicht O hin.
Die Wollust, in der sie die Augen weit dem Licht oeffnete, dem sie zugewandt war, war eine anonyme und unpersoenliche Lust,
O diente ihr nur als Werkzeug.

Es war Anne-Marie gleichgueltig, dass O ihr glattes und verjuengtes Gesicht bewunderte, den schoenen, keuchenden Mund,
es war ihr gleichgueltig, dass O sie stoehnen hoerte, als sie die Fleischknospe in der Furche des Schosses zwischen Zaehne und Lippen zog.
Sie packte O nur beim Haar, um sie staerker an sich zu pressen und liess sie nur los, um ihr zu befehlen:

"Weiter."

O hatte auf die gleiche Weise Jacqueline geliebt.
Sie hatte sie in voelliger Selbstvergessenheit in den Armen gehalten.
Sie hatte Jacqueline besessen, glaubte sie zumindest.
Doch die Identitaet der Gesten hatte nichts zu bedeuten.

O besass Anne-Marie nicht.
Niemand besass Anne- Marie.

Anne-Marie forderte die Liebkosungen ohne sich darum zu kuemmern, was der Gebende empfand und sie ueberliess sich ihrer Wollust mit hochmuetiger Unbekuemmertheit.

Dennoch war sie zaertlich und sanft zu O, kuesste ihren Mund und ihre Brueste und hielt sie noch eine Stunde lang an sich gepresst, ehe sie sie wegschickte.

Sie hatte ihr die Eisen abgenommen.
"Es sind die letzten Stunden," hatte sie zu ihr gesagt,
"in denen du zu Bett gehst, ohne Eisen zu tragen.
Denn die Eisen, die dir jetzt gleich angelegt werden, sind nicht wieder abzunehmen."

Ihre Hand hatte zart und lange Os Lenden gestreichelt, dann hatte sie O in ihr Ankleidezimmer gefuehrt, das einzige Zimmer im ganzen Haus, wo ein dreiteiliger Spiegel stand, der stets zugeklappt war.
Sie hatte den Spiegel geoeffnet, damit O sich sehen konnte.

"Jetzt siehst du dich zum letzten Mal unversehrt", sagte sie.
"Hier, wo du so rund und glatt bist, wird man dir Sir Stephens Initialen einbrennen, zu beiden Seiten der Furche.
Ich werde dich am Abend vor deiner Abreise wieder vor diesen Spiegel fuehren und du wirst dich nicht wiedererkennen.
Aber Sir Stephen hat recht.
Geh schlafen, O."

Doch die Angst hielt O wach
und als Monique sie um zehn Uhr holen kam, musste sie ihr helfen, sich zu baden, zu frisieren und die Lippen zu schminken.
O zitterte an allen Gliedern;
sie hatte die Eingangstuer gehen hoeren:
Sir Stephen war da.

"Komm doch, O", sagte Yvonne,
"er erwartet dich."


Die Sonne stand schon hoch am Himmel, kein Lufthauch bewegte die Blaetter der Buche:
sie sah aus wie aus Kupfer.
Der hitzemuede Hund lag am Fuss des Baumes und da die Sonne noch nicht hinter der Hauptmasse der Buche stand, drang sie durch die Spitze des Astes, der als einziger um diese Stunde einen Schatten auf den Tisch warf:
der Stein war mit hellen und blauen Flecken uebersaet.

Sir Stephen stand regungslos am Tisch, Anne-Marie sass neben ihm.

"So", sagte Anne-Marie, als Yvonne ihr O zugefuehrt hatte,
"die Ringe koennen angebracht werden, wenn Sie es wuenschen, sie ist vorbereitet."

Ohne zu antworten zog Sir Stephen O in seine Arme, kuesste sie auf den Mund, hob sie dann hoch und legte sie auf den Tisch, beugte sich lange ueber sie.
Dann kuesste er sie nochmals, streichelte ihr die Brauen und das Haar, richtete sich auf und sagte zu Anne- Marie:

"Jetzt gleich, wenn ich bitten darf."

Anne-Marie nahm die Lederkassette, die sie mitgebracht und auf einen Sessel gestellt hatte, und reichte Sir Stephen die einzelnen Ringe, die Os Namen und den seinen trugen.

"Los", sagte Sir Stephen.

Yvonne hob Os Knie hoch und O spuerte das kalte Metall, das Anne-Marie in ihr Fleisch schob.
Beim Einfuegen der zweiten Haelfte des Ringes in die erste achtete Anne-Marie darauf, dass die goldbelegte Seite dem Schenkel zugedreht war, und die Seite mit der Inschrift nach innen schaute.
Aber die Spannfeder gab nicht soweit nach, dass die Zapfen einrasten konnten.

Dann wurde O aufgerichtet, mit gespreizten Beinen ueber den Rand der Steinplatte gelegt, die als Amboss diente, auf dem die Enden der beiden Kettenglieder nacheinander aufgelegt wurden und jetzt konnte man sie durch Schlaege ineinandertreiben.

Sir Stephen sah wortlos zu.
Als es geschehen war, bedankte er sich bei Anne-Marie und half O beim Aufstehen.

Jetzt bemerkte sie, dass diese neuen Eisen viel schwerer waren, als diejenigen, die sie waehrend der vergangenen Tage versuchsweise getragen hatte.
Diese waren endgueltig.

"Jetzt Ihre Initialen, nicht wahr?" sagte Anne- Marie zu Sir Stephen.

Sir Stephen nickte schweigend und hielt O, die schwankte, um die Taille fest;
sie hatte ihr schwarzes Mieder abgelegt, aber dieses Mieder hatte sie so schmal gemacht, dass man den Eindruck hatte, sie wuerde jeden Augenblick zerbrechen.
Ihre Hueften wirkten dadurch um so runder und ihre Brueste um so schwerer.

Im Musiksaal, wohin Sir Stephen O mehr trug als fuehrte, sassen Colette und Ciaire am Fuss der Estrade.
Sie erhoben sich bei ihrem Eintritt.

Auf der Estrade stand ein grosser, runder, einflammiger Kocher.
Anne- Marie nahm die Gurte aus dem Wandschrank und liess O an eine der Saeulen stellen und um Taille und Kniekehlen daran festbinden.
Auch ihre Haende und Fuesse wurden gefesselt.

In blindem Entsetzen spuerte sie auf ihren Lenden Anne-Maries Haende, die anwiesen, wo die Eisen aufzudruecken seien, hoerte das Zischen einer Flamme und in der absoluten Stille das Schliessen eines Fensters.

Sie haette den Kopf wenden koennen, hinsehen.
Sie hatte nicht die Kraft.

Ein einziger, grauenhafter Schmerz durchfuhr sie,
liess sie sich aufheulend und steif in ihren Fesseln baeumen
und sie erfuhr niemals, wer ihr die beiden rotgluehenden Eisen gleichzeitig ins Fleisch gepresst,
wessen Stimme langsam bis fuenf gezaehlt hatte,
noch auf wessen Zeichen hin sie weggenommen wurden.

Als man sie losband, glitt sie in Anne-Maries Arme und eh alles um sie her sich drehte und schwarz wurde und schliesslich jedes Gefuehl sie verliess, sah sie gerade noch zwischen zwei dunklen Wogen Sir Stephens leichenblasses Gesicht.

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  #37  
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III - ANNEMARIE UND DIE RINGE - Teil 8
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Sir Stephen brachte O zehn Tage vor Ende Juli nach Paris zurueck.

Die Eisen hingen bis zu einem Drittel ihrer Schenkel herab, da die gravierte Scheibe schwerer und laenger war, als der Ring, an dem sie hing.
Jene die den linken Teil ihres Schosses durchbohrten und in deutlichen Buchstaben zeigten, dass sie Sir Stephens Eigentum war, bewegten sich bei jedem Schritt wie ein Glockenschwengel zwischen ihren Beinen.

Die Brandzeichen waren drei Finger hoch und halb so breit und wie mit dem Meissel fast einen Zentimeter tief in ihr Fleisch gegraben.
Bei der fluechtigsten Beruehrung spuerte man sie unter den Fingern.
Diese Eisen und diese Zeichen erfuellten O mit unsinnigem Stolz.

Waere Jacqueline dagewesen, sie haette sie ihr nicht verborgen wie die Spuren der Peitschenhiebe, mit denen Sir Stephen sie an den letzten Tagen vor ihrer Abreise gezeichnet hatte, sondern sofort angezeigt.
Aber Jacqueline wuerde erst in acht Tagen zurueckkommen.

René war nicht da.
Waehrend dieser acht Tage liess O sich auf Sir Stephens Geheiss einige Hochsommerkleider und ein paar sehr leichte Abendkleider machen.

Er erlaubte ihr nur die Abwandlungen von zwei Grundmodellen, eines mit Reissverschluss von oben bis unten
(O besass bereits zwei aehnliche Kleider),
das andere eine Kombination aus Plisseerock, den man mit einem Griff hochschlagen konnte,
einem bis unter die Brust reichenden Mieder und einem bis zum Hals geschlossenen Bolerojaeckchen.
Man brauchte nur das Bolero auszuziehen und Schultern und Brueste waren nackt,
und wenn man das Bolero nicht auszog, es nur zu oeffnen, wenn man die Brueste sehen wollte.

Ein Badeanzug kam nicht in Frage:
O konnte keinen tragen:
man haette die Eisen an ihrem Schoss gesehen.

Sir Stephen sagte ihr, dass sie in diesem Sommer nackt baden werde, wenn ueberhaupt.
Eine lange Strandhose, weiter nichts.

Von Anne-Marie stammten die Entwuerfe zu den Kleidern.
Sie wusste, auf welche Art Sir Stephen sich Os hauptsaechlich bediente und hatte eine Strandhose vorgeschlagen, die an beiden Seiten mittels langer Reissverschluesse zu oeffnen und vorn in der Taille so gehalten war,
sodass man, ohne sie auszuziehen, das Rueckenteil herunterklappen konnte.

Doch Sir Stephen lehnte ab.
Zwar behandelte er O, wenn er sich nicht ihres Mundes bediente, beinah ausnahmslos wie einen Knaben.
Aber O wusste, dass er jederzeit, solange sie in seiner Naehe war, auch dann, wenn er sie nicht begehrte, gewissermassen automatisch nach ihrem Schoss greifen wollte,
mit der ganzen Hand in das Vlies fassen und daran ziehen, sie oeffnen und seine Hand lange in sie versenken.

Die Lust, die O selbst empfand, wenn sie Jacqueline so feucht und gluehend sich um ihre Hand schliessen fuehlte, war ihr Garant und Zeuge fuer Sir Stephens Lust.
Sie verstand, dass er sich diesen Zugang nicht erschweren lassen wollte.

Mit den gestreiften oder gepunkteten Baumwollstoffen - grau und weiss, marineblau und weiss -, die O waehlte, in den Plisseeroecken und kleinen, knappen und hochgeschlossenen Boleros oder den strengeren Kleidern aus schwarzem Nyloncloque, kaum geschminkt, ohne Hut und mit losem Haar sah sie wie ein artiges junges Maedchen aus.

Wo immer Sir Stephen sie hinfuehrte, hielt man sie fuer seine Tochter, oder fuer seine Nichte,
um so mehr, als er jetzt "du" zu ihr sagte und sie zu ihm weiterhin Sie.

Wenn sie beide allein durch Paris spazierten, Laeden anschauten, oder die Kais entlangschlenderten, wo das Pflaster von der langen Trockenheit staubig waren, sahen sie ohne Erstaunen, wie die Passanten ihnen zulaechelten, wie man gluecklichen Menschen zulaechelt.

Es kam vor, dass Sir Stephen sie in die Nische einer Einfahrt oder unter den Torbogen eines Wohnhauses draengte, wo es immer ein bisschen dunkel ist und ein leichter Kellergeruch aufsteigt, und sie kuesste und ihr sagte, dass er sie liebe.

O hakte ihre hohen Absaetze in die Schwelle der Einfahrt, wo die kleine Durchlasstuer eingepasst ist.
Man sah in einen Hinterhof, wo Waesche vor den Fenstern trocknete. ueber einen Balkon lehnte, ein blondes Maedchen und betrachtete sie mit Ausdauer, eine Katze strich zwischen ihren Beinen hindurch.

Sie gingen auch zur Avenue des Gobelins, nach Saint- Marcel, in die Rue Mouffetard, das Temple-Viertel, zur Place de la Bastille.


Einmal fuehrte Sir Stephen ploetzlich O in ein elendes Stundenhotel, dessen Paechter sie zuerst Meldezettel ausfuellen lassen wollte, dann aber sagte, es sei nicht der Muehe wert, wenn es nur fuer eine Stunde waere.

Die Tapete im Zimmer war blau mit riesigen goldenen Pfingstrosen, das Fenster ging auf einen Lichtschacht, aus dem der Geruch der Abfalltonnen stieg.
Trotz der schwachen Birne ueber dem Bett sah man, dass auf dem Kaminsims Puder verstreut war und Haarnadeln herumlagen.
Am Plafond ueber dem Bett war ein grosser Spiegel.


Ein einziges Mal lud Sir Stephen zusammen mit O zwei seiner durchreisenden Landsleute zum Mittagessen ein.
Er holte sie eine Stunde eh sie fertig war in ihrer Wohnung am Quai de Béthume ab, anstatt sie zu sich zu bestellen.
O war gebadet, aber nicht frisiert, nicht zurechtgemacht, nicht angekleidet.
Sie bemerkte ueberrascht, dass Sir Stephen einen Golfsack in der Hand trug.
Aber ihr Erstaunen legte sich schnell:

Sir Stephen befahl ihr, den Sack zu oeffnen.
Er enthielt mehrere Reitstoecke aus Leder,
zwei dickere aus rotem, zwei sehr duenne und lange aus schwarzem Leder,
eine Riemenpeitsche mit langen gruenen Lederschnueren von denen jede am Ende umgebogen war und einen Ring bildete,
eine weitere Peitsche mit Knotenschnueren, eine Hundepeitsche aus einem dicken Lederriemen bestehend, der Griff aus Leder geflochten,
und schliesslich Lederarmbaender wie die von Roissy und Schnuere.

O legte Stueck fuer Stueck nebeneinander auf das aufgeschlagene Bett.
Sie war daran gewoehnt, sie war gefasst, dennoch zitterte sie;
Sir Stephen nahm sie in die Arme.

"Was ist dir am liebsten, O?" fragte er sie.

Aber sie konnte kaum sprechen und spuerte, wie ihr bereits der Schweiss aus den Achselhoehlen lief.

"Was ist dir am liebsten? wiederholte er.

O musste Sir Stephens Frage beantworten:
Aber sie konnte nicht, er selbst waehlte die Hundepeitsche aus.

"Gut," sagte er, als sie schwieg,
"zunaechst wirst du mir helfen."

Er verlangte Naegel und nachdem er einen passenden Platz gefunden hatte, wo die gekreuzten Peitschen und Reitstoecke als eine Art Wandschmuck angebracht werden konnten, zeigte er O, dass die Stelle rechts von ihrem Stehspiegel und dem Bett gegenueber, eine Holzverkleidung zwischen Spiegel und Kamin, sich am besten dafuer eignete.
Er schlug die Naegel ein.

Die Peitschen und Reitstoecke hatten an den Enden Ringe, die man in die Bildernaegel einhaken konnte, sie waren so leicht einzeln abzunehmen und wieder aufzuhaengen;
zusammen mit den Armbaendern und den Schnueren hatte O also ihrem Bett gegenueber das vollstaendige Sortiment ihrer Folterwerkzeuge.
Ein huebsches Ensemble, so wohl abgestimmt wie das Rad und die Zangen auf den Abbildungen der heiligen Maertyrerin Katharina,
wie Hammer und Naegel, Dornenkrone, Lanze und Geisseln auf den Darstellungen des Kreuzwegs.

Wenn Jacqueline zurueckkommen wuerde...
aber es handelte sich ja gerade um Jacqueline.


Bei La Pérouse, in einem winzigen Séparé im zweiten Stock, musste O sich allein aufs Sofa setzen.
Dort wo Watteau-Figuren, die aussahen wie Akteure eines Puppentheaters in hellen, leicht verblassten Farben die dunklen Waende schmueckten.

Sir Stephens Freunde sassen rechts und links von ihr auf Sesseln, Sir Stephen ihr gegenueber.
Einen der Maenner hatte sie bereits in Roissy gesehen, aber sie erinnerte sich nicht, ihm gehoert zu haben.
Der andere, ein grosser junger Mann mit rotem Haar und grauen Augen, war bestimmt noch nicht fuenfundzwanzig.

Sir Stephen erklaerte ihnen kurz, warum er O eingeladen habe und was sie war.
O wunderte sich wieder einmal ueber die Brutalitaet seiner Sprache.
Aber, wie sollte er sie bezeichnen, wenn nicht als Hure, eine Frau, die sich bereitfand, vor drei Maennern -
ganz zu schweigen von den bedienenden Kellnern, die staendig aus und ein gingen -
ihr Mieder zu oeffnen um ihre Brueste zu zeigen, deren Spitzen geschminkt waren, und die zwei violette Streifen quer ueber die weisse Haut trugen, Spuren einer Auspeitschung mit dem Reitstock?

Die Mahlzeit zog sich hin und die Englaender tranken viel.
Beim Kaffee, die Likoere waren soeben gebracht worden, schob Sir Stephen den Tisch an die andere Wand zurueck und nachdem er Os Rock hochgeschlagen hatte, damit seine Freunde Os Brandmale und Eisen sehen konnten, ueberliess er sie ihnen.

Der Mann, den sie in Roissy gesehen hatte, war schnell mit ihr fertig,
er verlangte sofort, ohne von seinem Sessel aufzustehen oder sie auch nur mit einem Finger zu beruehren, dass sie sich vor ihm hinkniee, sein Geschlecht in den Mund nehme, bis er sich in sie ergiessen konnte.
Worauf er seine Kleider von ihr wieder ordnen liess und wegging.

Aber der rothaarige junge Mann, den Os Gehorsam, ihre Eisen und die Peitschenmale an ihrem Koerper um seine Fassung gebracht hatten, warf sich nicht auf sie, wie O es erwartet hatte,
sondern nahm sie bei der Hand und ging mit ihr die Treppe hinunter, ohne auf das spoettische Grinsen der Kellner zu achten,
liess ein Taxi rufen und fuehrte sie in sein Hotelzimmer.

Er liess sie erst bei sinkender Nacht wieder gehen, nachdem er wie ein Rasender ihren Schoss und ihre Lenden bearbeitet hatte,
die er verletzte, so steif und maechtig war er, so entfesselt durch das ungewohnte und erstmalig eingeraeumte Recht, beide Wege benuetzen zu duerfen,
sich ihres Mundes so zu bedienen, wie er soeben gesehen hatte, dass man es von ihr verlangen duerfe (was er noch niemals zu fordern gewagt hatte).

Als O am naechsten Tag um zwei Uhr zu Sir Stephen kam, der sie hatte rufen lassen, fand sie ihn mit ernster Miene und gealtert vor.

"Eric hat sich sinnlos in dich verliebt, O", sagte er.
"Er hat mich heute Morgen beschworen, dir die Freiheit zurueckzugeben,
er hat gesagt, er wolle dich heiraten.
Er will dich retten.
Du weisst ja, was ich aus dir mache, wenn du mir gehoerst, O,
und wenn du mir gehoerst, dann kannst du mir nichts verweigern,
aber noch kannst du, und das weisst du auch, dich weigern, mir zu gehoeren.
Ich habe es ihm gesagt.
Er kommt um drei Uhr wieder."

O lachte.
"Ist es nicht ein bisschen spaet?" sagte sie.
"Ihr seid alle beide verrueckt.
Wenn Eric heute Morgen nicht gekommen waere, was haetten Sie dann heute Nachmittag mit mir gemacht?
Spazierengegangen, weiter nichts?
Schoen, dann gehen wir spazieren; oder vielleicht haetten Sie mich gar nicht rufen lassen?
Schoen, dann gehe ich wieder..."

"Nein," erwiderte Sir Stephen,
"ich haette dich gerufen, O,
aber nicht, um mit dir spazierenzugehen.
Ich wollte..."

"Sagen Sie es."

"Komm, so geht es leichter."

Er stand auf und oeffnete die Tuer in der Wand gegenueber dem Kamin, das Pendant zu der Tuer, durch die man in sein Arbeitszimmer kam.
O hatte immer geglaubt, es sei die Tuer zu einem nicht benutzten Wandschrank.

Sie sah ein winziges Boudoir, frisch getuencht und mit tiefroter Seide ausgeschlagen,
der halbe Raum wurde von einer gerundeten Estrade mit zwei Saeulen eingenommen, wie die Estrade des Musikzimmers in Samois.

"Waende und Plafond sind mit Kork belegt, nicht wahr," sagte O,
"und die Tuer ist gepolstert und Sie haben ein Doppelfenster einsetzen lassen?"

Sir Stephen nickte.

"Aber seit wann?" fragte O.

"Seit deiner Rueckkehr."

"Und warum...?"

"Warum ich bis heute gewartet habe.
Weil ich gewartet habe, bis du durch andere Haende als die meinen gegangen bist.
Dafuer werde ich dich jetzt bestrafen.
Ich habe dich noch niemals bestraft, O."

"Aber ich gehoere Ihnen," sagte O,
"bestrafen Sie mich bis Eric wiederkommt..."

Eine Stunde spaeter wurde der junge Mann vor O gefuehrt, die zwischen den beiden Saeulen grotesk ausgespreizt lag.
Er erbleichte, stammelte etwas und verschwand.

O glaubte, ihn niemals wiederzusehen.

(Sie traf ihn Ende September in Roissy, wo er sie sich drei Tage nacheinander ausliefern liess und sie barbarisch misshandelte.)

.
  #38  
Old 10-07-2016, 09:04 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 1
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


O begriff nicht mehr, dass sie jemals Bedenken haben konnte, Jacqueline von dem zu sprechen, was René zu recht ihre wahre Situation nannte.
Anne-Marie hatte ihr wohl gesagt, sie werde veraendert sein, wenn sie ihr Haus verlasse.
Aber nie haette sie geglaubt, dass sie so voellig anders sein koennte.

Es erschien ihr nur natuerlich, sich vor der noch strahlender, noch frischer zurueckgekehrten Jacqueline nicht mehr wie frueher zu verstecken, wenn sie badete oder sich anzog.

Doch Jacqueline schenkte allem, was nicht sie selbst betraf, so wenig Interesse, dass sie auch weiterhin nichts bemerkt haette, waere sie nicht am zweiten Tag nach ihrer Rueckkehr zufaellig genau in dem Augenblick ins Badezimmer gegangen, als O aus dem Wasser und ueber den Rand der Badewanne stieg und die Eisenringe an ihrem Schoss gegen das Emaille klirrten.

Dieses ungewohnte Geraeusch erregte ihre Aufmerksamkeit.
Sie wandte den Kopf und sah gleichzeitig die Scheibe, die zwischen Os Beinen baumelte und die Querstreifen, die sich ueber Schenkel und Brueste zogen.

"Was hast du denn da?" fragte sie.

"Das war Sir Stephen," erwiderte O,
und wie etwas ganz Selbstverstaendliches fuegte sie hinzu:
"René hat mich ihm geschenkt und er hat mir eine Plaquette mit seinem Namen anschmieden lassen.
Schau her."

Und waehrend sie sich mit dem Bademantel abtrocknete, trat sie so nah vor Jacqueline hin,
die sich vor Staunen auf den lackierten Hocker gesetzt hatte,
dass Jacqueline die Scheibe in die Hand nehmen und die Inschrift lesen konnte;
dann liess sie den Bademantel herabgleiten, drehte sich um und deutete mit der Hand auf das S und das H, das ihre Lenden hoehlte, und sagte:

"Er hat mich auch mit seinen Initialen zeichnen lassen.
Das uebrige, das kommt von der Reitpeitsche.
Gewoehnlich peitscht er mich selbst, aber manchmal laesst er mich auch von seiner schwarzen Dienerin auspeitschen."

Jacqueline starrte O an, ohne ein Wort herauszubringen.

O lachte, dann wollte sie Jacqueline umarmen.

Jacqueline stiess sie entsetzt von sich und floh ins Schlafzimmer.

O trocknete sich in aller Ruhe vollends ab, parfuemierte sich, buerstete ihr Haar.
Sie zog das Taillenmieder an, die Struempfe, die Pantoeffelchen und als sie nun durch die Tuer trat, begegnete sie im Spiegel dem Blick Jacquelines, die sich geistesabwesend vor dem Spiegel kaemmte.

"Schnuere mir das Korsett," sagte sie.
"Du tust so ueberrascht.
René ist in dich verliebt, hat er dir denn nichts gesagt?"

"Ich verstehe nicht", sagte Jacqueline.

Und sie platzte sogleich mit dem heraus, was sie am meisten erstaunte:

"Man koennte meinen, du waerst stolz darauf,
ich verstehe das nicht."

"Wenn René dich nach Roissy bringt, wirst du es verstehen.
Hast du denn schon mit ihm geschlafen?"

Eine Blutwelle ueberstroemte das Gesicht Jacquelines, sie schuettelte den Kopf, aber so wenig ueberzeugend, dass O laut lachen musste.

"Du luegst, mein Herzchen, du bist dumm.
Es ist dein gutes Recht, mit ihm zu schlafen.
Und das ist kein Grund, mich zurueckzuweisen.
Komm mit mir ins Bett, dann werde ich dir die Geschichte von Roissy erzaehlen."

Fuerchtete Jacqueline eine stuermische Eifersuchtsszene, gab sie aus Erleichterung oder aus Neugier nach,
weil sie von O Erklaerungen hoeren wollte oder einfach weil sie die Geduld, die Bedaechtigkeit, die Leidenschaft liebte, mit der O sie liebkoste?
Sie gab nach.

"Erzaehle," sagte sie danach zu O.

"Ja," sagte O.
"Aber zuerst musst du mir die Brueste kuessen.
Es ist Zeit, dass du dich daran gewoehnst, wenn du René von irgendeinem Nutzen sein willst."

Jacqueline gehorchte, und so gut, dass sie O zum Stoehnen brachte.

"Erzaehle", sagte sie noch einmal.

Os Erzaehlung erschien Jacqueline trotz aller Genauigkeit und Klarheit, trotz des greifbaren Beweises, den O selbst darstellte, einfach zu phantastisch.

"Im September gehst du wieder hin?" fragte sie.

"Wenn wir aus dem Sueden zurueckkommen," sagte O.
"Ich werde dich mitnehmen, oder René nimmt dich mit."

"Anschauen moechte ich es mir schon einmal," sagte Jacqueline,
"aber nur anschauen."

"Natuerlich, das laesst sich machen", sagte O,

die vom Gegenteil ueberzeugt war, sich jedoch sagte, dass Sir Stephen ihr Dank wissen wuerde, wenn sie, O, Jacqueline dazu bringen koennte, die Schwelle von Roissy zu ueberschreiten -
und danach wuerden die Diener, die Ketten und Peitschen da sein, um Jacqueline das Gehorchen zu lehren.


Sir Stephen hatte in der Naehe von Cannes eine Villa gemietet, wo sie den August verbringen sollte
zusammen mit René, Jacqueline und deren kleiner Schwester, die Jacqueline gebeten hatte, mitbringen zu duerfen -
nicht, weil sie die Kleine gern hatte, sondern weil ihre Mutter ihr dauernd in den Ohren lag, sie solle O um Erlaubnis bitten -
und sie wusste bereits, dass ihr Schlafzimmer,
wo Jacqueline wohl zumindest die Siesta mit ihr verbringen wuerde, wenn René nicht da war,
von Sir Stephens Zimmer durch eine nur scheinbar solide Wand getrennt war,
hinter deren Trompel'oeil-Dekorierung, einem durchbrochenen Lattenwerk,
man nur einen Rollvorhang zu heben brauchte,
um alles, was im Zimmer vorging so genau zu sehen und zu hoeren, als stuende man direkt vor dem Bett.

Jacqueline wuerde Sir Stephens Blicken ausgeliefert sein, wenn O mit ihr im Bett lag, und sie wuerde es zu spaet erfahren, um sich dagegen wehren zu koennen.

O tat der Gedanke wohl, dass sie Jacqueline durch Verrat ausliefern wuerde, denn es kraenkte sie, dass Jacqueline ihren Stand einer gebrandmarkten und gepeitschten Sklavin verachtete, auf den sie so stolz war.

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  #39  
Old 10-08-2016, 01:48 PM
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IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 2
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


O war noch nie im Sueden gewesen.
Der stetig blaue Himmel, das Meer, das sich kaum bewegte, die regungslosen Pinien unter der hohen Sonne, alles erschien ihr leblos und feindlich.

"Keine richtigen Baeume", sagte sie traurig vor den duftenden Gehoelzen voller Maulbeerbaeumen und Zimtrosen, wo alle Steine, alle Moose, sich lauwarm anfuehlten.
"Das Meer riecht nicht nach Meer", sagte sie auch.

Sie warf ihm vor zu blau zu sein, nichts als ein paar haessliche, vergilbte Algen an den Strand zu spuelen, die wie Mist aussahen und das Ufer stets an der gleichen Stelle zu belecken.
Aber im Garten der Villa, eines umgebauten ehemaligen Gehoefts, war man weit vom Meer.

Rechts und links schuetzten hohe Mauern vor den Nachbarn;
der Dienertrakt ging auf der anderen Seite zur Einfahrt und die Gartenseite, wo Os Zimmer im ersten Stock direkt auf die Terrasse fuehrte, lag nach Osten.
Die Wipfel der hohen, dunklen Lorbeerbaeume reichten bis an die Hohlziegel, die die Einfassung der Terrasse bildeten;
eine Schilfwand hielt die Sonne im Sueden ab, der Boden war mit den gleichen roten Fliesen belegt, wie das Zimmer.

Mit Ausnahme der Wand zwischen Os Zimmer und dem Sir Stephens waren alle Waende weiss gekalkt.
Es war die Rueckwand eines grossen Alkovens, der vom uebrigen Raum durch einen Mauerbogen und eine Art Barriere getrennt war, aehnlich einem Treppengelaender, mit gedrechselten Holzsprossen.
Die dicken Teppiche auf den Fliesen waren aus weisser Baumwolle, die Vorhaenge aus gelb und weissem Leinen.
Es gab zwei Sessel, mit dem gleichen Leinen bezogen und blaue, dreifach zusammengelegte Faltmatratzen.
Das Mobiliar bestand nur aus einer sehr schoenen, bauchigen Nussbaum-Kommode im Régence-Stil und einem sehr langen, schmalen Bauerntisch aus hellem Holz, der spiegelblank gescheuert war.
Die Kommodenplatte diente ihr als Frisiertisch.
O haengte ihre Kleider in einen Garderobenschrank.

Die kleine Natalie war im Nebenzimmer untergebracht und morgens, wenn sie wusste, dass O auf der Terrasse ihr Sonnenbad nahm, kam sie zu ihr und legte sich neben sie.
Sie war ein sehr weisses kleines Ding, rundlich und doch zart, ihre Augen waren schraeg geschnitten, wie die ihrer Schwester, aber schwarz und glaenzend, wodurch sie wie eine Chinesin aussah.
Ihr schwarzes Haar lag in dichten Fransen ueber den Brauen und war im Nacken gerade geschnitten.
Sie hatte kleine, bebende Brueste und kindliche, kaum gerundete Hueften.

Auch sie hatte O durch Zufall nackt gesehen, als sie auf die Terrasse hinausgelaufen war, wo sie ihre Schwester vermutete und wo O allein baeuchlings auf einer Faltmatratze lag.
Doch was Jacqueline abgestossen hatte, machte sie vor Verlangen und Neid fast verrueckt;

sie befragte ihre Schwester.
Die Antworten, mit denen Jacqueline auch ihr Ekel einfloessen wollte -
sie erzaehlte der Kleinen, was O ihr selbst erzaehlt hatte -
aenderten nichts an Natalies Erregung, im Gegenteil.
Sie hatte sich in O verliebt.

Es gelang ihr, dieses Geheimnis ueber eine Woche lang fuer sich zu behalten, dann richtete sie es am Spaetnachmittag eines Sonntags so ein, dass sie mit O allein war.

Es war weniger heiss gewesen als sonst.
René, der am Vormittag lang geschwommen war, schlief auf dem Sofa eines kuehlen Zimmers im Erdgeschoss.
Jacqueline, die es kraenkte, dass sie lieber schlafen wollte, hatte O in ihrem Alkoven aufgesucht.

Meer und Sonne hatten O bereits tief gebraeunt:
Haar, Brauen, Wimpern, das Vlies ihres Schosses, die Achselhoehlen schienen silbrig ueberpudert zu sein und da sie nicht geschminkt war, hatte ihr Mund das gleiche Rosa wie die Muschel ihres Schosses.
Damit Sir Stephen -
dessen unsichtbare Gegenwart sie, so sagte sich O, an Jacquelines Stelle geahnt, gefuehlt, erraten haette -
sie in allen Einzelheiten sehen konnte, hatte O ihr absichtlich mehrmals die Beine hochgeschlagen und sie bei voller Beleuchtung auseinandergehalten:
sie hatte die Nachttischlampe angezuendet.

Die Jalousien waren heruntergelassen, das Zimmer war trotz der Lichtstrahlen, die durch die schlecht gefuegten Latten drangen, fast dunkel.
Jacqueline stoehnte fast eine Stunde lang unter Os Liebkosungen und begann schliesslich laut zu schreien,
wobei sie mit starren Bruesten und nach hinten gereckten Armen die beiden Haende um die Holzstangen krampfte, die das Kopfteil des italienischen Bettes bildeten,
waehrend O die von blassem Haar gesaeumten Huegel auseinanderzog und die Zahne langsam in die Fleischkuppe presste, wo sich zwischen den Schenkeln die zarten und weichen kleinen Lippen trafen.

O fuehlte, wie sie unter ihrer Zunge brannte und steif wurde und liess sie ohne Unterlass schreien, bis sie sich mit einem Schlag entspannte, wie eine zerbrochene Feder, feucht vor Lust.

Spaeter ging Jacqueline wieder in ihr Zimmer zurueck, wo sie sich schlafen legte;
sie war wach und ausgehfertig, als René sie um fuenf Uhr zu einer Bootsfahrt mit Natalie abholen wollte, einer Fahrt in einem kleinen Segelboot, das sie oft benutzten; am Spaetnachmittag erhob sich eine leichte Brise.

"Wo ist Natalie?" sagte René.

Natalie war nicht in ihrem Zimmer, sie war nicht im Haus.
René rief im Garten nach ihr.
Er ging bis zu dem kleinen Korkeichen-Waeldchen, das sich an den Garten anschloss, niemand antwortete ihm.

"Vielleicht ist sie schon in der Bucht", sagte René,
"oder im Boot."

Sie gingen, ohne weiter zu rufen.
In diesem Augenblick sah O, die auf der Terrasse auf der Faltmatratze lag, Natalie aufs Haus zulaufen.
Sie stand auf, zog ihren Morgenrock an -
sie war nackt gewesen, weil es so heiss war -
und band gerade den Guertel, als Natalie wie eine Furie hereinstuermte und sich auf sie warf.

"Sie ist fort, endlich ist sie fort", rief sie.
"Ich habe sie gehoert, O, ich habe euch beide gehoert, ich habe an der Tuer gehorcht.
Du kuesst sie, du streichelst sie.
Warum streichelst du nicht mich, warum kuesst du mich nicht?
Weil ich schwarz bin, weil ich nicht huebsch bin?
Sie liebt dich nicht, O, aber ich, ich liebe dich."

Und sie brach in Schluchzen aus.

"Na schoen", sagte sich O.

Sie drueckte das kleine Maedchen in einen Sessel, nahm ein grosses Taschentuch aus ihrer Kommode
(es war eines von Sir Stephens Taschentuechern)
und als Natalies Schluchzen ein wenig nachgelassen hatte, trocknete sie ihr das Gesicht,
Natalie bat sie um Verzeihung und kuesste ihr die Haende.

"Lass mich bei dir sein O, auch wenn du mich nicht kuessen willst.
Lass mich immer bei dir sein.
Wenn du einen Hund haettest, liessest du ihn auch immer bei dir sein.
Wenn du mich nicht kuessen willst, sondern mich lieber schlagen moechtest, dann kannst du mich schlagen, aber schick mich nicht weg."

"Schweig, Natalie, du weisst nicht, was du sagst", fluesterte O ganz leise.

Die Kleine liess sich O zu Fuessen sinken, umklammerte ihre Knie und erwiderte, ebenfalls ganz leise:

"Oh doch!
Ich weiss es sehr gut.
Ich habe dich neulich morgens auf der Terrasse gesehen.
Ich habe die Buchstaben gesehen und dass du grosse, blaue Male hast.
Und Jacqueline hat mir gesagt.."

"Hat dir was gesagt?"

"Wo du gewesen bist, O, und was man mit dir gemacht hat."

"Sie hat dir von Roissy erzaehlt?

"Sie hat mir auch gesagt, du waerst, du haettest... "

"Ich haette was?"

"Du traegst eiserne Ringe, ..."

"Ja," sagte O,
"was noch?"

"... Dass Sir Stephen dich alle Tage peitscht."

"Ja," sagte O wieder,
"und er wird jetzt jeden Augenblick kommen.
Geh, Natalie."

Natalie ruehrte sich nicht, sie hob nur den Kopf und O begegnete ihrem bewundernden Blick.

"Nimm mich in die Lehre, O, ich bitte dich," bettelte sie,
"ich moechte sein wie du.
Ich werde alles tun, was du mir sagst.
Versprich mir, dass du mich mitnimmst, wenn du nach Roissy gehst."

"Du bist noch zu klein," sagte O.

"Nein, ich bin nicht zu klein, ich bin schon fuenfzehn, rief sie wuetend, ich bin nicht mehr zu klein, frag Sir Stephen", wiederholte sie, denn er trat soeben ein.


Natalie erhielt die Erlaubnis, bei O zu bleiben, und das Versprechen, dass sie nach Roissy gebracht wuerde.
Aber Sir Stephen verbot O, ihr die kleinste Liebkosung beizubringen, sie zu kuessen, und sei es auch nur auf den Mund, und sich von ihr kuessen zu lassen.
Sie sollte nach Roissy kommen, ohne von irgend jemandes Haenden oder Lippen beruehrt worden zu sein.
Dagegen verlangte er, da sie ohnehin immer bei O bleiben wollte, dass sie ihr auch nicht einen Augenblick von der Seite weichen solle,
dass sie zusehen sollte, wie Os Mund ihre Schwester oder ihn selbst beruehrte,
wie sie sich ihm hingab, sogar wie sie von ihm gepeitscht oder von der alten Norah mit Ruten geschlagen wurde.

Die Kuesse, mit denen O ihre Schwester bedeckte, Os Mund auf dem Mund ihrer Schwester, liessen Natalie vor Eifersucht und Neid zittern.
Aber sie sass unbeweglich auf dem Teppich des Alkovens am Fussende des Bettes, wie die kleine Dinarzade am Bett der Scheherezade,
und sah jedesmal zu, wie O, am Holzgelaender festgebunden, sich unter der Reitpeitsche wand,
wie O, auf den Knien liegend, demuetig Sir Stephens maechtiges, aufgerichtetes Glied in ihrem Mund empfing,
wie O, hingestreckt, selbst mit beiden Haenden ihre Schenkel auseinanderhielt, um ihm ihre Lenden zu bieten,
und sie empfand dabei nichts als Bewunderung, Ungeduld und Neid.

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  #40  
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IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 3
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Vielleicht hatte O sich in Jacqueline getaeuscht, als sie ihr eine Art gleichmuetige Sinnlichkeit zuschrieb,
vielleicht glaubte Jacqueline naiverweise, es koenne ihr bei René schaden, wenn sie sich O hingebe, jedenfalls hoerte sie ploetzlich damit auf.
Gleichzeitig schien es, als halte René, mit dem sie beinah alle ihre Naechte und alle ihre Tage zubrachte, auf Distanz.
Nie benahm sie sich ihm gegenueber wie eine Verliebte.

Sie sah ihn mit kalten Blicken an und wenn sie ihm zulaechelte, so stieg das Laecheln nicht bis zu ihren Augen.
Selbst wenn sie sich bei René ebenso rueckhaltlos ihrer Wollust hingab wie bei O, und das war wohl der Fall, so konnte O sich des Gedankens nicht erwehren, dass diese Hingabe nicht sehr tief ging.

Waehrend man René in ihrer Gegenwart vor Verlangen vergehen sah, gelaehmt von einer Liebe, die ihm fremd gewesen war, einer aengstlichen Liebe, die stets fuerchtete, einseitig zu sein, auf Ablehnung zu stossen.

Er lebte und schlief im gleichen Haus mit Sir Stephen, im gleichen Haus mit O,
er fruehstueckte, ass mit Sir Stephen, mit O, ging mit ihnen aus, machte Spaziergaenge, plauderte mit ihnen:
er sah sie nicht, er hoerte sie nicht.
Er sah, hoerte, sprach durch sie hindurch, an ihnen vorbei, und in einem stummen und erschoepfenden Bemuehen,
so wie man sich im Traum abmueht, eine abfahrende Tram zu erreichen, sich an die Bruestung der einstuerzenden Bruecke zu klammern,
versuchte er unablaessig, den Daseinszweck, die Wahrheit Jacquelines zu ergruenden,
die irgendwo unter ihrer goldenen Haut existieren musste, wie der Mechanismus unter dem Porzellan, der die Puppen schreien laesst.

"Da ist er also", sagte sich O,
"jetzt ist er da, der Tag, den ich so sehr gefuerchtet habe,
der Tag, an dem ich fuer René nur noch ein Schatten aus einem frueheren Leben sein wuerde.
Und ich bin nicht einmal traurig, und er tut mir nur leid,
und ich kann ihn tagtaeglich sehen, ohne Bitterkeit, ohne Bedauern, und es kraenkt mich nicht, dass er mich nicht mehr begehrt.
Dabei ist es erst ein paar Wochen her, dass ich zu ihm lief und ihn anflehte, mir zu sagen, ich liebe dich.
War das meine ganze Liebe?
So oberflaechlich, so leicht zu troesten?
Nicht einmal Trost brauche ich:
Ich bin gluecklich.

Brauchte er denn, damit ich mich von ihm loeste und in anderen Armen so leicht zu einer neuen Liebe finde, weiter nichts zu tun, als mich Sir Stephen zu geben?"
Aber was war René denn neben Sir Stephen?

Stricke aus Heu, Seile aus Stroh, Kugeln aus Kork, das waren Symbole fuer die Bande, mit denen er sie an sich gefesselt hatte, sonst haette er nicht so schnell aufgegeben.
Welche Beruhigung dagegen, welche Wonne der Eisenring, der das Fleisch durchbohrt und fuer immer lastet,
das Brandmal, das nie mehr erlischt, die Hand eines Gebieters, die einen auf ein Felsenbett streckt,
die Liebe eines Gebieters, der sich mitleidlos zu nehmen weiss, was er liebt.

Und O sagte sich, dass sie letztlich René nur deshalb geliebt habe, um die Liebe zu lernen und sich um so besser als glueckliche Sklavin Sir Stephen hingeben zu koennen.

Aber wenn sie sah, wie René, der mit ihr so frei umgegangen war -
und sie hatte ihn deswegen geliebt -
jetzt wie mit bleiernen Fuessen umherging, als waeren seine Beine im Wasser und Schilfwerk eines scheinbar unbeweglichen Teiches gefangen, den unterirdische Stroemungen durchziehen,
empfand O wilden Hass auf Jacqueline.
Erriet René das, liess O es unvorsichtigerweise durchblicken?
Sie beging einen Fehler.


Die beiden Maedchen waren eines Nachmittags allein nach Cannes zum Friseur gefahren und hatten danach auf der Terrasse von La Réserve Eis gegessen.
Jacqueline, in schwarzen Seeraeuberhosen und schwarzem Leinenpullover, war so glatt, so golden, so hart und so klar in der strahlenden Sonne, dass sie sogar die Kinder ausstach, und so nonchalant, so verschlossen.

Sie sagte O, dass sie mit dem Regisseur verabredet sei, mit dem sie in Paris gearbeitet hatte, da Aussenaufnahmen gemacht werden sollten, wahrscheinlich in den Bergen hinter Saint-Paulde-Vence.

Der junge Mann war schon da, energisch und entschlossen.
Er brauchte nicht zu sprechen.
Dass er in Jacqueline verliebt war, merkte man auch so.
Man brauchte ihn nur anzusehen, dass war nicht weiter ueberraschend.

Weit ueberraschender war Jacqueline.
Sie lag in einem Schaukelstuhl, hoerte ihm zu, wie er von den Daten sprach, die festgelegt, Verabredungen, die getroffen werden muessten und von der Schwierigkeit, genuegend Geld aufzutreiben, um den begonnenen Film fertigzustellen.

Er duzte Jacqueline, die nur durch Nicken und Kopf schuetteln antwortete und die Augen halb geschlossen hielt.
O sass ihr gegenueber, der junge Mann zwischen ihnen.

Sie konnte muehelos feststellen, dass Jacqueline hinter ihren gesenkten Lidern und im Schutz der unbeweglichen Wimpern das Verlangen des jungen Mannes belauerte, beobachtete, wie sie es immer tat und dabei glaubte, dass niemand es bemerke.
Aber das Seltsamste war ihre Verwirrung, ihre Haende hingen kraftlos herunter, ihr Gesicht war ernst ohne die Spur eines Laechelns, noch nie hatte O sie so vor René gesehen.

Das Laecheln, das O fuer den Bruchteil einer Sekunde ueber ihre Lippen zucken sah, als sie sich vorbeugte, um ihr Glas mit Eiswasser abzustellen und ihre Blicke sich kreuzten, bewies, dass Jacqueline sich durchschaut wusste.

Sie nahm es gelassen hin, O dagegen erroetete.

"Ist dir zu heiss?" sagte Jacqueline.

"Wir gehen in fuenf Minuten.
Im uebrigen steht es dir sehr gut."

Dann laechelte sie wieder, und sah dabei mit so zaertlicher Hingabe ihren Tischnachbarn an, dass man glaubte, er muesse einfach aufspringen und sie kuessen.
Aber nein.
Er war zu jung um zu wissen, wieviel Schamlosigkeit sich in Ruhe und Schweigen ausdruecken kann.

Er liess Jacqueline aufstehen, ihm die Hand reichen und sich verabschieden.
Sie wuerde ihn anrufen.
Dann verabschiedete er sich von dem Schatten der O fuer ihn war, und blieb auf dem Trottoir stehen, bis der schwarze Buick auf der Strasse zwischen den sonnendurchgluehten Haeusern und dem viel zu blauen Meer davongeglitten war.

Die Palmen wirkten wie aus Blech gestanzt, die Spaziergaenger wie halb geschmolzene Wachspuppen, die ein absurder Mechanismus in Bewegung haelt.

"Gefaellt er dir so gut?" fragte O Jacqueline,
als der Wagen aus der Stadt fuhr und in die obere Corniche einbog.

"Geht dich das etwas an?" erwiderte Jacqueline.

"Es geht René an," erwiderte O.

"Was René sonst noch angeht und Sir Stephen, ausserdem ein paar andere Maenner, wenn ich recht verstanden habe," fuhr Jacqueline fort,
"ist die Tatsache, dass du nicht richtig dasitzt.
Du wirst dein Kleid verknittern."

O ruehrte sich nicht.

"Und ich habe geglaubt," sagte Jacqueline weiter,
"dass du auch niemals die Beine ueberschlagen darfst?"

Aber O hoerte nicht mehr zu.
Was bedeuteten ihr Jacquelines Drohungen?
Bildete Jacqueline sich ein, ihre Drohung, dieses kleine Vergehen zu verraten, koennte O daran hindern, sie bei René anzuschwaerzen?

Nicht, dass O keine Lust dazu gehabt haette.
Doch René wuerde den Gedanken nicht ertragen, dass Jacqueline ihn belog und dass sie frei ueber sich selbst verfuegen wollte.

Wie konnte sie Jacqueline beibringen, dass sie nur deshalb schweigen wuerde, damit sie nicht sehen muesste, wie René das Gesicht verlor, erbleichte um einer anderen willen, und vielleicht schwach genug war, sie nicht zu bestrafen?
Und auch und vor allem, weil sie fuerchtete, dass Renés Zorn sich gegen sie selbst richten koenne, die Ungluecksbotin, die Verraeterin.

Wie konnte sie Jacqueline sagen, dass sie schweigen werde, ohne dass es nach einem Handel aussehen wuerde, gibst du mir, so geb' ich dir?
Denn Jacqueline glaubte, O habe schreckliche Angst,
eine Angst, die sie zu Eis erstarren liess, vor dem, was ihr widerfahren wuerde, wenn Jacqueline sprechen sollte.


Als sie im Hof des alten Hauses aus dem Wagen stiegen, hatten sie noch immer kein Wort miteinander gesprochen.
Jacqueline pflueckte, ohne O anzusehen, einen weissen Geranienstengel von der Rabatte vor dem Haus.
O ging so dicht hinter ihr, dass sie den zarten und kraeftigen Duft des Blattes roch, das Jacqueline zwischen den Haenden zerrieb.
Glaubte sie, damit den Geruch ihres eigenen Schweisses verdecken zu koennen, der das Gewebe ihres Pullovers unter den Achseln kleben und noch schwaerzer erscheinen liess?

In der grossen rotgefliesten und weissgekalkten Halle war René allein.

"Ihr kommt spaet,"
sagte er, als sie eintraten.
"Sir Stephen erwartet dich nebenan," fuhr er zu O gewandt fort,
"er braucht dich, er ist sehr aergerlich."

Jacqueline lachte laut und O schaute sie an und erroetete.

"Ihr haettet euch eine andere Zeit aussuchen koennen", sagte René,
der Jacquelines Lachen und Os Verwirrung falsch auslegte.

"Nein, nicht das," sagte Jacqueline,
"aber du weisst nicht, René, dass eure schoene Folgsame gar nicht so folgsam ist, wenn ihr nicht dabei seid.
Schau ihr Kleid an, wie es verknittert ist."

O stand mitten im Zimmer, vor René.
Er sagte, sie sollte sich umdrehen, sie konnte sich nicht bewegen.

"Und sie schlaegt die Beine ueber," fuhr Jacqueline fort,
"aber das koennt ihr natuerlich nicht feststellen.
Auch nicht, dass sie sich junge Maenner anlacht."

"Das ist nicht wahr", schrie O,
"das tust nur du!"
und sie stuerzte sich auf Jacqueline.

René hielt sie fest, als wollte sie Jacqueline schlagen und sie wehrte sich in seinen Haenden nur um des Vergnuegens willen, sich als die Schwaechere zu fuehlen, ihm ausgeliefert.
Als sie den Kopf hob, sah sie Sir Stephen unter der Tuer stehen.

Jacqueline hatte sich aufs Sofa geworfen, ihr kleines Gesicht war hart vor Furcht und vor Wut und O fuehlte, dass René, obgleich er alle Haende voll zu tun hatte, sie festzuhalten, nur Jacqueline ansah.

Sie gab ihren Widerstand auf und wiederholte nur, voll Verzweiflung darueber, in Sir Stephens Gegenwart angeklagt zu werden, diesmal mit leiser Stimme:

"Es ist nicht wahr, ich schwoere, dass es nicht wahr ist."

Wortlos und ohne Jacqueline eines Blickes zu wuerdigen bedeutete Sir Stephen René, O loszulassen, und O, hinauszugehen.

Doch kaum war sie draussen, als sie an die Wand gepresst wurde, an Schoss und Bruesten gepackt, ihr Mund von Sir Stephens Zunge geoeffnet, bis sie vor Glueck und Erleichterung stoehnte.
Die Spitzen ihrer Brueste wurden steif unter Sir Stephens Hand.
Mit der anderen Hand griff er so brutal in ihren Schoss, dass sie glaubte, ohnmaechtig zu werden.

Wuerde sie jemals wagen, ihm zu gestehen, dass keine Wollust, keine Freude, keine Vorstellung dem Glueck nahe kam, das ihr die Freiheit gab, mit der er ueber sie verfuegte,
der Gedanke, dass er wusste, dass er ihr gegenueber keine Schonung zu ueben brauchte, keine Grenzen einzuhalten, wenn er an ihrem Koerper seine Lust suchte.

Die Gewissheit, dass er sie nur beruehrte, um sie zu liebkosen oder zu schlagen, ihr etwas nur befahl, weil er danach Verlangen trug,
die Gewissheit, dass er nur sein eigenes Begehren stillen wollte, machte O so uebergluecklich,
dass sich schon beim blossen Gedanken daran, ein Flammenkleid, ein brennender Harnisch, der ihr von den Schultern bis zu den Knien reichte, ueber sie senkte.

So wie jetzt, als sie mit geschlossenen Augen an der Wand lehnte, fluesterte "ich liebe Sie",
wenn ihr Atem nicht aussetzte und Sir Stephens Haende an ihr auf und abwanderten und das Feuer noch mehr entflammten, obgleich sie kuehl waren wie Quellwasser.

Er liess behutsam von ihr ab, strich den Rock wieder ueber die feuchten Schenkel, schloss das Bolerojaeckchen ueber den starren Bruesten.

"Komm, O", sagte er,
"ich brauche dich."

Jetzt schlug O die Augen auf und sah ploetzlich, dass noch jemand da war.

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  #41  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 4
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Der grosse, nackte und weissgekalkte Raum, der dem vorhergehenden glich, hatte ebenfalls eine grosse Tuer auf der Gartenseite, und auf der Terrasse, die vor dem Garten lag, sass, Zigarette im Mund, in einem Korbstuhl, eine Art kahlkoepfiger Riese, dessen gewaltiger Bauch das offene Hemd und die Leinenhose spannte, und schaute O an.

Er stand auf und trat zu Sir Stephen, der O vor sich herschob.
O sah jetzt, dass der Mann das Abzeichen von Roissy trug, eine Scheibe, die an einer Uhrkette baumelte.

Dennoch stellte Sir Stephen ihn hoeflich O vor, nannte ihn "der Kommandeur" ohne einen Namen anzugeben
und zum ersten Mal seit sie mit Gaesten des Schlosses Roissy zusammenkam erlebte sie die Ueberraschung, dass jemand (Sir Stephen ausgenommen) ihr die Hand kuesste.

Sie blieben alle drei im Zimmer, das Fenster blieb geoeffnet;
Sir Stephen ging zum Eckkamin und laeutete.

O sah auf dem chinesischen Tisch neben dem Sofa die Whiskyflasche, den Siphon und die Glaeser.
Er klingelte also nicht nach Getraenken.
Zugleich sah sie auf dem Boden neben dem Kamin eine grosse, weisse Schachtel.

Der Mann aus Roissy hatte sich auf einen Strohsessel gesetzt,
Sir Stephen sass schraeg auf der Kante des runden Tisches und liess ein Bein baumeln.
O, der das Sofa angewiesen wurde, hatte gelehrig ihren Rock hochgeschlagen und spuerte den weichen Baumwollpikee der provenzialischen Decke an ihren Schenkeln.

Norah trat ein.
Sir Stephen befahl ihr, O zu entkleiden und ihre Kleider wegzubringen.
O liess sich ihr Bolero ausziehen, ihr Kleid, das Staebchenkorsett, das ihr die Taille einschnuerte, die Sandalen.

Sobald sie nackt war, ging Norah hinaus und O, die automatisch in die Gepflogenheiten von Roissy verfiel und ueberzeugt war, dass Sir Stephen von ihr nur voelligen Gehorsam erwartete, blieb inmitten des Raumes stehen und hielt den Blick so beharrlich gesenkt, dass sie mehr erriet als sah, wie Natalie, ganz in schwarz wie ihre Schwester, stumm und barfuss zur Fenstertuer hereinglitt.

Zweifellos hatte Sir Stephen bereits von Natalie gesprochen;
er begnuegte sich damit, dem Besucher, der keine Fragen stellte, ihren Namen zu nennen und bat sie, die Glaeser zu fuellen.

Sobald sie Whisky, Soda und Eis herumgereicht hatte
(und in der Stille wirkte das Klirren der Eiswuerfel gegen das Glas wie ein ohrenbetaeubender Laerm)
erhob der Kommandeur sich mit dem Glas in der Hand von dem Strohstuhl, auf dem er waehrend Os Entkleidung gesessen war, und trat zu ihr.

O glaubte, dass er mit der freien Hand ihre Brust oder ihren Schoss beruehren werde.
Aber er ruehrte sie nicht an, betrachtete sie nur eingehend, von ihrem geoeffneten Mund bis zu den offenen Knien.
Er ging um sie herum, musterte ihre Brueste, ihre Schenkel, ihre Lenden,
und diese schweigende Musterung, die Naehe dieses riesigen Koerpers verwirrten O so sehr, dass sie nicht wusste, ob sie vor ihm fliehen wollte oder ob sie sich im Gegenteil wuenschte,
dass er sie zu Boden werfen und erdruecken wuerde.
Sie war so verwirrt, dass sie die Beherrschung verlor und die Augen hilfesuchend zu Sir Stephen erhob.

Er begriff, laechelte, trat zu ihr, nahm ihre beiden Haende und hielt sie hinter ihrem Ruecken in seiner Hand fest.
Sie lehnte sich mit geschlossenen Augen an ihn und wie in einem Traum oder wie im Daemmer eines Erschoepfungszustandes hoerte sie -
so wie sie einmal als Kind kurz nach dem Erwachen aus einer Narkose die Pflegerinnen, die sie noch bewusstlos glaubten, ueber sie hatte sprechen hoeren,
ueber ihr Haar, ihre blasse Haut, ihren flachen Bauch, an dem eben der Flaum zu sprossen begann, -

die Stimme des Fremden, der Sir Stephen zu ihr beglueckwuenschte und besonders auf die Vorzuege ein wenig schwerer Brueste und einer schmalen Taille hinwies,
der Eisen, die dicker, schwerer und auffallender waren, als ueblich.

Zugleich wurde ihr klar, dass Sir Stephen zweifellos versprochen hatte, sie in der kommenden Woche auszuleihen, weil man ihm dafuer dankte.
Worauf Sir Stephen sie im Nacken fasste, ihr sanft gebot, aufzuwachen und zusammen mit Natalie ihn oben in ihrem Zimmer zu erwarten.

Wie kam es, dass sie so sehr verwirrt war, und dass Natalie, trunken vor Freude bei dem Gedanken, jemand anders als Sir Stephen wuerde O oeffnen, eine Art Indianertanz um sie herum auffuehrte?

Sie schrie: "Glaubst du, dass er auch in deinen Mund will, O?
Du hast nicht gesehen, wie er deinen Mund angestarrt hat.
Ah! du Glueckliche, alle wollen dich haben.
Er wird dich bestimmt auspeitschen:
er hat mindestens dreimal die Striemen geprueft, an denen man sieht, dass du gepeitscht worden bist.
Wenigstens wirst du dann nicht an Jacqueline denken."

"Aber ich denke doch nicht die ganze Zeit an Jacqueline," erwiderte O,
"du bist dumm."

"Nein!
Ich bin nicht dumm," sagte die Kleine,
"ich weiss genau, dass sie dir fehlt."

Das stimmte, aber nicht ganz.
Was O fehlte, war eigentlich nicht Jacqueline, sondern ganz einfach ein Maedchenkoerper mit dem sie machen konnte, was sie wollte.
Waere Natalie ihr nicht verboten gewesen, sie haette Natalie genommen
und sie uebertrat dieses Verbot nur deshalb nicht, weil sie sicher war, dass man ihr Natalie in wenigen Wochen in Roissy geben wuerde
und dass Natalie zum ersten Mal vor ihr, und durch sie und dank ihrer ausgeliefert wuerde.

Sie brannte darauf, die Mauer aus Luft, aus Raum, aus Leere niederzureissen, die zwischen Natalie und ihr stand,
und zugleich genoss sie die Erwartung, die ihr auferzwungen war.

Sie sagte es Natalie, die den Kopf schuettelte und ihr nicht glaubte.

"Wenn Jacqueline da waere," sagte sie,
"und es sich gefallen liesse, wuerdest du sie liebkosen."

"Natuerlich," sagte O und lachte.

"Da siehst du..." fing das Kind wieder an.

Wie sollte man, wenn ueberhaupt, ihr erklaeren, dass O keineswegs so sehr in Jacqueline verliebt war,
uebrigens auch nicht in Natalie oder in irgend ein Maedchen im besonderen,
sondern einfach in Maedchen ganz allgemein, verliebt wie man in sein eigenes Bild verliebt sein kann -
nur dass sie die anderen immer weit bezaubernder und weit schoener fand, als sich selbst.

Die Lust, die es ihr bereitete, eine Frau unter ihren Haenden keuchen zu hoeren,
zu sehen, wie ihre Augen sich schlossen, die Spitzen ihrer Brueste sich unter ihren Lippen und ihren Zaehnen aufrichteten -
in sie einzudringen, mit ihren Haenden in Schoss und Lenden einzudringen
und zu spueren, wie sie sich um ihre Finger schloss und ihr Stoehnen zu hoeren, machte O schwindelig -
diese Lust war nur deshalb so durchdringend, weil sie O staendig und zuverlaessig bewies, welche Lust sie selbst verschaffte, wenn sie sich fest und stoehnend um jemand schloss,
mit dem Unterschied, dass sie sich nicht vorstellen konnte, sich einer Frau so hinzugeben, wie diese sich ihr hingab, sondern nur einem Mann.

Ausserdem schien es ihr, dass die Maedchen, die sich selbst gehoerte und dass sie nur als sein Stellvertreter handelte.
Waere Sir Stephen in den vergangenen Tagen ins Zimmer gekommen, als Jacqueline zur Stunde der Siesta bei ihr lag, sie haette ohne das geringste Bedauern, ja mit aeusserstem Vergnuegen, Jacquelines Schenkel mit ihren eigenen Haenden fuer ihn auseinandergezwungen,
wenn es ihm gefallen haette, sie zu nehmen, anstatt sie nur durch die durchbrochene Zwischenwand zu beobachten, wie er es getan hatte.

Man konnte O loslassen wie einen Jungfalken, sie war ein Raubvogel, der von Natur aus "abgerichtet" war und sich auf die Beute stuerzen und sie dem Jaeger zutragen wuerde.
Und siehe da...

Als sie jetzt wieder mit klopfendem Herzen an Jacquelines zarte und rosige Lippen unter dem blonden Rauchwerk ihres Schosses dachte, an den noch zarteren und rosigeren Ring zwischen ihren Lenden, den sie nur dreimal zu durchstossen gewagt hatte, hoerte sie Sir Stephen in seinem Zimmer.

Sie wusste, dass er sie sehen konnte, waehrend sie selbst ihn nicht sah,
und wieder einmal fuehlte sie, wie gluecklich sie ueber diese staendige Gefangenschaft war, in der seine Blicke sie hielten.

Die kleine Natalie sass mitten im Zimmer auf dem weissen Teppich und sah aus wie eine Fliege in der Milch
waehrend O, die vor ihrem improvisierten Frisiertisch, der bauchigen Kommode stand und sich in dem darueberhaengenden alten Spiegel bis zur Mitte sehen konnte,
leicht gruenlich und verschwommen wie auf der Oberflaeche eines Teiches, an die Kupferstiche vom Ausgang des vorigen Jahrhunderts erinnerte,
auf denen Frauen abgebildet sind, die im Hochsommer nackt im Halbdaemmer ihrer Gemaecher herumgehen.

Als Sir Stephen die Tuer auf stiess, drehte sie sich so heftig von der Kommode um, dass die Ringe zwischen ihren Beinen klirrend an einen der Bronzegriffe schlugen.

"Natalie", sagte Sir Stephen,
"hole die weisse Schachtel, die unten im zweiten Zimmer liegt."


Als Natalie zurueck kam, legte sie den Karton aufs Bett, oeffnete ihn und holte den Inhalt heraus, wickelte Stueck fuer Stueck aus der Seidenpapierhuelle und reichte eines nach dem anderen Sir Stephen.

Es waren Masken.
Kopfputz und Masken zugleich, sie waren so gearbeitet, dass sie mit Ausnahme von Mund und Kinn, den ganzen Kopf bedeckten und schmale Schlitze fuer die Augen freiliessen.

Sperber, Falke, Kaeuzchen, Fuchs, Loewe, Stier, lauter Tiermasken, menschlichen Massen angepasst, aber aus dem Fell oder dem Gefieder der echten Tiere gefertigt, welche die Augenhoehlen von Wimpern gesaeumt, wenn das betreffende Tier Wimpern hatte (wie der Loewe).

Pelz und Federn reichten dem Traeger bis ueber die Schultern.
Eine Versteifung aus Pappmache, zwischen dem ueberzug und dem Fellfutter hielt das ganze in der Fasson.
Man brauchte nur ein ziemlich breites Band, das unter dieser Art Nackenhaube verborgen war, festzuziehen und die Maske lag dicht ueber der Oberlippe und an den Wangen an.
(fuer jedes Nasenloch war eine Oeffnung vorgesehen).

Vor dem grossen Spiegel, wo sie sich von Kopf bis Fuss sah, probierte O alle Masken.
Die seltsamste Maske, die O am meisten verwandelte und zugleich am besten zu ihr zu passen schien, stellte ein Kaeuzchen dar,
die fahlroten und beigen Federn verschmolzen mit ihrer Sonnenbraeune;
das Federkleid bedeckte ihre Schultern fast voellig, reichte bis zur Mitte des Rueckens und vorn bis zum Ansatz der Brueste.

Sir Stephen gebot ihr, das Lippenrot wegzuwischen, und als sie die Maske abnahm, sagte er:

"Du wirst also beim Kommandeur das Kaeuzchen sein.
Aber, O, verzeih mir, du wirst an der Kette gefuehrt werden.
Natalie, schau in der ersten Schublade meines Schreibschranks nach, dort wirst du eine Kette und eine Zange finden."

Natalie brachte die Kette und die Zange, mit der Sir Stephen das letzte Glied der Kette oeffnete und in den zweiten Ring fuegte, den O am Schoss trug, es dann wieder zusammendrueckte.
Die Kette, die aussah wie eine Hundekette - und auch eine war - war eineinhalb Meter lang und endete in einem Karabinerhaken.

Nachdem O die Maske wieder aufgesetzt hatte, befahl Sir Stephen Natalie, das Ende der Kette zu nehmen und O im Zimmer herumzufuehren.
Natalie machte dreimal die Runde um das Zimmer und zog die nackte und maskierte O am Schoss hinter sich her.

"Ja", sagte Sir Stephen,
"der Kommandeur hat recht gehabt, du musst auch vollstaendig enthaart werden.
Das kommt morgen.
Heute behaeltst du deine Kette an."

An diesem Abend sass O zum ersten Mal nackt mit Jacqueline, Natalie, René und Sir Stephen bei Tisch.
Die Kette lief zwischen ihren Beinen hindurch, ueber die Lenden nach oben und schlang sich um ihre Taille.
Norah bediente allein und O wich ihrem Blick aus:
vor zwei Stunden hatte Sir Stephen sie rufen lassen.

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  #42  
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IV - DAS KAEUZCHEN - Teil 5
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Simon Saint Honoré


Die frischen Platzwunden entsetzten das junge Maedchen im Kosmetiksalon, wo O sich am folgenden Tag epilieren liess, noch mehr als die Eisen und die Brandmale.

Es nuetzte nichts, dass O ihr erklaerte, diese Enthaarungsmethode, bei der man das hart gewordene Wachs zusammen mit den Haaren mit einem Griff abreisst, sei nicht weniger schmerzhaft, als ein Peitschenhieb,
dass sie ihr, wenn sie auch nicht ihre gesamten Lebensumstaende darlegte, doch immer wieder sagte, sogar zu erklaeren versuchte, wie gluecklich sie sei;
nichts konnte die Empoerung und das Grauen mildern.

Os Beschwichtigungsversuche fuehrten nur dazu, dass sie danach nicht mehr, wie im ersten Augenblick, mit Mitleid betrachtet wurde, sondern voll Abscheu.

Sie bedankte sich sehr freundlich, als sie fertig war und die Kabine verliess, in der man sie wie zur Liebe ausgespreizt hatte, hinterliess sie ein stattliches Trinkgeld und fuehlte dennoch deutlich, dass sie eher hinausgeworfen als verabschiedet wurde.

Was kuemmerte es sie!
Ihr war es voellig klar, dass der Kontrast zwischen dem Pelzwerk ihres Schosses und dem Gefieder der Maske zu gross war, dass das Aussehen einer aegyptischen Statue, das die Maske ihr verlieh
und das durch die breiten Schultern, schmalen Hueften und langen Beine noch betont wurde, ein ueberall gleich glattes Fleisch erforderte.

Doch einzig die Standbilder von Goettinnen wilder Voelker zeigten so hoch und deutlich die Spalte des Schosses, zwischen deren Lippen der feine Grat noch zarterer Lippen erscheint.
Sah man sie jemals von Ringen durchbohrt?

O dachte an das rothaarige, rundliche Maedchen bei Anne-Marie, die gesagt hatte, dass ihr Gebieter sich ihres Ringes nur bediene, um sie am Fussende seines Bettes anzuketten und auch, dass sie stets epiliert sein musste, weil er sie nur dann voellig nackt fand.


O fuerchtete, Sir Stephen zu missfallen, der sie so gern an ihrem Vlies zog, doch sie taeuschte sich:
Sir Stephen fand sie noch erregender, und als sie ihre Maske wieder aufgesetzt hatte -
ihr Mund war ungeschminkt wie die Lippen ihres Schosses und so bleich -
streichelte er sie beinah schuechtern, wie man ein Tier streichelt, das man zaehmen will.

Er hatte nicht gesagt, wohin er sie fuehren wollte, auch nicht, wann sie aufbrechen wuerden oder wen der Kommandeur zu Gast geladen hatte.

Er schlief den ganzen Nachmittag bei ihr und liess das Abendessen fuer sich und O im Schlafzimmer servieren.


Sie fuhren eine Stunde vor Mitternacht im Buick ab, O in einem grossen, braunen Lodencape und mit Holzschuhen an den Fuessen;
Natalie, in schwarzer Hose und schwarzem Pullover, hielt sie an der Kette, deren Haken an dem Armband befestigt war, das sie am rechten Handgelenk trug.

Sir Stephen chauffierte.
Der Mond war fast voll, er stand hoch am Himmel und erhellte in grossen, schneeweissen Tupfen die Strasse, die Baeume und die Haeuser der Doerfer, durch die sie fuhren, liess alles, was er nicht beleuchtete, schwarz wie Tusche.

Noch standen da und dort ein paar Leute vor den Haustueren, die neugierig aufsahen, wenn der geschlossene Wagen an ihnen vorbeifuhr
(Sir Stephen hatte das Verdeck nicht zurueckgeschlagen).

Hunde bellten.
Auf der dem Mondlicht zugewandten Seite sahen die Olivenbaeume aus wie silberne Wolken, die zwei Meter ueber dem Boden dahinzogen, die Zypressen wie schwarze Federn.
Das einzig wirkliche an dieser Landschaft, die von der Nacht ins Phantastische ueberhoeht wurde, war der Duft von Salbei und Lavendel.

Die Strasse stieg noch immer an, doch noch immer lastete der gleiche Gluthauch ueber der Erde.
O liess ihr Cape von den Schultern gleiten.
Niemand wuerde sie sehen, kein Mensch war unterwegs.

Nach weiteren zehn Minuten Fahrt, die an einem immergruenen Eichenwald ueber der einen Strassenseite entlangfuehrte, bremste Sir Stephen vor einer langen Mauer.
Beim Herannahen des Wagens oeffnete sich ein Einfahrtstor.
Sir Stephen parkte in einem Vorhof, waehrend das Tor hinter ihm wieder geschlossen wurde.

Er stieg aus, liess Natalie und O aussteigen, die auf seinen Befehl Cape und Holzschuhe im Wagen zurueckliessen.
Er oeffnete die Tuer zu einem Renaissance-Kreuzgang, der nur aus drei Galerien bestand, auf der vierten Seite ging der geflieste Innenhof in eine ebenfalls geflieste Terrasse ueber.

Ein Dutzend Paare tanzte auf der Terrasse und im Hof, einige tief dekolletierte Frauen und Maenner im weissen Smoking sassen an den kleinen, von Kerzen erleuchteten Tischen, der Plattenspieler stand unter der Galerie zur Linken, ein Buffett auf der rechten Seite.

Aber der Mond gab genauso viel Licht, wie die Kerzen und als er direkt auf O fiel, die von einem kleinen schwarzen Schatten Natalies vorwaertsgezogen wurde, hoerten die Paare zu tanzen auf und die Maenner, die an den Tischen sassen, erhoben sich.

Der Kellner am Plattenspieler, der spuerte, dass etwas im Gange war, drehte sich um und stellte vor Ueberraschung den Plattenspieler ab.

O ging nicht mehr weiter, Sir Stephen, der unbeweglich zwei Schritte hinter ihr stand, wartete ebenfalls.
Der Kommandeur schob die Leute beiseite, die sich um O geschart hatten und von denen einige bereits Fackeln herbeibrachten, um sie genauer zu sehen.

"Wer ist sie", fragten alle,
"wem gehoert sie?"

"Ihnen, so Sie wuenschen", sagte er

und zog Natalie und O zu einer Ecke der Terrasse, wo eine Steinbank, mit einer Faltmatratze bedeckt, an einem Maeuerchen stand.
Als O sich gesetzt hatte, den Ruecken an der Mauer, die Haende auf den Knien ruhend,
Natalie, die noch immer die Kette hielt, zur Linken auf dem Boden ihr zu Fuessen, drehte er sich von ihr weg.

O suchte mit den Augen Sir Stephen und sah ihn nicht sofort.
Dann erspaehte sie ihn in einem Liegesessel in der anderen Ecke der Terrasse.
Er konnte sie sehen, sie war beruhigt.

Die Musik hatte wieder eingesetzt, die Taenzer tanzten wieder.
Einige Paare naeherten sich ihr zuerst wie zufaellig im Voruebertanzen, dann eines von ihnen ganz unverhohlen, die Frau zog den Mann mit sich.

O starrte sie mit ihren schwarzumrandeten Augen an, die unter dem Gefieder weit aufgerissen waren wie die Augen des Nachtvogels, den sie darstellte,
und die Illusion war so vollstaendig, dass niemand auch nur auf den Gedanken kam, eine Frage zu stellen, ganz als waere sie wirklich ein Kaeuzchen, taub gegen die menschliche Sprache und stumm.


Von Mitternacht bis zum ersten Morgenlicht, das gegen fuenf Uhr den Himmel im Osten bleichte, waehrend das Licht des im Westen untergehenden Mondes schwaecher wurde, umkreiste man sie immer wieder,
immer wieder oeffnete man ihre Knie, hob die Kette hoch, brachte einen dieser zweiarmigen provenzialischen Leuchter herbei, um zu sehen, wie die Kette an ihr befestigt war;
und sie spuerte, wie die Kerzenflamme ihr die Innenseite der Schenkel waermte.

Ein betrunkener Amerikaner fasste sogar lachend an das Ende, doch als ihm klar wurde, dass seine Hand das Fleisch gepackt hielt und das Eisen, das dieses Fleisch durchdrang, wurde er ploetzlich nuechtern
und O sah in seinem Gesicht den gleichen Abscheu und die gleiche Verachtung, die sie bereits im Gesicht des jungen Maedchens im Kosmetiksalon gesehen hatte;
er verschwand.

Ein sehr junges Maedchen mit nackten Schultern und einem winzigen Perlenhalsband, in einem weissen Debuetantinnenkleid mit zwei Teerosen an der Taille, kleinen Goldsandalen an den Fuessen, wurde von einem jungen Mann aufgefordert, sich dicht neben O an ihre rechte Seite zu setzen,
dann nahm er ihre Hand, zwang sie, Os Brueste zu streicheln, die unter der leichten kuehlen Hand erbebten,
Os Schoss zu beruehren und den Ring und das Loch, durch das der Ring geschoben war;
die Kleine gehorchte schweigend
und als der junge Mann ihr sagte, er werde mit ihr das gleiche machen, schreckte sie nicht zurueck.

Doch selbst diejenigen, die so ueber O verfuegten, die sie wie ein Vorfuehrmodell behandelten oder wie ein Demonstrationsobjekt, richteten nicht ein einziges Mal das Wort an sie.
War sie denn eine Steinfigur, eine Wachspuppe, ein Geschoepf aus einer anderen Welt und glaubte man, dass es keinen Sinn haette, sie anzureden oder wagten sie es einfach nicht?


Erst als der helle Tag gekommen war und alle Taenzer weg waren, weckten Sir Stephen und der Kommandeur die kleine Natalie, die zu Os Fuessen schlief,
liessen O aufstehen, fuehrten sie in die Mitte des Hofes, nahmen ihr Kette und Maske ab,
legten sie auf einen Tisch und nahmen sie.

---

Als O sah, dass Sir Stephen sie verlassen wuerde, wuenschte sie sich den Tod.
Sir Stephen erteilte seine Zustimmung.

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  #43  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

Rueckkehr nach Roissy - Teil 1
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux


Die folgenden Seiten sind eine Fortsetzung der Geschichte der O.
Sie sind bewusst ein Abstieg, und sie duerfen niemals in die Geschichte der O einbezogen werden. Pauline Réage

In einem letzten Kapitel das gestrichen wurde, kehrte O nach Roissy zurueck, wo Sir Stephen sie verliess.

---

Alles schien geregelt zu sein: der September rueckte heran.
Mitte September sollte O wieder nach Roissy gehen und Natalie mitnehmen.
René, von einer Reise nach Nordafrika zurueckgekehrt, wuerde Jacqueline dort hinbringen - zumindest liess er das verlauten.

Wie lange Natalie und wie lange O dort bleiben wuerden, hing fuer O zweifellos von der Entscheidung ab, die Sir Stephen traf,
und fuer Natalie von dem Gebieter oder den Gebietern, die ihr das Schicksal in Roissy bescheren wuerde.

Aber obwohl die fest geplanten und bestimmten Vorhaben beruhigend waren, machte O sich Sorgen, als ob es sich um ein gefaehrliches Vorzeichen handele,
um eine Herausforderung des Schicksals, ja, sogar ueber diese Gewissheit, von der alle um sie herum erfuellt waren,
dass sie tun wuerden, was er beschlossen habe, machte sie sich Sorgen.

Natalies Freude entsprach ihrer Ungeduld, und in dieser Freude lag etwas von kindlicher Naivitaet und von dem Vertrauen, das Kinder in die Versprechungen von Erwachsenen setzen.
Dass O die Verfuegungsgewalt von Sir Stephen ueber sie anerkannte, erweckte in Natalie auch nicht den kleinsten Schatten eines Zweifels:

Os Unterwuerfigkeit war so unbedingt und stets so unmittelbar, dass Natalie sich nicht vorstellen konnte, so sehr bewunderte sie O, dass sich jemand Sir Stephen in den Weg stellen koenne, wenn O vor ihm auf den Knien lag.

So gluecklich O auch war, und gerade weil sie gluecklich war, wagte sie nicht daran zu glauben, und ebenso wenig wagte sie, Wasser in den Wein von Natalies Ungeduld und Freude zu giessen.

Von Zeit zu Zeit, wenn Natalie halblaut sang, hiess sie sie jedoch schweigen, um das Schicksal nicht herauszufordern.

Sie achtete darauf, niemals den Fuss auf die Fugen der Fliesen zu setzen,
niemals Salz zu verschuetten,
niemals Messer ueber Kreuz oder das Brot umgekehrt hinzulegen.

Und was Natalie nicht wusste und sie ihr nicht zu sagen wagte, war, dass sie sich deshalb so gern peitschen liess, weil sie abgesehen von der Lust, die sie bis zu einem gewissen Grad dabei verspuerte, fuer das Glueck, das sie darin fand, sogar ueber ihren Willen hinaus preisgegeben zu sein,
bei ueberschreitung dieses Grades gewissermassen mit Schmerzen und Demuetigung bezahlte -
Demuetigung, weil sie es nicht fertigbrachte, nicht zu flehen und nicht zu schreien, waehrend sie das Glueck empfand
und damit vielleicht aberglaeubisch dessen Dauer sicherstellte.

Ah, sich nicht bewegen, damit auch die Zeit stillstehe!

O hasste das Morgengrauen und die Abenddaemmerung, wenn sich alles wendet, seine Form aufgibt und eine andere annimmt, so verraeterisch, so traurig.
Machten sie die Tatsache, dass René sie an Sir Stephen abgetreten hatte, und gleichzeitig die Leichtigkeit, mit der sie sich nachgerade umgestellt hatte, traurig?
Es nicht ebenso wahrscheinlich, dass Sir Stephen sich seinerseits aendern koennte?


Als O eines Tages nackt vor ihrer geschweiften Kommode stand, deren Bronzebeschlaege eine chinesische Imitation waren und Figuren darstellten mit spitzen Hueten wie die Strandhuete, die Natalie trug, kam es ihr in den Sinn, dass etwas neu war an Sir Stephens Verhalten ihr gegenueber.

Erstens verlangte er von ihr, dass sie von jetzt an in ihrem Zimmer staendig nackt sei.
Selbst die Pantoeffelchen waren ihr nicht mehr erlaubt, noch die Halsbaender oder ein sonstiger Schmuck.
Das war nur eine Kleinigkeit.
Wenn Sir Stephen, fern von Roissy, eine Vorschrift wuenschte, die ihn an Roissy erinnerte, stand es O dann zu, sich darueber zu verwundern?

Es war etwas Ernsteres.
Gewiss, in jener Ballnacht war O darauf gefasst gewesen, dass Sir Stephen sie dem Gastgeber ausliefern musste.
Gewiss, er selbst hatte sie schon am hellichten Tage genommen.
Sogar in Gegenwart von René zum Beispiel oder von Anne-Marie und seit einiger Zeit natuerlich in Gegenwart von Natalie.
Aber vor jener Nacht hatte er sie niemals in seiner Gegenwart von irgendeinem anderen nehmen lassen und sie auch nicht mit demjenigen geteilt, dem er sie auslieferte.

Und niemals war sie ausgeliefert worden, ohne dass er sie nachher dafuer zuechtigte, als ob eben das Ziel, das er verfolgte, wenn er sie prostituierte, nur ein Vorwand sei, um sie zu bestrafen.

Aber nicht an dem Tag nach dem Ball.

Erschien ihm die Schmach, die es fuer O bedeutete, vor seinen Augen einem anderen als ihm zu gehoeren, als ausreichende Busse?

Was sie so bereitwillig hingenommen hatte, als es René war und nicht Sir Stephen.
Was sie so bereitwillig hingenommen hatte, wenn Sir Stephen nicht da war, erschien O abscheulich in seiner Gegenwart.

Zwei Tage vergingen dann, ohne dass er sich ihr naeherte.

O wollte Natalie in ihr Zimmer zurueckschicken, aber Sir Stephen verbot es ihr.
O wartete also, bis Natalie eingeschlafen war, um in der Stille und ohne gesehen zu werden zu weinen.

Erst am vierten Tag kam Sir Stephen am spaeten Nachmittag, wie es seine Gewohnheit war, zu O, nahm sie und liess sich von ihr liebkosen.

Als er endlich stoehnte und in seiner Lust ihren Namen rief, wusste sie, dass sie gerettet war.
Aber als sie, laengelang, mit geschlossenen Augen, gebraeunt und reglos auf dem weissen Teppich liegend, ihn halblaut fragte, ob er sie liebe, antwortete er nicht:

"Ich liebe dich, O", sondern sagte nur:
"Aber sicher" und lachte.

War das so sicher?

"Du wirst am 15. September in Roissy sein", hatte er gesagt.

"Ohne Sie?" hatte O gefragt.

"Ach, ich komme auch", hatte er geantwortet.

---

Es war in den letzten Augusttagen;
die Feigen und die blauen Trauben in den Koerben zogen die Wespen an, die Sonne war weniger weiss und verlaengerte des Abends die Schatten.
O war allein in dem grossen unfreundlichen Haus mit Natalie und Sir Stephen.
René hatte Jacqueline mitgenommen.

Sollte O die Tage zaehlen, die sie noch vom 15. September trennten, wie Natalie es machte:
noch vierzehn, noch zwoelf, oder sollte sie den Entscheidungstag fuerchten?

Die so gezaehlten Tage vergingen still.
Natalie und O waren gleichsam im vorhinein in einem Frauengemach eingeschlossen, das sie nicht zu verlassen wuenschten,
wo die Waende das Lachen und die Gespraeche und die Fensterscheiben den Tritt von Schritten so gut daempften, dass die Schreie von O, wenn sie geschlagen wurde, das einzige Geraeusch waren.


Eines Sonntagsabends, als der Himmel schwarz von Gewitter war, liess Sir Stephen sie bitten, sich anzuziehen und herunterzukommen.
Sie hatte eine Wagentuer klappen hoeren und durch das Badezimmerfenster, das auf den Hof ging, das Geraeusch von Stimmen.
Dann nichts mehr.

Natalie war heraufgerannt und hatte gesagt, sie habe Besucher gesehen:
drei seien es, und einer von ihnen sei zweifellos ein Malaie mit dunkler Haut, sehr schwarzen Augen, gross, schlank und gut aussehend.
Sie sprachen weder Franzoesisch noch Englisch, Natalie hielt es fuer Deutsch.

Deutsch oder nicht, O verstand kein Wort von ihrer Sprache, und wie sollte man die Gleichgueltigkeit von Sir Stephen verstehen?
Nicht, dass er sich den Anschein gab, sie nicht zu sehen, im Gegenteil;
er lachte und scherzte zweifellos mit seinen Gaesten, waehrend sie sich ihrer bedienten, aber so absolut laessig, so sichtbar teilnahmslos, dass O im Zweifel war, ob sie nicht dieser Gleichgueltigkeit, die er ihr gegenueber so ploetzlich bekundete, Groll oder Verachtung vorgezogen haette.

Verachtung und ein seltsames Mitleid las sie im Blick des Malaien, der sie nicht angeruehrt hatte, als sie sich vernichtet, keuchend, mit beflecktem Rock erhob, nachdem die beiden anderen Maenner sie aus den Haenden gelassen hatten.

Man musste annehmen, dass sie ihnen gefallen habe, denn sie kamen am naechsten Tag gegen elf Uhr allein wieder.
Diesmal liess Sir Stephen sie gleich in Os Zimmer hinaufgehen, wo sie nackt war.

Als sie wieder gingen, schluchzte sie.

"Warum, O?" fragte Sir Stephen,

aber er wusste genau, warum und wie man die Verzweiflung verscheuchen konnte, von der O gepackt war,
als sie sich in ihrem eigenen Zimmer und vor seinen Augen so behandelt sah, wie man selten wagt, ein Bordellmaedchen zu behandeln,
und vor allem so, als ob er selbst sie fuer ein solches halte.

Er sagte ihr, sie habe nicht darueber zu entscheiden, wo, wie und wem sie dienen solle,
und ebenso wenig stehe es ihr zu, ueber seine Gefuehle zu urteilen.
Dann liess er sie so grausam peitschen, dass sie im Handumdrehen getroestet war.

Nachdem die Traenen und der brennende Schmerz vorbei waren, stellte sich trotzdem wieder das Gefuehl ein, vor dem sie sich gefuerchtet hatte:
dass naemlich ein anderer Grund als die Lust, die er dabei empfinden konnte - empfand er sie noch? - ihn veranlasste, sie zu prostituieren, dass sie ihm als Tauschgeld diene - aber was tauschte er ein?
Dass er mit ihrem, ihm ausgelieferten Koerper bezahlte, etwas kaufte, aber was?

Ein abscheuliches und groteskes Gleichnis kam ihr in den Sinn:
Die Reiterei des heiligen Georg nannte man in Frankreich das englische Geld.

Ja, vielleicht war sie, ohne es zu wissen, die am meisten erniedrigte Statistin bei der Darstellung dieser Redensart als lebendes Bild,
auf den Knien liegend, auf die Ellbogen gestuetzt und von Unbekannten geritten.

Und wenn er sie schlagen liess, dann nur noch, um sie besser zu drillen.
Nun, worueber beklagte sie sich eigentlich, worueber wunderte sie sich?

Noch angebunden an die Balustrade in der Naehe ihres Bettes, nachdem Sir Stephen offenbar beschlossen hatte, sie dort liegen zu lassen, wo er sie dann tatsaechlich fast drei Stunden liegen liess, hoerte O in ihrer Erinnerung seine Stimme, eben seine Stimme, die sie so verwirrt hatte, als er ihr an dem ersten Abend, an dem er sich ihrer bemaechtigt, sie geohrfeigt, ihr die Lenden zerfetzt hatte, so eingehend dargelegt hatte,
er wolle von ihr und werde von ihr schiere Unterwuerfigkeit und Gehorsam erhalten, wobei sie sich einbildete, dass sie das nur mit Liebe gewaehren koenne.

Wessen Schuld war es, wenn nicht die ihre, wenn es genuegte, sie peitschen zu lassen, damit sie ihm gehoere?
Wenn sie vor jemandem Abscheu haben sollte, muesste sie dann nicht vor sich selbst Abscheu haben?
Und wenn er sich ihrer bediente zu anderen Zwecken als seiner Lust, was ging sie das an?

"Oh ja", sagte sich O,
"ich habe Abscheu vor mir.
Werde ich die Stirn haben, mich zu beklagen, ich sei getaeuscht worden, nicht darueber unterrichtet worden, hundertmal, tausendmal, weiss ich denn nicht, wozu ich geschaffen bin?"

Aber sie wusste nicht mehr, ob ihr davor graute, Sklavin zu sein - oder nicht genug Sklavin zu sein.

Es war weder das eine noch das andere;
ihr graute davor, nicht mehr geliebt zu werden.
Was hatte sie getan, was hatte sie zu tun unterlassen, dass sie es verdiente, nicht mehr geliebt zu werden?

Wie toericht bist du doch, O, als ob es sich um Verdienst handelte, als ob du etwas dabei tun koenntest.
Auf die Eisen, die ihren Schoss beschwerten, auf die Brandmale, die in ihre Lenden eingegraben waren, war sie stolz gewesen und war es noch, weil sie kundtaten, dass derjenige, der sie hatte anbringen lassen, sie genug liebte, um sie sich zu eigen zu machen.

Musste sie sich jetzt schaemen, dass sie, wenn er sie nicht mehr liebte, immer noch die Zeichen dafuer waren, dass sie ihm gehoerte?
Denn schliesslich wollte er immer noch, dass sie ihm gehoere.

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  #44  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

Rueckkehr nach Roissy - Teil 2
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux


Der 15. September kam;
O, Natalie und Sir Stephen waren immer noch da.
Aber jetzt war Natalie an der Reihe, in Traenen zu schwimmen:
ihre Mutter forderte sie zurueck, und sie musste Ende des Monats wieder in ihr Pensionat.
Wenn O nach Roissy gehen musste, wuerde sie allein gehen.

Sir Stephen fand O auf ihrem Sessel sitzend, das kleine Maedchen weinend an ihre Knie gelehnt.
O reichte ihm den Brief, den sie erhalten hatte:
Natalie sollte in zwei Tagen aufbrechen.

"Sie haben versprochen", sagte das Kind,
"Sie haben versprochen..."

"Es ist nicht moeglich, Kleines", sagte Sir Stephen.

"Wenn Sie wollten, waere es moeglich", beharrte Natalie.

Er antwortete nicht.
O streichelte die seidenweichen Haare, die gegen ihre nackten Knie strichen.
Tatsaechlich, wenn Sir Stephen wirklich gewollt haette, waere es O zweifellos moeglich gewesen, bei Natalies Mutter zu erreichen, sie noch vierzehn Tage bei sich zu behalten unter dem Vorwand, sie in der Naehe von Paris mit aufs Land zu nehmen.
Und in vierzehn Tagen haette Natalie...

Also hatte Sir Stephen seine Meinung geaendert.
Er stand am Fenster und blickte in den Garten.
O beugte sich zu der Kleinen hinunter und kuesste ihre traenennassen Augen.
Sie warf Sir Stephen einen raschen Blick zu: er ruehrte sich nicht.

Sie kuesste Natalie auf den Mund.
Erst Natalies Stoehnen veranlasste Sir Stephen, sich umzudrehen, aber O liess sie nicht gleich los, glitt neben ihr auf den Boden und legte sie auf den Teppich.

Mit zwei Schritten war Sir Stephen bei ihnen.
O hoerte, dass er ein Streichholz anstrich, und roch den Duft seiner Zigarette:
er rauchte schwarze wie ein Franzose.
Natalie hatte die Augen geschlossen.

"Zieh sie aus, O, und streichle sie", sagte er ploetzlich.
"Dann gibst du sie mir.
Aber oeffne sie erst ein bisschen; ich will ihr nicht zu weh tun."

Das war es also?
Ach, wenn sie ihm nur Natalie geben musste!
War er in sie verliebt?
Es schien eher, dass er in dem Augenblick, da sie verschwinden wuerde, mit irgendetwas Schluss machen, eine Schimaere zerstoeren wollte.

Natalie war zwar rundlich und mollig, aber dennoch grazil und kleiner als O.
Sir Stephen schien doppelt so gross zu sein wie sie.
Ohne sich zu regen, liess sie sich von O ausziehen und auf das Bett legen, von dem O die Laken zurueckgeschlagen hatte,
und sie stoehnte, als O sie beruehrte, und biss die Zaehne zusammen, als sie sie verletzte.
Os Hand war bald voller Blut.

Aber Natalie schrie nicht unter dem Gewicht von Sir Stephen.
Es war das erste Mal, dass O sah, wie Sir Stephen seine Lust bei jemand anderem als bei ihr fand, und vor allem das erste Mal, dass sie sein Gesicht dabei sah.
Wie er auswich!

Ja, er drueckte Natalies Kopf gegen seinen Leib und packte mit der ganzen Faust ihre Haare, wie er es auch mit Os Haaren machte;
O ueberzeugte sich, dass er das nur tat, um die Liebkosung des Mundes besser zu spueren, der ihn umschloss bis zu dem Augenblick, da er sich in ihn ergoss.
Aber jeder Mund, vorausgesetzt, er war gelehrig genug und leidenschaftlich genug, haette ihn ebenso befriedigt.

Natalie zaehlte nicht.
War O sicher, dass sie zaehlte?

"Ich liebe Sie",
wiederholte sie ganz leise, zu leise, als dass er es hoerte,
"ich liebe Sie",
und sie wagte nicht, ihn zu duzen, nicht einmal in Gedanken.

In seinem Gesicht, das sie umgekehrt sah, schimmerten Sir Stephens graue Augen zwischen den fast geschlossenen Lidern wie zwei leuchtende Schlitze.
Zwischen seinen halbgeoeffneten Lippen blitzten auch seine Zaehne.
Er erschien einen Augenblick wehrlos, als er spuerte, dass O ihn ansah, und den Fluss verliess, auf dem er dahintrieb, von dem O glaubte, dass sie so oft mit ihm dahingetrieben war, ausgestreckt neben ihm in der Barke, die die Liebenden davontraegt.

Aber es war zweifellos nicht wahr.
Sie waren zweifellos allein gewesen, jeder auf seiner Seite, und vielleicht war es kein Zufall, dass ihr sein Gesicht, wenn er sich in sie versenkte, immer verborgen gewesen war;
vielleicht wollte er allein sein; und nur heute war es ein Zufall.

O sah darin ein unheilvolles Zeichen;
das Zeichen, dass sie ihm so gleichgueltig geworden war, dass er sich nicht einmal mehr die Muehe machte, sich abzuwenden.
Jedenfalls war es unmoeglich, wie immer man es auch auslegte, darin nicht eine Gewaehr, eine Freiheit zu sehen, die O, wenn sie nicht daran gezweifelt haette, geliebt zu werden, sorglos, stolz, sanft und gluecklich haetten machen muessen.
Zumindest sagte sie sich das.

Als Sir Stephen ging und die kleine Natalie in ihren Armen zurueckliess, die sich an sie schmiegte, gluehend und murmelnd vor Stolz, sah sie sie an, bis sie einschlief, und zog dann das Laken und die leichte Decke ueber sie beide.

Nein, er war nicht in Natalie verliebt.
Aber er war abwesend, vielleicht sich selbst ebenso fern, wie er ihr fern war.


Ueber Sir Stephens Beruf hatte O sich niemals Gedanken gemacht, und René hatte niemals davon gesprochen.
Es war offensichtlich, dass er reich war, auf jene geheimnisvolle Weise, wie englische Aristokraten reich sind, wenn sie es noch sind;
woher kamen seine Einkuenfte?
René arbeitete fuer eine Import-und Exportfirma, René sagte:

"Ich muss nach Algier fahren wegen Jute, nach London wegen Wolle, wegen Fayencen, ich muss nach Spanien fahren wegen Kupfer",

René hatte ein Buero, er hatte Teilhaber und Angestellte.
Wie bedeutend seine Position eigentlich war, war nicht klar, aber jedenfalls gab es diese Position, und die Verpflichtungen, die sie mit sich brachte, waren augenfaellig.

Sir Stephen hatte vielleicht auch eine Position, die moeglicherweise der Grund fuer seinen Aufenthalt in Paris war, fuer seine Reisen und - daran dachte O nicht ohne Schrecken - fuer seine Mitgliedschaft von Roissy
(eine Mitgliedschaft, die ihr bei René einfach die Folge eines Zufalls zu sein schien - ein Freund, den ich traf, hat mich mitgenommen, sagte er - O glaubte es).

Was wusste sie von Sir Stephen?
Seine Zugehoerigkeit zum Clan der Campbell, deren duesterer Tartan in Schwarz, Dunkelblau und Gruen der schoenste Tartan von Schottland ist, und der verrufenste
(die Campbell haben zur Zeit des jungen Praetendenten die Stuarts verraten);
die Tatsache, dass er im nordwestlichen Hochland ein granitenes Schloss besass,
klein und gedrungen, von einem Vorfahren des 18. Jahrhunderts im franzoesischen Stil erbaut,
und einem Haus in der Gegend von Saint-Malo ganz aehnlich.
Aber welches Haus in der Gegend von Saint-Malo haette als Rahmen jemals derartig von Wasser benetzte Rasenflaechen gehabt, als Mantel derartig ueppigen wilden Wein?

"Naechstes Jahr werde ich dich dorthin mitnehmen, und Anne-Marie auch",

hatte Sir Stephen gesagt, als er O eines Tages Photos zeigte.

Aber wer wohnte in dem Schloss?
Was fuer eine Familie hatte Sir Stephen?
O vermutete, dass er Berufsoffizier gewesen war oder vielleicht noch war.
Einige seiner Landsleute, die juenger waren als er, redeten ihn schlicht mit Sir an, wie ein Untergebener einen Vorgesetzten.

O wusste recht gut, dass es auf den britischen Inseln noch ein Vorurteil oder eine eigentuemliche Sitte gab:
ein Mann ist es sich schuldig, seiner Frau gegenueber weder von Geschaeften noch vom Beruf oder Geld zu sprechen.

Aus Respekt, aus Verachtung?
Das weiss man nicht.
Doch konnte man ihm das unmoeglich vorwerfen.
Auch wollte O das gar nicht.
Nur waere sie gern sicher gewesen, dass Stephens Schweigen ihr gegenueber keinen anderen Grund hatte.

Und gleichzeitig haette sie gewuenscht, dass er es breche, damit sie ihm versichern koenne, sie sei, falls er irgendeine Sorge habe, welcher Art auch immer, bereit, ihm zu dienen, wenn es nur einigermassen in ihren Kraeften stuende.

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  #45  
Old 10-14-2016, 09:15 AM
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

Rueckkehr nach Roissy - Teil 3
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux

Am Tag nach Natalies Abreise, fuer die ein Liegewagenplatz im Blauen Zug bestellt worden war, und zwei Tage vor Os und Sir Stephens Abreise, die mit demselben Zug fahren sollten -
doch hatte Sir Stephen darauf bestanden, dass es genau an diesem Tag und nicht an jenem sei, an dem Natalie reiste,
ebenso wie er darauf bestanden hatte, mit dem Zug zu fahren, und zwar mit diesem Zug, und nicht mit dem Wagen -,
sagte O ihm schliesslich, als sie mit dem Mittagessen, das sie allein eingenommen hatten, fertig waren und die alte Norah den Kaffee brachte,
da sagte O - dazu ermutigt, weil er ihr, als sie aufgestanden war und dicht an ihm vorbeiging, die Lenden getaetschelt hatte, mechanisch vielleicht, wie man es bei einer Katze oder einem Hund tut -
da sagte O schliesslich mit ganz leiser Stimme, sie fuerchte, ihn zu verdriessen,
moechte ihm aber versichern, dass sie ihm dienen wolle, was immer er auch wuensche.
Zuerst sah er sie zaertlich an, liess sie sich niederknien, kuesste ihr die Brueste, doch als sie sich erhob und vor ihm stand, veraenderte sich sein Ausdruck.

"Das weiss ich", sagte er.
"Die beiden Maenner von neulich..."

"Die Deutschen?" unterbrach ihn O.

"Es sind keine Deutschen", sagte Sir Stephen,
"aber das ist unwichtig.
Ich wollte dich nur davon unterrichten, dass einer von ihnen mit demselben Zug reist wie wir.
Wir essen zusammen im Speisewagen.
Richte es so ein, dass er dich begehrt und dich in deinem Schlafwagenabteil aufsucht."

"Aber", sagte O,
"er weiss doch genau, dass Sie ueber mich verfuegen."

"Genau", erwiderte Sir Stephen.
"Wir haben ein Doppelabteil:
um in deines zu kommen, muss er durch meins durchgehen."

"Gut", sagte O

und fragte nicht nach dem Grund, denn sie war ueberzeugt, dass es in diesem Fall einen Grund gab,
und sie war verzweifelt, weil sie den Gedanken nicht verscheuchen konnte, dass, wenn Sir Stephen sie in den anderen Faellen ohne Grund und sozusagen gratis prostituiert hatte,
dann eigentlich weniger, um sie daran zu gewoehnen, als vielmehr deshalb, weil er die Spuren verwischen und aus ihr ein Werkzeug machen wollte.

Aber ein blindes Werkzeug, fuer etwas anderes als seine Lust.


Der blaue Zug kam gegen neun Uhr in Paris an.
Um acht Uhr war O, der eine Art Teilnahmslosigkeit, die sie ueberhaupt nicht verstand, gleichsam einen Panzer um das Herz gelegt hatte, sicher auf ihren hohen Absaetzen die Gaenge von ihrem Schlafwagenabteil zum Speisewagen entlanggegangen, wo sie zum Fruehstueck Eier mit Speck gegessen und allzu bitteren Kaffee getrunken hatten.

Sir Stephen hatte sich ihr gegenuebergesetzt.
Die Eier waren fade;
der Geruch von Zigaretten und das Schlingern des Zuges bewirkten bei O eine leichte Uebelkeit.
Aber als sich der vermeintliche Deutsche neben Sir Stephen setzte, war ihr weder der Blick, den er auf Os Lippen heftete, noch die Erinnerung an die Fuegsamkeit, mit der sie ihn in der Nacht liebkost hatte, peinlich.

Sie wusste nicht, was sie schuetzte, was sie dazu brachte, gleichmuetig aus dem Fenster zu schauen, wo Waelder und Felder an ihr vorbeiglitten, und nach den Namen der Bahnhoefe zu spaehen.
Die Baeume und der Nebel verbargen die Haeuser, die nicht unmittelbar an der Bahnstrecke lagen;
grosse Stahltraeger, fest in Zementsockeln verankert, hatten das Land neu abgesteckt;
kaum sah man die elektrischen Draehte, die sie bis zum Horizont alle dreihundert Meter an den naechsten weiterreichten.

In Villeneuve-Saint-Georges schlug Sir Stephen O vor, wieder in ihr Abteil zu gehen.
Sein Nachbar sprang auf, schlug die Hacken zusammen und machte eine Verbeugung vor O.

Ein ploetzlicher Stoss des Zuges bewirkte, dass er das Gleichgewicht verlor und sich wieder hinsetzte, und O lachte laut auf.


War sie erstaunt, als Sir Stephen -
kaum dass sie wieder im Abteil war und nachdem er sich seit der Abreise nicht einen Augenblick um sie gekuemmert hatte -
sie auf die Koffer schob, die sich auf der Bank tuermten, und ihren Plisseerock hochhob?

Sie war entzueckt und dankbar.
Wer sie so gesehen haette, auf der Bank kniend, den Busen auf den Koffern plattgedrueckt,
ganz angezogen und zwischen ihrer Kostuemjacke und ihren Struempfen und den schwarzen Strumpfbaendern, die sie hielten,
ihren nackten Popo darbietend, genarbt wie Kofferleder, dem konnte sie nur ridikuel erscheinen, und sie wusste es.

Niemals vergass sie, wenn man sie so hinlegte, wieviel Beschaemendes, aber auch Demuetigendes und Laecherliches die Redensart "leichtgeschuerzt" enthielt,
aber noch demuetigender war jener andere Ausdruck, den Sir Stephen, und neulich auch René, verwendete, zumindest jedesmal, wenn er sie einem anderen zur Verfuegung stellte.

Diese Demuetigung, die ihr Sir Stephens Worte jedesmal zufuegten, wenn er sie aussprach, tat ihr wohl.
Aber diese Wohltat war nichts gegen das mit Stolz,
man koennte fast sagen mit Hochmut durchsetzte Gluecksgefuehl,
wenn er sie nahm und geruhte, ihren Koerper so weit nach seinem Geschmack zu finden, dass er in ihn einzudringen und ihm beizuwohnen wuenschte,
und es schien O, als sei keine Erniedrigung, keine Demuetigung ein zu hoher Preis dafuer.

Waehrend der ganzen Zeit, da er sie gleichsam aufgespiesst hatte und sie durch das Schlingern des Zuges an ihn gepresst wurde, stoehnte sie.
Erst beim letzten Ruck und der letzten Erschuetterung der aufeinanderprallenden Waggons, als sie in der Gare de Lyon zum Stehen kamen, zog er sich aus ihr zurueck und sagte ihr, sie solle aufstehen.


Am Ausgang, noch auf dem Bahngelaende, wo die grossen Treppen abgehen und die Privatwagen vorfahren, richtete sich ein junger Mann in der Uniform eines Unteroffiziers der Luftwaffe, der an einem schwarzen, geschlossenen Wagen mit Frontantrieb gelehnt hatte, auf, als er Sir Stephen erblickte.
Er gruesste, oeffnete die Tuer und trat zurueck.

Als O auf dem Ruecksitz Platz genommen hatte und ihr Gepaeck vorn verstaut war, beugte sich Sir Stephen gerade lange genug herab, um ihr die Hand zu kuessen und sie kurz anzulaecheln, dann schloss er die Tuer.
Er hatte nichts zu ihr gesagt, weder "Auf Wiedersehen" noch "Bis bald" oder "Adieu".
O hatte geglaubt, er wuerde auch einsteigen.

Der Wagen fuhr so schnell an, dass sie nicht die Geistesgegenwart hatte, ihn zu rufen, und sie konnte sich noch so sehr ans Fenster druecken, um ihm ein Zeichen zu geben, es war schon zu spaet:
er sprach mit seinem Gepaecktraeger und wandte ihr den Ruecken zu.
So ploetzlich, als ob ihr ein Verband von einer Wunde abgerissen worden waere, fiel die Gleichgueltigkeit, die O auf der ganzen Reise beschuetzt hatte, von ihr ab,
und ein einziger Satz begann ihr immer wieder und wieder durch den Kopf zu gehen:

"Er hat mir nicht Auf Wiedersehen gesagt,
er hat mich nicht angesehen."

Der Wagen fuhr in westlicher Richtung, liess Paris hinter sich,
O sah nichts.
Sie weinte.
Ihr Gesicht war noch traenenueberstroemt, als das Auto eine halbe Stunde spaeter in einen Fussweg neben der Strasse einbog und auf einem Waldweg anhielt, den grosse Buchen beschatteten.

Es regnete, die geschlossenen Wagenfenster beschlugen von innen.
Der Fahrer klappte seine Rueckenlehne um, stieg drueber weg und legte O auf den Ruecksitz.
Der Wagen war so niedrig, dass Os Fuesse an die Decke stiessen, als er ihre Beine hochhob, um in sie einzudringen.

Fast eine Stunde verbrachte er damit, sich ihrer zu bedienen, ohne dass sie auch nur eine Sekunde versucht haette, sich ihm zu entziehen, denn sie war ueberzeugt, dass er das Recht dazu habe,
und der einzige Trost, den sie in dem Zustand der Angst fand, in den Sir Stephens brutaler Abschied sie versetzt hatte, war das absolute Stillschweigen, mit dem der junge Mann bis zur Erschoepfung seiner Kraefte sie immer wieder und wieder nahm und dabei im Augenblick der Lust kaum einen Schmerzensschrei ausstiess.

Er war vielleicht fuenfundzwanzig Jahre alt, hatte ein hageres, hartes und sensibles Gesicht und schwarze Augen.
Zweimal war er O mit dem Finger ueber die nasse Wange gefahren, aber in keinem Augenblick hatte er seinen Mund dem ihren genaehert.
Es war klar, dass er es nicht wagte, waehrend er es durchaus wagte, ihr ein so dickes und langgestrecktes Glied bis in die Kehle zu stossen, dass jede Bewegung, durch die er mit diesem Sturmbock den Grund ihres Gaumens beruehrte, O neue Traenen vergiessen liess.

Als er endlich fertig war, liess O ihren Rock hinunter und schloss den Pullover und die Kostuemjacke, die sie aufgeknoepft hatte, damit er ihre Brueste nehmen koenne;
sie hatte Zeit, sich mit dem Kamm durch die zerzausten Haare zu fahren, sich zu pudern und die Lippen anzumalen, waehrend er im Unterholz verschwand.

Der Regen hatte aufgehoert, die Staemme der Buchen leuchteten im grauen Licht.
Links neben dem Wagen wuchs auf einer Boeschung roter Fingerhut, und er war so nah, dass O ihn haette pfluecken koennen, wenn sie den Arm durch das heruntergelassene Fenster gestreckt haette.

Der junge Mann kam zurueck, schloss die Tuer, die er offengelassen hatte, liess den Wagen an, und nachdem sie wieder auf der Hauptstrasse waren, verging keine Viertelstunde, bis sie ein Dorf erreichten und hinter sich liessen, das O nicht wiedererkannte.

Aber als der Wagen langsamer an der nicht enden wollenden Mauer eines grossen Parks entlanggefahren war und dann vor einem voellig mit wildem Wein bewachsenen Haus hielt, begriff sie es endlich:
das konnte nur der kleine Eingang von Roissy sein.

Sie stieg aus;
der junge Mann in Uniform holte ihre Koffer heraus.

Die Tuer aus Hartholz, dunkelgruen gestrichen und lackiert, oeffnete sich, ohne dass sie geklopft oder geklingelt haette: man hatte sie von drinnen gesehen.
Sie ueberschritt die Schwelle; die fliesenbelegte Diele mit der rotweissen Perkalintapete war leer.

Genau vor ihr war ein Spiegel, der die gesamte Breite der Wand einnahm, und sie sah sich ganz in ihm, schlank und aufrecht in ihrem grauen Kostuem,
den Mantel ueber dem Arm, die Koffer zu ihren Fuessen, die Tuer, die sich hinter ihr schloss,
und dieser Heidekrautstengel in der Hand, den sie ganz automatisch genommen hatte, als der junge Mann ihn ihr gereicht hatte,
ein kindisches und hoehnisches keepsake, das sie nicht auf die gut gewachsten Fliesen zu werfen wagte und das ihr laestig war, ohne dass sie wusste, warum.

Doch, sie wusste es:
wer war es doch, der ihr erzaehlt hatte, das in den Waeldern in der Naehe von Paris gepflueckte Heidekraut bringe Unglueck?
Da waere es noch besser gewesen, den Fingerhut zu pfluecken, den anzufassen ihre Grossmutter ihr verboten hatte, als sie ein Kind war,
weil er giftig ist.

Sie legte den Heidekrautstengel in die Nische des Fensters, das die Diele erhellte.
Im selben Augenblick kam Anne-Marie, gefolgt von einem Mann in einem blauen Gaertneranzug.
Der Gaertner nahm Os Koffer.

"Na, immerhin bist du da", sagte Anne-Marie.
"Es ist fast zwei Stunden her, dass Sir Stephen mich angerufen hat, der Wagen wuerde dich direkt herbringen.
Was war denn los?"

"Nun, der Chauffeur", sagte O.
"Ich glaubte..."

Anne-Marie lachte.

"Ach so", sagte sie.
"Er hat dich genommen, und du hat es dir gefallen lassen?
Nein, das war nicht vorgesehen, er hatte keineswegs das Recht dazu.
Aber das macht nichts, du bist ja dafuer da."

Und sie fuegte hinzu:
"Du faengst gut an, ich werde es Sir Stephen erzaehlen, es wird ihm Spass machen."

"Kommt er her?" fragte O.

"Er hat nicht gesagt, wann", antwortete Anne-Marie,
"aber ich glaube, ja ...."

Die Angst, die O die Kehle zuschnuerte, loeste sich, sie sah Anne- Marie dankbar an;
wie schoen und charmant war sie mit ihren graumelierten Haaren.
Ueber einer schwarzen Hose und schwarzen Bluse trug sie eine Weste aus scharlachrotem Tuch.
Offenbar galt die Vorschrift, der die Frauen in Roissy unterworfen waren, nicht fuer sie.

"Heute wirst du mit mir mittagessen", sagte sie zu O,
"und du wirst dich dafuer zurechtmachen.
Ich bringe dich zur kleinen Gittertuer, wenn der Gong drei Uhr schlaegt."

O folgte Anne-Marie, ohne ein Wort zu sagen, im siebenten Himmel schwebend;
Sir Stephen wuerde kommen.

.
  #46  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

Rueckkehr nach Roissy - Teil 4
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux

Anne-Maries Appartement nahm einen Teil des im rechten Winkel zu den Wirtschaftsgebaeuden liegenden Fluegels ein, die sich zwischen den Baulichkeiten des eigentlichen Schlosses und der Strasse erstreckten.
Anne-Marie hatte hier einen Salon, durch den man in eine Art von kleinem Boudoir gelangte, ein Schlafzimmer und ein Bad;
die Tuer, durch die O eingetreten war, gab Anne-Marie die Moeglichkeit, nach Belieben zu kommen und zu gehen.
Ebenso wie in ihrem Haus in Samois zum Garten, hatten hier Anne-Maries Salon und Schlafzimmer ebenerdige Ausgaenge zum Park.

Der Park war sehr gepflegt und weitlaeufig, und seine sehr grossen Baeume hatte der nahende Herbst noch nicht beruehrt, waehrend sich der wilde Wein an den Mauern schon rot zu faerben begann.

O stand mitten im Salon, betrachtete die weisse Taefelung, die hellen Nussbaummoebel in rustikalem Directoire-Stil und das grosse Sofa in einem Alkoven, das ebenso wie die Sessel einen gelb und blau gestreiften Bezug hatte.
Der Boden war mit blauem Mokett bedeckt.
An den Fenstertueren hingen lange Vorhaenge aus blauem Taft.

"Du traeumst, O", sagte Anne-Marie ploetzlich zu ihr.
"Worauf wartest du, um dich auszuziehen?
Es wird jemand kommen, der deine Sachen holt und dir das bringt, was du brauchst.
Und wenn du nackt bist, komm hierher."

Handtasche, Handschuhe, Kostuemjacke, Pullover, Rock, Strumpfbandguertel und Struempfe,
alles legte O zusammen auf einen Stuhl neben der Tuer und stellte ihre Schuhe unter den Stuhl.
Dann ging sie auf Anne- Marie zu, die sich, nachdem sie zweimal einen Klingelknopf gedrueckt hatte, auf das Sofa gesetzt hatte.

"Aber man sieht ja jetzt deine kleinen Lippen, seit du epiliert bist", rief Anne-Marie und zog sanft an ihnen.
"Ich war mir gar nicht darueber klar, dass du so gewoelbt und so hoch geschlitzt warst."

"Aber", sagte O,
"das sind doch alle..."

"Nein, mein Herzchen", sagte Anne- Marie,
"nicht alle."

Und ohne O loszulassen, wandte sie sich an ein grosses, bruenettes Maedchen, das gerade hereingekommen war, zweifellos hatte das Laeuten ihr gegolten:

"Schau, Monique, das ist das Maedchen, das ich fuer Sir Stephen gezeichnet habe, ist es nicht gut gelungen?"

O spuerte, wie Moniques Hand, die leicht und kuehl war, die durch die Initialen eingegrabenen Rillen auf ihrem Hinterteil befuehlte.
Dann glitt die Hand zwischen ihre Schenkel und griff nach der Scheibe, die ihr vom Schoss herabhing.

"Sie ist also auch durchbohrt?" fragte Monique.

"Natuerlich, er wuenschte, dass ich sie auch mit Eisen versehe", antwortete Anne-Marie,

und O fragte sich ploetzlich, ob "natuerlich" bedeutete, dass Anne-Marie es natuerlich fand, es zu tun, oder ob es eine Gewohnheit von Sir Stephen sei;
hatte er, wenn das der Fall war, es vor ihr schon bei anderen machen lassen?

Sie hoerte, selbst verbluefft ueber ihre Kuehnheit, wie sie diese letzte Frage an Anne-Marie richtete, und war immer noch verbluefft, als Anne-Marie antwortete:

"Das geht dich nichts an, O, aber wenn du so verliebt und eifersuechtig bist, dann kann ich dir immerhin sagen, dass er es nicht hat machen lassen.
Ich habe fuer ihn oft Maedchen ausgeweitet oder gepeitscht, aber du bist die erste, die ich gezeichnet habe.
Ich glaube wirklich, dass er dich ausnahmsweise liebt."


Dann schickte sie O ins Badezimmer und sagte ihr, sie solle sich waschen, waehrend Monique ihr ein Halsband und Armbaender holen sollte.
O liess Wasser einlaufen, schminkte sich ab, buerstete sich die Haare, stieg in die Badewanne und seifte sich gemaechlich ein.
Sie achtete nicht darauf, was sie tat, und dachte, zwischen Neugier und Freude hin- und hergerissen, an diese Maedchen, die vor ihr Sir Stephen gefallen hatten.
Neugier:
sie haette sie gern kennengelernt.

Sie war nicht ueberrascht, dass er sie alle hatte ausweiten und peitschen lassen, aber sie war eifersuechtig, dass es nicht fuer ihn gewesen war, als es das erste Mal bei ihr gemacht wurde.

In der Badewanne stehend, gebeugt, den Ruecken zum Spiegel gedreht, der die Wand verkleidete, seifte sie sich mit den Fingern das Innere des Schosses und der Lenden ein,
und nachdem sie den Schaum abgespuelt hatte, zog sie sich die Pobacken auseinander, um sich im Spiegel zu betrachten:
da war das, was sie gern bei einem seinen Maedchen gesehen haette.

Wie lange hatte er sie behalten?
Sie hatte sich also nicht getaeuscht, als sie das Gefuehl gehabt hatte, dass schon andere vor ihr, nackt und unterwuerfig und sie fuerchtend wie sie, der alten Norah gefolgt waren.
Aber dass sie die einzige gewesen war, die seine Eisen und sein Zeichen trug, erfuellte sie mit Glueck.

Sie stieg aus dem Wasser und trocknete sich ab:


Anne-Marie rief sie.
Auf Anne-Maries Bett, das mit einer Steppdecke aus demselben weissen und blauen Perkal wie die doppelten Vorhaenge des Fensters bedeckt war, lag ein Haufen Abendkleider, Korsetts, Pantoffeln mit hohem Absatz und das Kaestchen mit Armbaendern.

Anne-Marie sass am Fussende des Bettes und liess O vor sich niederknien, holte aus ihrer Hosentasche den flachen Schluessel, der die Schloesser der Halsbaender und Armreifen oeffnete und der mit einer langen Kette an ihrem Guertel befestigt war.

Sie probierte O verschiedene Halsbaender an, bis sie eins fand, das ihr, ohne zu druecken, den Hals genau in der Mitte ausreichend fest umschloss, so dass es schwierig war, den Hals zu drehen, aber noch schwieriger, einen Finger zwischen Haut und Metall zu stecken.

Ebenso an ihren Handgelenken, genau oberhalb des Gelenks, das frei blieb, die Armreifen.
Das Halsband und die Armreifen, die O im vergangenen Jahr getragen und bei anderen gesehen hatte, waren aus Leder und sehr viel enger gewesen:

diese hier waren aus nichtrostendem Eisen mit einzelnen Gliedern und halb starr, wie man sie aus Gold fuer manche Armbanduhren herstellt.
Sie waren fast zwei Fingerbreit hoch, und an jedem war ein Ring aus demselben Metall.

Niemals waren O die Lederreifen des vergangenen Jahres so kalt vorgekommen und hatten bei ihr so sehr das Gefuehl erweckt, nun endgueltig angekettet zu sein.
Das Eisen hatte dieselbe Farbe und denselben matten Glanz wie die Eisen an ihrem Schoss.

Anne-Marie sagte ihr in dem Augenblick, als der letzte Haken einschnappte, der das Halsband schloss, sie duerfe, solange sie in Roissy sei, sie weder bei Tag noch bei Nacht ablegen, nicht einmal zum Baden.


O stand auf, und Monique nahm sie an der Hand, fuehrte sie vor den grossen dreiteiligen Spiegel und schminkte ihr den Mund mit einem hellen Rouge, das ein wenig fluessig war und mit dem Pinsel aufgetragen wurde; als es trocknete, wurde es dunkler.
Mit demselben Rouge malte sie ihr den Warzenhof und die Spitzen der Brueste an, und auch die kleinen Lippen zwischen ihren Schenkeln, und unterstrich damit die Falte ihres Schosses.

O erfuhr niemals, welches der Traegerstoff fuer die Farbe war, aber es war eher ein Faerbemittel als Schminke:
es verwischte nicht, wenn man darueberstrich, und Reinigungsmilch, selbst Alkohol entfernten es nur schwer.

Man liess sie ihr Gesicht pudern, nachdem es geschminkt war, und Pantoffeln in ihrer Groesse auswaehlen;
als sie aber einen der Spritzflakons vom Frisiertisch nehmen wollte, rief Anne-Marie:

"O, bist du naerrisch?
Warum, glaubst du, hat Monique dich geschminkt?
Du weisst genau, dass du nicht das Recht hast, dich jetzt zu beruehren, da du alle Eisen hast."

Sie nahm den Flakon selbst, und im Spiegel sah O ihre Brueste und Achselhoehlen unter den feinen, gedraengten Troepfchen glaenzen, als ob sie mit Schweiss bedeckt seien.
Dann brachte Anne-Marie sie wieder zu der Bank am Frisiertisch und sagte ihr, sie solle ihre Schenkel heben und oeffnen, und Monique packte sie an den Kniekehlen und hielt sie gespreizt.
Die Parfumwolke, die sich in der Hoehlung ihres Schosses und zwischen ihren Pobacken ausbreitete, brannte so stark, dass sie stoehnte und sich wand.

"Halte sie so, bis es trocken ist", sagte Anne-Marie,
"und dann suchst du ihr ein Korsett."


O war erstaunt, welche Freude es ihr machte, wieder in das schwarze Korsett eingezwaengt zu sein.
Sie hatte gehorcht und tief eingeatmet, damit ihre Taille und ihr Bauch sich verengten, als Anne-Marie es ihr befohlen hatte, waehrend Monique sie schnuerte.

Das Korsett reichte bis unter die Brueste, und durch ein leichtes Gestell wurden sie getrennt und von einer schmalen Einfassung so gut gestuetzt, dass sie nach vorn gedraengt wurden und nun um so natuerlicher und zarter wirkten.

"Deine Brueste sind wirklich sehr geeignet fuer die Reitpeitsche, O", sagte Anne-Marie,
"du bist dir wohl darueber klar, nicht wahr?"

"Ja, ich weiss", sagte O,
"aber ich flehe Sie an..."

Anne-Marie lachte.
"Ach, darueber entscheide doch nicht ich, aber wenn die Kunden Verlangen danach haben, dann kannst du immer noch flehen."

Ohne dass es ihr richtig bewusst wurde, war sie bestuerzter ueber das Wort Kunde als ueber den ploetzlichen Schrecken der Peitsche.
Warum Kunden?

Aber sie hatte nicht Zeit, sich darueber den Kopf zu zerbrechen, so erschuettert war sie von dem, was ihr Anne-Marie, ohne sich etwas dabei zu denken, eine Minute spaeter enthuellte.

Sie stand vor dem Spiegel, hatte ihre Pantoeffelchen an den Fuessen und die Taille in das Korsett eingezwaengt.
Monique trat auf sie zu und hatte ueber dem Arm einen Rock und ein Mieder aus schwerer gelber Seide, mit grauen Ranken durchwirkt.

"Nein, nein", rief Anne-Marie,
"erst ihre Uniform."

"Was fuer eine Uniform?" fragte O.

"Dieselbe, die Monique traegt, das siehst du doch", sagte Anne-Marie.

Monique trug ein Kleid, das deutlich denselben Schnitt hatte wie die langen Kleider, die O kannte, das aber zweifellos durch das Material strenger wirkte, einen sehr dunklen, blaugrauen Wollstoff, mit einem Fichu, das gleichzeitig die Schultern, die Brust und den Kopf bedeckte.

Als O ein solches Kleid angezogen worden war und sie sich neben Monique im Spiegel sah, verstand sie, warum sie so erstaunt gewesen war, als sie Monique gesehen hatte:
es war eine Tracht, die an die Verurteilten der Frauengefaengnisse oder an die Dienerinnen in Nonnenkloestern denken liess.
Aber nicht, wenn man genau hinschaute.

Der weite, bauschige Rock, mit Taft in derselben Farbe gefuettert, war in grossen, nicht eingebuegelten Kellerfalten an einem fadengeraden Gurtband festgenaeht, das auf das Korsett aufgeknoepft wurde, genau wie bei festlichen Abendkleidern.

Aber obwohl der Rock geschlossen aussah, war er in der Mitte des Rueckens von der Taille bis zu den Fuessen offen.
Wenn man nicht gerade an der einen oder anderen Seite an ihm zog, fiel es gar nicht auf.
O merkte es erst, als er ihr angezogen wurde, und hatte es bei Monique nicht gesehen.

Das Mieder, das auf dem Ruecken geknoepft und ueber dem Rock getragen wurde, hatte kurze, ausgezackte Schoesse, die den Beginn der Falten eine Handbreit ueberdeckten.
Durch Abnaeher und zwei elastische Keile war es eng anliegend.
Die Aermel waren angeschnitten, nicht eingesetzt, und hatten auf der Oberseite eine Naht, die die Schulternaht verlaengerte und am Ellbogen in einem sehr breiten, ausgebauchten Schraegstreifen endete.

Ein ebensolcher Schraegstreifen umrandete das Dekollete, das genau dem Ausschnitt des Korsetts entsprach.
Aber ein grosser viereckiger Schal aus schwarzer Spitze, dessen einer Zipfel, der den Kopf bedeckte, bis zur Mitte der Stirn herabhing, und dessen anderer Zipfel bis zu den Schulterblaettern reichte, wurde mit vier Druckknoepfen gehalten,
zwei auf der Schulternaht und zwei am Schraegstreifen des Dekolletes in Hoehe des Brustansatzes, zwischen denen sich die beiden letzten Zipfel ueberkreuzten und von einer langen Stahlnadel auf dem Korselett festgehalten wurden.

Die ueber die Haare gelegte und durch einen Kamm befestigte Spitze umrahmte das Gesicht und verhuellte die Brueste ganz, war aber so schmiegsam und durchsichtig, dass man den Warzenhof ahnte und begriff, dass sie unter dem Fichu frei waren.

Im uebrigen brauchte man nur die Nadel herauszuziehen, damit sie ganz nackt waren, ebenso wie man hinten bloss die beiden Seiten des Rocks auseinanderzuschlagen brauchte, damit die Kruppe nackt war.

Ehe Monique ihr die Tracht raffte, zeigte sie O, dass zwei Baender, die die beiden Bahnen anhoben und die auf der Vorderseite der Taille verknotet wurden, es einfach machten, sie offen zu halten.

Das war der Augenblick, in dem Anne-Marie den Kernpunkt der von O gestellten Frage beantwortete.

"Das ist die Uniform der Gemeinschaft", sagte sie.
"Du brauchtest sie bisher nicht, weil du durch deinen Geliebten auf seine eigene Rechnung hierher gebracht worden warst.
Damals gehoertest du nicht zur Gemeinschaft."

"Aber", sagte O,
"das verstehe ich nicht.
Ich war doch wie die anderen Maedchen, jeder konnte..."

"Jeder konnte mit dir schlafen?
Selbstverstaendlich.
Aber das geschah, weil dein Geliebter dabei Lust empfand, und es ging nur ihn etwas an.
Jetzt ist es anders.
Sir Stephen hat dich der Gemeinschaft zur Verfuegung gestellt;
ja, jeder wird mit dir schlafen koennen, doch das geht das Haus an.
Du wirst dafuer bezahlt."

"Bezahlt!" unterbrach O sie.
"Aber Sir Stephen..."

Anne-Marie liess sie nicht aussprechen.

"Hoer mal zu, O, das reicht jetzt.
Wenn Sir Stephen will, dass du gegen Geld mit Maennern schlaefst, dann steht ihm das frei, glaube ich.
Dich geht das nichts an.
Schlafe und schweige.
Was das uebrige betrifft, was du sonst zu tun hast, so wirst du mit Noelle zusammenarbeiten, die es dir erklaeren soll."

.
  #47  
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Default Pauline Réage: Geschichte der O & Rueckkehr nach Roissy

Rueckkehr nach Roissy - Teil 5
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux


Das Mittagessen in Anne-Maries Boudoir war seltsam.
Ein Diener hatte es auf einem Tisch mit Waermeplatte gebracht.
Monique in ihrer Uniform hatte serviert, nachdem sie die vier Gedecke hingelegt hatte:
das von Anne-Marie, das von O, das von Noelle und das ihre.

Vorher hatte O noch verschiedene Kleider anprobiert.
Anne-Marie liess fuer sie das Kleid in Grau und Gelb beiseite legen, das sie an diesem Tage tragen sollte,
dann ein blaues, ein weiteres in einem matten Blau, gruenmeliert,
und schliesslich ein sehr enges Kleid aus Jersey-Plissee, das vorn von der Taille an offen war.

Es war dunkelviolett, und Os bleicher Schoss, durch die Ringe beschwert und so nackt, war selbst dann zu sehen, wenn sie sich nicht bewegte,
ebenso wie ihre entbloessten Brueste.

In das Zimmer, das O bewohnen sollte und das mit dem von Noelle verbunden war, hatte der Diener alle beiseite gelegten Kleider mit Ausnahme des gelben gebracht.
Die uebrigen sollte Monique wieder in der Kleiderkammer abliefern.

O sah, wie Noelle, die ihr gegenuebersass, lachte, weil das schwarze Rosshaar ihres Stuhlsitzes sie kitzelte,
sie sah Anne-Marie an, die drauf und dran war, aergerlich zu werden, und Monique, die ihre Aufmerksamkeit dem Servieren zuwandte;
zweimal, als Monique aufstand, sah O, dass Anne-Marie, an der sie rechts vorbeiging, mit der Hand in den Schlitz ihres Rocks griff.
Monique blieb stehen, und O erriet an der leichten Beugung ihres Koerpers, dass sie sich der Hand hingab, die in ihr wuehlte.


"Warum hat er mir nichts gesagt?" wiederholte sich O immer wieder,
"warum nur?"

Und einmal glaubte sie, Sir Stephen habe sie ganz einfach aufgegeben,
nach Roissy geschickt, Roissy zur Verfuegung gestellt, wie Anne-Marie sich ausdrueckte,
und dann wieder glaubte sie das Gegenteil, dass er sie um so mehr begehre;

also hatte Anne-Marie recht, dass das, was er wollte, sie nichts anging, und ebenso wenig die Gruende, warum er es wollte;
es genuegte, dass es sein Wille sei.
Und an diesem Punkt fing alles wieder von vorn an:

"Warum hat er es nicht gesagt?
Warum nur?"

Und was soll man tun, um zu verhindern, dass die Traenen wieder fliessen, was soll man tun, damit es wenigstens niemand sieht?

Noelle sah es.
Sie laechelte O lieb an und machte: nein, nein! mit dem Finger.

O laechelte zurueck und wischte sich die Augen mit beiden Faeusten, wie gescholtene Kinder es tun:
sie hatte keine Serviette, und sie war nackt.

Zum Glueck sah Anne-Marie, die Monique veranlasst hatte, die Nadel ihres Fichus herauszuziehen, und nun die braunen Spitzen ihrer Brueste streichelte, O nicht an;
sie erspaehte in Moniques Gesicht das Aufkeimen der Lust, und waehrend sie sie liebkoste, fragte sie sie aus:

wieviel Maenner seit dem Vorabend in ihren Koerper eingedrungen seien, wer sie waren, ob sie sich ihnen ebenso gut geoeffnet habe, wie sie sich jetzt oeffne?

Bei diesem letzten Wort rief Anne-Marie Noelle und O, und ohne Monique loszulassen, bedeutete sie ihnen, sie sollten die Bahnen von Moniques Kleid hochheben und befestigen.

Monique hatte gebraeunte Lenden und zarte, unversehrte Schenkel.
Mit tonloser Stimme hatte sie jede Frage beantwortet:
fuenf Maenner hatten sie besessen, drei davon kannte sie nicht;
sie nannte die Namen der beiden anderen.
Ja, sie habe sich so gut geoeffnet, wie sie konnte.

Anne-Marie bog sie nach vorn und liess die beiden anderen Maedchen sehen, wie leicht sie abwechselnd in Moniques Schoss und in ihre Lenden die beiden laengsten Finger ihrer Hand einfuehrte.

Jedesmal verschloss sich Monique wieder vor ihnen und stoehnte dabei:
man sah, wie sich ihre Hinterbacken zusammenzogen.

Schliesslich schrie sie regelrecht, die Haende vor ihren Bruesten verkrampft, den Kopf unter dem Spitzenschleier auf die Schulter zurueckgebogen, die Augen geschlossen.
Anne-Marie liess sie gehen.


Erst nach Mitternacht wurde O am Abend ihres ersten Tages in ihr Zimmer gefuehrt und dort angekettet.

---

Am Nachmittag war sie in der Bibliothek geblieben, angetan mit ihrem schoenen Kleid in Gelb und Grau, mit Taft in demselben Gelb gefuettert, das sie in beide Arme nahm, um es hochzuheben, als man ihr sagte, sie solle sich schuerzen;
Noelle, die das gleiche Kleid in Rot trug, war bei ihr, und zwei andere blonde Maedchen, deren Namen Noelle ihr erst sagte, als sie abends allein waren:
das Schweigegebot in Gegenwart eines Mannes, was immer er auch war, Gebieter oder Diener, galt unbedingt.

Es war genau drei Uhr, als die vier Maedchen den leeren Raum betraten, dessen Fenster weit offenstanden.
Es war mild, die Sonne schien auf die Mauer, die rechtwinklig zum Hauptgebaeude verlief, der Widerschein erhellte mit einem indirekten Licht eine der mit Efeu bewachsenen Waende.

O hatte sich getaeuscht; der Raum war nicht leer:
ein Diener hielt Wache an einer Tuer.
O wusste, dass sie ihn nicht ansehen durfte, aber sie konnte es sich nicht verkneifen, huetete sich allerdings, die Augen hoeher als bis zu seinem Guertel zu heben, und wurde wieder von der Panik und der Faszination gepackt, die sie ein Jahr zuvor empfunden hatte:

nein, sie hatte nichts vergessen, und dennoch war es schlimmer als in ihrer Erinnerung,
dieses Geschlecht, so frei in einem Beutel und so sichtbar zwischen den Beinen der schwarzen Strumpfhose, wie man es in den Archiven auf Bildern aus dem 16. Jahrhundert sieht -
und die Riemen der Peitsche, die er im Guertel stecken hatte.

Am Fuss der Sessel standen Schemel, O sass auf einem davon nach dem Beispiel der drei anderen Maedchen, ihr Kleid ausgebreitet um sich herum.
Und so, von unten, sah sie, genau vor sich, den reglosen Mann.

Das Schweigen war so bedrueckend, dass O nicht einmal wagte, ihr Kleid zu bewegen:
die Seide knisterte so laut.
Sie stiess einen Schrei aus, als sie ploetzlich ein Geraeusch hoerte:
ein bruenetter, staemmiger junger Mann im Reitanzug, einen Reitstock in der Hand, kleine vergoldete Sporen an den Stiefeln, war hereingekommen, indem er einfach ueber die Fensterbank gestiegen war.

"Ein huebsches Bild", sagte er,
"ihr seid sehr brav, habt ihr keine Liebhaber?
Seit einer Viertelstunde beobachte ich euch schon durch das Fenster.
Aber die Schoene in Gelb",
fuegte er hinzu und strich mit dem Ende seines Reitstocks ueber Os Brueste, die erschauerte,
"du bist nicht so brav."

O stand auf.
In diesem Augenblick kam Monique herein, das Kleid aus mauve Satin bis ueber den Schoss geschuerzt, wo ein Dreieck aus schwarzem Vlies den Ausgangspunkt der langen Schenkel anzeigte, die O nur von hinten gesehen hatte.

Ihr folgten zwei Maenner.
O erkannte den ersten wieder:
es war derjenige, der ihr im vergangenen Jahr die Regeln von Roissy dargelegt hatte.
Er erkannte sie auch und laechelte ihr zu.

"Sie kennen sie?" fragte der junge Mann.

"Ja", antwortete der andere,
"sie heisst O.
Sie ist fuer Sir Stephen gezeichnet, der sie von René R. uebernommen hat.
Im vorigen Jahr ist sie ein paar Wochen hiergeblieben,
Sie waren damals nicht da.
Wenn Sie sie wollen, Franck..."

"Na, ich weiss nicht", sagte Franck.
"Aber Sie wissen nicht, was Ihre O gemacht hat in der Viertelstunde, in der ich sie beobachtet habe und sie mich nicht sah.
Ununterbrochen hat sie José angeschaut, aber nicht hoeher als bis zum Guertel."

Die drei Maenner lachten.
Franck packte O an der Brustspitze und zog sie zu sich.

"Antworte, du kleine Nutte, worauf hast du Lust?
Auf die Peitsche von José oder seinen Schwanz?".

Puterrot vor brennender Scham, verlor O jeden Massstab fuer das, was erlaubt und was verboten war, fuhr zurueck, riss sich von den Haenden des jungen Mannes los und schrie:

"Lassen Sie mich, lassen Sie mich!"

Er fing sie wieder ein, als sie gegen einen Sessel getaumelt war, und brachte sie zurueck.

"Du darfst nicht weglaufen", sagte er,
"die Peitsche wird dir José sofort verabfolgen."

Ah, nicht stoehnen, nicht flehen, nicht um Gnade und Verzeihung bitten!
Aber sie stoehnte und weinte und bat um Gnade, wand sich, um den Schlaegen auszuweichen,
versuchte, Francks Haende zu kuessen, der sie hielt, waehrend der Diener sie peitschte.
Eins der blonden Maedchen und Noelle hoben sie auf und liessen ihr den Rock wieder herunter.

"Jetzt werde ich sie mitnehmen", sagte Franck,
"meine Meinung werde ich Ihnen dann gleich sagen."


Aber als sie ihm in sein Zimmer gefolgt war und nackt in seinem Bett lag, sah er sie lange an, und ehe er sich neben sie legte, sagte er:

"Verzeih, O, aber hat dich dein Geliebter auch peitschen lassen?"

"Ja .... aber ...", sagte O, dann zoegerte sie.

"Ja, sprich", sagte er.

"Er beleidigt mich nicht", sagte O.

"Bist du sicher?" fragte Franck.

"Hat er dich niemals Nutte genannt?"

O schuettelte den Kopf, um nein zu sagen, und im selben Augenblick wusste sie, dass sie log:
Sir Stephen hatte sie sehr wohl als Nutte bezeichnet, als er in dem Séparé bei La Pérouse von ihr sprach und sie den beiden Englaendern auslieferte und verlangte, dass sie waehrend des Essens ihre misshandelten Brueste entbloesste.
Sie schaute auf und sah Francks Augen auf sich gerichtet, dunkelblau, sanft, fast mitleidig; er hatte verstanden, dass sie log.
Sie murmelte und antwortete damit auf das, was er nicht gesagt hatte:
"Wenn er es tut, dann hat er recht."
Er kuesste sie auf den Mund. "Liebst du ihn so sehr?" fragte er.

"Ja", antwortete O.

Darauf sagte Franck nichts mehr.
Er liebkoste sie lange mit den Lippen in der Tiefe ihres Schosses, bis sie keuchte und ihr der Atem stockte.
Nachdem er dann in sie eingedrungen war, vertauschte er den Schoss mit den Lenden und rief sie leise:
"O."

O spuerte, wie sie sich zusammenzog um diesen Pfahl aus Fleisch, der sie ausfuellte und verbrannte.
Er ergoss sich in sie und schlief dann ploetzlich ein, sie an sich drueckend, die Haende auf ihren Bruesten, seine Knie in ihre Kniekehlen gepresst.
Es war kuehl.
O zog das Laken und die Decke hoch und schlief auch ein.

Der Tag ging zur Neige, als sie aufwachten.
Seit wieviel Monaten war dies das erste Mal, dass O so lange in den Armen eines Mannes geschlafen hatte?
Alle, und vor allem Sir Stephen, gingen mit ihr ins Bett, dann liessen sie sie allein oder schickten sie weg.
Und dieser hier, der sie eben erst so brutal behandelt hatte und jetzt neben ihren Knien sass, fragte sie scherzend, wie Hamlet Ophelia (Ophelia wegen O), ob er sich in ihren Schoss betten koenne.
Den Kopf an ihren Leib gelegt, betrachtete er ihre Eisen, die ihm ueber die Schulter fielen, von allen Seiten.
Er knipste die Nachttischlampe an, um sie besser sehen zu koennen, las laut den Namen von Sir Stephen, der auf der Scheibe stand, und als er den Reitstock und die Peitsche bemerkte, die kreuzweise ueber dem Namen eingraviert waren, fragte er O, was Sir Stephen am liebsten verwende, den Stock oder die Peitsche. O antwortete nicht.

"Antworte, Kleines", sagte er zaertlich.

"Ich weiss es nicht", sagte O,
"beide.
Aber bei Norah war es immer die Peitsche."

"Wer ist Norah?"

Seine Stimme klang so ungezwungen, so vertraulich, er erweckte so sehr den Eindruck, dass es selbstverstaendlich sei, ihm zu antworten, dass es genau so sei, als ob man sich selbst antworte, als ob man laut mit sich selbst rede, dass O antwortete, ohne darueber nachzudenken.

"Seine Dienerin", sagte sie.

"Also war es richtig, dass ich dich durch José peitschen liess."

"Ja", sagte O dann.

"Und von dir", fragte der junge Mann,
"was hat er da am liebsten?"

Er wartete, O antwortete nicht.

"Ich weiss es", sagte er.
"Liebkose mich auch mit dem Mund, O, ich bitte dich drum."

Und er rutschte hinauf, bis er ueber ihr war, und sie liebkoste ihn.
Dann nahm er sie mit beiden Haenden um die Taille, um ihr beim Aufstehen zu helfen, sagte:

"fein, fein, fein",

kuesste ihre Brueste und schnuerte ihr das Korsett.
O liess es geschehen, ohne ihm auch nur zu danken, betroffen von der Freundlichkeit, besaenftigt: er hatte von Sir Stephen gesprochen.

Als er ihr schliesslich sagte, ehe er nach einem Diener klingelte, um sie zurueckzubringen, nachdem sie ihr Kleid wieder angezogen hatte:

"Ich werde dich morgen wieder kommen lassen, O, aber ich werde dich selbst schlagen",

da laechelte sie, weil er hinzufuegte:

"Ich werde dich schlagen wie er."
  #48  
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Rueckkehr nach Roissy - Teil 6
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux


Abends erfuhr O von Noelle, dass die Diener zwar die Maedchen in den Gemeinschaftsraeumen nicht anruehren durften, mit Ausnahme des Refektoriums, wo sie zu befehlen hatten,
dass die Maedchen aber ueberall dort (doch nur dort) ihrer Willkuer preisgegeben waren, wohin ihr Dienst sie rief:
in ihrem Zimmer, wenn sie dort allein waren, in den Umkleideraeumen, notfalls auf den Korridoren oder in den Vestibuelen.

Der Zufall wollte es, dass es José war, der auf Francks Klingelzeichen hin kam.
Er war jung, gross und kraeftig;
das von Natur aus arrogante Wesen der Spanier passte zu seinem maurischen Gesicht.

O wurde wieder von einer entsetzlichen Scham gepackt, als sie ihm auf klappernden Pantoeffelchen den grossen Korridor entlang folgte;
nicht, weil er sie gepeitscht hatte, sondern weil sie sicher war, dass er glaubte, was Franck gesagt hatte, und er nicht daran zweifelte, dass sie ihn begehrte.

Sie konnte den Gedanken an das, was ihr eines Tages ein Kolonialoffizier von maurischen Soldaten erzaehlt, nicht vertreiben:
wenn sie koennen, dann tun sie den ganzen Tag nichts als Frauen beschlafen.

José hatte noch nicht zehn Schritte getan, als er sich tatsaechlich umdrehte, und bei der ersten besten Bank, die er an die Wand schob, damit sie bequemer sei, O packte und auf den Ruecken legte.

Er besass sie in aller Musse, und O, wuetend ueber sich selbst, aber aufgewuehlt wie von einer Eisenstange, konnte ihrem Stoehnen nicht Einhalt gebieten.

"Du bist zufrieden", sagte er,
"das gefaellt dir wohl?"

Seine weissen Zaehne blitzten in dem dunklen Gesicht.
O schloss die Augen, um sein Laecheln nicht zu sehen.
Aber er beugte sich ueber sie und nahm ihre Zunge.
Warum zitterte O bei dem Gedanken, dass Francks Tuer sich oeffnen koennte?

---

Im Umkleideraum im Erdgeschoss, wohin José sie dann brachte, fand O Noelle, die ihren Rock hochhielt, waehrend ein Maedchen in Uniform, aber ohne Fichu, sie duschte.
O hockte sich wie sie auf den tuerkischen Sitz neben dem ihren.

Als das Wasser ganz aus ihr herausgeflossen war, wurde sie von demselben Maedchen einen Augenblick eingeseift, dann mit dem Wasserstrahl abgespuelt, der durch einen Fingerdruck auf eine Feder aus einem metallenen Spiralschlauch sprudelte;
der Schlauch endete in einer duennen Kanuele aus Hartgummi.

Der Strahl war sanft, das Wasser aber sehr kalt, noch kaelter, schien es ihr, als sie spuerte, wie es sich in die Tiefe ihrer Lenden, dann ihres Schosses ergoss.
Musste sie denn so lange duschen, erst die Lenden und dann das Innere der Schenkel und die Spalte ihres Schosses?

Bei ihrem ersten Aufenthalt in Roissy hatte sie nicht einmal von der Existenz der Umkleideraeume gewusst.
Ausserdem war sie nie in anderen Zimmern ausser ihrem eigenen gewesen.

"Ach, O, jedesmal, wenn man hinaufgeht", sagte ihr Noelle, als sie sie fragen konnte,
"und man wird geduscht, wenn man wieder herunterkommt."

"Aber warum so lange und so kalt?"

"Ich mag das gern", sagte Noelle.
"Man ist ganz frisch hinterher und wieder schoen eng."


Das Maedchen, das die Aufsicht hatte, trug ihnen beiden dann Parfuem und Rouge auf.
Sie schminkten sich und buersteten sich die Haare.
Das Parfuem erwaermte O ein bisschen.

Noelle nahm sie an der Hand.
Sie besass die Schoenheit der Irinnen oder der Frauen von La Rochelle mit sehr schwarzen Haaren, weisser Haut und blauen Augen.
Sie war nicht groesser als O, aber ihre Schultern waren schmal und ihr Kopf ganz klein, ihre Brueste klein und spitz, ihre Hueften breit und rund.
Ihre Stupsnase und die schwellenden Lippen, die immer halb geoeffnet waren, verliehen ihr einen heiteren Ausdruck.

Aber sie war wirklich froehlich;
wenn sie irgendwo eintrat, haette man immer gedacht, dass sie zu einem Fest kaeme.
Ihre Munterkeit hatte etwas Entwaffnendes.

Sie bot sich mit einem so zauberhaften Laecheln an, sie hob mit solcher Beflissenheit ihre Roecke, um ihr schoenes, weisses Hinterteil zu entbloessen, dass sie selten ernstlich geschlagen wurde:

"nur so viel, wie noetig ist", sagte sie zu O,
"aber mir steht es nicht, gezeichnet zu werden."

---

Als sie wieder in den Salon kamen, wo die Lampen angezuendet waren, konnte O sowohl Noelles Grazie als auch den Erfolg bewundern, den diese Grazie erzielte.

Die drei Maenner, die auf den Ledersesseln sassen - zwei mit zwei blonden Maedchen zu ihren Fuessen, und beim dritten Monique, die die Maenner gar nicht beachteten
(eins der Maedchen war die Madeleine vom vergangenen Jahr) -
schauten sich um und erkannten Noelle.

Einer der beiden rief sie sofort zu sich und sagte:

"Komm und gib mir deine huebschen Brueste."

Sie beugte sich ueber den Sessel, die Haende auf den Lehnen, die Brueste genau in Hoehe des Mundes des Mannes, ohne die geringste Hemmung,
offenbar gluecklich, ihm zu gefallen.

Es war ein Mann in den Vierzigern, kahlkoepfig, Sanguiniker,
O sah seinen roten Nacken, der zwei Wuelste ueber dem Kragen seines Jacketts bildete, und dachte an den falschen Deutschen, dem Sir Stephen sie erst am vorigen Abend ausgeliefert hatte;
er sah ihm aehnlich.

Der Mann, der bei Monique gesessen hatte, ging hinter Noelle vorbei und fuhr ihr mit der Hand ueber die Lenden.

"Sie erlauben, Pierre?" sagte er zu dem ersten.

"Noelle muesste man um Erlaubnis bitten", antwortete er und fuegte hinzu:
"Aber es ist nicht der Muehe wert, nicht wahr, Noelle?"

"Nein", sagte Noelle.


O betrachtete sie:
sie war hinreissend, wie sie Kopf und Hals nach hinten bog, um ihre Brueste besser zu praesentieren, und ein hohles Kreuz machte, um ihr Hinterteil besser darzubieten.
War es wegen des Vergnuegens, das es ihr bereitete, sich ansehen zu lassen, dass sie solch Begehren erweckte?

Der Gefaehrte von Monique hatte ihr ein Zeichen gegeben, ihm die Kleider zu oeffnen, und O sah zu, wie er sich zwischen Noelles Schenkeln hochreckte.

Schliesslich nahmen die drei Maenner sie nacheinander, rosig und schwarz in der Tiefe ihrer Schenkel, heiter und weiss wie Milch in ihrem wirbelnden roten Kleid.

Und sofort war sie es und O

"die Kleine, da sie bei ihr ist", sagte der, der Pierre hiess -
die sie einstimmig auswaehlten, als ein Diener kam und fragte, ob man zwei Maedchen entbehren koenne, um sie in die Bar zu schicken.

"Man darf sie nicht arbeitslos werden lassen", sagte Pierre.

.
  #49  
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Rueckkehr nach Roissy - Teil 7
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux


Es gab drei Gittertueren in Roissy.

Der Teil des Gebaeudes, in den man nur gelangen konnte, wenn man eine der drei Gittertueren durchschritt, wurde nicht ohne Kinderei die grosse Klausur genannt.
Hier hatten nur die Genossen oder, einfacher gesagt, die Klubmitglieder, Zutritt.

Hier lagen im Erdgeschoss rechter Hand ein grosses Vestibuel (zu dem eine der Gittertueren fuehrte, die groesste),
die Bibliothek, ein Salon, ein Rauchzimmer, ein Umkleideraum und linker Hand das Refektorium der Maedchen
und daneben ein Zimmer, das den Dienern vorbehalten war.

Einige Zimmer im Erdgeschoss wurden von den Maedchen bewohnt, die von Klubmitgliedern hergebracht worden waren, wie O von René.
Die anderen Zimmer in den Stockwerken waren fuer die Mitglieder, die sich in Roissy aufhielten.

Innerhalb der Klausur durften die Maedchen nur in Begleitung umhergehen;
sie waren zu absolutem Schweigen verpflichtet, selbst untereinander, und mussten die Augen gesenkt halten;
stets waren ihre Brueste nackt und meistens auch der Rock vorn oder hinten hochgeschlagen.

Man verfuegte nach Belieben ueber die Maedchen.
Wie immer man sich ihrer bediente, was immer man von ihnen forderte, es kostete nicht mehr.

Man konnte dreimal im Jahr kommen oder dreimal in der Woche, eine Stunde oder vierzehn Tage hier bleiben,
ein Maedchen nur ausziehen oder es bis aufs Blut peitschen, der jaehrliche Mitgliedsbeitrag war derselbe.
Der Aufenthalt wurde wie in einem Hotel berechnet.


Die zweite Gittertuer trennte von diesem zentralen Teil des Gebaeudes einen Fluegel, der die kleine Klausur genannt wurde.
In seiner Verlaengerung lagen die Wirtschaftsgebaeude, wo Anne- Marie wohnte.

In der kleinen Klausur logierten die Maedchen der eigentlichen Gemeinschaft, und zwar sozusagen in Doppelzimmern, denn sie waren durch eine halbe Trennwand unterteilt;
an diese Wand stiessen zu beiden Seiten die Kopfenden der Betten.

Es waren gewoehnliche Betten, nicht ein mit Pelz bedeckter Divan wie in dem Zimmer, in dem O das erste Mal untergebracht gewesen war.
Die beiden Zimmer hatten jeweils ein Bad und eine gemeinsame Garderobe.
Die Tueren liessen sich nicht abschliessen, und die Klubmitglieder konnten im Laufe der Nacht, die die Maedchen angekettet verbrachten, jederzeit hereinkommen.
Aber abgesehen von dem Anketten gab es keine bindende Vorschrift.

Jenseits der dritten Gittertuer, die, wenn man vor der Hauptgittertuer stand, linker Hand lag -
die zweite rechter Hand -,
befand sich der frei zugaengliche und gleichsam oeffentliche Teil von Roissy:
ein Restaurant, eine Bar, kleine Salons im Erdgeschoss, und in den Stockwerken die Zimmer.

Die Klubmitglieder konnten in der Bar und im Restaurant ihre Gaeste empfangen, ohne dass diese ein Eintrittsgeld bezahlen mussten.
Aber jedermann oder annaehernd jedermann konnte sich einen "vorlaeufigen Ausweis" ausstellen lassen, der fuer zwei Besuche galt und sehr teuer war.

Man erwarb damit lediglich das Recht, das auch den Gaesten eingeraeumt wurde, in der Bar zu trinken, das Mittag- oder Abendessen zu verzehren, ein Zimmer zu nehmen und sich ein Maedchen heraufkommen zu lassen, und alles wurde gesondert in Rechnung gestellt.

Im Restaurant und in der Bar gab es einen Oberkellner und einen Barmixer und einige Kellner -
die Kuechenraeume lagen im Souterrain -,
aber die Maedchen bedienten an den Tischen.

Im Restaurant trugen sie die Uniform.
In der Bar - angetan mit seidenen Abendkleidern, einer Spitzenmantille aehnlich der Mantille der Uniform, die das Haar, die Schultern und die Brust bedeckte
hielten sie sich nur auf, um darauf zu warten, dass man sie waehle.

Das Restaurant und die Bar deckten normalerweise ihre Unkosten, das Hotel auch.
Das Geld, das die Maedchen verdienten, wurde nach festgelegten Saetzen geteilt:
so und so viel fuer Roissy, so und so viel fuer das Maedchen.

Der Preis war nicht fuer alle gleich:
O erfuhr, dass sie das Doppelte bezahlt bekommen wuerde, weil sie offiziell einem Klubmitglied gehoerte und Eisen und ein Zeichen trug.

Bei zwei anderen Maedchen verhielt es sich genau so, eine davon war die kleine, rundliche Rothaarige mit der weissen Haut, die sie bei Anne- Marie gesehen hatte.

Ein Maedchen peitschen kostete extra, sie durch einen Diener peitschen lassen ebenso.
Die Rechnungen wurden im Buero des Hotels bezahlt, Trinkgelder direkt ausgehaendigt.

Die unmittelbare Naehe von Paris, das fuerstliche und dennoch diskrete Aussehen der Gebaeude, die komfortable Einrichtung und die Vorzueglichkeit des Restaurants, das Theatralische an der Kostuemierung der Maedchen und die Anwesenheit der Diener,
die Gefahrlosigkeit und Ungezwungenheit des Geschlechtsverkehrs, schliesslich und vor allem das, was man ueber die Vorgaenge hinter den Gittertueren der Klausur wusste,
all das trug Roissy zahlreiche Kunden ein, die fast ausschliesslich Geschaeftsleute waren, und unter ihnen ebenso viel Auslaender wie Franzosen.

Das oeffentliche Roissy existierte ebenso wenig wie das heimliche Roissy:
Country Club war eine Bezeichnung, die niemanden taeuschte,
aber es kam haeufig vor, dass der Mann mit den grauen Schlaefen, der als der Hausherr von Roissy galt, aber nur der Verwalter war, das eine oder andere Maedchen ueber einen sich nur kurz hier aufhaltenden Gast ausfragte -
abgesehen davon, dass Paesse oder Ausweise vorgelegt werden mussten
(es wurde hoch und heilig versichert, dass man die Kennummern nicht notierte),
um einen "vorlaeufigen Ausweis" zu erhalten -
kurz und gut, Roissy wurde offiziell ignoriert, offizioes geduldet.


Einer der Gruende dafuer war zweifellos
(ausser jenen, auf die die erwaehnte Ueberwachung schliessen laesst),
dass es niemals Beschwerden wegen venerischer Ansteckung noch aergernisse mit Schwangerschaften und Abtreibungen gegeben hatte.

O hatte sich immer gefragt, wie sich die Maedchen, wenn sie manchmal mit zehn Maennern pro Tag schliefen, die keinerlei Behinderung duldeten, vor Schwangerschaften schuetzten.
Alle konnten nicht wie sie vom Zufall beguenstigt sein;
eine Verlagerung, die das Risiko praktisch ausschloss.

"Man kann dem Zufall nachhelfen, O", sagte Anne-Marie, als sie ihr die Frage stellte.

Woraus sie schloss, dass Anne-Marie, die Aerztin war, die Maedchen von Roissy heimlich operiert hatte.
Bei keiner von ihnen bemerkte man jemals das bange Aussehen von Frauen, bei denen sich die Regel verspaetet.

"Ach, das ist gar nicht schlimm, und man ist beruhigt, weisst du", sagte Noelle eines Tages,
"aber ich kann es dir nicht erklaeren, ich bin eingeschlaefert worden."

O vermutete, dass es verboten war, darueber zu sprechen.


Sich vor Ansteckung zu schuetzen war schwieriger:
die Tabletten, die man sich aufloesen liess, die prophylaktischen Massnahmen, die Duschen.
Die groesste Ansteckungsgefahr war am Mund:
das Rouge, das das Rissigwerden der Lippen verhinderte, trug dazu bei, diese Gefahr zu verringern.
Ausserdem untersuchte Anne-Marie die Maedchen jeden Tag.
Sie wurden gepflegt, notfalls isoliert - in Zimmern, die unter ihrer Wohnung lagen, bis sie geheilt waren.

Die Maedchen, die von ihrem Geliebten hergebracht worden waren, unterlagen dieser Pflege und diesen Zwangsmassnahmen nicht:
es ging auf ihr Risiko, und ausserdem kamen sie aus der grossen Klausur nicht heraus.


Was die anderen betraf, so vermochte O nie ganz zu begreifen, wovon es abhing, in welchem Ausmass sie innerhalb der Gitter und in welchem Ausmass sie ausserhalb eingesetzt wurde.
Einesteils gab es einen festgelegten Dienstplan fuer das, was in Uniform zu erledigen war; so und so viele Tage Dienst im Restaurant;
desgleichen, in Abendkleidern, so und so viele Nachmittage oder so und so viele Abende in der Bar anwesend zu sein.
Indessen wurden die Bar und das Restaurant sowohl von Gaesten als auch von den Klubmitgliedern aufgesucht, und nichts hinderte die letzteren, ein Maedchen zu nehmen und wieder in den Bereich der Gittertueren zu bringen.

Andererseits schien es ganz nach Lust und Laune zu gehen:
ein Beispiel dafuer war die Tatsache, dass, als ein Diener kam, um zwei Maedchen fuer die Bar aufzufordern, Noelle und O dazu bestimmt wurden, und nicht Monique oder Madeleine.

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  #50  
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Rueckkehr nach Roissy - Teil 8
Autor: Pauline Réage
Uebersetzt von: Margaret Carroux


Als O Noelle folgte und zum erstenmal die Bar betrat, alle beide in Mantille, fiel ihr auf, wie aehnlich dieser Raum der Bibliothek war, aus der sie gerade kamen:
dieselben Abmessungen, dieselbe Holzverkleidung, dieselben Sessel.

Die huebsche kleine Rothaarige, die wie O Eisen trug und epiliert war
und die O einmal bei Anne-Marie mit einem so verwunderten Vergnuegen gepeitscht hatte,
kauerte, in grauen Satin gekleidet, auf einem hohen Barhocker und lachte mit zwei Maennern.

Als sie O sah, sprang sie herunter, um sie zu umarmen, fasste sie um die Taille und kam mit ihr zurueck.

"Das ist O", sagte sie,
"wollen Sie sie einladen?
Sie werden keine bessere finden."

Und durch den schwarzen Tuell kuesste sie eine von Os Brustspitzen.

"Sie verraten Ihre Namen nicht", sagte sie zu O,
"aber sie sehen nett aus, findest du nicht?"

Nett - nein, das war laecherlich.

Sie sahen zugleich verlegen und ordinaer aus,
und ihr dritter Aperitif hatte nicht ausgereicht, ihnen Selbstvertrauen einzufloessen.

Als O ihr Glas von der Theke nehmen wollte, streifte ihr Arm das Knie des rechts von ihr Sitzenden:
er fasste nach ihrem beringten Handgelenk und fragte, warum sie alle eiserne Armbaender truegen.

"Als ob sie das nicht wuessten!" rief Yvonne.
"Das macht nichts.
Wir erklaeren es ihnen beim Essen.
Los, kommt."

Dann sah sie, dass sich der Mann, der gefragt hatte, als er von seinem Hocker herunterkletterte, bemuehte, dem anderen ein Zeichen zu geben, und sagte zu O:

"Gib ihm schnell die Hand, dann kann er nicht sagen, dass du ihm nicht gefaellst."

Im Restaurant nahmen sie zu viert einen Tisch.
Die drei Maenner, die Noelle beschlafen hatten, assen zusammen an einem benachbarten Tisch.

Noelle war, nachdem O sie verlassen hatte, fuenf Minuten spaeter durch die Tuer verschwunden, die zu den Zimmern fuehrte, gefolgt von einem Mann, der wie ein feister Syrer aussah.

Franck kam gerade in dem Augenblick, als Yvonne und O, die keinen Likoer getrunken hatten, darauf warteten, dass die Maenner mit ihrem Cognac fertig wuerden.
Er winkte O unauffaellig zu und setzte sich allein in die Naehe eines Fensters.

Aber O, die ihn etwas schraeg von der Seite sah, bemerkte, dass er sofort, als das Maedchen, das ihn bedienen sollte, an seinen Tisch trat, mit der Hand in den Schlitz ihres Rocks gefahren war.
Das war im Restaurant oder in der Bar, vorausgesetzt, es geschah diskret, die einzige Freiheit, die man sich herausnehmen durfte.

Schliesslich kam der Moment, an dem Yvonne fragte:

"Wollen wir hinaufgehen?"


Ein Hotelpage oeffnete die beiden nebeneinander liegenden Zimmer, wies auf das Telefon und die Klingel hin und schloss die Tuer.
Ohne dass sie darum gebeten worden waere, nahm O ihre Mantille ab und ging auf ihren Kunden zu, um ihm ihre Brueste darzubieten.

Er sass auf einem Stuhl;
der dreiteilige Spiegel, der in allen Zimmern an einer Seitenwand befestigt war, reflektierte sein Bild,
und O, die ganz angezogen zwischen seinen Knien stand und sich vorbeugte, um es ihm bequemer zu machen, wunderte sich, dass sie es ganz natuerlich fand, diesem Unbekannten ihre Brust hinzustrecken.

Seit dem Morgen waren vier Maenner, wie Anne-Marie sich ausdrueckte, in ihren Koerper eingedrungen:
Sir Stephen, der Fahrer des Wagens, Franck und der Diener José.

Dieser hier wuerde der fuenfte sein:
dieselbe Zahl wie Monique.
Aber dieser wuerde bezahlen.

Er sagte ihr, sie solle sich ausziehen, und als er sie im Korsett sah, hiess er sie innehalten.
Ihre Eisen (von denen Yvonne nicht gesprochen hatte, als sie, da sie nichts weiter gefragt, wurde, erklaerte:
"unsere Armbaender sind dazu da, uns anzuketten, wenn wir gepeitscht werden"),
ihre Eisen verbluefften ihn, u
nd ebenso die beiden Wege, die sich ihm boten, als er O, die ruecklings auf der Bettkante lag, unterhalb der Kniekehlen packte.

Kaum hatte er sich aus ihr zurueckgezogen, da sagte er:
"Wenn du lieb bist, gebe ich dir ein gutes Trinkgeld."

Sie kniete sich hin.
Er ging, ehe sie wieder angezogen war, und liess eine Handvoll Scheine auf dem Kaminsims:
ein Drittel von dem, was sie im Monat im Studio in der Rue Royale verdiente.

Sie wusch sich, zog ihr Kleid wieder an, steckte die gefalteten Geldscheine unter ihr Korsett in die Hoehlung zwischen ihren Bruesten und ging hinunter.


Im uebrigen hatte sie sich getaeuscht, als sie annahm, sie habe dieselbe Zahl erreicht wie Monique:
sie wurde, kaum dass sie in die Bar gekommen war, von einem weiteren Kunden erwaehlt, wieder in ein Zimmer gefuehrt und ein sechstes Mal genommen.

---

Im Dunkeln, angekettet an dem Haken ueber ihrem Bett -
wie damals in dem Zimmer vom vergangenen Jahr, von dem sie nicht wusste, wer es jetzt bewohnte -
als sie im Dunkeln lag und nicht schlafen konnte,
fragte sie sich zum hundertsten Male, warum jeder beliebige, ob sie nun dabei Lust empfand oder nicht,
durch die Tatsache, dass er in sie eindrang oder sie nur mit der Hand oeffnete oder sie schlug oder sogar bloss nackt auszog,
die Macht hatte, sie sich Untertan zu machen.

Von der anderen Seite der Trennwand, die duenn wie eine spanische Wand war und nicht laenger als die Breite des Betts und der Nachttische, hoerte sie, wie Noelle sich bewegte, die auch nicht schlief.

Sie rief sie.
Ob Noelle sich auch so unterworfen vorkomme, so besiegt und geknechtet wie sie, sobald man sie beruehre?

Noelle war entruestet.
Unterworfen, geknechtet?
Sie tat, was noetig war, das war alles.

Und besiegt?
Warum besiegt?
O sei sehr schwierig.

Noelle fand es schmeichelhaft, wie Maenner vor ihr steif wurden,
manchmal fand sie es angenehm und immer amuesant, fuer sie die Beine oder den Mund zu oeffnen.

"Selbst bei dem Syrer heute abend?" fragte O.

"Welchem Syrer?" sagte Noelle.

"Diesem schwarzhaarigen, krauskoepfigen mit dem gewaltigen Bauch, mit dem du hinaufgegangen bist, als wir in die Bar kamen."

Man kann es also vergessen, sagte sich O.

"Aber nein," Noelle antwortete:
"Oh, wenn du den nackt gesehen haettest: ein fettes Schwein."

"Siehst du wohl", sagte O.

"Ach nein", erwiderte Noelle,
"was macht das schon.
Er hat mich eine halbe Stunde lang geleckt, weil er in meinen Hintern wollte, ich auf allen Vieren natuerlich.
Er bezahlt gut, weisst du."

Auch O war gut bezahlt worden, das Geld lag in der Schublade eines der Nachttische.

"Noelle", sagte O,
"wenn man dich peitscht, findest du das auch noch amuesant?"

"Ja, ein bisschen, und ich werde immer nur ein bisschen gepeitscht."

O haette fast gesagt: "Du hast Glueck",

aber dann merkte sie, dass sie ganz und gar nicht glaubte, dass das Glueck sei.

Sie wollte Noelle fragen, warum sie immer nur ein bisschen gepeitscht werde,
und was sie von den Ketten halte, und ob die Diener -
aber Noelle drehte sich im Bett um und aechzte:

"Ach, bin ich muede!
Mach nicht so viel Gerede, O, schlafe."

Sie sagte nichts mehr.

---

Am Morgen kam um zehn Uhr ein Diener, um ihnen die Ketten abzunehmen.
Wenn das Bad genommen, die Toilette gemacht, die Untersuchung durch Anne-Marie vorbei war,
sofern man nicht Dienst in den Zimmern der grossen Klausur hatte,
und in diesem Fall mussten die Maedchen sofort ihre Uniform anziehen,
stand es den Maedchen frei, sich anzuziehen oder nicht,
bis es Zeit war, dass diejenigen, die an der Reihe waren, ins Restaurant oder in die Bar gingen und die anderen ins Refektorium.

Aber diejenigen, die ins Refektorium gingen, zogen sich nicht an:
wozu, wenn man dort ja doch nackt sein musste?

In einer Anrichte auf der Etage konnte man fruehstuecken.
Die Tueren blieben zum Korridor offen, und es war erlaubt, von einem zum anderen zu gehen.

Nur O, Yvonne und das dritte Maedchen, das wie sie Eisen trug, Julienne, wurden vormittags gerufen, um gepeitscht zu werden.
Die Peitsche wurde ihnen der Reihe nach auf dem Etagenpodest verabfolgt, ueber das Treppengelaender gebeugt und angebunden, niemals heftig genug, um sie zu zeichnen, immer lange genug, um ihnen Schreie, Flehen und manchmal Traenen zu entlocken.


Am ersten Morgen fiel O, nachdem sie losgebunden worden war, stoehnend auf ihr Bett, so brannten ihre Lenden noch.
Noelle nahm sie in den Arm, um sie zu troesten.
Doch hre Freundlichkeit enthielt eine Spur Verachtung.

Warum hatte sie sich bereitgefunden, die Eisen zu tragen?

O gab bereitwillig zu, dass sie gluecklich darueber sei, und dass ihr Geliebter sie jeden Tag peitsche.

"Dann bist du ja dran gewoehnt", sagte Noelle.
"Beklage dich nicht, es wuerde dir fehlen."

"Vielleicht", sagte O.
"Und ich beklage mich auch nicht.
Aber gewoehnen, ach nein, gewoehnen kann ich mich nicht daran...".

"Na, du wirst es muessen, denn es waere seltsam, wenn du hier nur einmal am Tag gepeitscht wuerdest.
Bei Maedchen wie dir sehen die Maenner sofort, dass es darum gemacht wird.
Deine Ringe am Schoss, deine Brandzeichen... ganz zu schweigen von dem, was auf deiner Karteikarte stehen wird."

"Auf meiner Karteikarte?" fragte O.
"Was fuer eine Karteikarte, was willst du damit sagen?"

"Du hast deine Karteikarte noch nicht, aber beruhige dich, das wird draufstehen, wenn du sie bekommst."

.
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